generating knowledge SINUS ODER RECHTECK Hintergrund: Bedeutung der Signalform für das gepulste Magnetronsputtern Seit der Einführung des Dual-Magnetronsputterns (DMS) für hochisolierende Schichten besteht für die Stromversorgung die Wahl zwischen Rechteckpulsern oder Sinusgeneratoren. Es wurde schon früh argumentiert, dass ein bipolarer Rechteckpulser bezüglich Symmetrie und Tastverhältnis flexibler ist, dass ein Sinusgenerator für hohe Ausgangsleistungen aber einfacher realisierbar und anzupassen ist. Auch wurde vermutet, dass die Rechteckpulser wegen des fehlenden Ausgangsschwingkreises, der die aktiven Elemente von der Plasmalast trennt anfälliger seien [1,2]. Abb. 1: Simulation der Elektronendichte in einem Gleichstrom-Sputterplasma [10]. Abb. 2: Simulation der Elektronendichte in einem MF-Doppelmagnetron-Sputterplasma [10]. Heute werden beide Arten von Generatoren in einem weiten Leistungsbereich angeboten, wobei moderne Sinusgeneratoren den Rechteckgeneratoren bezüglich des Arc-Managements und der niedrigen Arc-Energien in nichts nachstehen [3,4]. Aus diesem Grunde kann die Entscheidung vorwiegend auf Basis wirtschaftlicher Daten (Investition, Betriebskosten) und technischer Daten (Anpassbereich, Prozessflexibilität) getroffen werden. Im Folgenden soll nun untersucht werden, ob es einen grundsätzlichen Einfluss der Signalform auf das Beschichtungsergebnis (Rate und Eigenschaften) gibt, der bei der Wahl der Stromversorgung berücksichtigt werden muss. Dazu wird zunächst eine Übersicht über Ergebnisse aus der Literatur gegeben. Hauptschwerpunkt ist dann eine direkte Vergleichsstudie am Beispielsystem des Reaktivsputtern von Titanoxid aus metallischen Targets. Das gepulste Magnetronsputtern, sowohl unipolar als auch bipolar, hat sich als Schlüsseltechnologie für das Herstellen dielektrischer und hoch-isolierender Schichten etabliert. Für den Vorteil von Pulssputtern gegenüber Gleischstromsputtern wurden zwei Gründe erkannt: Erstens ermöglicht das periodische Entladen der Targetoberfläche und das Löschen von Arcs in den Pulspausen bzw. bei Polaritätswechsel die Abscheidung defektfreier Schichten in bisher unerreichter Qualität und Rate [1,5]. Zweitens wurde erkannt, dass die Pulsflanken hohen Elektronentemperaturen im Plasma und einen energetischen Ionenstrom auf das Substrat zur Folge haben, welches ebenfalls zum Wachstum kompakter und feinkörniger Schichten führt [6,7]. Dies legt nahe, dass der Einfluss der Ionen auf das Schichtwachstum sowohl mit der Pulsfrequenz als auch mit der Flankensteilheit zuneh-
men müsse. Tatsächlich wurde eine Zunahme der thermischen Substratbelastung mit der Frequenz beobachtet [6], aber der Einfluss auf die Schichteigenschaften ist vergleichsweise gering [7]. Abb. 3: Beispiel für den Verlauf von Strom, Spannung und Leistung mit einem Sinus-Generator (40kW, 524V, 96A). Ein fundamentaler Unterschied zwischen unipolar gepulstem Sputtern und Doppelmagntronsputtern (DMS) ist die Verwendung eines Magnetrons als Anode. Abgesehen davon, dass durch das wechselhafte Sputtern von den beiden Targets die Anode nicht durch eine Isolierschicht belegt werden kann, ist sie auch magnetisch abgeschirmt, so dass Elektronen nur entlang der Feldlinien zu ihr gelangen können 1. Folglich ist bei DMS die Plasmadichte vor dem Substrat und damit der Ionenfluss höher als mit einer nicht-magnetischen Anode, der Ionenstromdicht und Ionenenergien sind vor allem durch die Feldstärke des Magnetrons bestimmt [8]. Mit DMS wurden deutlich härtere Schichten als mit unipolar gepulsten Sputtern erreicht [9]. Dieser Abschirmungseffekt wird auch eindrücklich durch Simulationsrechnungen veranschaulicht, dargestellt in Abbildung 1 und 2 [10]. Beim Gleichstromsputtern sind die Elektronen über den Racetracks der Kathode konzentriert. Beim DMS ergibt sich ein Strompfad senkrecht auf die Anode (rechtes Magnetron), durch den das Plasma zum Substrat hin gedrängt wird. Abb. 4: Beispiel für den Verlauf von Strom, Spannung und Leistung mit einem Rechteck-Generator. Target und Prozessbedingungen wie Abbildung 3 (40kW, 490V, 100A). Gelegentlich wird argumentiert, dass ein Rechteck-Generator optimal für das Reaktivsputtern sei, da er während der Halbwellen Strom, Spannung und Leistung annähernd mit 100% Tastverhältnis liefert. Solch ideale Signalformen ergeben sich an einer Ohm schen Last. An einem Magnetron können die Kurvenformen deutlich verzerrt sein, wie Abbildung 3 für eine Sinusgenerator und Abbildung 4 für einen Rechteckgenerator zeigt. Es kann also nicht von quasi DC gesprochen werden. Hintergrund: Kenntnisstand zum Einfluss der Signalform auf die Beschichtung Abb. 5: Mittlere Ionenenergie auf Substrat, gemessen mit einem Gegenfeldanalysator. Es gibt vereinzelte Veröffentlichungen, in denen der Einfluss der Signalform auf das Beschichtungsergebnis untersucht wird. In [11] werden Planar- mit Rohrtargets verglichen sowie Sinus- mit bipolar gepulster Versorgung. Die Schlussfolgerung für reaktiv gesputtertes TiO 2 ist, dass der Einfluss der Versorgungsart auf Rate und Schichteigenschaft gering ist und der der Target-Art bedeutender. Einen Vergleich von Rechteck und Sinus zum Sputtern von ITO aus einem In(Sn)-Target wird von [12] vorgestellt. ITO ist ein besonders empfindliches Schichtsystem bezüglich der Plasmaparameter, da sowohl die Lichtabsorption als auch die elektrische Leitfähigkeit stark auf die Bedingungen bei der Abscheidung reagieren. Die Signalform ergab Unterschiede in den Plasmaparametern Elektronentemperatur und 1) Das Erdmagnetfeld hat eine ähnliche abschirmende Wirkung, so dass geladene Teilchen nur an den Polen in die Atmosphäre eindringen und zu Polarlicht führen.
Abb. 6: Vergleich der Beschichtungsraten als Funktion der Frequenz für Sinus- und Rechteckanregung des DMS-Sputterplasmas. -dichte in Substratnähe, jedoch hingen die Schichteigenschaften (optische Absorption, el. Widerstand) und die Struktur (Röntgenbeugung) nicht signifikant von der Anregungsform ab, wenn Bedingungen gleiche Elektronendichte gewählt wurden. In einem Vergleich von HfO 2, gesputtert mit einem Bipolar-Pulser und mit MF Sinus, ergab letzteres einen etwas höheren Brechungsindex [13]. Fallstudie: Vergleich Sinus Rechteck für TiO 2 Abb. 7: Werte des Brechungsindex bei 550nm Wellenlänge für die Schichten in Abbildung 6. Um ein klareres Bild von möglichen Einflüssen der Signalform zu erhalten, wurde eine vergleichende Untersuchung zum Reaktivsputtern von TiO 2 aus metallischen Planartargets durchgeführt. Die Untersuchung wurde an der Leybold A700V In-line Sputteranlage des Fraunhofer-IST in Braunschweig durchgeführt. Die MF-Leistung war konstant 10 kw auf 750mm Targetlänge. Zur elektrischen Prozesscharakterisierung wurden an den Kathoden Ströme und Spannungen aufgezeichnet und der Ionenfluss in der Substratebene mit einem Gegenfeldanalysator untersucht. Abgeschiedene Schichten wurden optisch mit Transmissions- und Reflexionsmessungen charakterisiert sowie an ausgewählten Beispielen mit Ellipsometrie und strukturell mit Röntgenbeugung. Abbildung 5 zeigt, dass die mittlere Ionenenergie für beide Generatoren mit der Frequenz zunimmt. Das deckt sich mit der bisher veröffentlichten Erkenntnis, dass hochenergetische Ionen bei jedem Polaritätswechsel erzeugt werden, so dass ihr Anteil am Gesamtfluss bei hohen Frequenzen höher ist. Beide Generatoren verhalten sich in dieser Beziehung ähnlich. Abb. 8: Dynamische Beschichtungsrate und Brechungsindex für den Rechteck-Generator als Funktion der Verzögerungszeit. Die (dynamischen) Beschichtungsraten sind in Abbildung 6 gegenübergestellt. Der Einfluss Frequenz auf die Rate ist gering, so wie es auch schon berichtet wurde [1,14]. Der Rechteck-Generator zeigt eine etwas höhere Beschichtungsrate. Umgekehrt ist es beim Brechungsindex, also der optischen Dichte. Wie Abbildung 7 zeigt, sind hier die Werte für den Sinusgenerator etwas höher. Bei optischen Schichten ist oft das Ziel die sogenannte optische Dicke, also das Produkt aus Brechungsindex mal Schichtdicke n*d. Berücksichtigt man auch, dass in der Praxis zahlreiche Parameter bei der Beschichtung Einfluss auf Brechungsindex und Rate haben, sind die hier gezeigten Unterschiede nicht wirklich signifikant. Mit dem Rechteck-Generator besteht die Möglichkeit, Einfluss auf das Ausgangssignal zu nehmen. Durch Wählen einer Verzögerungszeit kann in der Betriebsart Bipuls oder Trapez das Umschalten zwischen positiver und negativer Halbwelle verzögert und damit die Kurvenform etwas einem Sinus angenähert werden. Abbildung 8 zeigt, dass damit auch das Beschichtungsergebnis beeinflusst wird: Der Brechungsindex nimmt mit zunehmender Verzögerungszeit etwas
zu und Rate nimmt ab, so dass die Werte denen des Sinus-Generators entsprechen. Die Verzögerungszeit Null entspricht hier dem regulären Rechteck-Betrieb. Die Untersuchung der Proben mittels Röntgenbeugung ergab, dass die hier gezeigten Unterschiede im Brechungsindex durch das Verhältnis von Rutil zu Anatas bestimmt sind. Der Rutil-Anteil liegt bei etwa 63% für die Proben mit einem Brechungsindex um 2,58 und bei etwa 70% für die Proben mit n um 2,64. Schlussfolgerung: Entscheidungsgrundlagen für den Stromversorgungs-Typ Abb. 9: Abhängigkeit der Investkosten je Generator als Funktion der nominellen Ausgangsleistung. n Die Versuchsergebnisse decken sich mit den wenigen Angaben in der Literatur: Es gibt einen gewissen Einfluss der Signalform auf das Schichtwachstum, jedoch ist zu erwarten dass andere unvermeidbare Einflüsse, wie z.b. das sich ändernde Magnetfeld mit zunehmender Targetabnutzung, wesentlich deutlicher sind. Deshalb sind die gefundenen Unterschiede praktisch nicht relevant bei der Entscheidung für eine Stromversorgung. n Eine Entscheidung auf Grund von Unterschieden im Arc-Management ist hinfällig bei Generatoren der neuesten Generation. n Die Entscheidung für einen bestimmte Generatortyp kann also auf Grund von wirtschaftlichen Gesichtspunkten getroffen werden. Zur Veranschaulichung sind in Abbildung 9 die Investitionskosten für eine Stromversorgung als Funktion der Nennleistung dargestellt. Für niedrige Leistungen bis 50kW sind in der Regel bipolare Rechteckgeneratoren die günstige Alternative. Hier ist die Flexibilität bezüglich einfacher Frequenzumschaltung und Signalform nützlich. Für industrielle Beschichtungsanlagen mit hoher Beschichtungsbreite sind weiterhin die MF-Generatoren die günstigere Wahl. Danksagung: Wir bedanken uns bei Stephan Ulrich und Wolfgang Werner, Fraunhofer IST in Braunschweig für die Zusammenarbeit in Rahmen der experimentellen Vergleichsstudie.
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Autor n Dr. M. Heintze Copyright Hell und transparent: TRUMPF Hüttinger Hauptsitz in Freiburg / Deutschland Alle Rechte vorbehalten. Kein Nachdruck und Vervielfältigung ohne schriftliche Genehmigung. TRUMPF Hüttinger GmbH + Co. KG Bötzinger Straße 80, D-79111 Freiburg Telefon: +49 761 8971-0 Fax: +49 761 8971-1150 E-Mail: Info.Elektronik@de.trumpf.com www.trumpf-huettinger.com