16 T 37/14 145 IN 703/13 Amtsgericht Wuppertal Landgericht Wuppertal Beschluss In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des - hier: Festsetzung der Vergütung des Sachverständigen - Beteiligte gemäß 4 JVEG: 1. Sachverständiger 2. der Bezirksrevisor hat die 16. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal am 04.03.2014 durch beschlossen : Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal - Insolvenzgericht - vom 27.12.2013 (Az. 145 IN 703/13) abgeändert und die Vergütung des Sachverständigen nach 4 Abs. 1 JVEG auf 906,90 Euro (brutto) festgesetzt. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
- 2 - Gründe I. Unter dem 05.09.2013 beantragte der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein privates und geschäftliches Vermögen. Der Schuldner war nach eigenen Angaben in der Zeit vom 22.12.2003 bis zum 04.07.2008 als selbstständiger Unternehmensberater mit einer Einzelfirma tätig. Durch Beschluss vom 06.09.2013 ordnete das Amtsgericht zur Aufklärung des Sachverhaltes gem. 5 InsO die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens durch den Beteiligten zu 1. an. Der Gutachter sollte sich u.a. dazu äußern, ob und ggfls. welche Sicherungsmaßnahmen zu treffen sind, ob ein nach der Rechtsform des Schuldners maßgeblicher Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten ggf. für eine Fortführung des schuldnerischen Unternehmens bestehen und ob eine kostendeckende Masse vorhanden ist. Unter dem 22.10.2013 erstattete der Beteiligte zu 1. ein Sachverständigengutachten. Neben der Gerichtsakte standen dem Gutachter nach den Ausführungen im Gutachten ein Lebenslauf des Schuldners, diverse Kontoauszüge, Lohn- und Gehaltsabrechnungen zur Auswertung zur Verfügung und er führte mehrere Gespräche/Telefonate mit dem Schuldner. Mit Beschluss vom 4.11.2013 hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und den Beteiligten zu 1. zum Insolvenzverwalter bestellt. Unter dem 22.10.2013 hat der Beteiligte zu 1. seine Sachverständigenvergütung nebst Auslagen auf der Basis eines Stundensatzes von 90,- EUR (netto) bei einem Arbeitseinsatz von 8 Stunden mit insgesamt 906,90 Euro abgerechnet. Wegen der Details wird auf die Abrechnung Bezug genommen (Bl. 101 GA). Unter dem 07.11.2013 beantragte der Beteiligte zu 2. namens der Landeskasse, die Vergütung des Sachverständigen gerichtlich festzusetzen und zwar - basierend auf einem Stundenlohn von 80,- Euro netto - auf 761,60 EUR (brutto) nebst der weiteren Auslagen in beantragter Höhe. Nach Anhörung des Beteiligten zu 1. hat das Amtsgericht Wuppertal durch den angefochtenen Beschluss vom 27.12.2013 festgesetzt, dass der Sachverständige unter Berücksichtigung eines Stundensatzes von 80,00 Euro zu vergüten sei. Dagegen hat der Beteiligte zu 1. die vom
- 3 - Amtsgericht zugelassene Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt. II. 1. Die Beschwerde ist gemäß 4 Abs. 3 JVEG trotz Nichterreichens des Beschwerdewertes von 200,00 Euro zulässig, da das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. 2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Dem Beteiligten zu 1. steht für seine Gutachtertätigkeit als isolierter Sachverständiger nach 9 Abs. 1 S. 3, 7 Abs. 2 Nr. 1, 12 Abs. 2 Nr. 3 JVEG insgesamt eine Vergütung in Höhe von 906,90 Euro (brutto) zu. Für seine Gutachtertätigkeit als solche kann der Beteiligte zu 1. eine Vergütung von 720,- Euro netto (8 Stunden à 90,- Euro) verlangen. Zudem sind ihm nach 7 Abs. 2 Nr. 1 und 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 für Kopien und Schreibarbeit weitere 42,10 Euro netto zu ersetzten. Zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer ergibt sich der festgesetzte Betrag. Die Kammer sieht bei Ausübung des ihr zustehenden Ermessens einen Stundensatz von 90,- Euro als angemessene Vergütung im Sinne des 9 Abs. 1 S. 3 JVEG an. Zunächst gehen alle Beteiligten des Verfahrens zutreffend davon aus, dass sich die Höhe der Vergütung des sogenannten isolierten Sachverständigen nicht nach 9 Abs. 2 JVEG in der ab dem 01.08.2013 geltenden Fassung bestimmt. Denn der Beteiligte zu 1. war gerade nicht als vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt und als solcher auch als Sachverständiger herangezogen worden. Vielmehr erschöpfte sich seine Tätigkeit im Insolvenzeröffnungsverfahren in der Erstattung des Gutachtens. Vor der Aktualisierung des JVEG war umstritten, ob der in 9 Abs. 2 JVEG genannte Stundensatz (von damals noch 65,- Euro) für die Ausübung des Ermessens bei der Festsetzung des Stundensatzes des isoliert beauftragten Sachverständigen nach 9
- 4 - Abs. 1 S. 3 JVEG herangezogen werden könne. Teilweise haben sich Gerichte für eine Heranziehung des sich aus 9 Abs. 2 JVEG ergebenden Betrages ausgesprochen (so: OLG Hamburg, Beschluss vom 11.02.2010, Az. 4 W 138/09; OLG Bamberg Beschluss vom 25.01.2005 Az. 1 W 1/05, zitiert nach juris). Vielfach wurde jedoch im Hinblick auf die Tätigkeit eines isolierten Sachverständigen die Anwendung des sich aus 9 Abs. 2 JVEG a.f. ergebenden Stundensatzes abgelehnt und stattdessen, entsprechend der Honorargruppe 7 des JVEG a.f., ein Stundensatz von 80,- Euro zugrunde gelegt (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.03.2006, Az.: 26 W 80/05; OLG Koblenz, Beschluss vom 27.12.2005; Az: 14 W 815/05; OLG München Beschluss vom 15.06.2005; Az: 11 W 1423/05; LG Mönchengladbach, Beschluss vom 22.08.2007, 5 T 326/07; LG Hamburg, Beschluss vom 16.05.2011, Az: 326 T 17/11, jeweils zitiert nach juris). Die Abänderung des 9 Abs. 1 JVEG hat keine eindeutige Klärung der Rechtslage erbracht, da die Tätigkeit des Sachverständigen auch durch die Neufassung des 9 Abs. 1 JVEG keiner der neugefassten Honorargruppen ausdrücklich zugeordnet wurde. Weiterhin gibt es für isoliert im Insolvenzeröffnungsverfahren beauftragten Sachverständige keine allgemein für diese Leistungen außergerichtlich oder außerbehördlich vereinbarten Stundensätze, um die Höhe der Vergütung objektiv zu bestimmen. Da die Art der Tätigkeit allein im Vorfeld von Insolvenzverfahren anfällt, lässt sich ein freier Marktwert als Vergleichsmaßstab nicht bestimmen (vgl. auch LG Hamburg, Beschluss vom 16.05.2011, Az: 326 T 17/11, zitiert nach juris). Für eine Ansetzung des sich aus 9 Abs. 2 JVEG ergebenden Stundensatzes wird angeführt, dass sich die Aufgabenbereiche des als Sachverständiger beauftragten vorläufigen Insolvenzverwalters nach 22 Abs. 1 Nr. 3 InsO und die des isolierten Sachverständigen teilweise decken. Diesem Argument ist allerdings ist entgegen zu halten, dass der vorläufige Insolvenzverwalter eine zusätzliche Vergütung nach der InsVV erhält und sich seine Tätigkeiten überschneiden (vgl. OLG Frankfurt aao; OLG München aao). Das Landgericht Hamburg (aao) stellt darauf ab, dass es dem vorläufigen Insolvenzverwalter möglich sei, einzelne Aspekte über die - in der Regel höhere - Insolvenzverwaltervergütung abzurechnen, wohingegen der isoliert beauftragte Sachverständige keine weitere Vergütung erhalte. Bei einer Beschränkung auf den Stundensatz nach 9 Abs. 2 JVEG werde der isoliert beauftragte Sachverständige schlechter gestellt, als der vorläufige Insolvenzverwalter (vgl. LG Hamburg aao). Diesem Argument schließt sich die Kammer an. Nach Ansicht der Kammer ergibt sich zudem aus der sprachlichen Fassung des 9 Abs. 2 JVEG klar die Intention des Gesetzgebers, dass die Tätigkeit des isolierten
- 5 - Sachverständigen nicht unter die Regelung des 9 Abs. 2 JVEG fallen soll. Obwohl die in der Rechtsprechung geführte Diskussion um die Höhe der Vergütung des isolierten Sachverständigen im Gesetzgebungsverfahren bekannt war wie sich aus den Erläuterungen zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung, Bundestagsdrucksache 17/11471 (neu) Bl. 260, ergibt - wurde 9 Abs. 2 JVEG keineswegs auf den isoliert beauftragten Sachverständigen erweitert. Vielmehr hat der Gesetzgeber ausdrücklich aufgeführt, was vorher nur durch die Verweisung erkennbar war, nämlich dass der festgelegte Stundensatz nur für den vorläufigen Insolvenzverwalter gilt. Weiter ergibt sich aus der Formulierung des 9 Abs. 2 JVEG n.f. nach Ansicht der Kammer auch ein Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber davon ausging, ein isolierter Sachverständiger werde nach einem anderen Stundensatz als dem in 9 Abs. 2 JVEG n.f. aufgeführten entlohnt. So enthält auch der neugefasste 9 Abs. 2 JVEG die Formulierung, dass für den Fall, dass ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit der Begutachtung beauftragt wird, das Honorar abweichend von Abs. 1 für jede Stunde 80,- Euro betrage. Die Verwendung des Wortes "abweichend" lässt den Schluss zu, dass der Gesetzgeber auch bei der Neufassung des Gesetzes nicht von einer Gleichstellung des isoliert beauftragten Sachverständigen mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter ausging, sondern davon, dass sich der nach 9 Abs. 1 S. 3 JVEG n.f. zu ermittelnde Stundensatz des isoliert tätigen Sachverständigen von dem Stundensatz des zugleich als vorläufigen Insolvenzverwalters eingesetzten Sachverständigen unterscheidet. Hätte der Gesetzgeber hingegen eine gleiche Vergütung für alle Sachverständigentätigkeiten im Insolvenzeröffnungsverfahren für angemessen gehalten, hätte es nahegelegen, 9 Abs. 2 JVEG entsprechend zu fassen oder zumindest nicht von einem abweichenden Stundensatz zu sprechen. Übereinstimmend mit einem Großteil der früheren Rechtsprechung erscheint der Kammer ein Stundensatz nach der Honorargruppe 4 im Vergleich zu den Sachgebieten: Bewertung von Immobilien (Honorargruppe 6), Kraftfahrzeugbewertung (Honorargruppe 8), Mieten und Pachten (Honorargruppe 10) Unternehmensbewertung (Honorargruppe 11) als zu gering. Aufgrund des Erfordernisses, die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners zu ermitteln, sind zumeist juristische und betriebswissenschaftliche Kenntnisse unerlässlich. Auch wenn es sich vorliegend um einen eher übersichtlich und weniger komplex gelagerten Fall gehandelt haben dürfte, sieht die Kammer aufgrund der mangelnden Möglichkeit des Sachverständigen, auch als vorläufiger Insolvenzverwalter abzurechnen, eine Erhöhung des sich aus 9 Abs. 2 JVEG ergebenden Stundensatzes um zumindest 10,- Euro (ähnlich LG Hamburg aao) und eine Gleichstellung zumindest zu der Honorargruppe 6 als angemessen an.
- 6 - III. Die Kostenentscheidung beruht auf 4 Abs. 8 JVEG. Die weitere Beschwerde wird gemäß 4 Abs. 5 JVEG zugelassen. Die Frage, wie der im Insolvenzeröffnungsverfahren bestellte isolierte Sachverständige zu vergüten ist, hat grundsätzliche Bedeutung und wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte unterschiedlich beantwortet und ist - soweit ersichtlich - vom Oberlandesgericht Düsseldorf noch nicht entschieden.