Universität Regensburg Institut für Anorganische Chemie: Lehrstuhl Prof. Dr. A. Pfitzner Demonstrationsvortrag im Sommersemester 2012 04.07.2012 Dozentin: Dr. Martina Andratschke Referentin/Referent: Barbara Menzinger; Christian Hopp Galvanotechnik 1. Vorwort In Zeiten in denen die Rohstoffe unseres Planeten immer knapper werden, wird es zunehmend wichtiger, diese Rohstoffe zu schützen. Aufgrund von Umwelteinflüssen wird die Lebensdauer von einigen Materialien drastisch verkürzt. Deshalb ist es sinnvoll, Schutzschichten in Form von metallischen Überzügen zu erzeugen. Dies ist mit Hilfe von Beschichtungstechnologien möglich. Hierbei fügt sich die Galvanotechnik in eine Reihe mit Aufdampfen (z. B. Chemical Vapor Deposition CVD), Auftragen (z. B. Schmelztauchen), Lackieren (z. B. Aufbringen von (an)organischen Lacken) und thermischem Spritzen (z. B. Flammspritzen) ein. [1] 2. Grundlagen der Galvanotechnik Der Name Galvanotechnik geht zurück auf den italienischen Arzt Luigi Galvani (1737 1798). Während des Sezierens von Froschschenkeln beobachtete er Muskelkontraktionen. Während Galvani dies auf Tierelektrizität zurückführte, erkannte Alessandro Volta die Wirkung zweier Metalle mit unterschiedlichen Standardpotentialen auf die Strom leitenden Froschbeine. [2] Mit dieser Erkenntnis wurden sogenannte Galvanische Elemente entwickelt. Abbildung 1: Daniell Element [4] Diese bestehen aus zwei unterschiedlichen, getrennten Elektrolytlösungen in die eine Elektrode des jeweiligen Metalls getaucht ist. Hierbei wird das unedlere Metall, also jenes mit dem niedrigeren Standardpotential, oxidiert und geht in Lösung. Die freiwerdenden Elektronen wandern über einen Leiter zum edleren Metall, welches reduziert wird. [3] Eines der bekanntesten Galvanischen Elemente ist das Daniell Element (vgl. Abbildung 1) mit Zink und Kupfer, welches bei Standardbedingungen eine Spannung von 1,10 V erzeugt. Diese setzt sich aus den Redoxpotentialen zusammen, welche für Zink und Kupfer E (Zn 2+ /Zn) = 0,76 V und E (Cu 2+ /Cu) = +0,34 V sind. [4] Taucht man nun die beiden Elektroden in eine gemeinsame Elektrolytlösung und legt eine äußere Stromquelle an, so kann man eine Reduktion der Metallionen an der Kathode erzwingen. Dazu eigenen sich nicht alle Metalle. Nur die Metalle mit den Ordnungszahlen 24 30, 33, 34, 44 52 und 75 83 sind elektrochemisch abscheidbar. [1] Definition (Galvanotechnik): Unter Galvanotechnik sind alle Verfahren zur Oberflächenbehandlung von Metallen und Nichtmetallen zu verstehen, die zur Herstellung metallischer Überzüge aus Elektrolytlösungen und Salzschmelzen unter Ausnutzung eines Transportes von Ionen und Elektronen dienen. Die Schichteigenschaften werden dabei durch Vorbehandlung des Werkstücks, Galvanisieren und Nachbehandlung definiert eingestellt. (Gütegemeinschaft Galvanotechnik e.v.) [1] 1
Im Rahmen dieser Definition wird weiter zwischen Galvanostegie und Galvanoplastik unterschieden. Während die Galvanostegie sich mit Oberflächenbehandlung beschäftigt, geht es bei der Galvanoplastik um exakte Nachbildungen bzw. Abbildungen von Gegenständen. [5] 3. Theorie der elektrolytischen Metallabscheidung Die Abscheidung metallischer Schichten aus wässrigen Elektrolyten beruht darauf, dass die in der Elektrolytlösung vorhandenen Metallionen an die Kathode ( ) gelangen, sich durch Elektronenaufnahme an der Grenzfläche Kathode/Elektrolyt entladen und als Metallatome auf der Kathodenoberfläche niederschlagen. Die zur Entladung der Metallionen benötigten Elektronen werden [...] einer äußeren Spannungsquelle entnommen [...]. Die Lieferanten der Metallionen sind Metallsalze, die in der Elektrolytlösung enthalten sind oder lösliche Abbildung 2: Wanderung der Metallionen [1] Metallanoden, die in Lösung gehen. [1] (vgl. Abbildung 2) Abbildung 2: Wanderung der Metallionen [1] Hierbei ist zu unterscheiden zwischen sauren Elektrolyten wie CuSO 4 oder NiSO 4 (in Schwefelsäure), neutralen Elektrolyten sowie cyanidhaltigen (typischerweise Zink, Kupfer, Silber und Goldelektrolyte) und cyanidfreien (Zink (und Natriumhydroxid)) alkalischen Elektrolyten [1]. Dies zeigt, dass der ph Wert von Bedeutung ist. Er beeinflusst die Leitfähigkeit, die Löslichkeit der Elektrolyte und die Abscheidegeschwindigkeit. Um eine einheitliche, schützende Oberflächenbeschichtung zu erhalten, müssen jedoch noch weitere Faktoren berücksichtigt werden. Der Zusatz von Glanzbildnern zum Beispiel ermöglicht es, ohne Politur glänzende Oberflächen zu bekommen. Ihre Wirkungsweise ist nicht gänzlich geklärt, die wahrscheinlichste Theorie ist, dass die meist großen Moleküle an den Rauheitsspitzen adsobieren und die weitere Kristallisation an diesen Spitzen verhindern. Dadurch wird die Oberfläche glatter und damit glänzender. [1] Netzmittel bzw. Tenside werden benötigt zur Herabsetzung der Oberflächenspannung des Elektrolyten. Z. B. beim Verchromem findet beim Galvanisieren eine starke Gasentwicklung (Wasserstoff) statt. Die sich bildenden Gasblasen zerplatzen an der Elektrolytoberfläche und verursachen ein Versprühen des Chrom Elektrolyten. [ ] Gibt man dem Chrom Elektrolyten Netzmittel zu [ ] wird die Oberflächenspannung von 70 mn/m auf 20 mn/m herabgesetzt. Dadurch wird die Bildung des Sprühnebels weitgehend unterdrückt. Gleichzeitig bildet sich eine dünne kompakte Schaumdecke auf der Elektrolytoberfläche, die die Elektrolytverluste durch Verdampfen weitgehend verhindert. [1] Ebenfalls wichtig ist die Wahl der Spannung. Sie muss sich über dem Standardpotentials des abzuscheidenden Metalls befinden. Außerdem müssen weitere Hemmungen überwunden werden, wie die der Wasserstoffbildung, welche sich kaum verhindern lässt und auch der Durchtritt durch die elektrolytische Doppelschicht wirkt hemmend. Diese erhöhte Spannung wird auch als Überspannung bezeichnet. Weitere Hemmungen können vernachlässigt werden. Die Diffusionsgeschwindigkeit der Kationen ist der geschwindigkeitsbestimmende Schritt. [1] 2
= Potential X = Wegkoordinate δ starr = Abstand zwischen Metall (Kathode) und Lösung (Elektrolyt) Me = Potential des Metalls L = Potential der Lösung starr = L - Me Abbildung 3: Adsorption und Keimbildung [1] Abbildung 4: Helmholtz Perrin Modell der Doppelschicht [1] Das Prinzip der Galvanotechnik ist in der Theorie relativ einfach, in Wirklichkeit ist jedoch der Prozess der Metallabscheidung viel komplizierter [ ]. [1] Abbildung 3 zeigt, dass die Metallionen mittels Diffusion an die Kathodenoberfläche gelangen. Hier entledigen sie sich während des Durchtrittes durch die elektrolytische Doppelschicht einem Großteil ihrer Ladung und Hydrathülle. So passieren die Kationen die Doppelschicht und werden an der Oberfläche der Kathode adsobiert. Dort lagern sie sich an Kristallisationskeimen an und bilden die Beschichtung. [1] Die oben genannte elektrolytische Doppelschicht kann über das Helmholtz Perrin Modell (vgl. Abbildung 4) beschrieben werden. Dabei stehen sich an der Grenze zwischen Elektrolyt und Kathode die Metallkationen und Elektronen im Abstand von ungefähr einem Ionenradius gegenüber und weisen Eigenschaften auf, die denen eines elektrischen Plattenkondensators mit konstanter Kapazität nahe kommen. Die Änderungen des Potentials innerhalb der Helmholtz Schicht [ ] ist konstant und stellt [ ] die Differenz zwischen dem Potential der Metallelektrode [ ] und dem der Elektrolytlösung [ ] dar. [1] Dies ist ein recht stark vereinfachtes Modell, da es die räumlich statistische Verteilung der Metallkationen vor der Kathode, die sich aus der Überlagerung elektrostatischer Anziehung und der im Elektrolyten herrschenden Wärmebewegung ergibt, vernachlässigt. Es beschreibt jedoch die Verhältnisse in hochkonzentrierten Elektrolyten ausreichend genau. [1] 4. Galvanische Verfahren Es gibt einige verschiedene Methoden, die Galvanotechnik anzuwenden. Bei der Gestellgalvanisierung werden vor allem große Bauteile und Werkstücke an Gestellen in Abscheidungsbäder getaucht. Dabei unterscheidet man zwischen handbetriebenen, halb und vollautomatischen Anlagen. 3
In der Massengalvanisierung geht es darum, viele kleine Teile, wie zum Beispiel Schrauben und Muttern, zu beschichten. Für Rohre und Drähte benutzt man die Durchlaufgalvanisierung, bei welcher die zu galvanisierenden Bänder durch lange Bäder mit einer oder zwei Anoden auf jeder Seite gezogen werden. [1] 5. Lehrplanbezug Bereits zu Beginn des Chemieunterrichtes erlernen die Schüler und Schülerinnen in der 8. Jahrgangsstufe des naturwissenschaftlich technologischen Gymnasiums (NTG) die zentrale Bedeutung von Salzen kennen. Diese stellen eine bedeutende Grundlage für das spätere Verständnis von Galvanischen Zellen sowie der Elektrolyse dar. In der 9. Jahrgangsstufe behandelt der Lehrplan schließlich Elektronenübergänge. In Analogie zu Säure Base Reaktionen wird ihnen verdeutlicht, dass Oxidation und Reduktion stets miteinander gekoppelt sind. Die große Bedeutung von Redoxvorgängen wird an einigen Beispielen aus Alltag und Technik hervorgehoben. Hierbei erlernen sie die wechselseitige Umwandlung chemischer in elektrische Energie mittels Redoxvorgängen anhand von Batterie und Akkumulator kennen. Auch findet hier die Elektrolyse erstmalig zentrale Bedeutung. Jedoch erst in der 12. Jahrgangsstufe des G8 wird darauf näher eingegangen. Aufbauend auf den vorhandenen Kenntnissen wird den Schülern bewusst, dass elektrochemische Prozesse als Gleichgewichtsreaktionen durch das Massenwirkungsgesetz beschrieben werden können. Mittels der Standardpotentiale wird ermöglicht, die Richtung von Elektronenübergängen zu ermitteln und schließlich die Leerlaufspannungen in Galvanischen Zellen zu berechnen. Diese Grundlagen der Elektrochemie nutzen sie für ein vertieftes Verständnis der Umwandlung von elektrischer in chemische Energie bei der Elektrolyse und führt den Schülern die zentrale Bedeutung der Chemie für die Lösung technologischer und umweltrelevanter Fragen vor Augen. Schließlich wird erneut auf elektrochemische Energiequellen in Alltag und Technik eingegangen (Batterie und Akkumulator). Am Ende ihrer Schullaufbahn wird schließlich die Korrosion sowie der Korrosionsschutz bei Metallen behandelt. Hierbei spielt somit auch die Galvanotechnik eine zentrale Rolle des Lehrplanes. [6] 6. Versuchsaufbau Versuch 1: Galvanische Verkupferung [7] (modifiziert) Heizplatte, Krokodilklemmen, Kupferblech Cu (Anode), Nickelblech Ni (Kathode) 25 g Kupfersulfat CuSO 4 *5 H 2 O, 10 ml Schwefelsäure H 2 SO 4, 250 ml destilliertes Wasser H 2 O Kupfersulfat in Wasser und Schwefelsäure lösen. Lösung unter Rühren auf ca. 40 C erhitzen, Kathode und Anode an Trafo anschließen und 2 3 V Spannung anlegen. Warten, bis sich eine Kupferschicht abgeschieden hat. Die Kathode zieht die Kupferionen der Kupferelektrolytlösung an und reduziert diese zu Kupfer: Cu 2+ + 2e Cu Dort schlagen sie sich als Überzug nieder. Zum Ausgleich der nun verbrauchten Kupferionen findet an der Anode eine Oxidation statt: Cu Cu 2+ + 2e 4
Versuch 2: Galvanische Vernickelung [7] (modifiziert) Heizplatte, Krokodilklemmen, Nickelblech Ni (Anode), Messingring (Kupfer (Cu) Zink (Zn) Legierung) (Kathode), 25 g Nickelsulfat NiSO 4 *7 H 2 O, 10 ml Schwefelsäure H 2 SO 4, 250 ml destilliertes Wasser H 2 O, 2 Tabletten Glanzbildner Saccharin C 7 H 5 NO 3 S, 3 4 Tropfen Spülmittel als Netzmittel, 5 g Borsäure H 3 BO 3 Nickelsulfat in Wasser und Schwefelsäure lösen. Borsäure, Netzmittel und Glanzbildner hinzugeben. Lösung unter Rühren auf ca. 40 C erhitzen, Kathode und Anode an Trafo anschließen und 4 8 V Spannung anlegen. Warten, bis sich eine silbrige Nickelschicht abgeschieden hat. Die Nickelionen der Nickelelektrolytlösung werden von der Kathode angezogen und dort zu Nickel reduziert: Ni 2+ + 2e Ni Um die verbrauchten Nickelionen auszugleichen, findet an der Anode eine Oxidation statt: Ni Ni 2+ + 2e Versuch 3: Galvanische Verkupferung eines Blattes [7, 8] (modifiziert) Heizplatte, Krokodilklemmen, Kupferblech (Cu) (Anode), Blatt (Kathode), Zinkspray (Zn) 25 g Kupfersulfat CuSO 4 *5 H 2 O, 10 ml Schwefelsäure H 2 SO 4, 250 ml destilliertes Wasser H 2 O, 2 Tabletten Saccharin C 7 H 5 NO 3 S Kupfersulfat und Saccharin in Wasser und Schwefelsäure lösen. Lösung unter Rühren auf ca. 40 C erhitzen. Das Blatt mit Zinkspray besprühen und trocknen lassen. Besprühtes Blatt als Kathode und Anode an Trafo anschließen und 2 3 V Spannung anlegen. Warten, bis sich eine rötliche Kupferschicht abgeschieden hat. Durch das Besprühen des Blattes fungiert nun die Zinkschicht auf dem Blatt als Kathode. Die Kupferionen der Kupferelektrolytlösung werden von der Kathode angezogen und werden dort zu Kupfer reduziert: Cu 2+ + 2e Cu Dort schlagen sie sich als Überzug nieder. Um die verbrauchten Kupferionen auszugleichen findet an der Anode eine Oxidation statt: Cu Cu 2+ + 2e 7. Literatur 1] N. Kanani: Galvanotechnik, Carl Hauser Verlag, 2000, S. 2, 3, 5 7, 9, 73 79, 81, 84, 87 88, 90, 114, 125, 128, 177 179, 181 183, 185, 188 [2] http://de.wikipedia.org/wiki/luigi_galvani (Stand 02.07.2012) [3] http://de.wikipedia.org/wiki/galvanische_zelle ((Stand 02.07.2012) [4] http://de.wikipedia.org/wiki/daniell_element (Stand 02.07.2012) [5] http://de.wikipedia.org/wiki/galvanotechnik (Stand 03.07.2012) [6] www.isb.bayern.de (Stand 01.07.2012) [7] R. Arendt, L. Dörmer, K. E. Dörmer: Technik der Experimentalchemie, 10. Auflage, Quelle Mayer, 1980, S. 386 387 [8] http://www.chids.de/dachs/expvortr/579galvanotechnik_juengst_scan.pdf (Unterpunkt 16.) (Stand 12.11.2012) 5