Helene Miklas Der Karrieresprung

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Liste mit Vorschlägen für Taufsprüche

Transkript:

1 25.02.2018 Helene Miklas Der Karrieresprung Liebe Gemeinde! Das sind ja dramatische Geschichten, die wir in den drei Textlesungen gehört haben und darum lieben die Kinder sie wohl besonders: Die Errettung eines Babys aus der Not, eine schlaue Schwester, einer, der leidenschaftlich und unvernünftig für Gerechtigkeit kämpft, ein Mörder, der Schuld auf sich lädt, einer der fliehen muss, aber Schutz und eine Frau findet. Aber auch jemand, mit dem die Kinder und auch wir uns identifizieren können ein Mensch, der nicht die Leistung erbracht hat, die er eigentlich hätte sollen, der gewissermaßen versagt. Was ist hier geschehen. Die Kinder Jakobs, wir wissen es aus der Josefsgeschichte, sind bei einer Hungersnot nach Ägypten geflüchtet, zu den Kornkammern des Nahen Ostens. Zuerst haben sie wohl viel Freiheit gehabt. Dann aber werden sie stärker und werden zu einem Volk, Israeliten oder Hebräer genannt. Ein solches Volk im Staat ist den Pharaonen doch ein wenig suspekt. Sie werden zur Fronarbeit gezwungen wie viele andere ägyptische Sklaven auch und bauen die großen Städte Pitom und Ramses mit. Sklavenarbeit, Unterdrückung, Angst vor der Größe einer Volksgruppe, wir kennen das Motiv heute zur Genüge. Aber diese Unterdrückungsgeschichte des beginnenden Volkes Israel hat ihre Geschichte nachhaltig mit einem besonderen Auftrag geprägt: Geht mit allen, die von

2 euch abhängig sind, menschenwürdig und respektvoll um. Sie sind euch anvertraut. Achtet auf die Geringen, übt Gerechtigkeit. Und zum Glück haben wir das als Christen eins zu eins übernommen, zumindest in der Theorie. Weil das Volk immer stärker wird, nimmt der Pharao Zuflucht zu einer drastischen Maßnahme: Alle Mädchen können am Leben bleiben, die Buben sollen in den Nil geworfen werden. Zwei mutige Hebammen stellen sich dagegen, der Plan geht nicht so einfach auf. Aber unendliches Leid wird die Folge dieser Maßnahme gewesen sein. Ein kleiner Bub wird geboren, Mose; seine Eltern wollen ihn retten und verstecken ihn. Aber er wird größer, sie schaffen es nicht mehr und legen ihn in ein Körbchen im Schilf am Rand des Nils. Die Tochter des Pharao entdeckt ihn, bekommt Mitleid und will ihn zu sich nehmen an Kindesstatt. Einige Jahre darf die Mutter, die von der klugen Miriam als anonyme Amme ausgegeben wird, ihren Sohn erziehen. Dann kommt Mose an den Hof. Und dort hat er wahrscheinlich eine höfische Ausbildung erhalten, die ihn für die Beamtenlaufbahn qualifiziert. Bis seine Leidenschaft oder sein Gerechtigkeitsgefühl oder sein etwas deplaziertes Verantwortungsgefühl ihm zu einer unbedachten Tat führt. Er erschlägt heimlich einen Ägypter, der einen Israelit geschlagen hat und verscharrt die Leiche. Die Sache fliegt auf. Denn Mose will kurz darauf einen Streit schlichten zwischen zwei Männern aus seinem eigenen Volk. Der verbittet sich die Einmischung. Will Mose ihn etwa auch erschlagen wie den Ägypter? Auch der Pharao hört davon und setzt die Strafverfolgung in Gang. Seine Tochter in Ehren, aber Israelit ist Israelit, Mord ist Mord. Mose flieht und kommt ins Land Midian. An einem Brunnen setzt er bei den männlichen Hirten durch, dass die sieben Töchter des Priesters von Midian ihre Schafe in Ruhe tränken dürfen. Man sieht: Der Mose hat Führerqualität. Wahrscheinlich fehlten dort in der Familie die Männer, die diese Arbeit taten und die Frauen wurden nicht für ganz voll genommen. Vater Jethro (Reguel) lädt Mose zum Essen ein, in der Folge bittet er ihn in seiner Familie zu bleiben. Mose übernimmt wahrscheinlich die männliche Hirtenrolle und bekommt Tochter Zip

3 pora als Frau. Ein Sohn, Gerschom wird ihm geboren. So weit so gut. Er hat eine neue Heimat. Ab und zu, spärlich, gehen vielleicht Nachrichten aus Ägypten ein, die nichts Gutes verheißen. Die Israeliten stöhnen unter der Fronarbeit, unter der Diskriminierung. Der Pharao stirbt, ein neuer folgt ihm nach. Die Unterdrückung wird schlimmer. Und es sieht aus, als ob hier ein Privatleben langsam und friedlich zu Ende geht. Mose hat es sich, so könnte ich mir das vorstellen, gerichtet. Kein Rebelle mehr, der das Schicksal selbst in die Hand nimmt. Vielleicht denkt er ab und zu: Schade, was hätte aus mir werden können. Ich hätte glänzen können als Retter oder Vermittler des Volkes mit meinen Kenntnissen, mit meinem Wissen über die ägyptische Kultur. Blöd gelaufen. Und vielleicht tut es auch ein wenig weh. Er selbst ist zu einem Leben von Ruhe und unbeteiligtem Frieden gewissermaßen verdammt, weit weg vom schlimmen Geschehen seines Volkes. Aber ja, man wird älter und arrangiert sich eben. So tun es viele. Und dann plötzlich wird das Karrièrebuch seines Lebens noch einmal ganz neu aufgeschlagen. Unerwünscht und unerwartet. Vom Nebengleis förmlich wird Mose wieder mit Volldampf auf die Hauptstrecke geschickt. Ich lese die Verse 1 5 aus Exodus 3 auszugsweise 1 Und Mose weidete die Schafe seines Schwiegervaters Jethro, des Priesters von Midian. Und er trieb die Schafe über die Wüste hinaus und kam an den Gottesberg, den Horeb. 2 Da erschien ihm der Bote des HERRN in einer Feuerflamme mitten aus dem Dornbusch. Und er sah hin, und sieh, der Dornbusch stand in Flammen, aber der Dornbusch wurde nicht verzehrt. 3 Da dachte Mose: Ich will hingehen und diese große Erscheinung ansehen. Warum verbrennt der Dornbusch nicht? 4 Und der HERR sah, dass er kam, um zu schauen. Und rief ihn aus dem Dornbusch und sprach: Mose, Mose! Und er sprach: Hier bin ich. 5 Und er sprach: Komm nicht näher. Nimm deine Sandalen von den Füßen, denn der

Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden. Predigtseiten der Reformierten Stadtkirche 4 Mose befindet sich also mit seinen Schafen im kargen Land in der Steppe, die am Berg Horeb grenzt. Und dort sieht er die seltsame Erscheinung: Ein Dornbusch, der in Flammen steht, doch nicht verbrennt. Ist ja nicht ganz ungefährlich in der Wüste. Er wird aber, bevor er ganz hingelangen kann, aufgefordert von einer Stimme, die Sandalen auszuziehen und nicht näher zu kommen. Denn der Boden, auf dem er steht, sei heilig. Ein seltsamer Gedanke für uns, vor allem für uns etwas karg liturgisch ausgestattete Reformierte, aber auch wir kennen heilige Orte, Orte, die eine besondere Spiritualität ausstrahlen. Die Schuhe auszuziehen, das ist so eine alte Geste, die wir auch heute noch kennen. Eine Höflichkeit natürlich, um den Boden von anderen nicht dreckig zu machen. Aber gleichzeitig leuchtet etwas wie Respekt durch: Ich erkenne damit etwas an: Ich bin hier Gast, es ist dein Haus, dein Boden. Du schenkst mir etwas, ich darf bei dir eintreten. Aber das Haus gehört dir. Ich ordne mich ein. Aber warum gerade ein stacheliger Dornbusch als heiliger Ort? Das ist doch seltsam. Tatsächlich fragt in einer alten jüdischen Geschichte jemand seinen Rabbi: Warum wählte Gott einen Dornbusch, um mit Mose aus ihm zu reden? Der Rabbi antwortete: Hätte er einen Johannisbrotbaum oder einen Maulbeerbaum gewählt, so würdest du ja die gleiche Frage gestellt haben. Daher sage ich dir, dass Gott den ärmlichsten kleinen Dornbusch gewählt hat, um dich zu belehren, dass es auf der Erde keinen Platz gibt, an dem Gott nicht anwesend ist. Noch nicht einmal in einem Dornbusch. Hübsch! Und irgendwie leuchtet da schon noch etwas anderes auch auf: Gott zeigt sich mit dem niedrigen und unterdrückten Volk in Ägypten in der ganzen stacheligen Realität solidarisch. Das zeigen auch die nächsten Verse, die ich lese. 6 Dann sprach er: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks

5 und der Gott Jakobs. Da verhüllte Mose sein Angesicht, denn er fürchtete sich, zu Gott hin zu blicken. 7 Und der HERR sprach: Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen, und ihr Schreien über ihre Antreiber habe ich gehört, ich kenne seine Schmerzen. 9 Sieh, das Schreien der Israeliten ist zu mir gedrungen, und ich habe auch gesehen, wie die Ägypter sie quälen. 10 Und nun geh, ich sende dich zum Pharao. Führe mein Volk, die Israeliten, heraus aus Ägypten. Gott fällt gleich mit der Tür ins Haus. Er gibt sich zu erkennen als jener Gott, der schon zu den Erzvätern Abraham, Isaak und Jakob ein besonderes Verhältnis hatte. Der daher über die Generationen auch schon mit Mose verbunden ist. Nun möchte er in einer besonderen Art und Weise aktiv werden. Er hat das Elend gesehen des Volkes, er hat das Schreien gehört, er kennt seine Schmerzen. Er ist nun leidenschaftlich dazu entschlossen, einzugreifen. Und das will er mittels Mose tun: Nun geh, ich sende dich zum Pharao. Führe mein Volk, die Israeliten, heraus aus Ägypten. Nun denn. Hier prallen nun zwei Wirklichkeiten voll aufeinander. Mose, der quasi abgeschlossen hat mit seinem Leben. Gott, der voller Initiative ist und ein Mensch in die Pflicht nimmt. Dass das aber nicht so einfach geht, so ohne Wenn und Aber, ist uns natürlich klar. 13 Mose aber sagte zu Gott: Wenn ich zu den Israeliten komme und ihnen sage: Der Gott eurer Vorfahren hat mich zu euch gesandt, und sie sagen zu mir: Was ist sein Name?, was soll ich ihnen dann sagen? 14 Da sprach Gott zu Mose: Ich werde sein, der ich sein werde. Und er sprach: So sollst du zu den Israeliten sprechen: Ich werde sein hat mich zu euch gesandt. 16 Geh und versammle die Ältesten Israels und sprich zu ihnen: Der HERR, der Gott eurer Vorfahren, ist mir erschienen, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, und hat gesagt: Ich habe auf euch geachtet und auf das, was euch angetan wird in Ägypten. 17 Und ich habe beschlossen: Ich will euch aus dem Elend Ägyptens hinaufführen in das Land der Kanaaniter und der Hetiter und der Amoriter und der Perissiter und der Chiwwiter und der Jebusiter, in ein Land, wo Milch und Honig fließen.

6 18 Und sie werden auf deine Stimme hören. Du aber sollst mit den Ältesten Israels zum König von Ägypten gehen, und ihr sollt zu ihm sagen: Der HERR, der Gott der Hebräer, ist uns begegnet. Und nun wollen wir drei Tagereisen weit in die Wüste gehen und dem HERRN, unserem Gott, Opfer darbringen. Mose ist skeptisch und man kann es ihm nicht verübeln. Als Hirte ist man ja bedächtig und man will ja nicht auf jeden Verführer hereinfallen. Der Gott seiner Großväter ist ihm aus den Geschichten wohl bekannt, aber bis jetzt hat er sich doch nur bitter wenig gezeigt. Warum greift er jetzt ein und hat das nicht viel früher gemacht? Das ist doch unglaubwürdig. Und ein Land voller Milch und Honig, ich weiß nicht, das klingt schon etwas übertrieben. Darum fragt Mose nach dem Namen. Denn der Name hat Macht. Einen Namen kann man anrufen. Hinter einem Namen steht eine Person. Ach wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß, daran muss ich unwillkürlich denken. Eigentlich fragt Mose damit: Was bist du eigentlich für einer? Komm, sag mir, wer du bist Dann folgt wohl eine der rätselhaftesten und berühmtesten Stellen aus dem ersten Testament, in dem Gott sich mit seinem innersten Sein vorstellt: Ich werde sein, der ich sein werde. So sollst du zu den Israeliten sprechen: Ich werde sein hat mich zu euch gesandt. Ich werde euch aus dem Elend Ägyptens hinaufführen in ein Land, wo Milch und Honig fließen. Denn ich habe euer Elend gesehen Ich werde sein, der ich sein werde. Ich übersetze sie mit meinen Worten, sowie ich sie aus dem Zusammenhang der Bibel verstehe: Ihr werdet mich aus meinem Tun kennenlernen. Mit meiner mächtigen Hand werde ich euch hinausführen aus Ägypten. Aber ich bin auch ein fühlender, ein leidender Gott, dem Leid und Kummer nicht kalt lässt. Denn ich hasse Ungerechtigkeit und ich hasse, was man euch antut. Ich sehe, ich höre, ich spüre, ich kenne, ich leide mit. Ich ergreife Partei für euch Unterdrückte und für euch Schwache. Ich möchte mit euch sein, euch begleiten. Ich möchte euch lieben in unbedingter Treue ohne Arg, wie ein Kind. Ich bin zuverlässig, aber auch unverfügbar. Ich bin einzigartig, aber auch unbegrenzt.

7 Ich liebe euch nicht zufällig, sondern ewig. Entdeckt mich, lasst mich euer Begleiter sein. In dem Maß, in dem ich immer mehr euer Begleiter werde, wachse ich für euch und mit euch. Macht euch mit mir auf den Weg. Rede ich zu menschlich über Gott? Ja, das ganz sicher. Unsere Bilder von Gott sind immer fragmentarisch und hoch individuell. Und gleichzeitig: Nein, denn der ganze biblische Kontext zeigt uns einen leidenschaftlichen Gott, der nicht isoliert sein möchte, sondern sich den Menschen zuwendet. Der sich erweisen möchte in der Begegnung. So eine starke Aussage verlangt nach einer ehrlichen und tiefen Antwort. Aber Mose ist das zu groß, zu anders, zu unerwartet, einfach zu. 10 Mose aber sagte zum HERRN: Herr, ich bin kein Mann von Worten. Ich war es früher nicht und bin es auch nicht, seit du zu deinem Diener redest; schwerfällig sind mein Mund und meine Zunge. 11 Da sprach der HERR zu ihm: Wer hat dem Menschen einen Mund gemacht, wer macht stumm oder taub oder sehend oder blind? Bin nicht ich es, der HERR? 12 Und nun geh, ich selbst werde mit deinem Mund sein und dich lehren, was du reden sollst. 13 Er aber sagte: Herr, sende, wen immer du senden willst! 14 Da entbrannte der Zorn des HERRN über Mose, und er sprach: Ist da nicht dein Bruder Aaron, der Levit? Ich weiß, dass er zu reden versteht. Sieh, schon kommt er dir entgegen, und wenn er dich sieht, wird er sich von Herzen freuen. 15 Rede mit ihm und lege ihm die Worte in den Mund; ich selbst werde mit deinem und mit seinem Mund sein und euch lehren, was ihr tun sollt. 16 Er wird für dich zum Volk reden, und er wird dein Mund und du wirst sein Gott sein Mit großer Geduld reagiert Gott in dieser Geschichte und versucht, die Einwürfe ernst zu nehmen. Wenn Sie die Abschnitte zuhause selbst durchlesen, werden Sie merken, dass ich so manches ausgelassen habe, um die Predigt nicht zu lang zu machen. Zum Schluss aber wird Gott zornig und hackt den Knoten durch: Du gehst. Aber nicht alleine. Dein Bruder Aaron wird dich begleiten und für dich sprechen. Und noch etwas. Vergiss nicht: Ich gehe mit dir.

8 Am Ende seines Lebens bekommt ein Mann also noch eine große Aufgabe eine ganz neue und unerwartete. Am Ende seines Lebens bekommt ein Mann auch noch eine große Chance, die es ihm ermöglicht, aus verschiedensten Mosaiksteinchen seines Lebens ein gesamtes großes Bild zu gestalten. Denn eigentlich sagt Gott: Du wirst wieder zu dem werden, wofür du eigentlich mit all deinen Gaben bestimmt warst. Zu meinem Ebenbild. In deinem und meinem leidenschaftlichen Einsatz für Gerechtigkeit und für die Nöte der Nächsten. So entsprichst du dir und letztlich auch mir. Die Kinder im Religionsunterricht, das weiß ich von meiner Freundin Ute, finden es ganz befriedigend, dass Mose eine Möglichkeit bekommt, etwas wieder gut zu machen von dem, was er vor langer Zeit angerichtet hat. Mose brauchte aber einen festen Schub, darum musste der Dornbusch brennen, so meinen sie. Er war ja so beschäftigt, hatte Arbeit, Schwiegervater, Frau, einen Sohn. Gott hat ihn daran erinnert, an das, was er eigentlich war. Hübsch, wie die Kinder das Wesentliche verstehen. Ja, liebe Gemeinde, es ist die kleine Geschichte eines einzelnen Menschen, die da aus der Tiefe der Überlieferung auftaucht, verwoben mit einer großen Volks und Gottesgeschichte. Der Auszug aus Ägypten ist ein epochales Ereignis für das jüdische Volk und wird jedes Jahr wieder gefeiert. Bis heute ist es für sie etwas Begeisterndes, das Vergangenheit und Zukunft verbindet und in der Gegenwart gefeiert wird. Hier erweist sich ihr Gott Jahweh das erste Mal als einen aktiv handelnden Gott. Und wir Christen, die wir das erste Testament als Grundlage haben und daran glauben, dass in besonderer Weise durch Christus das Gesetz und die Propheten erfüllt wurden, haben die Wirklichkeit des aktiven, mitleidenden, mitgehenden Gottes übernommen. Wir haben sie sogar in besonderer Weise zugespitzt bekommen durch ein Gott, der so solidarisch mit uns ist, dass er bis in den Tod ging. Und gleichzeitig ist hier ein Mensch, der in seiner Kindheit, Jugend, in seinem Mannsein und in seinem Alter verwoben ist mit dieser großen Geschichte und in dieser Geschichte seinen ganz eigenen Platz bekommt. Das ist schon etwas Besonderes. Wir als

9 kleine Menschen fühlen uns oft wie Schwimmende in einem großen Fluss der Zeit, mitgetrieben wie kleine Steinchen oder Treibholz. Und denken, wir haben kaum eine Chance, den Strom zu beeinflussen. Und doch: Wir beeinflussen die große Geschichte. Durch unser Sein, durch unser Handeln, durch ein Beharren auf Gerechtigkeit, durch ein freundliches Wort, eine liebevolle Tat. Wir wissen es aber oft nicht. Manchmal geschieht es uns, dass wir es im Rückblick ein wenig erkennen können. Das ist eine besondere Gnade. Ja, wir können etwas tun. Und die Geschichte des kleinen, großen Mannes Mose zeigt zweitens, dass Neubeginn immer möglich ist. Auch wenn Mose schon abgeschlossen hatte mit seiner Geschichte, so war da ein ganz neuer Karrièresprung drinnen. Und das gilt auch für uns. Neubeginn ist immer möglich, wie jung oder alt wir auch sind. Freilich: So ein Sprung ist aber meistens wohl ganz anders, als wir uns es vorstellen. Dafür braucht es schon Mut, schon eine große Ehrlichkeit. Und das dritte und letzte ist die Zusage: Gott geht mit. Er ermutigt uns zu neuen Schritten. Er nimmt Gestalt an und wächst für uns in dem Maß, wo und wie wir es zulassen. Darin liegt ein Geheimnis, das auch Mose erfahren durfte. Aber das ist nicht mehr Thema unserer Predigt. Darum können wir nachher das Lied von Paul Gerhardt singen: Du meine Seele, singe. Ich will den Herren loben, ihn preisen auf der Erd. Ein Mensch, der es nicht leicht hatte, Paul Gerhardt, dem nicht viel erspart blieb, aber der doch wusste und sang: Wohl dem, der einzig schauet, nach Jakobs Gott und Heil! Wer dem sich anvertrauet, der hat das beste Teil Gott hält sein Wort mit Freuden, und was er spricht, geschicht, und wer Gewalt muss leiden, den schützt er im Gericht Er ist das Licht der Blinden, erleuchtet ihr Gesicht, und die sich schwach befinden, die stellt er aufgericht. Amen