Ausgabe 12/2004 TOC in der Zementherstellung Die TOC-Analytik ist heutzutage im Allgemeinen ein Routineverfahren mit einem hohen Grad an Automatisierung. Eine komplexe Probenvorbereitung führt jedoch zum Teil zu einem erheblichen Mehraufwand. Das betrifft insbesondere Feststoffproben, die nach entsprechender Vorbereitung in einem TOC-Feststoffprobengeber der Verbrennung zugeführt werden. Die Suspensionsmethode stellt hier eine sehr effektive und zeitsparende Alternative dar. Pulverisiertes Probenmaterial wird mit geeigneten Mitteln zu einer Suspension verarbeitet und in den weiteren Analysenschritten als Flüssigprobe behandelt. Ein gutes Beispiel ist die TOC-Analytik im Rahmen der Zementherstellung. Dort werden die Rohstoffe Kalk und Mergel sowie verschiedene Sekundärstoffe in einem Brennprozess zu "Zementklinker" verarbeitet. Die Umsetzung der Roh- und Brennstoffe kann hierbei u.a. mittels TOC- Analytik kontrolliert werden. Der Brennprozess Zur Herstellung des Zements wird das erforderliche Rohmaterial aus Steinbrüchen der nahen und weiteren Umgebung angeliefert, überwiegend per Bahn. Das Rohmaterial wird in einer Mischbetthalle gelagert und anschließend auf einer Kugelmühle zu Rohmehl gemahlen. Als Korrekturstoffe dienen Kiesabbrand und Walzzunder, seit einigen Monaten wird auch Flugasche aus einem kalorischen Kraftwerk als Sekundärrohstoff zudosiert. Beim Brennen entsteht aus dem Rohmehl durch chemische Umwandlung ein neues Produkt: der Zementklinker. Dem Drehrohrofen mit einem Durchmesser von 5,2 m und einer Länge von 85 m ist ein 4-stufiger Wärmetauscher vorgeschaltet, zur Kühlung dienen 10 Satelliten mit 2,2 m Durchmesser und 20 m Länge. Als Hauptbrenner ist ein ROTAFLAM-Brenner des Unternehmens Pillard mit 4 Brennstoffkanälen im Einsatz. Die nominelle Klinkerkapazität der Drehrohrofenanlage beträgt 3.000 Tagestonnen. Drehrohrofen Das Produkt "Klinker" In die Mehlleitungen der Zyklone der untersten Zyklonstufe werden auf der einen Seite Gießerei- Altsand und "Spezialkalk" und auf der anderen Seite geschredderte Altreifen und Papierfangstoffe aufgegeben. Über den Hauptbrenner der Ofenanlage werden die Primärbrennstoffe Steinkohle und "Heizöl schwer" sowie als Sekundärbrennstoff BPG zugeführt, d. h. Brennstoffe aus produktionsspezifischen Gewerbeabfällen. Demnächst wird auch eine Anlage für flüssige Sekundärbrennstoffe in Betrieb genommen. Shimadzu Deutschland GmbH Seite 1 von 6 www.shimadzu.de
Der Einsatz an Sekundärbrennstoffen ist auf insgesamt 90 % der Gesamtfeuerungswärmeleistung limitiert, wobei maximal 65 % BPG, 20 % Altreifen und 15 % flüssige Sekundärbrennstoffe zum Einsatz kommen dürfen. Für die Zementmahlung stehen vier Kugelmühlen zur Verfügung. Der Klinker wird in einer Gutbett- Walzenmühle vorzerkleinert. Zusammen mit einem Mahlwerk in Österreich, das vom Zementwerk Rohrdorf mit Klinker versorgt wird, beträgt der Zementversand etwa 1 Million Tonnen pro Jahr. Die Befeuerung Vor etwa 10 Jahren wurde begonnen, auf etwa 4 cm2 zerkleinerte Polyethylen-Folien aus dem Tetra-Pak-Recycling über den Hauptbrenner zu verfeuern. Zur Wahrung des hohen Qualitätsstandards wird auf eine heizwertreiche Fraktion aus dem Siedlungsabfall oder Ähnliches verzichtet. Es kommen ausschließlich Kunststoffabfälle, Textilabfälle sowie kunststoffbeschichtete Papiere von genau definierten Produktionsprozessen zum Einsatz. Im Zementwerk Rohrdorf werden jährlich insgesamt ca. 60.000 t Kunststoffabfälle eingesetzt, dies entspricht einem Anteil von annähernd 60 % der Gesamtfeuerungswärmeleistung. Altreifen werden in geschredderter Form - die maximale Kantenlänge beträgt ca. 30 cm - gemeinsam mit den Papierfangstoffen über eine Dreiklappenschleuse in den Steigschacht des Wärmetauscherturmes aufgegeben. Einige Papierfabriken bereiten Altpapier auf, um daraus noch verwertbare Fasern für die Produktion von Kartonagen zu gewinnen. Im Zuge des Aufbereitungsprozesses, bei dem Kunststoffe und sonstige Störstoffe entfernt werden, fallen in den Papierfabriken auch so genannte Papierfangstoffe an. Diese bestehen im Wesentlichen aus den zu kurzen Fasern, die nicht mehr für die Kartonagenproduktion verwendet werden können. Der Wassergehalt liegt teilweise über 50 Gew.% und dementsprechend schwankt der Heizwert von ca. 2,5-8,0 MJ/kg. Aufgrund der chemischen Zusammensetzung werden Papierfangstoffe in vielen Zementwerken als Sekundärrohstoff eingesetzt. Üblicherweise werden die Papierfangstoffe in den Einlaufschacht des Rostkühlers aufgegeben. Da dies jedoch im Zementwerk Rohrdorf aufgrund des Satellitenkühlers nicht möglich ist, werden die Papierfangstoffe gemeinsam mit den geschredderten Altreifen in den Steigschacht des Wärmetauschers eingebracht. Shimadzu Deutschland GmbH Seite 2 von 6 www.shimadzu.de
Werkslaboratorium für die Qualitätskontrolle Der Einsatz von Sekundärbrennstoffen erfordert aber auch ein gut funktionierendes Qualitätssicherungssystem, da sich Schwankungen in den Brennstoffen in erheblichem Maße auf den Brennprozess und in weiterer Folge auf die Eigenschaften des Klinkers auswirken. Ein gut organisiertes Qualitätssicherungssystem und eine entsprechende apparative Ausstattung im Werkslaboratorium sind für die Qualitätskontrolle unerlässlich. Ein Parameter zur Beurteilung des Brennprozesses ist der TOC. Als Quellen für organischen Kohlenstoff in der Drehrohrofen-Anlage sind neben den Sekundärroh- und Brennstoffen aber auch die natürlichen Rohstoffe zu nennen, die zum Teil nennenswerte Mengen organischer Substanzen enthalten. Im Drehrohrofen sollen die organischen Verbindungen zur Ausnutzung ihres Energiegehaltes vollständig verbrannt werden. Durch die Feststoff- und Gasströme im Wärmetauscher findet die Verbrennung nicht ortsfest statt. Die Messung des TOC an verschiedenen Stellen im Prozess ermöglicht es, die Verbrennung der organischen Bestandteile der aufgegebenen Roh- und Brennstoffe, wie auch deren Transport im System zu beurteilen. Die TOC-Analytik Bei TOC-Messungen der relevanten Materialien im Rahmen der Zementherstellung ist die quantitative Trennung des anorganischen Kohlenstoffes vom organischen Anteil eine unabdingbare Voraussetzung. Kalkstein besteht zu mehr als 90 % und Rohmehl zu ca. 75 % aus Kalziumcarbonat. Das erfordert eine spezielle Probenvorbereitung, besonders unter Berücksichtigung der üblicherweise geringen TOC-Anteile im Promillebereich und geringer. Folglich kann der TOC (Total Organic Carbon) ausschließlich mit der NPOC-Methode (Non Purgeable Organic Carbon) oder einer vergleichbaren Feststoff-Probenaufgabe bestimmt werden. Mittels Säure wird der IC-Anteil (Inorganic Carbon) quantitativ entfernt. Leichtflüchtige organische Bestandteile können in diesem Fall vernachlässigt werden. Somit gilt die Vereinfachung: "NPOC = TOC". Das möglichst fein pulverisierte und homogenisierte Material wird zur Feststoff-Probenaufgabe gemäß DIN EN 13639 einer aufwendigen und zeitraubenden Prozedur unterzogen. Die Probe wird aufgeschlämmt, angesäuert, erwärmt und wieder getrocknet. Gegebenenfalls ist eine erneute Homogenisation sinnvoll, bevor die TOC-Messung des resultierenden Feststoffes mittels Verbrennung erfolgen kann. Die Anwendung der "Suspensionsmethode" bedeutet eine effektive Probenvorbereitung mit erheblich geringerem Aufwand. Die Probenvorbereitung Das Arrangement in Bild 5 symbolisiert die gesamte Probenvorbereitung - am Beispiel Rohmehl. Die homogenisierte Probe wird einfach mit einer geeignet konzentrierten Salzsäure unter Rühren suspendiert, wobei die Einwaage direkt im Autosampler-Vial vorgenommen werden sollte. Shimadzu Deutschland GmbH Seite 3 von 6 www.shimadzu.de
Anschließend wird der TOC-Wert (bzw. NPOC) der Suspension in Anlehnung an DIN EN 1484 ermittelt und auf den Feststoff berechnet. Die TOC-Messungen der Suspensionen wurden mit einem Shimadzu TOC-VCPN-Gerät inklusive Autosampler ASI-V durchgeführt (Prinzip: Katalytische Verbrennung). Dank optimierter Probenaufgabetechnik mit dem ISP-Modul (Integrated Sample Pretreatment) lassen sich Suspensionen mit diesem Gerät ideal quantifizieren. Im Rahmen der Klinkerproduktion sind die TOC-Werte für die Materialien Rohmehl und Filterstaub besonders aussagekräftig. Mit dem Rohmehl erfolgt ein natürlicher TOC-Eintrag in den Drehrohrofen. Der TOC im Filterstaub ist eine Funktion des Brennprozesses, beeinflusst durch die primären und sekundären Brennstoffe. Die Ergebnisse für Rohmehl und Filterstaub sind in der Tabelle 1 zusammengefasst. Tabelle 1: TOC* in Rohmehl und Filterstaub a: Suspensionsmethode Probe TOC [Massen %] Injektionen [n] RSD [%] Rohmehl Suspension 1 0,157 4 0,6 Suspension 2 0,151 4 1,7 Filterstaub Suspension 1 0,204 4 1,0 Suspension 2 0,203 4 1,1 b: Feststoffmethode Probe TOC [Massen %] Messungen [n] Rohmehl 0,155 ± 0,009 2 Filterstaub 0,210 ± 0,006 2 *: als NPOC gemessen Shimadzu Deutschland GmbH Seite 4 von 6 www.shimadzu.de
Die Bestimmung des TOC Im Endprodukt Portland-Zement kann durchaus sinnvoll sein, wenn zum Beispiel Betonbauten mit Trinkwasser in Berührung kommen. Erwartungsgemäß sind die Werte hier sehr niedrig. Der Rohstoff Kalkstein weist ebenfalls nur sehr geringe TOC-Werte auf. Tabelle 2 zeigt die Ergebnisse dieser beiden Materialien. Tabelle 2: TOC* in Portland-Zement und Kalkstein a: Suspensionsmethode Probe TOC [Massen %] Injektionen [n] RSD [%] Portland-Zement Suspension 1 0,054 4 5,6 Suspension 2 0,043 4 5,8 Kalkstein Suspension 1 0,038 4 2,9 Suspension 2 0,041 4 8,7 b: Feststoffmethode Probe TOC [Massen %] Messungen [n] Portland-Zement 0,031 ± 0,001 2 Kalkstein 0,054 ± 0,002 2 Die relative Ungenauigkeit bei den geringen TOC-Konzentrationen kann auf die typische Inhomogenität dieser Probenmaterialien zurückgeführt werden. Messungen aus einem Probenansatz zeigen vergleichsweise kleine Abweichungen (siehe z.b. Tabelle 2a). Die Suspensionsmethode lässt sich zum Teil auch für Sekundärbrennstoffe anwenden. In der Tabelle 3 sind Vergleichsmessungen einiger Materialien dargestellt. Trockenklärschlamm und Ölschiefer sind für das Werk Rohrdorf jedoch nicht relevant. Tabelle 3: TOC* in Sekundärbrennstoffen Probe TOC [Massen%] RSD [%] TOC [Massen%] (Suspension) (Suspension) (Vergleichswerte aus Feststoffmethode) Ölschiefer 7,95 3,2 8,42 Trockenklärschlamm 24,5 2,6 26,4 Flugasche 5,22 2,4 2,98 Papierfangstoffe 17,4 2,8 16,8 Shimadzu Deutschland GmbH Seite 5 von 6 www.shimadzu.de
Die o.a. Ergebnisse sowie die korrespondierenden RSD-Werte sind Mittelwerte aus vier separat angesetzten Suspensionen. Für jede Suspension wurden vier von maximal fünf Injektionen gewertet. Lediglich bei der Flugasche besteht eine auffallend große Differenz zwischen den unterschiedlichen Analysenmethoden. Dieser Sachverhalt ist zurzeit nicht geklärt. Hier sind weitere Überlegungen und Analysen erforderlich. Fazit Die TOC-Analytik in der Zementherstellung ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Mehrzahl der hier untersuchten Feststoffe durchaus durch Suspensionen ersetzt werden können. Mit hoher Wahrscheinlichkeit lässt sich diese Erkenntnis auch auf weitere TOC-Anwendungen im Feststoffbereich übertragen. Daraus resultiert prinzipiell ein deutlich reduzierter Probenvorbereitungsaufwand, gepaart mit maximaler Automatisierung des Analysenverfahrens. Das Zementwerk Rohrdorf liegt im Süden von Bayern, etwa 50 km südöstlich von München. Auf Grund der Nähe zu den Alpen spielt in dieser Region auch der Tourismus eine bedeutende Rolle. Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung sind schon seit Jahrzehnten fester Bestandteil der Firmenpolitik. Autoren Ulrich Servos, Shimadzu Deutschland GmbH Holger König, Südbayerisches Portland-Zementwerk Gebr. Wiesböck & Co GmbH Shimadzu Deutschland GmbH Seite 6 von 6 www.shimadzu.de