21. Sitzung der BfR-Kommission für kosmetische Mittel

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Transkript:

21. Sitzung der BfR-Kommission für kosmetische Mittel Protokoll vom 18. April 2018 Die Kommission für kosmetische Mittel (Kosmetik-Kommission) berät als ehrenamtliches und unabhängiges Sachverständigengremium das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Fragen aus dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und den Überwachungsbehörden der Bundesländer zur gesundheitlichen Unbedenklichkeit kosmetischer Mittel sowie zur Regulation und Fortschreibung der EU-Kosmetik-Verordnung und ihrer Anlagen. Mit ihrer wissenschaftlichen Expertise berät die Kommission das BfR und kann dem Institut im Krisenfall als Expertinnen- und Expertennetzwerk beratend zur Seite stehen. Die Kommission besteht aus 16 Mitgliedern, die für einen Turnus von vier Jahren über ein offenes Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahren berufen wurden und sich durch wissenschaftliche Expertise auf ihrem jeweiligen Fachgebiet auszeichnen. Die Kommissionmitglieder sind zur Verschwiegenheit gegenüber Dritten und zur unparteilichen Erfüllung Ihrer Aufgabe verpflichtet. Eventuelle Interessenkonflikte zu einzelnen in der Sitzung behandelten Tagesordnungspunkten (TOPs) werden transparent abgefragt und offengelegt. Aus dem vorliegenden Ergebnisprotokoll geht die wissenschaftliche Meinung der BfR- Kommission hervor. Die Empfehlungen der Kommission haben allein beratenden Charakter. Die Kommission selbst gibt keine Anordnungen und keine Gutachten heraus und ist dem BfR gegenüber auch nicht weisungsbefugt (und umgekehrt) oder in dessen Risikobewertungen involviert. TOP 1 Annahme der Tagesordnung Der Vorsitzende, Herr Eisenbrand, begrüßt die Sitzungsteilnehmerinnen und -teilnehmer und fragt nach Änderungswünschen zur Tagesordnung. Letztere wird ohne Änderungen angenommen. Die Beschlussfähigkeit der Kommission wird festgestellt. TOP 2 Erklärung zu Interessenkonflikten Der Vorsitzende, Herr Eisenbrand, fragt sowohl mündlich als auch schriftlich ab, ob Interessenkonflikte zu einzelnen Tagesordnungspunkten (TOP) oder speziellen Themen bestehen. Ein Mitglied gibt an, dass zum TOP 8 eventuell ein Interessenkonflikt vorliegt. Bei einer etwaigen Abstimmung wird das Mitglied nicht teilnehmen. TOP 3 Protokoll der 20. Sitzung Das Protokoll der 20. Sitzung war den Teilnehmerinnen und Teilnehmern vorab zur Kenntnis gegeben worden und wird einvernehmlich angenommen. TOP 4 Berichte und Anfragen Berichtet wird über Neues aus dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und aus dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Des Weiteren wird über die Sitzungen der 64- Arbeitsgruppe Kosmetische Mittel, des Arbeitsausschusses Kosmetische Mittel des Deutschen Instituts für Normung (DIN) und des Europäischen Komitees für Normung (CEN) berichtet. Eine Zusammenfassung der letzten Sitzung der BfR-Kommission für Vergiftungen wird gegeben. Ergebnisse aus EU-Beratungen des Ständigen Ausschusses und der Arbeitsgruppe Kosmetische Mittel werden vorgestellt. BfR, Seite 1 von 5

TOP 5 Prostaglandin-Analoga in Wimpernwachstumsmitteln Das Thema wurde aus der letzten Sitzung wieder aufgenommen. Ein Kommissionsmitglied berichtet über ein G@ZIELT-Projekt des BVL und der Untersuchungsämter, bei dem der Internethandel von Kosmetika im Fokus stand. 2017 wurden acht Wimpernhaarwuchsmittel analysiert, die über das Internet bezogen wurden. 1 Die Produkte enthielten vier verschiedene Prostaglandin (PG)-Analoga in Konzentrationen von 0,0006 bis 0,022 %. Warn- und Produkthinweise enthielten Aussagen wie z.b. bei Auftreten von Nebenwirkungen (rote Flecken, Jucken, trockene Haut, unangenehmes Gefühl im Auge) die Anwendung abbrechen. Warnhinweise entbinden allerdings nicht von der Verpflichtung, nur kosmetische Mittel in Verkehr zu bringen, die gesundheitlich sicher sind; dies ist beim Auftreten von Nebenwirkungen aufgrund der für Kosmetika (im Gegensatz zu Medizinprodukten) nicht vorgesehenen Nutzen-Risiko-Abwägung nicht gegeben (siehe Artikel 3 EU-KVO: Die auf dem Markt bereitgestellten kosmetischen Mittel müssen bei normaler oder vernünftigerweise vorhersehbarer Verwendung für die menschliche Gesundheit sicher sein Die Anbringung von Warnhinweisen entbindet nicht von der Verpflichtung, die übrigen Anforderungen dieser Verordnung zu beachten. ). Die Substanz Methylamidodihydronoralfaprostal (MDN), ein Beispiel für PG-Analoga, wurde 2011 durch das BfArM als Funktionsarzneimittel bewertet. Am Beispiel Bimatoprost werden Sicherheitsbedenken und rechtliche Fragen vorgestellt: Ist ein Produkt gleichzeitig Arzneimittel und kosmetisches Mittel, so gilt nach Arzneimittelgesetz die Zweifelsfallregelung, d.h. die Einstufung als Arzneimittel hätte Vorrang. Ein Wimpernserum (0.03% Bimatoprost, Handelsname Latisse) ist seit 2008 als Hypotrichose-Medikation in den USA verschreibungspflichtig zugelassen. Die in der Fachinformation beschriebenen Nebenwirkungen umfassen z. B. Effekte auf den Augenkammerdruck, Pigmentierung der Augenlider und der Iris (wahrscheinlich permanent) und Wirkungsminderung einer Glaukom- Medikation. Die Anwendung während der Schwangerschaft sollte nur erfolgen, wenn der potentielle Nutzen das potentielle Risiko für den Fötus rechtfertigt. Dieses Nebenwirkungsprofil kann für ein kosmetisches Mittel nicht akzeptiert werden. In der RAPEX-Datenbank (Rapid Alert System for Dangerous Non-Food Products) der Europäischen Kommission wurde ein Warnhinweis zu einem Produkt veröffentlicht, das zur Förderung des Wimperwachstums beworben wird (Alert number A12/0283/17). Das Wimpernserum wurde aufgrund seines Inhaltsstoffes und seiner unerwünschten Wirkungen als gefährliches Kosmetikum eingestuft. Das Produkt enthält Bimatoprost. Basierend auf Analogieschlüssen (Struktur; Auftragsart und -ort) werden die oben erwähnten detektierten PG-Analoga als nicht ausreichend sicher eingeschätzt. Hier wird dringender Handlungsbedarf gesehen; die Kommission für Kosmetische Mittel empfiehlt ein abgestimmtes Vorgehen aller beteiligten Behörden. Die kanadische Gesundheitsbehörde verbietet in ihrer "Cosmetic Ingredient Hotlist" seit 2015 Prostaglandine, ihre Salze, Derivate und Analoga als Inhaltsstoffe von Kosmetika. Eine Expertin berichtet zu Prostaglandinen in Wimpernseren. Wimpern und Augenbrauen prägen das Erscheinungsbild eines Gesichts; sie gehören zu den sogenannten Terminalhaaren, die nicht Hormon-sensibel sind. Damit eine Substanz das Haarwachstum stimuliert, muss sie mindestens bis in die Wulst- und Bulbusregion des Haarfollikels vordringen. Auch ein Erreichen des Blutgefäßsystems kann für eine Wachstumsstimulierung notwendig sein. Wimpern wachsen besonders am Oberlid, auf dem etwa 100-150 Wimpern in 2er- und 3er- Reihen angeordnet sind, und besitzen wichtige Schutzfunktionen, die z.b. darin bestehen, 1 Wimpernseren der perfekte Augenaufschlag. Prostaglandine als Wimpernwachstumsmittel. Die Kosmetiksachverständigen des CVUA Karlsruhe. http://www.ua-bw.de/pub/beitrag.asp?subid=2&thema_id=4&id02755&lang=de&pdf=no BfR, Seite 2 von 5

sichtbares und UV-Licht sowie Staub und Fremdkörper vom Auge fernzuhalten. In der Wachstumsphase (5-8 Wochen im Jahr) wachsen Wimpern etwa 0,15 mm am Tag. Die restliche Zeit befinden sie sich in der Ruhephase, bevor sie ausfallen. PG-Analoga verlängern die Wachstumsphase, sodass sich mehr Wimpern gleichzeitig in der Wachstumsphase befinden und die Wimpern sowohl länger als auch dichter werden. Die Anzahl an angelegten Haarfollikeln wird nicht beeinflusst. PG-Analoga stimulieren auch die Melaninsynthese; dies führt zu einer Hyperpigmentierung der Augenlider. PG-Analoga erhöhen bei an Krebs Erkrankten die Akzeptanz für eine Chemotherapie, da sie den Wimpernverlust korrigieren können. In Studien zur Wirkung von Latanoprost bei Alopezie konnte eine signifikante Zunahme der Haardichte gezeigt werden. Zudem wurde eine verstärkte Pigmentierung des Haares beobachtet. Der molekulare Wirkmechanismus von PG-Analoga auf den Wachstumszyklus der Wimpern ist nur unzureichend verstanden. Im Plenum: Obwohl die Bedeutung von PG-Analoga im medizinischen Kontext anerkannt wird, bestehen Zweifel, dass kosmetische Mittel, die zugelassenen Arzneistoffe oder teilweise nicht getestete PG-Analoga enthalten, gesundheitlich unbedenklich sind. Eine längerfristige Anwendung von Latanoprost bei Alopezie führt zu Rötungen, Kopfhautreizungen und zu Hyperpigmentierungen. Eine signifikante Aufnahme der Substanz über die Kopfhaut kann nicht ausgeschlossen werden. Ein kontrolliertes Auftragen am Augenlid bzw. der Wimpern sei hinsichtlich der Auftragsmengen nicht vergleichbar. Das Bewertungskonzept des BfR zu einem PG-Analogon wird erörtert (siehe auch letzte Sitzung der Kommission); dabei wurden mögliche adverse Effekte auf Basis von Strukturähnlichkeiten zu Arzneimitteln abgeleitet. Das Plenum unterstützt die Vorgehensweise der Risikobewertung. Beratungsergebnis: Die Kommission für Kosmetische Mittel empfiehlt eine Mandatierung des wissenschaftlichen Expertengremiums der EU-Kommission (SCCS) mit der Stoffgruppe der PG, PG-Analoga und Prostamide in der kosmetischen Anwendung zur Förderung des Wimpernwachstums bei Anwendung am Augenlid, mit dem Ziel des Verbotes in kosmetischen Mitteln. Außerdem befürwortet die Kommission, Substanzen, für die bereits negative Sicherheitsbewertungen des BfR oder einer vergleichbaren Institution vorliegen, über eine entsprechende RAPEX-Meldung vom Markt zu nehmen. TOP 6 Aktuelles zur Kontaktallergie gegen Konservierungsmittel In Deutschland gibt es ein epidemiologisches Überwachungssystem für Kontaktallergien. Die Testung erfolgt nach den Leitlinien der Deutschen Kontaktallergie-Gruppe (DGK) und beinhaltet die einheitliche Dokumentation von Anamnese, Reaktionen, Bewertung und Diagnose. Die Daten werden regelmäßig an die Zentrale des Informationsverbundes Dermatologischer Kliniken (IVDK) übermittelt. Bei ca. 60 % der Individuen, die aufgrund eines Ekzems im IVDK vorstellig werden, wird ein Allergietest mit Konservierungsmitteln durchgeführt, dementsprechend gibt es dazu viele Daten. Diese zeigen, dass die Allergieraten für die Konservierungsmittel Iodpropinylbutylcarbamat (IPBC), Bronopol, Diazolidinyl-Harnstoff, Quaternium 15, Imidazolidinyl-Harnstoff, DMDM Hydantoin, Parabene, Sorbinsäure, Chloracetamid, Chlorhexidindigluconat, Triclosan, Natriumbenzoat und Benzylalkohol im Wesentlichen gleich geblieben sind. Dagegen nehmen Allergien gegen Methylisothiazolinon (MI) und das Gemisch aus Methylchloroisothiazolinon (MCI) und MI nach einem Anstieg, der seinen Höhepunkt 2013/2014 hatte, stetig ab. Dies ist wahrscheinlich auf die Begrenzung bzw. das Verbot dieser Konservierungsmittel in der europäischen Kosmetikverordnung (EU-KVO) 1223/2009 zurückzuführen. MI wurde in kosmetischen Mitteln lange Zeit als feste Kombination mit MCI als Konservierungsmittel verwendet. Etwa seit dem Jahr 2005 wurde MI sowohl in Haushaltsprodukten BfR, Seite 3 von 5

wie Wandfarben oder Waschmitteln als auch in Kosmetika in zunehmendem Maße allein (ohne MCI) als Konservierungsstoff eingesetzt. Da die biozide Wirkung von MI geringer als die von MCI ist, waren die Einsatzkonzentrationen in der Regel deutlich höher. Aus den Daten des IVDK kann mit hoher Wahrscheinlichkeit abgeleitet werden, dass der Anstieg von Sensibilisierungen auf MI bzw. auf das Gemisch von MCI/MI, der seit 2009 zu beobachten war, auf den verstärkten Einsatz von MI in kosmetischen Mitteln zurückzuführen war. 2 Auch Kreuzreaktionen zwischen den beiden Isothiazolinonen sind wahrscheinlich. Methyldibromo-Glutaronitril (MDBGN) ist seit 2008 in kosmetischen Mitteln verboten. Nachdem die Rate positiver Reaktionen im Epikutantest daraufhin eine leichte Tendenz nach unten zeigte, war im 2. Halbjahr 2016 ein plötzlicher Anstieg zu verzeichnen. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die MDBGN-Testkonzentration in Vaseline im April 2016 von 0,2 % auf 0,3 % heraufgesetzt wurde. Dies macht das Monitoring schwierig. Im Plenum: Die Vorteile von Vaseline als Vehikel werden diskutiert (keine Kontaktallergien gegen Vaseline; stabile Verteilung; gute Testzubereitungen für Nickel, Chrom und Kobalt). Nicht zugelassene Konservierungsmittel werden nicht routinemäßig getestet. Eine Sensibilisierung über aerogene Exposition der Haut (z. B. im Fall von konservierter Wandfarbe) ist bisher nicht nachgewiesen worden; die Elizitation ist hingegen über diesen Weg möglich. TOP 7 Chlordioxid in Zahnbleichmitteln Dieser Tagesordnungspunkt wurde aus der letzten Sitzung wieder aufgenommen. Neben der Verwendung von Wasserstoff- bzw. Carbamidperoxid als aktiver Inhaltsstoff in Zahnbleichmitteln existieren am europäischen Markt auch Produkte, die Natriumchlorit in Kombination mit einer Säure, meist Zitronensäure, beinhalten. In den vergangenen Jahren hatte das BfR die Sicherheit dieser Produkte bereits mehrfach thematisiert. Damals wurde geschlussfolgert, dass die vorgelegten Studien die gesundheitliche Unbedenklichkeit in keiner Weise belegen würden. Deshalb wurde empfohlen, diese Maßnahmen zur Verschönerung der Zähne unter der Kontrolle eines Zahnarztes durchzuführen. Nach bisheriger Datenlage ließen sich systemische Effekte bei übermäßigem Gebrauch bzw. Abschlucken des applizierten Natriumchlorits nicht ausschließen. Die zugrunde gelegte Expositionsschätzung beruhte auf der Annahme, dass täglich 500 mg des Beschleunigers verwendet und komplett abgeschluckt würden. Neben möglichen systemischen Effekten hielt das BfR eine lokale (irreversible) Schädigung des Zahnschmelzes für möglich (siehe Protokoll 20. Sitzung der Kosmetik- Kommission). Ein Kommissionsmitglied stellt Daten einer produktspezifischen Anwendungsstudie eines Herstellers vor, bei der durchschnittlich statt 500 mg lediglich 67 mg Natriumchlorit/Tag appliziert wurden. Unter Berücksichtigung einer Abschluckrate von 10 % für Mundwässer anhand der Notes of Guidance des SCCS errechne sich eine Margin of Safety (MoS) von 1437. Die Expositionsschätzung wurde allerdings nicht mit dem normalerweise üblichen 95. Perzentil der ermittelten Auftragsmengen gerechnet. Selbst bei Berücksichtigung des 95. Perzentils der ermittelten Auftragsmengen ergibt sich jedoch unter den oben genannten Auftragsbedingungen ein MOS > 100. 2 Geier J, Lessmann H, Schnuch A, Uter W (2012) Recent increase in allergic reactions to methylchloroisothiazolinone/ methylisothiazolinone: is methylisothiazolinone the culprit? Contact Dermatitis 67, 334-341. Uter W, Geier J, Bauer A, Schnuch A (2013) Risk factors associated with methylisothiazolinone contact sensitization. Contact Dermatitis 69, 231-238. BfR, Seite 4 von 5

Auch die Möglichkeit einer im ungünstigsten Fall irreversiblen Schädigung des Zahnschmelzes, selbst bei sachgerechter Anwendung, wurde erneut diskutiert. Hier zeigten sich unterschiedliche Einschätzungen der vorgelegten Studien/Literatur. Es wurde empfohlen, hierzu einen ausgewiesenen Experten auf diesem Fachgebiet zu konsultieren. Im Plenum: Die vorgelegten Daten können die Bedenken der Kommission nicht ausräumen. TOP 8 Nitrosamine in kosmetischen Mitteln Nitrosamine sind in kosmetischen Mittel verboten, weil sie kanzerogen sein können (EU-KVO Artikel 14a). Die unbeabsichtigte Anwesenheit geringer Mengen wird geduldet, wenn diese technisch unvermeidbar und das kosmetische Mittel für die menschliche Gesundheit sicher ist (EU-KVO Artikel 3 bzw. 17). Für ausgewählte Rohstoffe gibt es einen Grenzwert für Nitrosamine von 50 g/kg. Nitrosamine, hauptsächlich N-Nitroso-Diethanolamin (NDELA), können auch im kosmetischen Mittel gebildet werden, wenn sekundäre oder tertiäre Amine mit Nitritquellen reagieren. Dies wird in der EU-KVO z. B. durch Grenzwerte für sekundäre und tertiäre Amine adressiert. Außerdem können zugesetzte Nitrosierungs-Inhibitoren die Bildung von Nitrosaminen verhindern (siehe auch SCCS 1458/11). Nitrosamine wurden in der Vergangenheit z. B. in Mascara, Handcremes, Haargelen, Haarfarben oder Nagellack nachgewiesen, allerdings in der überwiegenden Zahl der Fälle nur in sehr geringen, unbedenklichen Mengen. Im Rahmen des bundesweiten Monitorings von kosmetischen Mitteln wurden im Jahr 2014 Oxidationshaarfarben und Tönungen, im Jahr 2015 Wimperntuschen auf NDELA untersucht; die Ergebnisse waren durchweg niedrig und gaben keinen Anlass zur Besorgnis. Zukünftig sollen Nagellacke auf Nitrosamine untersucht werden. Anlass ist ein Befund des Kantonalen Labors Basel, das in Nitrozellulose-basierten Nagellacken Nitrosamine nachgewiesen hatte. 3 Es wird vermutet, dass Nitrozellulose hier das nitrosierende Agens ist. Im Plenum: Generell sollte in Bezug auf Nitrosamine eine Minimierungsstrategie verfolgt werden. Einige Firmen bemühen sich, das Problem der erhöhten Nitrosamin-Befunde in Nagellack zu lösen; dazu wurde ein Nitrosamin-Experte hinzugezogen. In der nächsten Sitzung soll über das Ergebnis berichtet werden. TOP 9 Festlegung der neuen Sitzungstermine Der 15. Oktober 2018 wird als Termin für die nächste Sitzung der Kommission für kosmetische Mittel festgelegt. Für die übernächste Sitzung der Kommission für kosmetische Mittel wird der 10.April 2019 anvisiert. TOP 10 Sonstiges Der Vorsitzende Herr Eisenbrand bedankt sich bei allen Mitgliedern für ihre Teilnahme und schließt die heutige Sitzung. 3 Urs Hauri (2017) Dekorative Kosmetik für die Augen / Konservierungsstoffe, Farbmittel, Triethanolamin, Verunreinigungen. http://www.kantonslabor.bs.ch/berichte/non-food.html BfR, Seite 5 von 5