Die Abgeordneten und ihr Glaube



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Transkript:

Die Abgeordneten und ihr Glaube

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Die Abgeordneten und ihr Glaube Religiöse Fundamente Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann. Das ist das große Wagnis, das er, um der Freiheit willen, eingegangen ist. Dieses Zitat des Verfassungsrechtlers Ernst-Wolfgang Böckenförde bringt auf eine bündige Formel, was auch das Grundgesetz bestimmt. Die in der Präambel genannte Verantwortung vor Gott und die Grundrechtsartikel, vor allem Artikel 1 ( Die Würde des Menschen ist unantastbar. ), verdeutlichen, dass Staat und Gesellschaft in Deutschland auf einer Wertebasis aufgebaut sind, die christlich-jüdisch geprägt ist. Gleichwohl sind nach dem Grundgesetz Staat und Religion grundsätzlich getrennt, und es gilt die weltanschauliche Neutralität des Staates. 3

Dialogbereitschaft und Kontakte Der Konsens in den grundsätzlichen ethischen und religiösen Fragen muss immer wieder erneuert werden. Voraussetzung für einen fruchtbaren Dialog und freundschaftliche Kontakte ist ein fester Stand im eigenen Glauben. Eine solche Besinnung auf die eigenen Werte muss mit Toleranz und Offenheit für religiös Andersgesinnte einhergehen, zumal die religiöse und kulturelle Landschaft pluralistischer wird. So leben in Deutschland mittlerweile etwa vier Millionen Muslime und über 100.000 Juden. Gegenseitiger Respekt vor den religiösen Überzeugungen und gleichzeitig die Anerkennung der Grundwerte der Verfassung gehören untrennbar zusammen. Ein wichtiges Arbeitsfeld der Abgeordneten des Deutschen Bundestages ist deshalb das Verhältnis zwischen Kirchen oder Religionsgemeinschaften und dem Staat. Hier ist eine große Dialog- und auch Konfliktbereitschaft erforderlich, um ein demokratisch verfasstes, lebenswertes Miteinander zu gestalten, in dem die religiöse Überzeugung der anderen nicht weniger geachtet wird als die eigene. Zu diesen Themen gibt es in den Fraktionen eigene Kirchen- und Religionsbeauftragte und Gesprächskreise. Das Gewissen entscheidet Nach Artikel 38 des Grundgesetzes sind die Abgeordneten nur ihrem Gewissen unterworfen, und dies ist gerade zu den Themen gefordert, die die Grundfragen menschlichen Lebens betreffen. Um hier nicht selten unter sehr schwieriger Güterabwägung eine Haltung zu gewinnen, müssen gerade die religiös gebundenen Parlamentarierinnen und Parlamentarier immer wieder ihre fundamentale ethische und religiöse Grundeinstellung befragen und klären. Aktion Gerechtigkeit ist das gemeinsame große Thema von Politik und Kirche : Gregor Gysi (Die Linke), Pfarrer Rolf Zwick (Vorsitzender der Micha-Initiative in Deutschland), Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU/CSU), Kerstin Griese (SPD) und Frank Heinrich (CDU/ CSU) im Andachtsraum des Bundestages (v. l.). 4

Die inneren Überzeugungen der einzelnen Abgeordneten sind nicht einfach nur gegeben, sondern sie müssen erarbeitet und alltäglich gepflegt werden. Dies erfordert individuelle Besinnung, einen lebendigen Austausch, aber auch Impulse von außen: So ist es üblich, kirchliche Vertreterinnen und Vertreter und solche anderer Religionsgemeinschaften zu aktuellen und ethischen Themen zu Anhörungen und Ausschusssitzungen einzuladen und um Stellungnahmen zu bitten. Leben in Würde Für gläubige Bundestagsabgeordnete sind menschliches Leben und die Schöpfung Gottes insgesamt eine bloße Leih gabe, die es zu bewahren gilt. Die technisch-wissenschaftliche Entwicklung und die gesetzgeberische Arbeit konfrontieren die Abgeordneten aber nicht selten mit Problemen, die sehr schwierige Abwägungen erfordern. Beispiele für solche letzten Fragen sind Patientenverfügungen zu lebensverlängernden Maßnahmen oder ihrer Unterlassung, die Präimplantationsdiagnostik und der Embryonenschutz sowie die Gentechnik mit ihren Eingriffen in die Lebenssubstanz. Fragen über Leben und Tod stellen sich aber auch aufgrund der globalen politischen Entwicklungen, etwa bei den Beschlüssen zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr oder bei den Gesetzesvorhaben im Antiterrorkampf. Vielen Parlamentarierinnen und Parlamentariern helfen bei solchen Gewissensentscheidungen ihr Glaube und die Aussprache mit Gleichgesinnten. 5

Glaube und kirchliche Bindung Viele Menschen suchen nach ethischen Werten und religiöser Sinngebung. So ergab eine Bertelsmann-Umfrage im Jahr 2013, dass 21 Prozent der Bevölkerung in den alten Bundesländern und zwölf Prozent der Menschen in den neuen Bundesländern sich als hochreligiös bezeichnen. 54 Prozent der Befragten in den alten Bundesländern und 23 Prozent der Befragten in den neuen Bundesländern gaben an, dass sie an die Existenz einer Gottheit glaubten. Raum für religiöse Besinnung Als Gegengewicht zur Hektik des Politikeralltags steht den Abgeordneten im Deutschen Bundestag ein Andachtsraum zur Verfügung. In den Sit zungs wochen finden hier donnerstags und freitags um 8.40 Uhr kurze, gemeinsame Andachten statt, zu denen durch das eingespielte Läuten der Kölner Domglocken gerufen wird. Dieser ruhige, dezentspirituelle Ort wurde von dem Düsseldorfer Künstler Günther Uecker gestaltet und bildet mit seiner verhaltenen Beleuchtung einen unüberseh baren Gegensatz zur lichtdurchfluteten Architektur des Reichstagsgebäudes. Hier ist es für die Abgeordneten möglich, sich auf das Wesentliche zu besinnen und das Gespräch mit Gott zu suchen. Vor schwierigen Debatten und Abstimmungen mit großer politischer Tragweite versuchen sie, an diesem Ort der Stille Kraft und Gewissheit zu finden. Der Raum ist bewusst interreligiös angelegt, kann je nach Anlass aber durch religiöse Symbole eine christliche, jüdische oder muslimische Prägung erhalten. Eine steinerne Kante im Boden zeigt die Ostrichtung an und ermöglicht es dem Betrachter, im rechten Winkel zu ihr in Richtung Jerusalem und Mekka zu blicken. Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CDU/ CSU) und Papst Franziskus im Vatikan. 6

Im Netzwerk von Kirche und Gesellschaft Religiöser Austausch Neben den gemeinsamen Andachten im Reichstagsgebäude hat auch das ökumenische Gebetsfrühstück am Freitagmorgen in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft inzwischen Tradition. Es wurde Anfang der 1980er-Jahre nach dem Vorbild des amerikanischen National Prayer Breakfast ins Leben gerufen. Das Gebetsfrühstück bietet die Gelegenheit zum persönlichen Gespräch über Bibelinterpretationen, Lebensfragen und aktuelle religiöse und gesellschaftliche Themen. Jedes Jahr reist eine Delegation von deutschen Bundestagsabgeordneten auf Einladung des amerikanischen Kongresses zum National Prayer Breakfast in die USA. Die religiös orientierten Bundestagsabgeordneten pflegen vielfältige Kontakte zu kirchlichen Organisationen, Verbänden und Gruppen, um deren Interessen und Probleme zu kennen und in ihren parlamentarischen Entscheidungen berücksichtigen zu können. Die christlich-jüdische Zusammenarbeit ist ein besonderes Anliegen vieler Abgeordneter, die zum Teil Mitglieder in der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit sind. Auch der Dialog mit den Muslimen ist ein zentrales Anliegen. Eng ist auch der Kontakt zur Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und zur Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Beauftragten der Fraktionen für Kirchen und Religionsgemeinschaften sind zum Teil selbst Mitglieder in wichtigen Gremien der Kirchen wie der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland. 7

Engagement für die Schwachen Die Grundüberzeugungen der religiös orientierten Abgeordneten spiegeln sich auch in ihrer politischen Arbeit. Sie engagieren sich in sozialen Fragen und halten den Kontakt zu den karitativen Organisationen der Kirchen und zu den Wohlfahrtsverbänden. Fragen zur Gerechtigkeit und nach der Unterstützung der Schwachen in der Gesellschaft stehen dabei im Mittelpunkt. Die Abgeordneten nehmen sich der Lage von besonders Schutzbedürftigen wie Kindern, Flüchtlingen oder Behinderten an. Sie nehmen Stellung und versuchen, ihre Vorstellungen über die Verbesserung der Bildungschancen und von Wegen aus Erwerbslosigkeit und sozialer Ausgrenzung im Parlament umzusetzen. Ihr Engagement für die Bewahrung der Schöpfung drückt sich auch in der Umweltpolitik aus. Streiter für Religionsfreiheit Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht. Deshalb ist es für Bürgerinnen und Bürger parlamentarischer Demokratien wie der Bundesrepublik Deutschland selbstverständlich, über ihre Religionszugehörigkeit frei zu entscheiden. Doch die Religionsfreiheit ist bei Weitem nicht überall auf der Welt durchgesetzt. Immer wieder kommt es zu religiös motivierten Verfolgungen und Benachteiligungen. Die Beauftragten der Fraktionen für Kirchen und Religionsgemeinschaften versuchen, in Politik und Öffentlichkeit ihren Einfluss geltend zu machen, um diese Missstände weltweit zu beenden, und melden sich bei aktuellen Verstößen gegen die Religionsfreiheit zu Wort. 8

links: Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Bündnis 90 / Die Grünen, 4. v. l.) empfängt Bischöfe der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien. oben: Eine von sieben Holzbildtafeln, die der Künstler Günther Uecker für den Andachtsraum im Reichstagsgebäude entworfen hat. 9

Als erste Fraktion im Deutschen Bundestag überhaupt hat die CDU/CSU-Fraktion das Amt eines/einer Beauftragten für Kirchen und Religionsgemeinschaften geschaffen. Ziel ist es, ein dauerhaftes Band des gegenseitigen Vertrauens und Respekts zu den christlichen Kirchen und den Religionsgemeinschaften in unserem Land zu knüpfen. Dabei steht der regelmäßige Austausch über Positionen und Inhalte zu wichtigen gesellschaftsrelevanten Themen im Mittelpunkt, um diese in unsere Meinungsfindung einfließen zu lassen. Leitlinie meines politischen Handelns sind für mich die christlichen Grundwerte, die unsere Gesellschaft zusammenhalten: Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit. Der direkte politische Alltag selbst zwingt einen immer wieder zur Rückbesinnung auf diese im christlichen Menschenbild wurzelnden Grundüberzeugungen und Wertvorstellungen. Mein Glaube bestärkt mich somit darin, Antworten auf aktuelle Fragen der Menschen und der Politik geben zu können. Dr. Franz Josef Jung, Beauftragter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften 10

Ich bin schon früh durch die evangelische Jugendarbeit geprägt worden. Mich für die Schwachen in der Gesellschaft, für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung zu engagieren ist mir wichtig und prägt meine politische Arbeit. Die Grundlagen hierfür liegen in meinem christlichen Glauben, in den Werten von Nächstenliebe und Toleranz. Ich meine, dass wir in der Politik Werte brauchen, um Entscheidungen glaubwürdig treffen zu können. Das zeigt sich auch bei ethischen Fragen zum Anfang und Ende des Lebens, über die wir im Bundestag debattieren. Hierbei hilft mir mein Glaube. Ein solidarisches und respektvolles Miteinander ist für mich in der Politik und im Alltag grundlegend. Dazu gehört auch das friedliche Miteinander der Reli gionen. Diesen Dialog zu befördern liegt mir besonders am Herzen. Kerstin Griese, Beauftragte der SPD-Bundestagsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften 11

Es gibt viele Anliegen, die religiöse Menschen mit atheistischen Linken teilen. Dazu gehört der Kampf gegen Armut und für globale Gerechtigkeit genauso wie der Einsatz für Frieden und gegen Rüstungsexporte. Für mich als Atheistin ist der Dialog mit Vertreterinnen und Vertretern der Religionen und Gläubigen unterschiedlicher Religionsgemeinschaften eine Bereicherung. Er ist ein Teil meines Bemühens, die Gesellschaft zu verändern. Ich sehe es als meine Aufgabe, mich hierzulande für Religionsfreiheit einzusetzen. Das bedeutet vor allem, sich für die Rechte religiöser Minderheiten stark zu machen und aufzustehen gegen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus. Die Welle islamfeindlicher Demonstrationen im Winter 2014/2015 hat uns die Dringlichkeit dieser Aufgabe noch einmal vor Augen geführt. Christine Buchholz, religionspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke 12

Die Gottesebenbildlichkeit aller Menschen ist ein zentraler Ausgangspunkt für Juden und Christen. Säkular übersetzt dieses Menschenbild am treffendsten die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Für mich ist dies ein tragendes Fundament meines politischen Wirkens, einer Politik des Respekts vor der Verschiedenheit der Menschen. Politik in Verantwortung vor Gott und den Menschen, auch wenn dieser Gedanke aus der Präambel unseres Grundgesetz in unserer pluralen Gesellschaft zunehmend als Zumutung verstanden wird, heißt für mich persönlich: Das Leben des Menschen darf nicht Objekt der Verfügungsgewalt anderer werden. Dies ist für den bioethischen Diskurs wichtig: Auch wenn kein gesellschaftspolitischer Konsens über die Existenz eines Schöpfers erzielt werden kann, dass der Mensch nicht Schöpfer ist oder Richter über Leben und Tod anderer sein darf, das sollte auch in einer pluralistischen Gesellschaft akzeptiert werden können. Aufgabe christlicher Politiker bleibt es, ihre religiös begründeten Werte ethisch zu übersetzen, da man in einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft Politik nicht religiös begründen kann. Volker Beck, Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen für Religionspolitik 13

Impressum Herausgeber: Deutscher Bundestag, Referat Öffentlichkeitsarbeit Redaktion: Georgia Rauer Gestaltung: Regelindis Westphal Grafik-Design / Berno Buff Bundestagsadler: Urheber Prof. Ludwig Gies, Bearbeitung 2008 büro uebele Fotos: Umschlag, S. 9 Deutscher Bundestag / studio kohlmeier; S. 2, 15 DBT / Arndt Oehmichen; S. 5, 8 DBT /Achim Melde; S. 7 DBT / Felici Alberto; S. 10 Dr. Franz Josef Jung / Laurence Chaperon; S. 11 SPD- Parteivorstand / Susie Knoll / Florian Jaenicke; S. 12 Die Linke im Bundestag; S. 13 DBT / Simone M. Neumann Druck: ABT Print und Medien GmbH Stand: März 2015 Deutscher Bundestag, Berlin Alle Rechte vorbehalten. Die Publikation wird vom Deutschen Bundestag im Rahmen der parlamentarischen Öffentlichkeitsarbeit herausgegeben. Sie ist nicht zum Verkauf bestimmt. Eine Verwendung für die eigene Öffentlichkeitsarbeit von Parteien, Fraktionen, Mandatsträgern oder Wahlbewerbern insbesondere zum Zwecke der Wahl werbung ist grundsätzlich unzulässig. 14

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