Reden ist Silber Schweigen ist doof Impulsvortrag 1 2 Können oder Wollen? Was ist Mutismus?(ICD10, DSM 5) 1877 Adolf Kussmaul (aphasia voluntaria) elektiver Mutismus : Weigerung zu sprechen in fast allen soz. Situationen (Tramer, 1934) selektiver Mutismus : Unfähigkeit zu sprechen in bestimmten (selektiven) soz. Situationen (1994 DSM IV) Andauernde Unfähigkeit, zu sprechen in Situationen, in denen das Sprechen erwartet wird (z.b. Schule),wobei in anderen Situationen das Sprechen möglich ist Die Störung beruht nicht auf fehlenden Kenntnissen in der gesprochenen Sprache, die in der sozialen Situation benötigt wird (oder Nichtwohlfühlen in dieser Sprache) Länger als 1 Monat (mind. Monat, nicht nur der 1.Monat nach Einschulung) 3 4 1
Was ist Mutismus?(ICD10, DSM 5) Wie erkenne ich Mutismus? Sprachausdruck und Sprachverständnis liegen im Altersbereich des Kindes (standardisierter Einzeltest, 2 SD) Ausschlusskriterien: tiefgreifende Entwicklungsstörungen (Schizophrenie, andere psychotische Störungen, durch Kommunikationsstörung besser erklärbar z.b. Stottern) Nicht-Sprechen unter bestimmten Bedingungen (Sprache im engeren Sinne) Kommunikationsabbruch unter bestimmten Bedingungen (Sprach im weiteren Sinne) z.b. Blickkontakt, Gestik, Mimik, aufeinander bezogene Bewegungen Störung behindert schulisch/berufliche Leistungen oder die soz. Kommunikation 5 6 Wie häufig ist Mutismus? Je nach Definition/Stichprobe sehr unterschiedliche Angaben 0.03-1% (DSM 5, 2015) (selten!) Kinder mit Migrationsstatus 4x häufiger betroffen Wie häufig ist Mutismus? Neuere Untersuchungen: annähernd gleich verteilt zwischen Geschlechtern und ethnischen Gruppen 7 8 2
Wann beginnt Mutismus? Beginn häufig im Vorschulalter (ab 3 J.) Diagnosealter: 6-8 Jahre Professionelle Hilfe: 6,5-9 Jahre Warum vergeht so viel Zeit bis zur Hilfe? - Kinder zu Hause normal, so dass Eltern Problem oft spät bewusst - Phänomen in allen Professionen in D noch zu wenig bekannt und ernst genommen ( USA) Welche Konsequenzen hat das Schweigen? 9 10 Vielfältige Konsequenzen Sprachentwicklung gefährdet, weil weniger Übung und Erfahrung Kognitive Entwicklung gefährdet, da über Sprache (z.b. Fragen) Erkenntnisgewinn Nonverbal oft ebenso wenig handlungsfähig Wenig soziale und motorische Erfahrungen: verweigern Dialogrunden, Gruppenangebote, Regelspiele, Spielkreise Wie viele Kinder haben zusätzliche Probleme? 11 12 3
Läuse und Flöhe Wann wird geschwiegen? Meist kombiniert mit weiteren Problemen (mehr als 90%) Dabei vor allem Angststörungen, am häufigsten Soziale Phobie (70%+) Sprech- und Sprachstörungen (40%+) Sauberkeitsstörungen (30%+) Bis zu 68% verspätete Sprachentwicklung und Entwicklungsverzögerungen Schweigen in allen Situationen ist selten Meist Schule/Kita und Fremde Lehrerperson am häufigsten Meist wird zu Hause gesprochen (Ausnahme z.t. Vater) Plötzliches Schweigen in allen Situationen meist bei traumatischem Anlass und ohne vorherige Schüchternheit 13 14 Risikofaktoren Psychische Störung der Eltern (???) Sprach- und Sprechstörungen Belastungen und Traumata Überbehütung durch die Mütter Wortkarge Eltern und Geschwister Wie entsteht Mutismus? 15 16 4
Erklärungen? Prognose? Wir wissen relativ wenig! Hohe Persistenz Psychologische und Physiologische Faktoren, diese in Interaktion (Diathese- Stress-Modell) Defizite in Sprache und Sozialen Fertigkeiten (Was war zuerst da?) Umweltfaktoren und genetische Faktoren Entwicklungspfad Krankheitsgewinn Früherkennung wichtig Verbesserungen meist schrittweise Drei-Viertel massiv verbessert häufig aber andere psychische Probleme (42% stark beeinträchtigt) Braucht in den meisten Fällen interdisziplinäre Zusammenarbeit (Sprachtherapie, Psychologie, Psychiatrie) 17 18 Wo gibt es Hilfen? 19 20 5
KiM 21 22 23 24 6
Fachzeitschrift für Mutismus-Therapie, Mutismus-Forschung und Selbsthilfe Therapeuten, Dozenten unter Mitarbeit von Betroffenen und deren Angehörigen 8,00 zzgl. 3,00 Versand 25 26 Danke fürs Ohren spitzen. 27 28 7