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Rede zur Preisverleihung beim Internationalen Architekturwettbewerb zur Neugestaltung der Gedenkstätte Bergen-Belsen am 11. März 2003 um 14.00 Uhr im Celler Schloss Anrede, Orte und Namen haben eine Aura, die mehr transportiert als nur eine geografische Lage. "Groß ist die Kraft der Erinnerung, die Orten innewohnt", hat der römische Politiker und Rhetoriker Cicero gesagt. Bergen-Belsen ist so ein Ort der Erinnerung. Mehr noch, es ist ein Ort traumatischer Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten, an das unendliche Leid das über Millionen von Menschen in Europa gebracht wurde. Von April 1943 bis April 1945 war Bergen-Belsen ein Hauptlager innerhalb des Systems der Konzentrationslager. Zudem diente es von 1940 bis zum Januar 1945 der deutschen Wehrmacht als Kriegsgefangenenlager. Die Geschichte eines solchen Ortes ist nicht eingleisig erzählbar. Die von SS und Wehrmacht geschaffenen unmenschlichen Bedingungen, die hier verübten Gräueltaten sprengen das menschliche Fassungs- und Vorstellungsvermögen. Rund 20.000 Kriegsgefangene starben daran und mehr als 50.000 KZ-Häftlinge. Sie wurden zumeist in Massengräbern verscharrt. Wir wollen und wir dürfen niemals vergessen, was geschehen ist. Vor den Opfern von Bergen-Belsen verneigen wir uns in Demut. Dabei gilt es auch zu bewahren, dass mindestens 12.000 jüdische Menschen noch bis 1950 nach ihrer Befreiung und bis zu ihrer Auswanderung teilweise im Kasernenlager Bergen- Hohne leben mussten. Für sie ist dieser Ort auch ein Symbol der Widerstandskraft und der

2 Wiedergeburt des jüdischen Lebens. Ähnliches gilt für einige tausend Menschen aus Polen, die noch bis zum August 1946 ebenfalls in dem Kasernenkomplex lebten. Die Vielzahl der Häftlings- und Kriegsgefangenengruppen aus den von Nazideutschland besetzen Ländern Europas spiegelt sich wieder in den zahlreichen Besuchergruppen der Gedenkstätte, die aus vielen Ländern der Erde kommen. Mehr als 100.000 der jährlich rund 300.000 Besucher kommen aus anderen Ländern. Ihre Erinnerung, ihr Gedenken speist sich meist aus den Erfahrungen der Zeitzeugen. Denn heutige Besucher der Gedenkstätte können auf dem ehemaligen Lagergelände nur wenige bauliche Relikte sehen. So wurden Lagerzäune und Wachtürme, zentrale Bauwerke des verbrecherischen Systems bereits 1945 und 1946 abgerissen, nachdem zuvor britische Soldaten aus Hygienegründen die Lagerbaracken abgebrannt hatten. Als Mahnmahle geblieben sind die riesigen und namenlosen Massengräber und die vor 1950 errichteten Gedenk- und Grabsteine, die von Angehörigen der Opfer aufgestellt wurden. Ansonsten zeigt sich dem Besucher eine friedliche Heidelandschaft, die ohne das Erfahrungsgedächtnis der Zeitzeugen mehr verschweigt als erzählt. Wenn aber eine jüngere Generation verstehen soll, was hier geschah, wenn aus individuellen Erinnerungen ein gemeinsames Gedächtnis werden soll, braucht es mehr als Akten, Filme oder geschriebene Texte. Ein kulturelles Gedächtnis kann sich nicht selbst organisieren. Es ist angewiesen auf greifbare Stützen, auf Denkmäler, Gedächtnismale und Archive. Dies war die Grundlage für die Entscheidung, den Wettbewerb zum Ausbau und zur Neugestaltung der Gedenkstätte so auszuschreiben, dass Hochbauplanung und Landschaftsgestaltung miteinander in Einklang gebracht werden können.

3 Ich danke vor allem den ehemaligen Häftlingen, die sich immer wieder dafür eingesetzt hatten und sich auch in der aktuellen Diskussion dafür ausgesprochen haben, die Lagergrenzen und die Lagerwege wieder sichtbar zu machen. Bergen-Belsen soll ein authentischer Ort der Erinnerung, der Bildung, der politischen Meinungsbildung aber auch der Hoffnung und des Verstehens heranwachsender Generationen werden. Es soll auch diejenigen mahnen und erinnern, die keine Menschen mehr kennen lernen werden, die in jener schrecklichen Zeit den nationalsozialistischen Verbrechen gelebt und gelitten haben. Die Erweiterung der Ausstellungsfläche soll es erstmals ermöglichen, alle Phasen der Geschichte des Lagers und der verschiedenen Häftlingsgruppen darzustellen. Wir streben an, bis zum Jahr 2005, dem 60. Jahrestag der Befreiung des Lagers, den Ausbau des Erinnerungsortes Bergen-Belsen abzuschließen. Mir ist dabei wichtig, dass ein Ort der aufklärerischen Selbstreflektion entsteht, über die Bedeutung der Menschenrechte und die Verpflichtung, sie immer und überall einzuhalten. Die Gedenkstätte soll in Kooperation mit deutschen und internationalen Einrichtungen der Dokumentation und der Forschung dienen. Sie soll Bildung und Aufklärung vermitteln in vielfältigen und stets weiter zu entwickelnden Formen. Dazu gehören auch Führungen, Ausstellungen, Seminare, Vortragsveranstaltungen und mehrtägige Jugendworkcamps. Wir wollen nicht zulassen, dass sich mit der historischen Distanz die Qualität des Geschehenen verändert. Natürlich kann es in der demokratischen und pluralistischen Gesellschaft kein einheitliches, als verbindlich verordnetes Geschichtsbild geben. Aber gegenüber Unmenschlichkeit und Völkermord gibt es auch keine Neutralität.

4 Entscheidende Anstöße für diese in Bergen-Belsen wie auch in anderen Gedenkstätten sichtbare Entwicklung der demokratischen Erinnerungskultur in Deutschland gab der Deutsche Bundestag am 10. Juni 1998, als er die Empfehlung der Enquete-Kommission "Deutsche Einheit" einstimmig annahm. Damit tragen alle politisch relevanten Kräfte in der Bundesrepublik Deutschland mit, dass Erinnern und Gedenken eine bleibende Aufgabe für das nationale und demokratische Selbstverständnis der Deutschen sind. Der materielle Teil des Beschlusses legt die Aufgaben der Gedenkstätten fest und gibt die Leitlinien für ihre Entwicklung vor. So engagiert sich der Bund seit dem Jahr 2000 auch finanziell in den KZ-Gedenkstätten Dachau, Flossenbürg, Neuengamme und in Bergen- Belsen. Er beschränkt sich dabei ausdrücklich auf die Förderung der wissenschaftlichen und technischen Voraussetzungen für die Entwicklung einer demokratischen Erinnerungskultur. Auf die Bildungsarbeit und die in den Gedenkstätten anzustoßenden Lernprozesse will er keinen direkten Einfluss ausüben und tut dies auch nicht. Die Bildungsarbeit und die für ihre Wirksamkeit entscheidenden Wertorientierungen sollen ganz ausdrücklich von den Gedenkstätten und den dort arbeitenden Lerngruppen selbst begründet und verantwortet werden. So wurden in enger Zusammenarbeit mit den Verbänden der ehemaligen Häftlinge vor allem in Israel, den USA, in Polen, Frankreich und Russland sowie mit staatlichen Einrichtungen dieser Länder zahlreiche historische Quellen zur Geschichte Bergen-Belsens und zur Geschichte der nationalen Häftlingsgruppen gesichtet, verzeichnet und ins Archiv der Gedenkstätte übernommen.

5 Diesen Quellen kommt für die Geschichtsdarstellung eine erhebliche Bedeutung zu. Sie schließen vorhandene Lücken und können dazu beitragen, Kenntnisse insgesamt zu vertiefen und zu verbreitern und dadurch der Legendenbildung entgegenzuwirken. Zurzeit konzentrieren sich die laufenden Arbeiten der Gedenkstätte auf die Erarbeitung eines Häftlingsverzeichnisses, das der Wiederherstellung der persönlichen Identität dient und zugleich die Voraussetzung für die Schicksalsklärung und die Beantwortung von Anfragen aus dem Kreis der Betroffenen und ihrer Angehörigen herstellt. Weitergeführt wird die wissenschaftliche Recherche und Dokumentationstätigkeit zur Gesamtgeschichte des historischen Ortes als Kriegsgefangenenlager, als Konzentrationslager und Lager für jüdische und polnische Menschen von 1945 bis 1950. Wissenschaftlich dokumentiert wird auch die Geschichte der Gedenkstätte und der Friedhöfe für Kriegsgefangene. Einen besonderen Forschungsschwerpunkt bilden die Rettungsbemühungen für jüdische Häftlinge des Konzentrationslagers Bergen-Belsen von 1943 bis 1945. Der psychische Druck neben der körperlichen Gewalt, die unerfüllten Hoffnungen auf Rettung und das zynische Spiel der SS damit hat viele Häftlinge bis in den Tod begleitet. Die Erinnerung an diese Menschen wach zu halten und ihre Geschichte zu erzählen, ist Auftrag der Gedenkstätte. Ich bin froh darüber, dass im Deutschen Bundestag wie auch im Niedersächsischen Landtag parteiübergreifend Konsens besteht darüber, dass Gedenkstätten wie Bergen-Belsen nicht allein Orte deutscher Erinnerungskultur sind, sondern Orte einer europäischen Erinnerungskultur.

6 Einen dieser Orte konkret zu gestalten, sich mit seiner Vergangenheit und seiner Zukunft gleichzeitig auseinander zu setzen, war Gegenstand des Architekturwettbewerbs, dessen Preisträger ich heute auszeichnen darf. Doch zunächst möchte ich allen danken, die zum Gelingen des Wettbewerbs beigetragen haben. Ich danke Herrn Baudirektor Heinzel vom Staatlichen Baumanagement in Celle und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die hervorragende Arbeit geleistet haben. Um den weltweiten schnellen Austausch der notwendigen Informationen zu ermöglichen, ging das Staatliche Baumanagement Celle den für Niedersachsen neuen Weg über das Internet. So konnten sich Architekturbüros aus der ganzen Welt von Chile über die USA und Israel bis Polen und Rumänien für die Teilnahme registrieren. Ich danke den Teilnehmern des Wettbewerbs, die sich der schwierigen Aufgabe gestellt haben. Ich denke den Architekturbüros Kiefer und Lüerssen für die professionelle Arbeit bei der Vorprüfung. Ganz besonders danke ich den Mitgliedern der Jury mit den beiden Vorsitzenden, Herrn Walter Ehlers aus Hannover und Herrn Prof. Klaus Humpert aus Stuttgart. Die Jury hat sich dafür ausgesprochen, fünf Preise zu verleihen und vier weitere Entwürfe anzukaufen. Eine dieser Arbeiten, den 2. Ankauf, möchte ich noch einmal besonders erwähnen. Denn der Entwurf stammt von einem Gemeinschaftsteam niederländischer und israelischer Planer. Das macht deutlich, wie international Ausschreibung und Verfahren waren. Insgesamt freue ich mich, dass sich so viele ausländische Büros an dem Wettbewerb beteiligt haben. Ich darf nun die Vertreter der jeweiligen Preisträger nach vorn bitten:

7 Den 5. Preis erhält das Büro Martin Behet und Roland Bondzio aus Münster zusammen mit der Landschaftsarchitektin Frau Dipl.-Ing. Christine Wolf aus Bochum. Das Preisgeld beträgt 9.000 Euro. Den 4. Preis bekommt der Architekt Michelangelo Delli Paoli aus Marcianise in Italien gemeinsam mit dem Landschaftsdesigner Marco Palumbo aus Guiliano in Campania, Italien. Das Preisgeld beträgt 13.000 Euro. Den 3. Preis hat die Jury den Architekten BKSP, Thomas Obermann aus Hannover zuerkannt. Beteiligt ist das Büro für Garten- und Landschaftsgestaltung LA Lohaus-Carl aus Hannover. Das Preisgeld beträgt 16.500 Euro. Einen zweiten Preisträger kann ich Ihnen nicht nennen. Die Jury hat sich entschieden, zwei getrennte 1. Preise zu vergeben. Je einen für die überzeugendste Landschaftsgestaltung und einen für die beste Architektur. Den 1. Preis für die beste Architektur erhält das Büro KSP (Kraemer, Sieverts und Partner) Engel und Zimmermann aus Braunschweig, das mit den Landschaftsgestaltern WES (Wehberg, Eppinger, Schmidtke) und Partner aus Hamburg zusammengearbeitet hat. Den 1. Preis für das überzeugendste Freiraumkonzept erhält das Büro sinai.exteriors, aus Berlin, mit dem Planer Herrn Faust, das mit dem Architekturbüro Sigel und Dubbers aus Berlin zusammengearbeitet hat. Für beide erste Preise beträgt das Preisgeld je 24.750 Euro. Ich gratuliere allen Preisträgern und danke darüber hinaus allen Teilnehmern, insbesondere den vielen ausländischen Büros, die an diesem internationalen Wettbewerb teilgenommen haben. Sie alle haben mit ihren Ideen und Vorschlägen dazu beigetragen, einen gangbaren

8 Weg für diese schwierige Aufgabe, der Gestaltung einer würdigen und eindringlich mahnenden Gedenkstätte, zu finden. Ich darf Sie nun alle einladen, die preisgekrönten Arbeiten zu besichtigen. Herr Baudirektor Heinzel wird in der gotischen Halle die Preisträgerarbeiten kurz vorstellen und wir werden sicher auch die Gelegenheit haben, sie uns von den Preisträgern selbst erläutern zu lassen.