Der Handel mit Gebrauchtlizenzen DSRI Herbstakademie 2006

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Transkript:

Der Handel mit Gebrauchtlizenzen DSRI Herbstakademie 2006 16. September 2006 Rothenburg ob der Tauber Rechtsanwalt Dr. Thomas Stögmüller, LL.M. Herbstakademie 2006

Vertragsbeziehungen Lizenzgeber Lizenz Zustimmung 1. Lizenznehmer Supportvertrag 2. Lizenznehmer weiterer Lizenznehmer Dr. Thomas Stögmüller Der Handel mit Gebrauchtlizenzen Herbstakademie 2006-2

Urheberrechtliche Grundsätze Software ist urheberrechtlich geschützt ( 69a Abs. 3 UrhG; BGH CR 2005, 854 Fash 2000 ) Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht ist beim Lizenzgeber, der somit die Vervielfältigung und Weiterveräußerung grundsätzlich untersagen kann ( 69c Nrn. 1 und 3 Satz 1 UrhG) Ausnahme Erschöpfungsgrundsatz ( 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG): Mit Inverkehrbringen eines Vervielfältigungsstückes der Software in der EU/EWR erschöpft sich diesbezüglich das Verbreitungsrecht mit Ausnahme des Vermietrechts Dr. Thomas Stögmüller Der Handel mit Gebrauchtlizenzen Herbstakademie 2006-3

Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes I Erschöpfungsgrundsatz betrifft nicht Softwaremiete und Weitervermietung Verkauf oder Weitervermietung von gemieteter Software unzulässig, da keine Veräußerung i.s.d. 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG Weitervermietung von gekaufter Software unzulässig (Vermietrecht in 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG ausgenommen) Dr. Thomas Stögmüller Der Handel mit Gebrauchtlizenzen Herbstakademie 2006-4

Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes II Findet der Erschöpfungsgrundsatz Anwendung auf das Vervielfältigungsrecht? Grds. nein, es sei denn, mit der Ausübung des Verbreitungsrechts ist üblicherweise auch eine Vervielfältigung verbunden (Wiedergabe der erschöpften Ware im Werbeprospekt BGH GRUR 2001, 51, 53 Parfumflakon). Wird der mit der Erschöpfung verfolgte Zweck Verkehrsfähigkeit des Werkes gefährdet? Dr. Thomas Stögmüller Der Handel mit Gebrauchtlizenzen Herbstakademie 2006-5

Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes III Findet der Erschöpfungsgrundsatz Anwendung auf die Onlineübermittlung? Umstritten (s. Dreier/Schulze)! Erschöpft wird nur das Verbreitungsrecht, also ein Recht zur körperlichen Verwertung ( 15 Abs. 1 UrhG), nicht jedoch ein Recht der öffentlichen Wiedergabe in unkörperlicher Form ( 15 Abs. 2 UrhG) Art. 3 Abs. 3 und Erwägungsgrund 29 der EU- Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft stellt klar, dass auf online übermittelte Werke der Erschöpfungsgrundsatz keine Anwendung findet Dr. Thomas Stögmüller Der Handel mit Gebrauchtlizenzen Herbstakademie 2006-6

Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes IV Erschöpfungsgrundsatz findet Anwendung bei Softwarekauf auf Datenträgern Weiterverkauf zulässig, wenn alle Kopien gelöscht wurden Ausnahme: Wirksames Weiterveräußerungsverbot - Lizenzgeber fordert Information über Weiterverkauf: vertragliche Verpflichtung zulässig Fraglich: - Lizenzgeber fordert Zustimmung zum Weiterverkauf - Lizenzgeber verbietet Weiterverkauf vertraglich Dr. Thomas Stögmüller Der Handel mit Gebrauchtlizenzen Herbstakademie 2006-7

Weiterveräußerungsverbot Vertragliches Weiterveräußerungsverbot in Standardverträgen unwirksam: - BGH vom 6. Juli 2000 (OEM-Vertrieb): OEM- Software, die zusammen mit PC verkauft wurde, darf trotz Weiterveräußerungsverbot im Lizenzvertrag durch Einzelhändler getrennt vom PC weiterveräußert werden Weiterveräußerungsverbot oder Zustimmungspflicht in AGB des Lizenzgebers i.d.r. unwirksam Falls individuell vereinbart, wirksam Dr. Thomas Stögmüller Der Handel mit Gebrauchtlizenzen Herbstakademie 2006-8

Abspaltung von Nutzungsrechten I Lizenzgeber Zustimmung Lizenz Lizenznehmer weiterer Lizenznehmer Dr. Thomas Stögmüller Der Handel mit Gebrauchtlizenzen Herbstakademie 2006-9

Abspaltung von Nutzungsrechten II Pro: Kein Grund für Ungleichbehandlung gegenüber körperlichen Vervielfältigungsstücken, sofern Erstkopie nach Weitergabe gelöscht wird (Dreier, 69c Rn. 24); auch unkörperliche Lizenzen müssen verkehrsfähig sein Der Besitz des Original-Datenträgers löst keinen Rechtsschein aus, so dass darauf nicht abzustellen ist Kontrollmöglichkeiten des Urhebers sind online und offline gleichermaßen gut oder schlecht gegeben Dr. Thomas Stögmüller Der Handel mit Gebrauchtlizenzen Herbstakademie 2006-10

Abspaltung von Nutzungsrechten III Contra: Vornahme zusätzlicher Vervielfältigungshandlungen Keine analoge Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes Grundsätzlich ist für die Übertragung von Nutzungsrechten die Zustimmung erforderlich ( 34 Abs. 1 Satz 1 UrhG) Vergütungsinteresse des Urhebers bei degressiver Lizenzgebührenstruktur Beschränkung der Unternehmenslizenz auf Unternehmen des Lizenznehmers Trennung von Vervielfältigungsstück und Nutzungsrechten mit der Gefahr der Überschreitung der Anzahl der Nutzungsrechte und der Entstehung unüberschaubarer Rechtsverhältnisse Dr. Thomas Stögmüller Der Handel mit Gebrauchtlizenzen Herbstakademie 2006-11

Support von Gebrauchtlizenzen I Lizenzgeber Lizenz 1. Lizenznehmer Supportvertrag 2. Lizenznehmer Dr. Thomas Stögmüller Der Handel mit Gebrauchtlizenzen Herbstakademie 2006-12

Support von Gebrauchtlizenzen II 1. Lizenznehmer (Verkäufer) wird i.d.r. keinen Support erbringen können Supportverpflichtung des Lizenzgebers ist vertraglicher Natur gegenüber 1. Lizenznehmer Lösungsansätze: Übertragung des Supportvertrages von 1. auf 2. Lizenznehmer mit Zustimmung des Lizenzgebers Abtretung der Supportansprüche vom 1. auf den 2. Lizenznehmer (vertragliches Abtretungsverbot?) Neuabschluss eines Supportvertrages zwischen 2. Lizenznehmer und Lizenzgeber Dr. Thomas Stögmüller Der Handel mit Gebrauchtlizenzen Herbstakademie 2006-13

Künftige Geschäftsmodelle Anwendbarkeit des Erschöpfungsgrundsatzes, falls für jede Einzelplatzlizenz ein Datenträger angefordert und übergeben wird Allerdings fraglich bei Server-Anwendungen und supportbedürftiger Software (z.b. Anti-Viren-Programme) Unterschiedliche Lizenzmodelle seitens der Hersteller mit Weitergabeerlaubnis unter gewissen Prämissen: - Einhaltung der Lizenzbestimmungen - Abschluss eines eigenen Pflegevertrages Gleichstellung mit körperlicher Verbreitung de lege ferenda Dr. Thomas Stögmüller Der Handel mit Gebrauchtlizenzen Herbstakademie 2006-14

Rechtsanwalt Dr. Thomas Stögmüller, LL.M. (Berkeley) Nymphenburger Str. 70 D-80335 München Telefon: +49 - (0) 89-13 95 76 60 Telefax: +49 - (0) 89-13 95 76 66 E-Mail: stoegmueller@teclegal-habel.de Internet: www.teclegal-habel.de Herbstakademie 2006