Ruhr-Universität Bochum Prof. Dr. med. Georg V. Sabin Dienstort: Elisabeth-Krankenhaus Essen Klinik für Kardiologie und Angiologie



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Transkript:

Ruhr-Universität Bochum Prof. Dr. med. Georg V. Sabin Dienstort: Elisabeth-Krankenhaus Essen Klinik für Kardiologie und Angiologie Einfluss der Infarktgröße in der kontrastverstärkten kardialen MRT auf die Freisetzung des natriuretischen Peptids NT-Pro-BNP bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Mani Farazandeh Shahr Babaki aus Herne 2011

Dekan: Prof. Dr. med. K. Überla Referent: Prof. Dr. med. G.V. Sabin Korreferent: Prof. Dr. med. J. Strauch Tag der Mündlichen Prüfung: 26.01.2012

Abstract: Farazandeh Shahr Babaki Mani Einfluss der Infarktgröße in der kontrastverstärkten kardialen MRT auf die Freisetzung des natriuretischen Peptids NT-Pro-BNP bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt Problem: Die kontrastverstärkte kardiale MRT (CMR) erlaubt eine Quantifizierung der Infarktgröße (Late Gadolinium Enhancement, LGE) und der mikrovaskulären Obstruktion (MO) im Rahmen eines akuten Myokardinfarktes. Ziel dieser Arbeit war es, den Zusammenhang zwischen NT-Pro-BNP und Parametern der CMR, insbesondere dem LGE und der MO zu untersuchen. Methode: 41 Patienten (26 Männer, mittleres Alter 57±11 Jahre) mit einem erstmaligen akuten Myokardinfarkt wurden in die Studie eingeschlossen. Alle Patienten wurden mit einer perkutanen Koronarintervention behandelt. 40±15 Stunden nach stationärer Aufnahme erfolgte eine Blutentnahme mit Bestimmung des NT-Pro-BNP-Plasmaspiegels. Eine CMR (1,5 Tesla, Magnetom Sonata, Siemens Healthcare Erlangen) wurde 50±29 Stunden nach stationärer Aufnahme durchgeführt. Es wurden Cine-Sequenzen (segmented steady state free precession, SSFP) zur Analyse der Ventrikelfunktion und kontrastverstärkte Aufnahmen (inversion recovery steady state free precession, IR-SSFP) zur Bestimmung der Infarktgröße (LGE) und der Ausdehnung der mikrovaskulären Obstruktion durchgeführt. Es erfolgte eine Nachbeobachtung über 32,5 (1-65) Monate bezüglich eines kombinierten Endpunktes (Rehospitalisierung aufgrund von Angina pectoris, perkutane Koronarintervention, operative Myokardrevaskularisation, Myokardinfarkt, kardiovaskulär bedingter Tod). Ergebnis: Alle Patienten konnten ohne Komplikationen in der CMR untersucht werden. Es zeigte sich eine sehr gute Korrelation zwischen dem NT-Pro-BNP-Plasmaspiegel und dem LGE (r=0,74, p<0,01), der MO (r=0,7, p<0,01) und etwas schwächer mit der LVEF (r=-0,44, p<0,01). In einer multivariaten Analyse zeigte sich eine unabhängige Korrelation zwischen dem LGE und NT- Pro-BNP (p<0,01) und statistisch grenzwertig zwischen NT-Pro-BNP und der MO (p=0,06). Insgesamt konnten 34 der 41 Patienten (76%) nachverfolgt werden. Der kombinierte Endpunkt wurde in 13 Fällen erreicht. Das höchste Risiko (8,3-fach, KI 1,7-41,3) für das Erreichen eines Endpunktes besaßen diejenigen Patienten, welche einen Cutoff-Wert von 12% LGE der LV- Masse und einen NT-Pro-BNP-Plasmaspiegel 1610 pg/ml erreichten. Diskussion: Bei erstmaligem akuten Myokardinfarkt zeigt sich eine enge Verbindung zwischen dem NT-Pro- BNP-Plasmaspiegel und dem Myokardschaden (LGE, MO) in der CMR. Die Kombination aus NT-Pro-BNP und LGE scheint einen additiven Wert in der Vorhersage kardialer Ereignisse zu besitzen.

Inhaltsverzeichnis: 1 Einleitung... 9 1.1 Allgemein... 9 1.2 Natriuretische Peptide... 13 1.3 Kardiale Magnetresonanztomographie... 17 2 Zielsetzung... 21 3 Material und Methoden... 22 3.1 Patienten... 22 3.2 NT-Pro-BNP... 23 3.3 Blutentnahme... 25 3.4 Elektrokardiographie... 26 3.5 Magnetresonanztomographie... 27 3.6 Durchführung der MRT-Analyse... 33 3.7 Weitere Parameter, Verlaufsbeobachtung... 45 3.8 Statistische Analyse... 45 4 Ergebnisse... 47 4.1 Late Gadolinium Enhancement (LGE)... 48 4.2 Mikrovaskuläre Obstruktion... 53 4.3 Weitere CMR-Parameter... 55 4.4 Elektrokardiographie... 59 4.5 Biomarker... 60 4.6 Verlaufsbeobachtung... 60 5 Diskussion... 63 5.1 Late Gadolinium Enhancement... 64 5.2 Mikrovaskuläre Obstruktion... 67 5.3 Weitere CMR-Parameter... 68 5.4 Elektrokardiographie... 69 5.5 Biomarker... 70 1

5.6 Verlaufsbeobachtung... 71 5.7 Limitationen... 73 6 Zusammenfassung... 74 7 Literaturverzeichnis... 75 2

Verzeichnis der Abkürzungen: %ST %LGE %MO ACC ACS ADH AHA ANP BNP CK CMR CRP DGK EKG ESC FA FDA IR-SSFP KHK KI LGE LGEGS LGESS LVED Prozentualer Rückgang der ST-Streckenhebung Prozentualer Anteil des Myokards mit Late Gadolinium Enhancement Prozentualer Anteil des Myokards mit mikrovaskulärer Obstruktion American College of Cardiology Akutes Coronarsyndrom Antidiuretisches Hormon American Heart Association Atrial natriuretic peptide Brain natriuretic peptide Creatinkinase Kontrastverstärkte kardiale MRT C-reaktives Protein Deutsche Gesellschaft für Kardiologie Elektrokardiogramm European Society of Cardiology Flip angel Food and Drug Administration Single shot inversion recovery steady state free precession Koronare Herzkrankheit Konfidenzintervall Late Gadolinium Enhancement Late Gadolinium Enhancement Gesamt-Score Late Gadolinium Enhancement Segment-Score Enddiastolisches linksventrikuläres Volumen 3

LVEF LVES MO MOS MRT NSTEMI PCI PET RAAS RCA RCX RIVA SD SPECT SSFP STEMI TE TI TR WBGS WBSS Linksventrikuläre Ejektionsfraktion Endsystolisches linksventrikuläres Volumen Mikrovaskuläre Obstruktion Anzahl der Segmente mit mikrovaskulärer Obstruktion Magnetresonanztomographie Nicht-ST-Strecken-Hebungsinfarkt Perkutane Coronarintervention Positronen-Emission-Tomographie Renin-Angiotensin-Aldosteron-System Rechte Koronararterie Ramus circumflexus Ramus interventricularis anterior Schichtdicke Myokardszintigraphie Steady-state free precession ST-Strecken-Hebungsinfarkt Echozeit Inversionszeit Repetitionszeit Wandbewegungsgesamt-Score Wandbewegungssegment-Score 4

Verzeichnis der Tabellen: Seite 1. Sequenzparameter IR-SSFP-Sequenz 29 2. Patientencharakteristika 47 3. Verteilung der Patienten in Quartile nach dem NT-Pro-BNP-Wert 48 4. Korrelationen der MRT-Parameter und der Serumenzyme 58 5. MRT Parameter, Korrelation mit NT-Pro-BNP 59 5

Verzeichnis der Abbildungen: Seite 1. Mechanismen zur Freisetzung natriuretischer Peptide und deren Wirkung auf die Kreislaufregulation. 24 2. Spaltung des Prohormons Pro-BNP in BNP und NT-Pro-BNP. 25 3. EKG bei Aufnahme (A) und 90 Minuten nach PCI (B) der rechten Koronararterie bei akutem Myokardinfarkt. 27 4. 17-Segment-Modell für die kardiale Bildgebung der American Heart Association (AHA). 32 5. 64-jähriger Patient mit Vorderwandinfarkt, subtotale RIVA-Stenose (links), nach Stent-Implantation (rechts). 33 6. 46-jähriger Patient mit Hinterwandinfarkt, Verschluss der RCA (links), nach Rekanalisation und Stent- Implantation (rechts). 34 7. 46-jähriger Patient mit Hinterwandinfarkt, enddiastolische (D) und endsystolische (S) Bilder von basal bis apikal, Hypokinesie basal und mittventrikulär inferior (Pfeile). 35 8. 46-jähriger Patient mit Hinterwandinfarkt, Epikard (grün) und Endokard (rot) werden enddiastolisch (links) und endsystolisch umfahren. 37 9. IR-SSFP-Sequenz (10 min nach Kontrastmittel- Applikation) bei einem 46-jährigen Patienten mit Hinterwandinfarkt: Basale (B), mittventrikuläre (M) und apikale (A) Schichten. 38 10. IR-SSFP-Sequenz (2 min nach Kontrastmittel- Applikation) bei einem 46-jährigen Patienten mit 6

Hinterwandinfarkt: Basale (B), mittventrikuläre (M) und apikale (A) Schichten. 39 11. IR-SSFP-Sequenz eines 46-jährigen Patienten mit Hinterwandinfarkt: Markierung des Endokards (links) und des Epikards (Mitte). 40 12. 46-jähriger Patient mit Hinterwandinfarkt, IR-SSFP Spätaufnahmen (10 min nach KM-Applikation), Markierung des Late Gadolinium Enhancement. 41 13. 64-jähriger Patient mit subendokardialem Vorderwandinfarkt, IR-SSFP Spätaufnahmen (10 min nach KM-Applikation), Markierung des Late Gadolinium Enhancement. 42 14. 46-jähriger Patient mit Hinterwandinfarkt, IR-SSFP Frühaufnahmen (2 min nach KM-Applikation), Markierung des No Reflow Areals. 43 15. 64-jähriger Patient mit Vorderwandinfarkt, IR-SSFP Frühaufnahmen (2 min nach KM-Applikation), innerhalb des lediglich subendokardialen Late Gadolinium Enhancement ist kein No Reflow Areal abgrenzbar. 44 16. 46-jähriger Patient mit Hinterwandinfarkt, IR-SSFP- Spät- (10 min nach KM-Gabe, links) und Frühaufnahmen (2 min nach KM-Gabe, rechts). Pfeil markiert LGE (links) und No Reflow (rechts). 44 17. Beziehung zwischen %LGE und NT-Pro-BNP. 50 18. Beziehung zwischen %LGE und %MO. 51 19. Beziehung zwischen %LGE und der LVEF. 52 20. Receiver Operating Characteristic (ROC)-Kurve für %LGE, NT-Pro-BNP-Median. 53 7

21. Beziehung zwischen %MO und NT-Pro-BNP. 54 22. Receiver Operating Characteristic (ROC)-Kurve für %MO, NT-Pro-BNP-Median. 55 23. Beziehung zwischen LVEF und NT-Pro-BNP. 56 24. Receiver Operating Characteristic (ROC)-Kurve für NT-Pro-BNP, %LGE, %MO, kombinierter Endpunkt. 61 8

1 Einleitung 1.1 Allgemein Kardiovaskuläre Erkrankungen sind trotz der schnellen Entwicklung im Bereich der diagnostischen und interventionellen Kardiologie nach wie vor die häufigste Todesursache in den westlichen Industrienationen. In Deutschland erleiden jährlich etwa 280.000 Menschen einen akuten Myokardinfarkt [35]. Im Jahr 2009 waren kardiovaskuläre Erkrankungen für 42% der Todesfälle in Deutschland verantwortlich [107]. Die koronare Herzkrankheit (KHK) ist die Manifestation der Atherosklerose an den Herzkranzgefäßen. Die Entstehung und Progression der KHK wird durch die so genannten kardiovaskulären Risikofaktoren bestimmt. Dazu gehören in erster Linie Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Hyperlipoproteinämie, Nikotinabusus und eine genetische Disposition. Bei der KHK führt eine regionale myokardiale Minderperfusion in dem Versorgungsgebiet der stenosierten Koronararterie zu einem Missverhältnis zwischen Sauerstoffbedarf und -angebot, es resultiert eine regionale myokardiale Ischämie, die sich klinisch als Angina pectoris äußert [23]. Unter dem Begriff des Akuten Coronarsyndroms (ACS) werden die akuten Episoden der KHK zusammengefasst, die unmittelbar lebensbedrohlich sind. Ein ACS wird meist durch eine akute Plaqueruptur mit konsekutiven thrombotischen Auflagerungen ausgelöst. Die Rate schwerer Ereignisse (Tod, Myokardinfarkt) beträgt 2-4% innerhalb der ersten 72 Stunden und 6-8% innerhalb der ersten 35 Tage [84]. Ein ACS mit und ohne ST-Streckenhebung ist definiert als typische Angina pectoris zusammen mit dem 9

laborchemischen Nachweis einer myokardialen Gewebeschädigung [35-36]. Ein akuter ST-Strecken-Hebungsinfarkt (STEMI) liegt bei ST-Streckenhebungen 0,1 mv in mindestens zwei zusammenhängenden Extremitätenableitungen des Oberflächen- Elektrokardiogramm oder 0,2 mv in mindestens zwei zusammenhängenden Brustwandableitungen oder bei einem neu auftretenden Linksschenkelblock mit infarkttypischen Beschwerden vor [36, 114]. Im Rahmen eines STEMI verstirbt ein Drittel der betroffenen Patienten vor dem Erreichen des Krankenhauses [23]. Die hohe Letalität wird insbesondere durch akut auftretende ventrikuläre Rhythmusstörungen oder einen kardiogenen Schock verursacht. Die Diagnostik des STEMI stützt sich auf die typischen Beschwerden (Angina pectoris), laborchemische Veränderungen mit Elevation herzspezifischer Enzyme wie Troponin und Creatinkinase, sowie die oben genannten Veränderungen im Elektrokardiogramm (EKG). Infarktgröße und damit Prognose des STEMI werden unmittelbar durch die effektive Wiedereröffnung des Infarktgefäßes und die Zeit bis zur Wiederherstellung der myokardialen Perfusion beeinflusst [9, 40]. Als Akuttherapie stehen die perkutane Coronarintervention (PCI) und die thrombolytische Therapie (Lysetherapie) zur Verfügung. Dabei ist die PCI der Lysetherapie überlegen, da sie im Vergleich zur Lysetherapie die Infarktsterblichkeit um 25% und das Re-Infarktrisiko um mehr als 50% senkt [36]. Zur Diagnose und Verlaufsbeurteilung eines akuten Myokardinfarktes haben sich mehrere Laborparameter bewährt. Im klinischen Alltag stehen Troponin T/I und die Creatinkinase mit ihrem herzspezifischen Isoenzym CK-MB im Vordergrund. Weitere 10

Parameter sind die LDH mit ihrem herzspezifischen Isoenzym LDH1 und das Myoglobin [55]. In den letzten Jahren hat das Troponin aufgrund seiner sehr guten Spezifität und frühen Nachweisbarkeit zunehmend an Bedeutung gewonnen und wird gemäß den Leitlinien der Fachgesellschaften (DGK, ESC, ACC/AHA) [35-36, 63, 114] neben den EKG-Veränderungen als primäres diagnostisches Verfahren eingesetzt. Die Serumkonzentration der o.g. Parameter verändert sich bei einem Myokardinfarkt schnell, insbesondere ist ein Anstieg der Troponine bereits 3-4 Stunden nach Infarktbeginn zu beobachten [35]. Die Serumkonzentration der kardialen Enzyme zeigt unter Umständen einen mehrgipfligen Verlauf und die Enzym- Freisetzung wird nach einer perkutanen Coronarintervention zusätzlich gesteigert [95]. Aus diesen Gründen eignen sich diese Parameter nur bedingt zur Abschätzung der Infarktgröße. Die Prognose eines akuten Myokardinfarktes wird im Wesentlichen durch die Infarktgröße, das Ausmaß der mikrovaskulären Obstruktion und die systolische linksventrikuläre Funktion bestimmt [1, 52, 66, 78, 96, 120]. Neben der invasiven angiographischen Darstellung der Koronararterien mit der Möglichkeit zur Intervention ist daher eine bildgebende Diagnostik zur Darstellung der myokardialen Schädigung und Quantifizierung der systolischen linksventrikulären Funktion erforderlich. Entscheidend ist hierbei die Differenzierung zwischen reversibel ischämisch geschädigtem, kontraktionsgestörten, aber vitalem Myokard (Hibernation, Stunning) und einer irreversibel ischämischen Myokardschädigung (Narbe, Nekrose). Bislang etablierte Verfahren dieser Vitalitätsdiagnostik sind die Positronen-Emission-Tomographie (PET) und die Myokardszintigraphie (SPECT). 11

Darüber hinaus findet die kontrastverstärkte kardiale MRT (CMR) in den letzten Jahren zunehmende klinische Anwendung [11]. Aufgrund der hohen räumlichen Auflösung können mit der CMR bereits kleine subendokardiale Infarkte diagnostiziert werden [116]. Des Weiteren erlaubt die Darstellung der transmuralen Ausdehnung eines Myokardinfarktes in der CMR prognostische Aussagen über die Erholung der systolischen linksventrikulären Funktion nach Koronarintervention [15, 57-58]. Fehlende Strahlenbelastung und höhere logistische Verfügbarkeit sind weitere Vorteile der CMR im Vergleich zu den nuklearmedizinischen Verfahren. Trotz erfolgreicher Wiedereröffnung des epikardialen Koronargefäßes bleibt die Perfusion des Myokards häufig gestört oder fehlt völlig (slow reflow / no reflow). Diese, als mikrovaskuläre Obstruktion bezeichnete Zirkulationsstörung der Arteriolen, kann mit der CMR dargestellt werden. Das Ausmaß der mikrovaskulären Obstruktion ist ein starker, unabhängiger prognostischer Parameter [1, 42, 120]. Natriuretische Peptide sind Neurohormone, die von den Kardiomyozyten als Reaktion auf eine Volumenbelastung des linken Ventrikels sezerniert werden. Im Rahmen eines akuten Myokardinfarktes kommt es über die erhöhte linksventrikuläre Wandspannung sehr früh zu einer Ausschüttung des Brain Natriuretic Peptide (BNP). Erhöhte BNP-Plasmaspiegel werden meist schon vor dem Anstieg der CK und des Troponin beobachtet [5]. In der Herzinsuffizienz-Diagnostik und -Therapie haben die natriuretischen Peptide, insbesondere das Brain natriuretic peptide (BNP) und sein Spaltprodukt NT-Pro-BNP, bereits einen großen klinischen Stellenwert [17, 69-70, 75, 83]. Darüber hinaus gelten BNP und NT-Pro-BNP sowohl in der Früh- [19, 106] als auch in der 12

Spätphase [51, 85] nach einem akuten Myokardinfarkt als unabhängige Risikofaktoren für einen plötzlichen Herztod. 1.2 Natriuretische Peptide Verschiedene endokrine Systeme wie z.b. das Renin-Angiotensin- Aldosteron-System (RAAS) sind für das Fortschreiten einer systolischen linksventrikulären Dysfunktion verantwortlich [86]. Die Hormone ANP (atrial natriuretic peptide) und BNP haben dagegen diuretische, natriuretische und vasodilatatorische Effekte. Sie inhibieren sowohl das RAAS als auch den Sympathikotonus [12] und hemmen die Entwicklung einer Myokardfibrose sowie die Proliferation glatter Muskelzellen [111]. Durch diese Mechanismen wirken sie dem Fortschreiten einer Herzinsuffizienz entgegen. Eine endokrine Funktion des Herzens wurde bereits vor über 2000 Jahren von dem römischen Historiker Flavius beschrieben. Arbeiter, die beim Bau des Hafens von Caesarea während ihrer Tauchgänge durch die Kompression des Thorax über vermehrte Diurese klagten, nannte er Urinatores [27]. Die Ursache dieses Phänomens wurde erst viele Jahre später (1954) entdeckt. Gauer inflatierte einen Ballon-Katheter im rechten Vorhof von Hunden. Er induzierte hiermit eine gesteigerte Diurese und Natriurese. Diese Hypothalamusvermittelte, verminderte Ausschüttung des antidiuretischen Hormons (ADH) durch die Hypophyse, die zu einer gesteigerten Diurese führt, wurde bekannt als Gauer-Henry-Reflex [37]. 1985 entdeckte de Bold, dass in den Kardiomyozyten ein Polypeptid-Hormon (ANP) produziert wird, welches diuretische, natriuretische und hypotensive Effekte hat [18]. 1988 wiesen Sudoh et al. ein dem ANP ähnliches Neurohormon in einem Schweinehirn nach, das Brain Natriuretic 13

Peptide [108]. Erst später wurde BNP auch im Myokard der Ventrikel nachgewiesen. Hohe endogene Plasmaspiegel der natriuretischen Peptide haben sich sowohl bei Patienten mit Herzinsuffizienz [7, 28] und Myokardinfarkt [80, 82, 117] als auch bei Patienten ohne bekannte Herzerkrankung [117] als prognostisch ungünstig erwiesen. Die Höhe der Plasmakonzentration steigt mit zunehmendem Alter aufgrund der verminderten Compliance des linken Ventrikels. Des Weiteren haben Männer im Vergleich zu Frauen niedrigere Plasmaspiegel [93]. Junge, gesunde Menschen haben im Durchschnitt einen BNP-Plasma-Spiegel von ca. 10 pmol/l [46], welcher mit zunehmendem Körpergewicht sinkt [51, 117]. Im Rahmen einer linksventrikulären Dysfunktion kommt es unabhängig von der Ursache zu einem Anstieg der Plasmakonzentration von BNP und NT-Pro-BNP [98]. Bei Fortschreiten der linksventrikulären Funktionseinschränkung beobachtet man im Plasma bis zu 4-fach höhere NT-Pro-BNP- als BNP-Werte. Aufgrund des schnelleren und höheren Anstiegs ist NT- Pro-BNP dem BNP in der Diagnose der frühen linksventrikulären Dysfunktion überlegen [46]. Erhöhte Plasmawerte findet man auch bei verminderter renaler Clearance [74], linksventrikulärer Hypertrophie und atrialer Dysfunktion bzw. Dilatation. So führen Vorhofflimmern [48] und eine Mitralklappenstenose [122] zu einem Anstieg des BNP. Die Sekretion des Hormons erfolgt in diesen Fällen in erster Linie durch den Vorhof. Bereits in frühen Phasen der Herzinsuffizienz kommt es, vermittelt über die erhöhte Wandspannung, zu einem Anstieg des BNP- Plasmaspiegels. So zeigen, bei vergleichbarer myokardialer Masse und ungestörter systolischer linksventrikulärer Funktion, 14

asymptomatische Hypertoniker signifikant niedrigere Plasma-BNP- Spiegel als Hypertoniker mit klinischen Zeichen einer Herzinsuffizienz [121]. Mehrere Studien untersuchten die Bedeutung von BNP/NT-Pro-BNP für die Diagnose einer Herzinsuffizienz. McDonagh et al. führten eine Metaanalyse aus 3 Studien mit 3051 Patienten mit belastungsabhängiger Luftnot durch. NT-Pro-BNP zeigte bezüglich einer reduzierten systolischen linksventrikulären Funktion eine Sensitivität von 79% und einen negativen prädiktiven Wert von 99% [75]. In der multizentrischen breathing not properly -Studie mit 1586 Patienten identifizierte BNP eine kardial bedingte Dyspnoe besser als der klinische Untersuchungsbefund wie z.b. Ödembildung oder Jugularvenenstauung [69] und detektierte auch herzinsuffiziente Patienten mit erhaltener systolischer linksventrikulärer Funktion zuverlässig [70]. Eine Pilotstudie des San-Diego-Veterans-Hospital zeigte, dass ein erhöhter BNP-Wert als Prädiktor einer Herzinsuffizienz der klinischen Einschätzung zweier unabhängiger Kardiologen überlegen war. Während bei Patienten mit BNP- Plasmasiegeln >80 pg/ml in 95% der Fälle eine Herzinsuffzienz vorlag, so wurde bei BNP-Plasmaspiegeln <80 pg/ml in 98% der Fälle eine Herzinsuffzienz ausgeschlossen [17]. Diese Studienergebnisse führten dazu, dass BNP in den USA von der Food and Drug Administration (FDA) mit einem Cutoff-Wert von 100 pg/ml zur Evaluation der Dyspnoe für die Notfall-Ambulanz zugelassen wurde. Auch die Europäische Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt eine frühe Bestimmung des BNP/NT-Pro-BNP bei Verdacht auf eine Herzinsuffzienz [109]. Sowohl BNP [7] als auch NT-Pro-BNP sind unabhängige Prädiktoren für einen plötzlichen Herztod bei einer chronischen 15

Herzinsuffzienz. NT-Pro-BNP zeigte sich hier als überlegener Prognoseparameter gegenüber etablierten Parametern der Herzinsuffzienzdiagnostik wie der maximalen Sauerstoffaufnahme und der linksventrikulären Ejektionsfraktion [28]. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass eine BNP-Bestimmung zu einem verbesserten Patientenmanagement und einer Reduktion der Behandlungskosten führt und damit sozioökonomische Vorteile bietet [83]. Auch im Rahmen der KHK gewinnen BNP und NT-Pro-BNP zunehmende Bedeutung. So haben Patienten mit instabiler Angina pectoris signifikant höhere BNP-Plasmaspiegel als Patienten mit stabiler Angina pectoris [56]. Ferner kommt es im Rahmen eines Myokardinfarktes zu einem zweigipfligen Anstieg des BNP bis auf das 20-fache des Normalwertes [79, 110]. Mehrere Arbeiten zeigten zudem eine starke prognostische Bedeutung des BNP/NT-Pro-BNP im Rahmen eines akuten Myokardinfarktes. DeLemos et al. untersuchten 2525 Patienten mit NSTEMI und instabiler Angina pectoris. BNP erwies sich als unabhängiger Risikofaktor für einen plötzlichen Herztod innerhalb von 30 Tagen und nach 10 Monaten. Patienten mit einem BNP-Wert innerhalb des 4.Quartils hatten eine fast 10-fach höhere Mortalität im Vergleich zu Patienten mit Werten innerhalb des 1.Quartils [19]. Omland et al. untersuchten 609 Patienten mit STEMI und NSTEMI. Auch hier zeigte sich, unabhängig des gemessenen Troponin- Wertes, NT-Pro-BNP als signifikanter Prädiktor für einen plötzlichen Herztod innerhalb eines Follow-Up von durchschnittlich 51 Monaten [85]. Auch bei Patienten mit chronischer koronarer Herzerkrankung konnten in einer dänischen Studie über 9 Jahre signifikant 16

niedrigere NT-Pro-BNP-Plasmaspiegel in der Gruppe der Überlebenden als in der Gruppe der verstorbenen Patienten nachgewiesen werden [61]. Ebenso zeigte eine prospektive Studie in den Vereinigten Staaten bei 987 Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit erhöhte NT-Pro-BNP-Plasmaspiegel als unabhängigen Prädiktor für eine erhöhte Morbidität und Mortalität [8]. BNP und NT-Pro-BNP sind verlässliche Parameter zur Beurteilung der Prognose bei Herzinsuffizienz und koronarer Herzkrankheit. Die Kombination aus NT-Pro-BNP und linksventrikulärer Ejektionsfraktion nach Myokardinfarkt verbessert die prognostische Aussagekraft zusätzlich und kann über veränderte Therapiestrategien zur Prävention neuer kardialer Ereignisse wie Sterblichkeit, Herzinsuffizienz oder einer erneuten myokardialen Ischämie beitragen [96, 106]. Weniger untersucht ist bisher die Korrelation zwischen BNP- Plasmaspiegel und Infarktgröße. Erste Arbeiten zeigten eine gute Korrelation zwischen BNP und den laborchemischen Parametern der Infarktgröße wie Troponin und Creatinkinase [3, 79]. 1.3 Kardiale Magnetresonanztomographie Die CMR hat ihren Ursprung in den 80er Jahren. In den 90er Jahren erhielt die Methode durch den Einsatz verbesserter Gerätetechnik, stärkerer Gradientenfelder und schneller Untersuchungssequenzen Einzug in die klinische Routine [102]. Zunehmende forschende und klinische Beachtung findet die CMR auch bei Patienten mit akutem und chronischem Myokardinfarkt [103]. 17

Während eines Myokardinfarktes führt die ischämische Schädigung der sarkolemmalen Membranen bis hin zur Zellnekrose zu einer Vergrößerung des Extrazellulärraumes. Da sich gadoliniumhaltige MRT-Kontrastmittel ausschließlich im Extrazellulärraum verteilen, imponiert das infarzierte Myokard in der MRT nach Kontrastmittelgabe signalintensiv, das so genannte late gadolinium enhancement (LGE) [57-58, 68, 116]. Reversibel geschädigte Areale, welche zum Zeitpunkt des Infarktes eine Wandbewegungsstörung aber kein LGE aufweisen, können so identifiziert werden und von einer Wiederherstellung des Koronarflusses profitieren. Ischämisch bedingtes LGE beginnt gemäß dem pathophysiologischen Konzept der ischämischen Wellenfront immer subendokardial ( letzte Wiese ) [94] und ist so in den meisten Fällen von nicht-ischämischem LGE zu unterscheiden [45]. Entscheidend für die Erholung der myokardialen Pumpfunktion bei einem akuten Myokardinfarkt ist die rasche Wiederherstellung des Blutflusses in dem Infarktgefäß. Dabei wird der Anteil des geretteten Myokards, das so genannte myocardial salvage, wesentlich durch Dauer des Gefäßverschlusses und präformierte Kollateralen bestimmt. Zeigt sich in der CMR eine geringe transmurale Ausdehnung des LGE (<25% Transmuralität), so ist mit einer Erholung der linksventrikulären Pumpfunktion zu rechnen [15]. In der CMR zeigt sich bei einem akuten Myokardinfarkt innerhalb der hyperintensen Zone des LGE häufig ein hypointenses Zentrum. Diese so genannte No Reflow-Zone entspricht pathophysiologisch einer mikrovaskulären Obstruktion (MO) im Infarktgebiet [120]. Am Herzen wurde No Reflow erstmals 1966 von Krug et al. beschrieben. Sie zeigten, dass nach einem temporären Verschluss 18

eines Herzkranzgefäßes für 60-120 Minuten Teile des subendokardialen Myokards nicht mehr reperfundiert werden konnten [62]. 1974 okkludierten Kloner et al. bei Hunden temporär eine große Koronararterie. Bei Wiedereröffnung des Gefäßes nach 40 Minuten zeigte sich eine Reperfusion des gesamten Myokards, nach 90 Minuten wurde jedoch das subendokardiale Myokard nicht mehr perfundiert [59]. Die wissenschaftliche Untersuchung der mikrovaskulären Obstruktion (MO) entwickelte sich daraufhin in zwei Richtungen: Angiographische Beobachtungen der interventionellen Kardiologie [6] zeigen einen verzögerten Fluss in der Infarktarterie, der mittels TIMI Frame Count [32] und Myocardial Blush Brade [113] sowie mit koronarer Flussmessung [50] quantifiziert werden kann. Andererseits kann eine MO unmittelbar auf der myokardialen Ebene mit nuklearmedizinischen Verfahren [99], der Kontrast- Echokardiographie [49] und der CMR [53, 65] untersucht werden. Dabei ist die Pathophysiologie der MO nicht eindeutig geklärt und beruht vermutlich auf einem multifaktoriellen Geschehen. Mikroskopische Untersuchungen zeigen eine Schwellung der Myokardzellen und eine Schädigung des Kapillarendothels innerhalb der No Reflow-Zone. Die ödematös geschwollenen Myokardzellen ragen in die geschädigten Gefäße hinein und verschließen diese [29-30, 59, 71]. Innerhalb der Gefäße lagern sich Thrombozyten und Fibrin ab [112]. Während einwandernde Leukozyten die MO beschleunigen und durch die Sezernierung freier Sauerstoffradikale zu einer weiteren Endothelschädigung führen [2, 22, 90-91], wirkt ein Abbau der Leukozyten diesem Mechanismus entgegen [43]. Lima et al. beschrieben 1995 das No Reflow-Phänomen erstmals in der CMR als signalarme Areale im Zentrum des signalintensiven 19

LGE akuter Myokardinfarkte [65]. Tierexperimentelle Studien bestätigten den Zusammenhang dieses No Reflow-Phänomens in der CMR akuter Myokardinfarkte mit einer MO in der Histopathologie [53, 97]. Zur Detektion einer MO findet die CMR auch in der klinischen Praxis zunehmende Verwendung. TIMI Frame Count und Myocardial Blush Grade sind im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung einfach zu bestimmen, haben jedoch lediglich semiquantitativen Charakter und stellen die Zone der MO nur indirekt dar. Im Gegensatz zur intrakoronaren Flussmessung und der myokardialen Kontrast- Echokardiographie, diese benötigt die intrakoronare Injektion eines Kontrastmittels [49, 92], ist die CMR nicht-invasiv und weniger komplex in der Durchführung. Im Vergleich zu den nuklearmedizinischen Verfahren führt sie zu keiner Strahlenbelastung des Patienten. Der Nachweis einer MO ist, unabhängig vom Untersuchungsverfahren, mit einer schlechteren Prognose nach einem Myokardinfarkt verbunden [9]. Patienten bei denen angiographisch oder MR-tomographisch eine MO nachgewiesen wurde, haben eine erhöhte Mortalität und weisen in Langzeit- Beobachtungen eine niedrigere linksventrikuläre Ejektionsfraktion als Patienten ohne MO auf. Ursächlich wird eine Beteiligung der MO am ventrikulären Remodelling vermutet [78, 120]. 20

2 Zielsetzung Ziel der vorliegenden Arbeit war es, sowohl den Zusammenhang zwischen NT-Pro-BNP und Parametern der CMR, insbesondere der Infarktgröße (LGE) und der mikrovaskulären Obstruktion (MO), als auch deren Bedeutung für die Prognose nach einem akuten Myokardinfarkt zu untersuchen. 21

3 Material und Methoden 3.1 Patienten Diese Studie wurde in Übereinstimmung mit den Richtlinien der zuständigen Ethikkommission durchgeführt. Alle Patienten gaben nach ausführlicher Aufklärung ihr schriftliches Einverständnis zur CMR. Es wurden nur ST-Streckenhebungsinfarkte nach den Kriterien der DGK, ESC und AHA/ACC berücksichtigt: ST-Streckenelevation 0,2 mv in mindestens zwei zusammenhängenden Brustwandableitungen oder ST-Streckenelevation 0,1 mv in mindestens zwei zusammenhängenden Extremitätenableitungen oder neu auftretender Linksschenkelblock in Zusammenhang mit infarkttypischen Beschwerden (Angina pectoris) [36, 63, 114]. Ausschlusskriterien waren: Bekannte koronare Herzerkrankung Hämodynamisch relevante Klappenvitien Serumkreatinin >1,2 mg/dl bei Aufnahme Jegliche Form einer Kardiomyopathie Allgemeine Kontraindikation für eine MRT (Klaustrophobie, metallische Implantate). Alle Patienten wurden unmittelbar nach Eintreffen im Interventionszentrum (Elisabeth-Krankenhaus Essen, Klinik für Kardiologie und Angiologie) durch eine perkutane Coronarintervention mit Stent-Implantation behandelt. Ein 12-Kanal- 22

EKG wurde direkt bei der stationären Aufnahme und 90 Minuten nach Intervention registriert. 3.2 NT-Pro-BNP Myoendokrine Zellen zeigen elektronenmikroskopisch einen sekretorischen Golgi-Apparat in der Nähe des Zellkerns. Die Sekretion der Granula erfolgt mittels Exozytose. Der adäquate Stimulus für diesen Prozess und die anschließende Freisetzung ist eine Extension der myoendokrinen Zelle. Die Vermittlung der Zellaktion erfolgt durch Typ 1-Membranproteine. Nach Bindung an die Zelle wird die biologische Aktivität durch die am C-terminalen Ende befindliche Guanylyl-Cyclase getriggert. Hierdurch wird die intrazellulläre Konzentration des 3,5 -cyclo-guanosin-mono- Phosphat (cgmp) erhöht [27]. ANP und BNP liegen wie die meisten Peptidhormone zunächst als lange Prekursor-Peptide oder Preprohormone vor. Das Preprohormon wird im Myokard in das Prohormon (Pro-BNP) und ein Signalpeptid geteilt. Pro-BNP besteht aus 108 Aminosäuren. Es wird sowohl von atrialen als auch von ventrikulären Kardiomyozyten produziert und sezerniert. Das Ausmaß der Sekretion ist direkt proportional zur ventrikulären Druck- und Volumenbelastung sowie zur Wandspannung (Abbildung 1) [67]. Bei der Sekretion wird durch eine Protease Pro-BNP in das biologisch aktive Hormon BNP (32 Aminosäuren) und in das biologisch inaktive Peptid (aminoterminales Fragment, NT-Pro-BNP) gespalten (Abbildung 2). NT-Pro-BNP liegt im Plasma in äquimolarer Menge zu BNP vor. Das biologisch aktive BNP enthält einen Ring von 17 Aminosäuren sowie 23

9-Aminosäuren N-terminal und 6 Aminosäuren C-terminal. 13 der 17 Ring-Aminosäuren sind identisch mit denen des ANP [27]. NT-Pro-BNP bietet gegenüber BNP zwei wesentliche Vorteile: Die Halbwertszeit des NT-Pro-BNP ist mit 120 min erheblich länger als die des BNP (20 min) und es zeigt eine bessere Stabilität in gefrorenem Plasma [81]. Abbildung 1: Mechanismen zur Freisetzung natriuretischer Peptide und deren Wirkung auf die Kreislaufregulation. Mit Hilfe der natriuretischen Peptide werden sowohl Blutdruck als auch zentrales Blutvolumen reguliert. 24

Abbildung 2: Spaltung des Prohormons Pro-BNP in BNP und NT- Pro-BNP. A = Alanin, C = Cystein, D = Aspartat, F = Phenylalanin, G = Glycin, I = Isoleucin L = Leucine, M = Methionin, N = Asparagin, Q = Glutamin, R = Arginin, S = Serin, Y = Tyrosin 3.3 Blutentnahme Blutentnahmen erfolgten unmittelbar bei der stationären Aufnahme und 6 Stunden später mit Bestimmung von CRP, CK, CK-MB, und Troponin I. EDTA-Plasma wurde 24-72 (40,24±14,75) Stunden nach stationärer Aufnahme entnommen, umgehend bei -70 C gefroren und zu einer zentralen Analyse versendet. Plasma NT-Pro-BNP wurde mit einem Elecsys probnp Sandwich Immunoassay auf einem Elecsys 2010 System (Roche Diagnostics, Mannheim, Deutschland) analysiert. Testprinzip ist eine Antigen-Antikörperreaktion mit zwei polyklonalen Antikörpern gegen NT-Pro-BNP. Die minimal messbare 25

Konzentration beträgt 50 pg/ml, der Variationskoeffizient beträgt 5,7% bei 64 pg/ml. Der Vorteil dieses Tests ist eine vollständige Automatisierung, das Analysat bedarf keiner besonderen Vorbehandlung. Analytische Fehler werden so minimiert. Alle Proben wurden von Personen ohne Kenntnisse der CMR- Auswertung analysiert. 3.4 Elektrokardiographie Das erste EKG wurde bei der stationären Aufnahme in der Notaufnahme abgeleitet. Das EKG erlaubt zusammen mit den typischen Beschwerden (Angina pectoris) die Diagnose eines STEMI [35-36, 63, 114]. Die ST-Streckenhebung wurde 20 ms nach dem Ende des QRS- Komplexes gemessen, als isoelektrische Linie wurde dabei das TP- Segment definiert [76]. Die ST-Streckenhebungen aller zwölf Ableitungen (sechs Brustwandableitungen nach Wilson V 1 -V 6, sechs Extremitätenableitungen nach Goldberger und Eindthoven avr, avl, avf und I, II, III) wurden summiert. Ein weiteres EKG wurde 90 Minuten nach der perkutanen Koronarintervention abgeleitet. Der prozentuale Rückgang der ST-Streckenhebung (%ST) zwischen dem EKG bei Aufnahme und dem EKG 90 Minuten nach der Intervention wurde nach folgender Formel berechnet: % ST (1 S 2 ) * 100 % S1 S 1 S 2 Summe der ST-Streckenhebungen im Aufnahme-EKG Summe der ST-Streckenhebungen im EKG 90 Minuten nach der PCI 26

Abbildung 3: EKG bei Aufnahme (A) und 90 Minuten nach PCI (B) der rechten Koronararterie bei akutem Myokardinfarkt. 3.5 Magnetresonanztomographie Innerhalb der ersten 5 Tage (6-117 Stunden, im Mittel 49,8±29 Stunden) nach stationärer Aufnahme wurde eine CMR durchgeführt. Alle CMR-Untersuchungen supraleitenden wurden MR-System an (Magnetom einem Sonata, 1,5 Tesla Siemens Healthcare, Erlangen) durchgeführt. Hierbei handelt es sich um ein Hochleistungsgradientensystem mit einer maximalen Amplitude von 40 mt/m und einer maximalen Slew Rate von 200 mt/ms. Alle Sequenzen wurden mit Hilfe eines EKG getriggert. Die Untersuchung erfolgte in Rückenlage mit zwei Elementen der 27

Phased-Array-Oberflächenspule und zwei Elementen der Körperspule. Die Untersuchungen wurden in wiederholten endinspiratorischen Atemanhalten durchgeführt. Zur Auswertung wurde die Software Syngo-MR 2002B verwendet (Siemens Healthcare, Erlangen). Das CMR-Protokoll bestand aus einer axialen thorakalen Übersicht (Half-Fourier-Single-Shot-Turbo-Spin-Echo, HASTE) zur Erfassung extrakardialer Pathologien und so genannten Scout-Sequenzen zur Vorbereitung der standardisierten Cine-Sequenzen des linken Ventrikels. Anschließend wurden steady-state free precession (SSFP) Cine-Sequenzen (truefisp, Siemens, Erlangen) (Repetitionszeit (TR): 3 ms; Echozeit (TE): 1,5 ms; Flip angel (FA): 60 ; Schichtdicke 8 mm) in 3 Lang- und 8-12 kontinuierlichen Kurzachsenschnitten von der Herzbasis (atrioventrikulärer Ring) bis zum Apex akquiriert. Jeder Kurzachsenschnitt wurde über mehrere Herzzyklen in jeweils einem Atemanhalt gemessen. Die räumliche Auflösung betrug 1,4 x 1,4 mm², die zeitliche Auflösung ist abhängig von der jeweiligen Herzfrequenz und lag bei durchschnittlich 50 ms. Alle Patienten erhielten über eine periphere Venenverweilkanüle 0,2 mmol/kg Körpergewicht Gadodiamid (Omniscan, GE Healthcare Buchler, München) intravenös mit einer Flussrate von 2 ml/s über einen automatischen Injektor (MR Spectris, Medrad, Maastricht, Niederlande). Gadodiamid ist ein gadoliniumhaltiges, nichtionisches, niedermolekulares Kontrastmittel. Gadoliniumhaltige MR- Kontrastmittel sind extrazelluläre Kontrastmittel mit hoher Stabilität in vivo und einer schnellen renalen Ausscheidung. Nach intravenöser Applikation diffundieren MR-Kontrastmittel aus dem Gefäßsystem umgehend in das Interstitium. Bei intakten Zellmembranen verbleiben MR-Kontrastmittel im Extrazellularraum 28

[60, 118-119]. In dem durch den Infarkt geschädigten Myokard kommt es durch die ischämische Zellschädigung bis hin zur Zellnekrose zu einer Expansion des Extrazellularraumes mit einer verstärkten Anreicherung von Gadoliniumkontrast. Dieses so genannte Late Gadolinium Enhancement (LGE) lässt sich vor allem mit speziellen T1-gewichteten Sequenzen darstellen [4, 25]. 2 und 10 Minuten nach der Kontrastmittelapplikation wurden Bildserien mit einer segmentierten single shot inversion recovery steady state free precession Sequenz (IR-SSFP) akquiriert. In kontinuierlicher Kurzachsen-Orientierung analog der Cine- Sequenzen wurde dadurch der gesamte linke Ventrikel erfasst. Durch den Inversion-Recovery Präpuls wird das Signal des normalen Myokards maximal supprimiert und gleichzeitig eine hohe Signalintensität der Infarktareale erreicht. Die Inversionszeit (TI, Inversion Time) wurde für den ersten Datensatz auf 200 ms festgelegt. Danach wurden die TI-Zeiten optimiert mit dem Ziel einer maximalen Unterdrückung des Signals des gesunden Myokards. Einzelheiten der Sequenzparameter zeigt Tabelle 1. Tabelle 1: Sequenzparameter IR-SSFP-Sequenz TR, Repetition Time (ms) 2,4 TE, Echo Time (ms) 1,1 Flip angle ( ) 50 Field of View (mm) 340-400 Matrixgröße (mm mm) 132 192 Pixelgröße (mm mm) 2,4 1,8 Schichtdicke (mm) 8 Bandbreite (Hz/Pixel) 1180 29

Analysiert wurden die CMR-Datensätze mit Hilfe einer externen Arbeitsstation (Leonardo, Siemens Healthcare, Erlangen). In den Kurzachsenschnitten der SSFP-Cine-Sequenzen wurden Endo- und Epikard automatisch erfasst und manuell in jeder einzelnen Schicht korrigiert. Aus den daraus resultierenden Flächen erfolgte mit Hilfe der verwendeten Software (Argus, Siemens Healthcare, Erlangen) die Berechnung der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF), des enddiastolischen linksventrikulären Volumen (LVED) und des endsystolischen linksventrikulären Volumen (LVES) [88]. Zur Analyse der Infarktareale (LGE und MO) wurden die Kurzachsenschnitte der IR-SSFP-Sequenzen verwendet, die frühen Sequenzen (2 Minuten nach Kontrastmittelgabe) zur Bestimmung der MO-Volumina und die späten Sequenzen (10 Minuten nach Kontrastmittelgabe) zur Bestimmung der LGE-Volumina. Während sich die maximale Ausdehnung der MO in den frühen Aufnahmen nach Kontrastmittelgabe zeigt, so ist das LGE erst in den Spätaufnahmen in seiner maximalen Ausdehnung zu sehen [77]. Hiernach erfolgte die Berechnung der vom Late Gadolinium Enhancement und MO betroffenen Muskelmasse. Die jeweiligen Areale in den frühen (MO) und späten (LGE) Aufnahmen nach Kontrastmittelgabe wurden manuell eingezeichnet, die Volumenberechnung erfolgte analog der Berechnung der linksventrikulären Muskelmasse [26]. Gemäß dem standardisierten 17-Segment-Modell (Abbildung 4) der American Heart Association (AHA) für die kardiale Bildgebung [14] wurden für jedes Segment folgende Parameter registriert: LGE-Transmuralität (in den späten IR-SSFP-Sequenzen, visuell) 30

o 0 = Kein LGE o 1 = 1-25% Transmuralität o 2 = 26-50% Transmuralität o 3 = 51-75% Transmuralität o 4 = 76-100% Transmuralität MO vorhanden oder nicht vorhanden (in den frühen IR- SSFP-Sequenzen), visuell Wandbewegungsstörung des linken Ventrikels in den SSFP- Cine-Sequenzen, visuell o 0 = Ungestörte Kontraktion o 1 = Geringe Hypokinesie o 2 = Schwere Hypokinesie o 3 = Akinesie o 4 = Dyskinesie Die Gesamtpunktzahl der Wandbewegungsstörungen (Wandbewegungsgesamt-Score, WBGS) sowie des LGE (Late Gadolinium Enhancement Gesamt-Score, LGEGS) wurden addiert und durch die Anteile der betroffenen Segmente geteilt (Wandbewegungssegment-Score, WBSS bzw. Late Gadolinium Enhancement Segment-Score, LGESS). Die Anzahl der Segmente, welche eine MO aufwiesen, wurde ebenfalls registriert (MOS) [54, 87]. 31

Abbildung 4: 17-Segment-Modell für die kardiale Bildgebung der American Heart Association (AHA). Basale (b), mittventrikuläre (m) und apikale Schichten (a). 1. Anterior (b) 7. Anterior (m) 13. Anterior (a) 2. Anteroseptal (b) 8. Anteroseptal (m) 14. Septal (a) 3. Inferoseptal (b) 9. Inferoseptal (m) 15. Inferior (a) 4. Inferior (b) 10. Inferior (m) 16. Lateral (a) 5. Inferolateral (b) 11. Inferolateral (m) 17. Apex 6. Anterolateral (b) 12. Anterolateral (m) Das Volumen des linken Vorhofs wurde in den horizontalen und vertikalen Achsen der SSFP-Cine-Sequenzen bestimmt. Dies erfolgte mittels der biplanen Flächen-Längen-Methode für ellipsenförmige Körper [20, 64, 104]. Das linke Vorhofohr wurde in die planimetrische Messung miteinbezogen, die Pulmonalvenen wurden nicht miterfasst. 32

3.6 Durchführung der MRT-Analyse Die MRT-Auswertung wird im Folgenden anhand eines Vorder- und eines Hinterwandinfarktes erklärt. Die jeweilige Lokalisation und Morphologie der Koronargefäße ist in den Abbildungen 5 und 6 dargestellt. Abbildung 5: 64-jähriger Patient mit Vorderwandinfarkt, subtotale RIVA-Stenose (links), nach Stent-Implantation (rechts). 33

Abbildung 6: 46-jähriger Patient mit Hinterwandinfarkt, Verschluss der RCA (links), nach Rekanalisation und Stent-Implantation (rechts). Für die Volumetrie des linken Ventrikels wurden die Kurzachsenschnitte der SSFP-Cine-Sequenzen verwendet. Der Zeitpunkt der maximalen Einwärtsbewegung des Myokards wurde als Ende der Systole definiert. Das Ende der Diastole wurde anhand der EKG-Triggerung festgelegt. Die enddiastolischen und endsystolischen Bilder aller Schichten werden wie beschrieben semi-automatisch analysiert (Abbildung 7). 34

Abbildung 7: 46-jähriger Patient mit Hinterwandinfarkt, enddiastolische (D) und endsystolische (S) Bilder von basal bis apikal, Hypokinesie basal und mittventrikulär inferior (Pfeile). 35

Endokard- und Epikardgrenzen wurden in jeder Schicht konturiert (Abbildung 8). Anhand der markierten Flächen wurden endsystolische und enddiastolisches Volumen sowie die Ejektionsfraktion anhand der folgenden Formeln berechnet (Argus, Siemens Healthcare, Erlangen): LVES A ES 1 S A ES 2 S A ES 3 S... A ES X endsystolische Fläche in den Bildern 1 bis x S Schichtdicke (8 mm) LVED A ED 1 S A ED 2 S A ED 3 S... A enddiastolische Fläche Bildern 1 bis x ED X S Schichtdicke (8 mm) LVES EF LVED 36

Abbildung 8: 46-jähriger Patient mit Hinterwandinfarkt, Epikard (grün) und Endokard (rot) werden enddiastolisch (links) und endsystolisch umfahren. Wandbewegungsstörungen in den Cine-Sequenzen (SSFP) wurden für alle 17 Segmente der AHA nach visuellen Gesichtspunkten beurteilt und je nach Schweregrad Punkte vergeben (siehe Kapitel 2.5). Die Bestimmung der linksventrikulären Muskelmasse erfolgte in den IR-SSFP-Sequenzen. 37

Abbildung 9: IR-SSFP-Sequenz 10 min nach Kontrastmittel- Applikation) bei einem 46-jährigen Patienten mit Hinterwandinfarkt: Basale (B), mittventrikuläre (M) und apikale (A) Schichten. LGE in den inferioren basalen und mittventrikulären Segmenten. 38

Abbildung 10: IR-SSFP-Sequenz 2 min nach Kontrastmittel- Applikation) bei einem 46-jährigen Patienten mit Hinterwandinfarkt: Basale (B), mittventrikuläre (M) und apikale (A) Schichten. MO innerhalb des LGE in den inferioren basalen und mittventrikulären Segmenten. In den Spätaufnahmen wurden Epikard und Endokard in jeder Schicht eingezeichnet (Abbildung 11). Softwareseitig wurde die Fläche der beiden markierten Areale (A und B) in cm² angezeigt. Die Fläche des Myokards in der jeweiligen Ebene wurde berechnet (C=B-A). Anschließend wurde die Fläche des Myokards (C) mit der 39

Schichtdicke (SD) und dem relativen Gewicht für Myokardgewebe (1,05 g/cm³) multipliziert. Dies wurde für alle Schichten durchgeführt und die Ergebnisse addiert, es resultierte die linksventrikuläre Myokardmasse (M): M [ B A] SD 1,05 g cm 3 Abbildung 11 : IR-SSFP-Sequenz eines 46-jährigen Patienten mit Hinterwandinfarkt: Markierung des Endokards (links) und des Epikards (Mitte). In den gleichen (späten) Sequenzen wurde nun das LGE lokalisiert (Abbildung 16) und visuell für jedes Segment des AHA-Modells in Bezug auf seine Transmuralität beurteilt (s.o.). Das LGE zeigt sich signalintensiv (hell) im Vergleich zu dem signalarmen (dunklen), normalen Myokard (Abbildung 9). Die Fläche des LGE wurde in jeder Schicht umfahren, die Flächen addiert und mit der Schichtdicke und dem relativen Gewicht für Myokardgewebe multipliziert. Die Berechnung der von LGE betroffenen 40

Myokardmasse erfolgte analog der Berechnung der gesamten Myokardmasse (Abbildung 12,13). Abbildung 12: 46-jähriger Patient mit Hinterwandinfarkt, IR-SSFP Spätaufnahmen (10 min nach KM-Applikation), Markierung des Late Gadolinium Enhancement. 41

Abbildung 13: 64-jähriger Patient mit subendokardialem Vorderwandinfarkt, IR-SSFP Spätaufnahmen (10 min nach KM- Applikation), Markierung des Late Gadolinium Enhancement. Die Bestimmung der MO-Volumina (Abbildung 10, 16) erfolgte in den Frühaufnahmen (2 min nach Kontrastmittelgabe) in der gleichen Weise wie die Bestimmung der Muskelmasse und des LGE (Abbildung 14). Alle Segmente, die MO aufwiesen, wurden registriert. MO ist nicht bei allen akuten Myokardinfarkten nachweisbar (Abbildung 15). 42

Abbildung 14 : 46-jähriger Patient mit Hinterwandinfarkt, IR SSFP Frühaufnahmen (2 min nach KM-Applikation), Markierung des No Reflow-Areals. 43

Abbildung 15: 64-jähriger Patient mit Vorderwandinfarkt, IR-SSFP Frühaufnahmen (2 min nach KM-Applikation), innerhalb des lediglich subendokardialen Late Gadolinium Enhancement ist kein No Reflow Areal abgrenzbar. Abbildung 16: 46-jähriger Patient mit Hinterwandinfarkt, IR-SSFP- Spät- (10 min nach KM-Gabe, links) und Frühaufnahmen (2 min nach KM-Gabe, rechts), Pfeil markiert LGE (links) und No Reflow (rechts). 44

3.7 Weitere Parameter, Verlaufsbeobachtung Registriert wurden Alter, Geschlecht, Körpergröße und -gewicht, kardiovaskuläre Risikofaktoren, Medikation bei Aufnahme und Entlassung (ß-Blocker, ACE-Hemmer und Diuretika). Die Anzahl der stenosierten Koronargefäße (Lumenreduktion >50%, visuell) und das Infarktgefäß wurden dem Protokoll der Koronarangiographie entnommen. Im Follow-up wurde als Endpunkt ein kombinierter Endpunkt gewählt aus: Rehospitalisierung aufgrund von Angina pectoris Perkutane Koronarintervention Operative Myokardrevaskularisation Myokardinfarkt Kardiovaskulär bedingter Tod. 3.8 Statistische Analyse Für die statistische Analyse wurde SPSS (Version 18.0, SPSS Inc., Chicago, Illinois) verwendet. Numerische Variabeln wurden als Mittelwerte mit Standardabweichungen dargestellt. Die Bestimmung der Korrelation erfolgte bivariat nach Pearson. Zuerst wurde zur Bestimmung der Korrelation eine lineare Regressionsanalyse unabhängiger Variabeln mit NT-Pro-BNP als abhängige Variabel durchgeführt. Anschließend wurden Variabeln mit signifikanter Korrelation einer multivariaten linearen Regressionsanalyse zur Identifizierung unabhängiger Korrelationen von NT-Pro-BNP-Werten und den erhobenen Resultaten der CMR unterzogen. Als statistisch signifikant wurde ein P-Wert <0,05 gewertet. Receiver operating 45

characteristic curves dienten der Bestimmung der bestmöglichen Sensitivität und Spezifität einzelner CMR-Messungen für einen BNP-Level > 1818 pg/ml (Median). 46

4 Ergebnisse Alle 41 Patienten konnten erfolgreich nativ und kontrastmittelverstärkt in der MRT untersucht werden. Während und nach der Untersuchung traten keine Komplikationen auf. Die Patientencharakteristika sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Tabelle 2: Patientencharakteristika Männer / Frauen 26 / 15 Alter (Jahre) 56,9 ± 10,7 BMI (kg / m²) 26,6 ± 2,9 Creatinin (mg/dl) 0,97 ± 0,23 Anzahl der stenosierten 22 / 13 / 6 Koronargefäße (1,2 oder 3) Infarktgefäß (RIVA / RCX / RCA) 24 / 3 / 14 ß-Blocker bei Aufnahme / 5 / 36 Entlassung Angiotensin converting enzyme- 6 / 38 Hemmer bei Aufnahme / Entlassung Diuretika bei Aufnahme / 5 / 28 Entlassung Kardiovaskuläre Risikofaktoren 29 / 7 / 27 / 10 / 22 (Arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Hyperlipoproteinämie, familiäre Disposition, Nikotin- Abusus) Anzahl der kardiovaskulären 2,3 ± 0,8 Risikofaktoren 47

Die Patienten wurden anhand des NT-Pro-BNP in Quartile verteilt (Tabelle 3). Tabelle 3: Verteilung der Patienten in Quartile nach dem NT-Pro- BNP-Wert Quartil NT-Pro-BNP (pg/ml) Anzahl der Patienten 1 ( 0-25%) < 753,5 10 2 (26-50%) 735,5 1818 10 3 (51-75%) 1819 3051 10 4 (76-100%) > 3051 11 4.1 Late Gadolinium Enhancement (LGE) Die Berechnung der linksventrikulären Muskelmasse ergab einen mittleren Wert von 138,2±30,6 g (63,6 bis 203,7 g). Die Muskelmasse des linken Ventrikels korrelierte mit dem Body-Mass- Index (0,437, p<0,01). Die Masse des Myokards, welches LGE aufwies, betrug 20,6 ± 15,3 g (0 bis 55,7 g), dies entsprach 15,4±11,1% der gesamten linksventrikulären Muskelmasse. Der prozentuale Anteil des Myokards, welches LGE aufwies (%LGE), zeigte eine sehr gute Korrelation mit dem NT-Pro-BNP- Plasmaspiegel (0,744, p<0,01) und dem Anteil des Myokards mit MO (%MO) (0,773, p<0,01). Ebenfalls zeigte sich eine signifikante Korrelation zwischen %LGE und der Ejektionsfraktion (-0,599, p<0,01), des maximalen CK- (0,439, p<0,01), CK-MB- 48

Plasmaspiegels (0,485, p<0,01) und der Erholung der ST- Streckenhebung (-0,543, p<0,01). Graphisch sind diese Zusammenhänge in den Abbildungen 17-19 dargestellt. Aufgrund der sehr guten Korrelation von %LGE und NT-Pro-BNP führten wir eine Regressionsanalyse durch. Als abhängige Variabel wählten wir NT-Pro-BNP, als unabhängige Variabel %LGE. Der Signifikanzwert beträgt <0,01. Es ergibt sich folgende Regressionsgleichung: NT PRO BNP 145,51 84,051 * % LGE Zur Bewertung der Regressionsanalyse erstellten wir eine Receiver Operating Characteristic (ROC)-Kurve (Abbildung 20). Der optimale Cutoff-Wert für %LGE, welcher einen NT-Pro-BNP-Plasmaspiegel >1818 pg/ml (Median) vorhersagt, beträgt 11% (Sensitivität 100%, Spezifität 81%). In der multivariaten Regressionsanalyse zeigte allein %LGE eine signifikante unabhängige Korrelation (partielles R²=0,55, p<0,01) mit NT-Pro-BNP. %MO (partielles R²=0,04) erklärt weitere 4% der Variabilität des NT-Pro-BNP mit grenzwertig statistischer Signifikanz (p=0,06). 49

Abbildung 17: Beziehung zwischen %LGE und NT-Pro-BNP. LGE = Late Gadolinium Enhancement 50

Abbildung 18: Beziehung zwischen %LGE und %MO. MO = Mikrovaskuläre Obstruktion LGE = Late Gadolinium Enhancement 51

Abbildung 19: Beziehung zwischen %LGE und der LVEF. LGE = Late Gadolinium Enhancement LVEF = Linksventrikuläre Ejektionsfraktion 52

Abbildung 20: Receiver Operating Characteristic (ROC)-Kurve für %LGE, NT-Pro-BNP-Median. LGE = Late Gadolinium Enhancement 4.2 Mikrovaskuläre Obstruktion Die linksventrikuläre Muskelmasse, in der sich eine mikrovaskuläre Obstruktion nachwiesen ließ, betrug 5,7±6,8 g (0 bis 20,4 g). Dies entsprach einem relativen Anteil an der gesamten linksventrikulären Muskelmasse (%MO) von 4,3±5,2% (0 bis 16,4%). Auch %MO zeigte eine sehr gute Korrelation mit dem NT-Pro-BNP- Plasmaspiegel (0,703, p<0,01, Abbildung 21). Eine gute Korrelation konnte auch für %MO und die Ejektionsfraktion (-0,420, p<0,01) 53