Hintergründe und Vorteile naturnaher Begrünungsmaßnahmen

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Transkript:

1 Hintergründe und Vorteile naturnaher Begrünungsmaßnahmen Dr. Anita Kirmer Hochschule Anhalt, Fachbereich 1, Strenzfelder Allee 28, 06406 Bernburg a.kirmer@loel.hs-anhalt.de www.offenlandinfo.de

2 Gliederung Rechtliche Gründe für naturnahe Begrünungen Probleme bei der Verwendung von Regelsaatgutmischungen RSM Regio und naturraumtreues Saatgut Vorteile naturnaher Begrünungen Wie kann der Einsatz naturnaher Methoden erleichtert werden?

3 Rechtliche Gründe für naturnahe Begrünungen

Gesetzliche Vorgaben: Biodiversitätskonvention 4 CBD = Convention on Biological Diversity www.biodiv.org Rio de Janeiro 1992: Übereinkommen über den Erhalt der Biologischen Vielfalt Ziele der Biodiversitätskonvention Erhalt der biologischen Vielfalt Nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile Gerechter Vorteilsausgleich aus der Nutzung genetischer Ressourcen

Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt 5 In Deutschland am 7. November 2007 vom Bundeskabinett verabschiedet. B 1.1.4 Genetische Vielfalt von wildlebenden und domestizierten Arten Erhaltung einer Vielfalt von regional angepassten Populationen, Vermeidung der Verfälschung der genetischen Vielfalt der wildlebenden Tierund Pflanzenwelt durch Ansiedlung und Ausbreitung von nicht heimischen Tierund Pflanzenarten C 3 Biologische Sicherheit und Vermeidung von Faunen- und Florenverfälschung Vermeidung der Einschleppung und des Ausbringens gebietsfremder Arten in der freien Natur

Gesetzliche Vorgaben: Bundesnaturschutzgesetz 6 Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 6. Februar 2012 (BGBl. I S. 148) BNatSchG 7 (2) 3: Pflanzen; Art = jede Art, Unterart oder Teilpopulation einer Art oder Unterart; für die Bestimmung einer Art ist ihre wissenschaftliche Bezeichnung maßgebend BNatSchG 40 (4): Ausbringen von gebietsfremden Arten und Unterarten in der freien Landschaft (außerhalb Land+Forstwirtschaft) darf nur bei Ausschluß von Risiken für die einheimische Tier- und Pflanzenwelt genehmigt werden. Für das Ausbringen von Gehölzen und Saatgut außerhalb ihrer Vorkommensgebiete gilt bis zum 1. März 2020 eine Übergangsregelung, wobei auch bis zu diesem Zeitpunkt in der freien Natur Gehölze und Saatgut vorzugsweise nur innerhalb ihrer Vorkommensgebiete ausgebracht werden sollen.

Gesetzliche Vorgaben: Erhaltungsmischungsverordnung 7 Agrostis canina Agrostis capillaris Agrostis gigantea Agrostis stolonifera Alopecurus pratensis Arrhenatherum elatius Dactylis glomerata Festuca arundinacea Festuca filiformis Festuca ovina Festuca trachyphylla Festuca pratensis Festuca rubra s.l. Lolium multiflorum Lolium perenne Phleum pratense Poa nemoralis Poa palustris Poa pratensis Poa trivialis Trisetum flavescens Hundsstraußgras Rotes Straußgras Weißes Straußgras Flechtstraußgras Wiesenfuchsschwanz Glatthafer Knaulgras Rohrschwingel Haar-Schafschwingel Schafschwingel Raublättriger Schafschwingel Wiesenschwingel Rot-Schwingel Einjähriges Weidelgras Deutsches Weidelgras Wiesenlieschgras Hainrispe Sumpfrispe Wiesenrispe Gemeine Rispe Goldhafer

Gesetzliche Vorgaben: Erhaltungsmischungsverordnung 8 I Direkt geerntete Samenmischungen: Dreschen (links) und Ausbürsten (rechts)

Gesetzliche Vorgaben: Erhaltungsmischungsverordnung 9 Anlage (zu 2 Nummer 6 und 7) 22 Ursprungsgebiete und 8 Produktionsräume

Zertifizierung in Deutschland 10 In Deutschland ist Saatgut von ca. 400 Wildpflanzenarten aus gesicherten Herkünften im Handel erhältlich Die Betriebe werden regelmäßig von unabhängigen Kontrollstellen zertifiziert Bei einer Zertifizierung ist wesentlich, dass eine lückenlose Dokumentation aller Abläufe vorliegt (Sammlung von Basissaatgut, Anbau, Ernte, Lagerung), und dass auch Plausibilitätskontrollen gemacht werden: Wie groß sind die Vermehrungsflächen des Betriebes? Wieviel Saatgut kann darauf produziert werden? Wieviel Saatgut ist eingelagert? Wieviel wurde verkauft? Auch Feldtage tragen zur Transparenz bei!

11 Probleme bei der Verwendung von Regelsaatgutmischungen (RSM)

12 Probleme bei der Verwendung von Regelsaatgutmischungen Genetisch einheitliche (sortenreine), zertifizierte Zuchtsorten für Intensiv-Rasen und Landwirtschaft Produktion schwerpunktmäßig in Südostasien, Balkan, Neuseeland und Kanada Geringe Artenzahl in vielen Mischungen führt zu Strukturarmut Foto: Alrun Albrecht 2014 Deutsche Rasengesellschaft e.v. (DRG) RSM-Ansaat nach Herstellung der Böschungssicherheit im Tagebau Mücheln /Geiseltal, Frühjahr 1996

13 Probleme bei der Verwendung von Regelsaatgutmischungen Florenverfälschung und Gefährdung der genetischen Eigenständigkeit durch Etablierung gebietsfremder Ökotypen, Unterarten oder Arten z.b. Dianthus giganteus, Lotus corniculatus var. sativus, Malva sylvestris ssp. mauretiana, Pimpinella peregrina, Plantago altissima, Sanguisorba minor ssp. polygama, Frank & John 2007 Mitt. florist. Kart. Sachsen-Anhalt 12, Keller & Kollmann 2000, J.ApplEcol 37 Bis 1m groß, 8-16 Blüten, Hochblätter allmählich zugespitzt Malva sylvestris ssp. mauretiana Dunklere Blütenfarbe Lotus corniculatus var. sativus, großwüchsig, mit hohlem Stängel und ohne Ausläufer

14 Probleme bei der Verwendung von Regelsaatgutmischungen Einschleppen problematischer (invasiver) Neophyten als Saatgutverunreinigung bei Produktion außerhalb Deutschlands, z.b. Bunias orientalis, z.b. aus Ungarn Bunias orientalis (Orientalische Zackenschote) im Kyffhäuserkreis, 5/2011

15 Probleme bei der Verwendung von Regelsaatgutmischungen Schlechte Anpassung an regionales Klima und Boden kann zu hohen Ausfallraten führen Juni 2006 Juni 2008 Ausfall einer RSM-Ansaat auf tertiärem Substrat im Tagebau Mücheln, Geiseltal (Sachsen-Anhalt)

16 RSM Regio und naturraumtreues Saatgut

17 RSM Regio und naturraumtreues Saatgut

18 RSM Regio und naturraumtreues Saatgut

RSM Regio und naturraumtreues Saatgut 19 Kritik (I) RSM Regio als Mindeststandard im Landschaftsbau: Fortschritt gegenüber RSM Gräseranteil mit 70 % in allen Mischungen sehr hoch 1 Grundmischung und 3 Standortmischungen (mager/sauer, mager/basisch, feucht); trotzdem ist die Zusammensetzung der Mischungen sehr heterogen und enthält viele für die Zielvegetation bzw. den Standort ungeeignete Arten, andererseits fehlen wichtige Arten der Zielvegetation (siehe Wieden 2015) problematisch, wenn diese Mischungen für Begrünungen in Schutzgebieten oder für Kompensationsmaßnahmen eingesetzt werden

20 RSM Regio und naturraumtreues Saatgut

RSM Regio und naturraumtreues Saatgut 21 Kritik (II) In Positivlisten fehlen viele wichtige Arten für die Etablierung von z. B. Brenndoldenwiesen (Deichrückbau), Kalk- und Sandmagerrasen, feuchte Hochstaudenfluren, Säume und Wegraine (Problem: alle Arten müssen aktuell in 60 % der MTBQ vorkommen) Die FLL empfiehlt die Verwendung von naturraumtreuem Saatgut (Mahdgut, Wiesendrusch, usw.) auf der Basis der 502 naturräumlichen Haupteinheiten (nach Meynen & Schmithüsen 1953-62) zu gewinnen unpraktikabel Weiterführende Literatur zum Thema: PRO: Molder, F. (2015) Begrünungen mit gebietseigenem Saatgut Vorstellung des neuen FLL-Regelwerks und Anwendungsbeispiele aus der Praxis. Naturschutz und Landschaftsplanung 47: 173-180. CONTRA: Wieden, M. (2015) Wildpflanzensaatgut im Spannungsfeld des Naturschutzes Kritische Anmerkungen zu aktuellen Regelungsversuchen. Naturschutz und Landschaftsplanung 47: 181-190.

22 Vorteile naturnaher Begrünung

Vorteile naturnaher Begrünung 23 Direkt auf artenreichen, noch ursprünglichen Spenderflächen geerntetes Samenmaterial enthält Arten, Unterarten sowie Ökotypen in regionaltypischer Ausprägung Die Verwendung dieses Materials führt zur Entwicklung regionaltypischer Vegetationseinheiten und trägt damit unmittelbar zum Schutz der biologischen Vielfalt im Naturraum bei Mahdgutgewinnung in Steillagen im Erzgebirge, Foto: René Schubert

Vorteile naturnaher Begrünung 24 Auch auf produktiven landwirtschaftlichen Flächen können durch die Verwendung gebietseigener Wildpflanzen Bestände mit einem vielfältigen und langanhaltenden Blühaspekt entwickelt werden, was z.b. Bestäuber fördert In ausgeräumten Landschaften ist es besonders wichtig, gebietseigene Ökotypen zu verwenden (Ausbreitung!) Ungeeignete Mischungen für mehrjährige Blühstreifen Blühstreifen mit Mauretianischer Malve und Sonnenblumen, Foto: B. Vollrath Empfehlungen der Landesjägerschaft Niedersachsen: Wildacker-/Blühpflanzen-Mischungen 2015

Vergleich zwischen Zuchtsorten- und Wildpflanzenmischungen (I) 25 Blühaspekt im 1. Jahr Blühaspekt im 1. Jahr Blühaspekt im 2. Jahr (Ende Mai) Konventionelle Blühstreifenmischung, Agrarumweltmaßnahmen 2007-2013, 9 Zuchtsorten: 20 % Rotklee, 10 % Weißklee, 20 % Inkarnatklee, 10 % Alexandriner-Klee, 8 % Sonnenblume, 2 % Phacelie, 2 % Ackersenf, 8 % Mauretanische Malve: ab dem zweiten Jahr kein Blühaspekt krautiger Arten; Dominanz von Gräsern Blühstreifen aus 32 regionalen Wildpflanzen z.b. Acker-Witwenblume, Färberkamille, Herzgespann, Hornklee, Klatschmohn, Kornblume, Origano, Weiße &Rote Lichtnelke, Wiesen-Flockenblume u. -Margerite, Wilde Malve Blühaspekt im 3. Jahr (Juli 2013)

26 Mehrjähriger Blühstreifen im 5. Jahr (29. Juni 2015) Konventionelle Mischung Bienenweide Pflegeschnitte: komplett Mitte März, hälftig Juni / Juli

27 Mehrjähriger Blühstreifen im 5. Jahr (29. Juni 2015) Wildpflanzenmischung Pflegeschnitte: komplett Mitte März, hälftig Juni / Juli ca. 1 Woche nach Pflegeschnitt

Vorteile naturnaher Begrünung 28 Gebietseigene Ökotypen sind besser an Klima und Boden der Region angepasst Langfristig gesehen sind naturnahe Begrünungsmethoden ökonomischer: i.d.r. keine Nachsaaten/Nachpflanzungen und geringere Managementkosten

Vergleich zwischen Zuchtsorten- und Wildpflanzenmischungen (II) 29 Straßenböschung St. Veit/Glan bei Klagenfurt, Versuchsanlage am 1.7.2004 Ansaat mit Sortensaatgut (25 g/m²) und Naturraummischung (12 g/m²), ohne Oberbodenabdeckung Dr. Bernhard Krautzer, Höhere Lehr- und Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein Variante: Ansaat von Sortensaatgut Zustand im Juni 2008: Deckung der hochwüchsigen Krautschicht ca. 50 %, Fläche muss 1-2x jährlich gemulcht werden Variante: Ansaat einer standortgerechten Samenmischung aus dem Naturraum Zustand im Juni 2008: Deckung der niedrigwüchsigen Krautschicht ca. 60 %, bis 2012 keine Pflege notwendig (Krautzer, mündl. April 2013) Seit 2014: ÖNORM L 1113 für Begrünungen mit Wildpflanzensaatgut

33 Bücher und Broschüren zum Thema 2006 2009 2012 Artenreicher Waldsaum mit Wildpflanzenansaat im 3. Jahr: Halictus scabiosae (Furchenbiene) auf Knautia arvensis 2014 2014 2015

Artenreicher Feldrain, Ansaat von 49 Wildpflanzenarten im Spätsommer 2010, Pflege: Mahd Mitte Juni Blühaspekt im 5. Jahr (Mai 2015) 34 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Fragen?

35 Zusatzfolien

36 Aus: Wieden 2015 (Natur und Landschaftsplanung 47)

37 RSM Regio 21 Hessisches Bergland

38 Förderperiode 2014-2020: Mehrjährige Blühstreifen in Hessen

Förderperiode 2014-2020: Mehrjährige Blühstreifen in Hessen 39 Mind. 20 Mischungspartner Eine Art darf max. 20 % Gewicht an Samenmenge erreichen Wildpflanzen aus zertifizierter Herkunft mit mind. 30 % Gewichtsanteil an gesamter Samenmenge

Förderperiode 2014-2020: Mehrjährige Blühstreifen in Sachsen-Anhalt 40

Förderperiode 2014-2020: Mehrjährige Blühstreifen in Sachsen-Anhalt 41

42 Probleme bei der Verwendung von Regelsaatgutmischungen Heublumensaat 1% Anteile von verschiedenen Begrünungsmethoden bei der Anlage von Grünland im Rahmen der Eingriffsregelung und des Vertragsnaturschutzes in Sachsen-Anhalt (143 Flächen, 3-9 Jahre alt) Selbstberasung 24% RSM 7.1.1 0,15% SM Country 16% Beispiel: Maßnahme: Erweiterung eines Kalkmagerrasens durch Ansaat Umsetzung: Ansaat mit RSM 7.1.1 (ohne Kräuter) Sondermischung 7% RSM 7.1.4 1% RSM 7.3 3% RSM 7.2.2 10% 68 % RSM 24 % nicht umgesetzt 8 % naturnah RSM 7.1.2 38% Foto: M. Conrad, HS Anhalt Ergebnis: arten- und strukturarmer Bestand mit geschlossener und verfilzter Grasnarbe verzögerte Einwanderung der Zielarten unbefriedigende Habitatsituation für faunistische Zielarten Kompensationsziel nicht erreicht Conrad, M. (2006). Effizienzkontrollen von Naturschutz- und Landschaftspflegemaßnahmen Entwicklung eines Bewertungsverfahrens zur Evaluierung mesophiler Grünländer und seine exemplarische Anwendung auf ausgewählte Maßnahmen im Land Sachsen-Anhalt. Online-Diss. der TU Berlin.

Probleme bei Begrünungen mit Regelsaatgut 43 Beispiel: Maßnahme: Erweiterung eines Kalkmagerrasens durch Ansaat Bestehender Magerrasen Umsetzung: Ansaat mit RSM 7.1.1 (ohne Kräuter, Rotes Straußgras, Rot-Schwingel, Deutsches Weidelgras, Rauhblatt-Schwingel, Wiesen-Rispengras) Foto: M. Conrad, HS Anhalt Ergebnis: arten- und strukturarmer Bestand mit geschlossener und verfilzter Grasnarbe verzögerte Einwanderung der Zielarten unbefriedigende Habitatsituation für faunistische Zielarten Kompensationsziel nicht erreicht! Foto: M. Conrad, HS Anhalt Conrad, M. (2006). Effizienzkontrollen von Naturschutz- und Landschaftspflegemaßnahmen Entwicklung eines Bewertungsverfahrens zur Evaluierung mesophiler Grünländer und seine exemplarische Anwendung auf ausgewählte Maßnahmen im Land Sachsen-Anhalt. Online- Diss. der TU Berlin.

Gesetzliche Vorgaben: Richtlinie 2010/60/EU 44 Am 06.12.2011 wurde die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt: Erhaltungsmischungsverordnung (ErMiV)

45 Ab März 2014: ÖNORM L 1113 für Begrünungen mit Wildpflanzensaatgut

46 Probleme bei Begrünungen mit gebietsfremden Herkünften Beispiel: Phänologie bei Hasel (Corylus avellana) aus: Rumpf (2002) RUMPF, H. (2002): Phänotypische, physiologische und genetische Variabilität bei verschiedenen Herkünften von Viburnum opulus L. und Corylus avellana L. Dissertation Universität Hannover, 176 S.