Einlaufgestaltung und Einlaufrechen an Kleinwasserkraftwerken Albert Ruprecht, Eberhard Göde Institut für Strömungsmechanik und Hydraulische Strömungsmaschinen Universität Stuttgart Pfaffenwaldring 10 D-70550 Stuttgart Tel.: 0711/685-3256, Fax: 0711/685-3255 Email: ruprecht@ihs.uni-stuttgart.de Internet: http://www.ihs.uni-stuttgart.de Kurzfassung: Bei der Gestaltung von Wasserkraftanlagen wird im allgemeinen größte Sorgfalt auf die Maschinen gelegt. Hier gibt es auch eine gewisse Standardisierung. Die Zuströmung aber mit Einlaufbereich und Rechen sowie der Abströmbereich, die meist individuell nach lokalen Besonderheiten gestaltet werden müssen, werden oft nicht detailliert untersucht. In vielen Anlagen, speziell beim Umbau alter Anlagen aber auch beim Neubau, werden hier oft strömungstechnische Fehler gemacht was zu großen Verlusten und damit zu einer Reduktion der Leistungsausbeute führen kann. Hier werden an Beispielen relativ einfache Möglichkeiten gezeigt, wie das Strömungsverhalten verbessert und damit die Verluste reduziert werden können. 1 Einführung Wasserkraftanlagen werden in der Regel individuell nach den lokalen Erfordernissen gestaltet. Dies gilt vor allem für den Zuströmbereich, der an die lokalen Gegebenheiten angepasst werden muss. Da die Gestaltung des Einlaufes einen großen Einfluss auf den Preis der Anlage hat - und damit auch auf ihre Wirtschaftlichkeit -, werden beim Einlauf (und oft auch bei Auslauf) häufig Kompromisse gemacht, was nicht zu strömungstechnisch optimaler Gestaltung führt und demzufolge erhöhte Strömungsverluste zur Folge hat. Dies gilt speziell auch für den Einlaufrechen, der oft aus Kostengründen relativ klein gestalten wird. Dagegen wird bei der Turbine in der Regel eine optimale Gestaltung erreicht. Vor allem beim Umbau älterer Anlagen, was in den meisten Fällen mit einer Erhöhung der Ausbauleistung einher geht, können erhebliche Verluste und damit Wirkungsgradeinbußen der Anlage im Zuströmbereich und im Rechen auftreten. In Bild 1 sind die typischen Verluste einer Kleinanlage nach Erlach [1] aufgetragen. Man sieht, dass der Einlaufbereich mit Rechen die gleiche Größenordung aufweisen kann, wie die gesamte Turbine. Es ist deshalb notwendig, gerade bei Niederdruckanlagen diesem Bereich entsprechend große Aufmerksamkeit zu schenken.
Bild 1:Größenordnung der Einzelverluste in einer Wasserkraftanlage (aus [1]) Bei der Gestaltung einer Wasserkraftanlage kann oft nicht die strömungstechnisch optimale Geometrie realisiert werden, da anderen Aspekten, z. B. Schiffahrt Hochwasserschutz höhere Priorität eingeräumt werden muss. Eine typische Bauweise für eine Niederdruckanlage ist die Gestaltung als Buchtenkraftwerk. Dies ist schematisch in Bild 2 dargestellt. Bild 3 zeigt die Realisierung am Beispiel eines Moselkraftwerks, bei dem zusätzlich noch eine Schiffsschleuse vorhanden ist. Trennpfeiler Bild 2: Typisches Buchtenkraftwerk Typischerweise befindet sich der Einlaufrechen mit Rechenreinigung unmittelbar vor dem Kraftwerk. 2 Strömung im Einlauf Durch die seitliche Anordnung des Kraftwerkes kommt es bei einem kurzen Zulaufkanal zu einer starken Umlenkung der Strömung zum Kraftwerk hin. Dadurch kann es zu einer gestörten Strömung im Einlaufbereich kommen. Dies kann von eine Ungleichförmigkeit der Strömung über die Ausbildung einer Rückströmzone bis hin zu dynamischen Wirbelablösungen führen. In Bild 4 ist die Strömung um einen schlecht gestalteten Trennpfeiler an einem Modell mittels Strömungssichtbarmachung mit Tinte dargestellt. Man sieht die schlechte Strömungsführung mit Wirbeln und Ablösungen. Diese haben zum einen einen erhöhten Energieverlust zur Folge, zum anderen
können sie auch dynamische Belastungen auf die Turbine ausüben, sodass es zu Dauerfestigkeitsproblemen z. B. für die Lager kommen kann. Kraftwerk Schleuse Wehr Bild 3: Moselkraftwerk Trennpfeiler zum Kraftwerk Bild 4: Strömung um einen schlecht gestalteten Trennpfeiler Neben den in Bild 4 dargestellten Wirbeln und Ablösungen führt die Strömungsumlenkung am Trennpfeiler auch zu dreidimensionalen Sekundärwirbeln. Diese sind in Bild 5 dargestellt. Derartige Wirbelstrukturen führen ebenfalls zu einer ungleichmäßigen Anströmung des Rechens und eventuell sogar der Turbine und damit zu erhöhten Strömungsverlusten. In besonders ungünstigen Fällen kann sich der Eckenwirbel bis in die Turbine erstrecken. Dies kann dazu führen, dass die Turbine im Wirbelzentrum Luft einsaugt, was zu einem dramatischen Wirkungsgradeinbruch führen kann.
Bild 5: Wirbelstrukturen im Turbineneinlauf (aus [2]) 3 Rechenverluste Für die gleichförmige, gerade Anströmung eines Rechens gibt es eine Vielzahl von Untersuchungen und entsprechende Widerstandsformeln, siehe z. B. [2,3,4]. Generell gilt, dass der Rechenverlust sich quadratisch mit der Strömungsgeschwindigkeit ändert: 4/3 s h = k F b v2 2g Dabei ist s die Stabdicke, b die lichte Weite zwischen den Stäben und kf der Stabformbeiwert. Bild 6 zeigt den Stabformbeiwert für unterschiedliche Stäbe. Bild 6: Stabformbeiwert für verschiedene Stabformen nach [5]
In Bild 7 ist exemplarisch der Rechenverlust für einen Rechen aus Rechteckstäben mit einem Verbauungsverhältnis von s/b = 0.25 für verschiedene Strömungsgeschwindigkeiten aufgetragen. Bild 7: Rechenverlust in Abhängigkeit der Strömungsgeschwindigkeit Durch eine Schräganströmung erhöhen sich die Rechenverluste. In Bild 8 sind die stationären Strömungsverhältnisse im Rechen für verschiedene Anströmwinkel aufgezeigt, dargestellt ist jeweils nur ein Rechenstab des Gitterverbandes. Man sieht, dass sich bei starker Schräganströmung große Ablösegebiete hinter den Stäben einstellen, was zu der Verlustzunahme führt. Bild 8: Strömungsverhältnisse im Rechen bei Schräganströmung (aus [6]) In Bild 9 sind die Verluste über dem Anstellwinkel für den oben beschriebenen Rechen bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 0.7 m/s aufgetragen. Gezeigt sind mittels Strömungssimulation berechnete Werte, sowie zwei Messpunkte, die an einem Modell am Institut nachgemessen wurden. Diese Werte sind mit den empirischen Werten von Spangler [7] verglichen.
Bild 9: Rechenverluste infolge Schräganströmung 4 Beispiel Als ein Beispiel für hohe Rechenverluste soll eine Kleinanlage gezeigt werden. Nach der Inbetriebnahme wurde festgestellt, dass die Rechenverluste zu groß sind. Bild 10 zeigt die Anlage. Es handelt sich um ein Ausleitungskraftwerk. An einem Wehr wird ein Kanal abgezeigt. Aus Kostengründen wurde der Ausleitungsbereich vereinfacht aus geraden Mauern gefertigt. Eine Strömungsrechnung zeigt, dass die Strömung dieser scharfkantigen Kontur nicht folgt und es zu Strömungsablösungen kommt. In Bild 10 sind die Stromlinien dargestellt. Man sieht deutlich eine Rückströmzone und die Schräganströmung im Rechen, was die Rechenverluste stark erhöht. Bild 10: Kanalausleitung mit Stromlinien Mittels Strömungssimulation wurde der Einlauf verbessert. Die optimierte Form, die sowohl aus Kostengründen als auch strömungstechnisch zufriedenstellend war, ist in Bild 11 gezeigt. Es handelt sich dabei um eine einfache Vormauerung. Dadurch wird erreicht, dass die Strömung der Kontur folgen kann und es zu keiner Ablösung im Rechenbereich mehr kommt. Diese Baumaßnahme konnte die Fallhöhenverluste um ca. 10 cm reduzieren, was bei 4 m Nennfallhöhe immerhin eine Erhöhung des Anlagenwirkungsgrades um 2.5% ausmacht.
Bild 11: Stromlinienverlauf im modifizierten Einlaufbereich 5 Zusammenfassung Die Strömungsverluste in der Zuströmung mit Einlaufbereich und Rechen können sich bei Niederdruckanlagen in der gleichen Größenordnung bewegen wie die Verluste in der gesamten Turbine. Es ist deshalb notwendig, diesem Bereich die gleiche Aufmerksamkeit zukommen zu lassen wie der Turbine. Besonders wichtig ist dies bei der Modernisierung alter Anlagen, da dort meist der Durchfluss zur Leistungssteigerung erhöht wird. Es ist deshalb dafür zu sorgen, dass die Strömung im Einlaufbereich möglichst gleichförmig ist. Dies gilt vor allem im Bereich des Rechen, da sonst die Verluste um ein vielfaches größer sein können als nötig. Referenzen [1] Erlach, J., Betrachtung der Gesamt-Energiebilanz einer Wasserkraftanlage mit Aufschlüsselung der Einzelverluste, 2. Seminar Kleinwasserkraft, Uni Stuttgart, 1999. [2] Volkart, P. U., Meusburger, H., Rechenverluste und Strömungsnahfeld an Wasserkraftanlagen, 2. Seminar Kleinwasserkraft, Uni Stuttgart, 1999. [3] Giesecke, J., Mosonyi, E., Wasserkraftanlagen, Springer-Verlag, 1998. [4] Untersuchung über den Einfluss der Geometrie und Anströmung von Einlaufrechen au den Betrieb von Wasserraftwerken, Bericht Nr. 4109, VDEW, 1999. [5] Kirschmer, O., Untersuchung über den Gefälleverlust an Rechen, Mitteilung des Hydraulik Instituts der TH München, 1926. [6] Batrekhy, S., Göde, E., Ruprecht, A., Bestimmung der Verluste am Einlaufrechen von Wasserkraftwerken, 2. Seminar Kleinwasserkraft, Uni Stuttgart, 1999. [7] Spangler, J., Untersuchung über den Verlust an Rechen bei schräger Zuströmung, Mitteilung des Hydraulik Instituts der TH München, 1928.