LE 5: Geldpolitische Strategie der EZB, das klassische Instrumentarium des Eurosystems und seine Verfahren, die neue Politik der EZB

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Transkript:

1 LE 5: Geldpolitische Strategie der EZB, das klassische Instrumentarium des Eurosystems und seine Verfahren, die neue Politik der EZB (Die folgenden Literaturangaben werden zur Vertiefung empfohlen, zu allem: Görgens u.a.: a.a.o., Kapitel III, S.111 ff) 5.1 Die geldpolitische Strategie der EZB (Moritz, S. 333 ff) 5.2 Überblick über das geldpolitische Instrumentarium (Moritz, Kapitel 15; Jarchow, S. 138-163) 5.3 Die geldpolitischen Operationen (Moritz, Teil 15.2) 5.4 Verfahren bei Offenmarktgeschäften (Moritz, Teil 15.2.3) 5.5 Die Mindestreserve-Politik (Moritz, Teil 15.4) 5.6 Der Basiszinssatz 5.7 Die Rechtsinstrumente der EZB 5.8 Die internationale Rolle des Euro (Spahn, Teil 6.5) 5.9 Die neue Geldpolitik der EZB und der Streit um sie

5.1 Die geldpolitische Strategie der EZB Das Zwei-Säulen-Konzept (1 von 3) 2 Quellen: EZB 1998-2008, Sondermonatsbericht 4/2008, S. 38-42; The Monetary Policy of the ECB. Frankfurt, 2004) The stability-oriented monetary policy strategy of the ECB PRIMARY OBJECTIVE OF PRICE STABILITY ECONOMIC ANALYSIS Governing Council Takes monetary policy decisions based on an overall assessment of the risks to price stability Analysis Of economic dynamics and shock Analysis Of monetary trends MONETARY ANALYSIS FULL SET OF INFORMATION

5.1 Die geldpolitische Strategie der EZB (2 von 3) 3 Begriffe (nach EZB: Jahresbericht 2007, 275 + 278): Monetäre Analyse (monetary analysis): Eine Säule der von der Europäischen Zentralbank durchgeführten umfass. Analyse der Risiken für die Preisstabilität, die die Grundlage für die Geldpolitischen Beschlüsse des EZB-Rats bildet. Die monetäre Analyse dient zur Beurteilung mittel- bis langfristiger Inflationstrends und trägt dem engen Zusammenhang, der über längere Zeithorizonte hinweg zwischen Geldmenge und Preisen besteht, Rechnung. In der monetären Analyse wird die Entwicklung einer Vielzahl monetärer Indikatoren beobachtet, einschl. der Geldmenge M3, ihrer Komponenten und Gegenposten (insbesondere Kredite), sowie verschiedener Messgrößen der Überschussliquidität (siehe wirtschaftliche Analyse). Wirtschaftliche Analyse (economic analysis): Eine Säule der von der Europäischen Zentralbank durchgeführten umfassenden Analyse der Risiken für die Preisstabilität, die als Grundlage für die geldpolitischen Beschlüsse des EZB-Rats dient. Die wirtschaftliche Analyse konzentriert sich hauptsächlich auf die Beurteilung der aktuellen wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklungen und der impliziten kurzbis mittelfristigen Risiken für die Preisstabilität aus der Perspektive des Zusammenspiels zwischen Angebot und Nachfrage an den Waren-, Dienstleistungs- und Faktormärkten über diese Zeithorizonte. Ein Analyseschwerpunkt liegt dabei auf der Art der konjunkturellen Schocks, ihrem Einfluss auf Kostenentwicklung und Preisgestaltung sowie auf den möglichen kurz- bis mittelfristigen Auswirkungen solcher Schocks auf die Volkswirtschaft (siehe monetäre Analyse).

5.1 Die geldpolitische Strategie der EZB (3 von 3) 4 a)begriff: (Moritz, S. 259) Eine geldpolitische Strategie beschreibt die Art und Weise, wie eine Zentralbank ihre Geldpolitik betreibt. Sie umfasst den gesamten Weg vom Instrumenteneinsatz bis zu den Endzielen der Geldpolitik und beinhaltet somit das Gesamtkonzept einer Zentralbank. b)hinweis: Die folgenden Aussagen zu Laufzeiten Rhythmus Verfahren gelten nur, soweit die zuständigen Organe (EZB-Rat und/oder Direktorium) keine anderen Entscheidungen treffen. Sowohl die Finanzmarkt- und Bankenkrise (LE 6) wie auch die sog. Eurokrise (LE 7) haben zahlreiche Änderungen notwendig gemacht. Daher wird in dieser LE zunächst das klassische Instrumentarium behandelt, danach die neue Politik der EZB.

5.2 Überblick über das geldpolitische Instrumentarium (1 von 4) 5

5.2 Überblick über das geldpolitische Instrumentarium - Begriffe (2 von 4) 6 (Quelle: Jahresbericht 2009, S. 279-290) Ständige Fazilität (standing facility): Zentralbankfazilität, die von den Geschäftspartnern auf eigene Initiative in Anspruch genommen werden kann. Das Eurosystem bietet zwei ständige Übernachtfazilitäten an, und zwar die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität. Spitzenrefinanzierungsfazilität (marginal lending facility): Ständige Fazilität des Eurosystems, die die Geschäftspartner nutzen können, um von einer NZB Übernachtkredit gegen notenbankfähige Sicherheiten zu einem im Voraus festgelegten Zinssatz zu erhalten (siehe Leitzinsen der EZB). Einlagefazilität (deposit facility): Ständige Fazilität des Eurosystems, die den Geschäftspartnern die Möglichkeit bietet, täglich fällige Einlagen zum dafür festgesetzten Zinssatz bei der NZB anzulegen (siehe Leitzinsen der EZB).

5.2 Überblick über das geldpolitische Instrumentarium - Begriffe (3 von 4) 7 (Quelle: a.a.o.) Leitzinsen der EZB (key ECB interest rates):vom EZB-Rat festgelegte Zinssätze, die den geldpolitischen Kurs der Europäischen Zentralbank widerspiegeln. Hierbei handelt es sich um den Mindestbietungssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte, den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und den Zinssatz für die Einlagefazilität. Mindestbietungssatz (minimum bid rate): Niedrigster Zinssatz, zu dem Geschäftspartner bei Hauptrefinanzierungsgeschäften nach dem Zinstenderverfahren Gebote abgeben können. Der Mindestbietungssatz zählt zu den Leitzinsen der EZB, die ihren geldpolitischen Kurs widerspiegeln. Offenmarktgeschäft (open market operation):auf Initiative der Zentralbank durchgeführtes Finanzmarktgeschäft. Die Offenmarktgeschäfte des Eurosystems lassen sich im Hinblick auf Zielsetzung, Rhythmus und Verfahren in vier Gruppen unterteilen: Hauptrefinanzierungsgeschäfte, längerfristige Refinanzierungsgeschäfte, Feinsteuerungsoperationen und strukturelle Operationen. Verfahrenstechnisch liegt der Schwerpunkt auf befristeten Transaktionen; alle vier Geschäftstypen können als solche abgewickelt werden. Darüber hinaus können bei strukturellen Operationen Schuldverschreibungen begeben und endgültige Käufe bzw. Verkäufe durchgeführt werden. Feinsteuerungsoperationen können in Form von endgültigen Käufen bzw. Verkäufen, Devisenswapgeschäften und durch die Hereinnahme von Termineinlagen abgewickelt werden.

5.2 Überblick über das geldpolitische Instrumentarium - Begriffe (4 von 4) 8 Hauptrefinanzierungsgeschäft (HRG) (main refinancing operation): Regelmäßiges Offenmarktgeschäft, das vom Eurosystem in Form einer befristeten Transaktion durchgeführt wird. HRGs werden über wöchentliche Standardtender mit einer Laufzeit von in der Regel einer Woche durchgeführt. Längerfristiges Refinanzierungsgeschäft (LRG) (longer-term refinancing operation): Kreditgeschäft mit einer Laufzeit von mehr als einer Woche, das vom Eurosystem in Form einer befristeten Transaktion durchgeführt wird. Die regelmäßigen monatlichen Geschäfte haben eine Laufzeit von drei Monaten. Während der im August 2007 ausgebrochenen Finanzmarktturbulenzen wurden mit unterschiedlicher Häufigkeit zusätzliche Geschäfte mit Laufzeiten von einer Erfüllungsperiode bis zu einem Jahr durchgeführt. Feinsteuerungsoperation (fine-tuning operation): Offenmarktgeschäft des Eurosystems zum Ausgleich unerwarteter Liquiditätsschwankungen am Markt. Häufigkeit und Laufzeit solcher Geschäfte sind nicht standardisiert.

5.3 Die geldpolitischen Operationen (1 von 5) 9 Offenmarktgeschäfte Hauptrefinanzierungsgeschäfte Längerfristige Refinanzierungsoperationen Feinsteuerungsoperationen Strukturelle Operationen Ständige Fazilitäten Spitzenrefinanzierungsfazilität Einlagefazilität (Detaillierte Beschreibung siehe Folge-Charts)

5.3 Die geldpolitischen Operationen (2 von 5) 10 Geldpolitische Geschäfte Hauptrefinanzierungsgeschäfte Befristete Transaktionen Befristete Transaktionen Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte Transaktionsart Liquiditätsbereitstellung Liquiditätsabschöpfung - - Laufzeit Eine Woche Drei Monate Rhythmus Wöchentlich Monatlich Verfahren Standardtender Standardtender

5.3 Die geldpolitischen Operationen (3 von 5) 11 Geldpolitische Geschäfte Laufzeit Rhythmus Transaktionsart Liquiditätsbereitstellung Liquiditätsabschöpfung Feinsteuerungsoperationen Befristete Transaktionen, Devisenswaps Devisenswaps, Hereinnahme von Termineinlagen, Befristete Transaktionen Nicht standardisiert Unregelmäßig Endgültige Käufe Endgültige Verkäufe Verfahren Schnelltender, Bilaterale Geschäfte Bilaterale Geschäfte

5.3 Die geldpolitischen Operationen (4 von 5) 12 Geldpolitische Geschäfte Laufzeit Rhythmus Transaktionsart Liquiditätsbereitstellung Liquiditätsabschöpfung Strukturelle Operationen Befristete Transaktionen Emission von Schuldverschreibung Standardisiert/ nicht standardisiert Regelmäßig und unregelmäßig Endgültige Käufe Endgültige Verkäufe Unregelmäßig Verfahren Standardtender Bilaterale Geschäfte

5.3 Die geldpolitischen Operationen (5 von 5) 13 Ständige Fazilitäten Spitzenrefinanzierungs -fazilität Befristete Transaktionen Transaktionsart Liquiditätsbereitstellung Liquiditätsabschöpfung - Einlagefazilität Einlagenannahme - Laufzeit Über Nacht Über Nacht Rhythmus Verfahren Inanspruchnahme auf Initiative der Kreditinstitute Inanspruchnahme auf Initiative der Kreditinstitute

5.4 Verfahren bei Offenmarktgeschäften 14 Offenmarktgeschäfte des Eurosystems werden normalerweise in Form von Tendern (tender procedure), also im Wege der Ausschreibung durchgeführt. Im Rahmen von Feinsteuerungsoperationen und strukturellen Operationen sind allerdings auch bilaterale Geschäfte (bilateral procedure), also direkte Geschäftsabschlüsse zwischen dem Eurosystem und seinen Geschäftspartnern ohne Ausschreibung möglich. (Görgens u.a., S. 219 ff; Moritz S.313 ff)

5.5 Die Mindestreserve-Politik (1 von 2) (Moritz, Teil 15.4; Görgens, S. 213 ff) 15 (Quelle: EZB, a.a.o.) Mindestreserve-Soll (Mindestreservepflicht) (reserve requirement): Verpflichtung eines Kreditinstituts, Mindestreserven beim Eurosystem zu unterhalten. Die Erfüllung der Mindestreservepflicht bemisst sich anhand des tagesdurchschnittlichen Mindestreserveguthabens innerhalb der Mindestreserve- Erfüllungsperiode. Mindestreservebasis (reserve base): Summe der mindestreservepflichtigen Bilanzposten (insbesondere Verbindlichkeiten), die die Basis für die Berechnung des Mindestreserve-Solls eines Kreditinstituts darstellen. Mindestreserve-Erfüllungsperiode (maintenance period): Zeitraum, für den die von den Kreditinstituten einzuhaltende Mindestreservepflicht berechnet wird. Die Erfüllungsperiode beginnt am Abwicklungstag des ersten Hauptrefinanzierungsgeschäfts nach der Sitzung des EZB-Rats, für die die monatliche Erörterung des geldpolitischen Kurses vorgesehen ist. Die Europäische Zentralbank veröffentlicht mindestens drei Monate vor Jahresbeginn einen Kalender für die Mindestreserve-Erfüllungsperioden. Mindestreservesatz (reserve ratio): Satz, der von der Zentralbank für jede Kategorie mindestreservepflichtiger Bilanzposten festgelegt und zur Berechnung des Mindestreserve- Solls verwendet wird.

5.5 Die Mindestreserve-Politik (2 von 2) 16 Geldpolitische Funktionen der Mindestreserve: Das Mindestreservesystem des Eurosystems erfüllt im Wesentlichen zwei Funktionen: Es dient zum einen zur Herbeiführung oder Vergrößerung einer strukturellen Liquiditätsknappheit beim Geschäftsbankensystem (sog. Anbindungsfunktion), zum anderen führt es zu einer Stabilisierung der Geldmarktsätze (sog. Stabilisierungsfunktion). Während in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts die Mindestreserve noch eingesetzt wurde, um über Variationen der Mindestreservesätze die Liquidität des Bankensystems zu beeinflussen, gehört dies im Eurosystem nicht mehr zu den Funktionen der Mindestreserve. Auch die Funktion der Mindestreserve als Einnahmequelle entfällt im Eurosystem infolge der Verzinsung. (Quelle: Görgens u. a., a.a.o., S. 216, dort auf S. 216 ff auch weitere Erläuterungen zu beiden Funktionen.)

17 5.6 Der Basiszinssatz Die Notwendigkeit, ein einheitliches geldpolitisches Instrumentarium für den gesamten Euroraum zu schaffen, führte mit Beginn der Europäischen Währungsunion zum 1. Januar 1999 zur Aufgabe des deutschen Diskontkredits. Da der Diskontsatz der Deutschen Bundesbank in einer Vielzahl von deutschen Gesetzestexten und Verträgen als Referenzgröße dient, musste eine entsprechende Nachfolgeregelung für den Diskontsatz geschaffen werden. Mit Beginn der Währungsunion wurde der Diskontsatz daher entsprechend den Regelungen des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes (DÜG) durch den so genannten Basiszinssatz ersetzt. Dieser Basiszinssatz entsprach zunächst dem letzten Diskontsatz der Deutschen Bundesbank von 2,5%, der am 31.12.1998 galt. Heute gilt der Basiszinssatz des BGB ( 247). (Görgens u. a., a. a. O., S. 228)

5.7 Die Rechtsinstrumente der EZB (vgl. 288 AEUV) 18 Rechtsakte Verordnungen Entscheidungen Empfehlungen Stellungnahmen Sonstige Rechtsinstrumente Leitlinien Weisungen Beschlüsse (vgl. EZB-Jahresbericht 2009, S. 252-264) [Hinweis: Die Rechtsinstrumente unterliegen der Kontrolle durch den EuGH]

5.8 Die internationale Rolle des Euro (1 von 3)* 19 Die Einführung des Euro am 1. Januar 1999 war ein Ereignis von großer Tragweite, dessen Konsequenzen nicht auf das Euro-Währungsgebiet beschränkt bleiben. Nach dem US-Dollar wird der Euro international am zweithäufigsten verwendet, was sich einerseits aus der bisherigen Bedeutung der nationalen Währungen ergibt, die der Euro abgelöst hat, und andererseits aus dem Stellenwert, der dem Euroraum in der Weltwirtschaft zukommt. Die Entwicklung des Euro als internationale Währung wird sich primär an den Märkten entscheiden. Dabei wird vor allem seine Verwendung im privaten Wirtschaftssektor als Anlagewährung und Emissionswährung sowie als Fakturierungswährung und Vehikelwährung eine bedeutende Rolle spielen. Ausschlaggebend für die Entscheidungen privater Wirtschaftsakteure werden in hohem Maß der Integrations-, Liquiditäts- und Diversifizierungsgrad der Euro-Finanzmärkte sowie die Außenbeziehungen des Euroraums sein. (Fortsetzung siehe Folge-Chart) *) Vgl. EZB: The international role of the euro. 12. Aufl. Frankfurt 2012

5.8 Die internationale Rolle des Euro (2 von 3) 20 Außerdem wird die internationale Rolle des Euro durch das wirtschaftliche Umfeld im Euroraum beeinflusst werden, was den Beitrag der Gesamtheit der Wirtschaftspolitik zu einer gesunden und stabilen Währung unterstreicht. Die Ausrichtung der Geldpolitik des Eurosystems auf Preisstabilität wird ein wesentlicher Faktor für das Vertrauen der Anleger in den Euro bleiben. Gleichzeitig herrscht im Eurosystem Klarheit darüber, dass sich umgekehrt die Internationalisierung des Euro auf die Gestaltung der Euro-Geldpolitik auswirken kann ohne dass dadurch die Fähigkeit des Eurosystems, Preisstabilität zu wahren, beeinträchtigt wird. Da die Internationalisierung des Euro an sich kein Ziel der einheitlichen Geldpolitik ist, wird das Eurosystem die Internationalisierung seiner Währung weder forcieren noch blockieren. (EZB Monatsbericht August 1999, S. 35 ff; ferner: Jürgen Stark: Spielregeln für die Stabilität, FAZ, 24.7.2004, Nr. 170, S. 11)

5.8 Die internationale Rolle des Euro (3 von 3) 21 Der AEUV sieht ausdrücklich den Abschluss von Währungs- und Wechselkursvereinbarungen mit Drittländern und internationalen Organisationen vor. Artikel 219 AEUV unterscheidet zwischen drei Formen von Vereinbarungen: Erstens kann die Gemeinschaft gemäß Art. 219 Abs. 1 unter bestimmten Bedingungen und nach besonderen Verfahren förmliche Vereinbarungen über Wechselkurssysteme für den Euro gegenüber Drittlandswährungen treffen. Ein Beispiel hierfür war das Bretton-Woods- System fester, aber anpassungsfähiger Wechselkurse. Zweitens kann die Gemeinschaft, wenn kein solches Wechselkurssystem besteht, nach Maßgabe von Artikel 219 Abs. 2 allgemeine Orientierungen für die Wechselkurspolitik des Euro-Währungsgebiets gegenüber Drittlandswährungen aufstellen. Drittens ist in Art. 219 Abs. 3 festgelegt, dass die Gemeinschaft Vereinbarungen im Zusammenhang mit Währungsfragen oder Devisenregelungen mit einem oder mehreren Staaten oder internationalen Organisationen abschließen kann. Die Mitwirkung der EZB an jeder der möglichen Aktionen der Gemeinschaft ist in Artikel 219 EUV ausdrücklich festgehalten.

5.9 Die neue Geldpolitik und der Streit um sie (Skizze) 22 ( Literatur: Sachverständigenrat, siehe LE K, Hinweise Nr. 6; Moritz, a.a.o., S. 373-378; auch:top-ökonomen zur Eurokrise, FAZ 10. 09. 2013, Nr. 210, S. 12; Literatur in Hinweisen 7. (Kirchhof)) A: Das Problem der Staaten mit Finanz- /Schuldenproblemen Bei Mitgliedschaft von Staaten in einer Einwährungsunion mit vergemeinschafteter Geldpolitik (EZB), steht ihnen in Haushalts- und/oder Verschuldungsproblemen keine nationale Geldpolitik mehr zur Verfügung. (siehe dazu LE 7.2)

B: Lösungen oder Scheinlösungen (?) (1 von 3) 23 a) von Seiten der Mitgliedstaaten und der EU Der von Seiten der Mitgliedstaaten und der EU zunächst als Rechtsgrundlage für Hilfsmaßnahmen benutzte Art. 122 Abs. 2 AEUV als Basis für Rettungsmaßnahmen kam offensichtlich nicht infrage, da weder eine Naturkatastrophe noch ein außergewöhnliches Ereignis vorlag. Daher mehrmals rechtswidriges Handeln oder Not kennt kein Gebot? Eingeständnis: Nachträgliches einfügen durch Beschluss des Europäischen Rates vom 25. 03. 2011 eines Abs. 3 in Art. 136 AEUV.

B: Lösungen oder Scheinlösungen (?) (2 von 3) 24 b) von Seiten der EZB b1) Aussetzung oder Senkung der Bonitätsschwellen von Staatspapieren entgegen den geltenden Regeln für Sicherheiten bei Refinanzierungskrediten, damit Banken (und indirekt auch Staaten) Zugang zu Refinanzierungskrediten erhalten. b2) Massiver Aufkauf von Staatspapieren, wenn auch auf den Sekundärmärkten, entgegen Art. 123 Abs. 2 AEUV (No-bail-out-Gebot bzw. Bail-out-Verbot), und trotz fehlender Legitimation (?), da entgegen dem Auftrag nach Art. 282, Abs. 2 AEUV bzw. Art. 2 und 3 EZB-Satzung. EZB-Argument: Sonst Gefährdung der Stabilität des Euros und des gesamten Eurosystems/-raums.

B: Lösungen oder Scheinlösungen (?) (3 von 3) 25 b) von Seiten der EZB (Fortsetzung) b3) Durch Aufkauf von Staatspapieren verschuldeter Staaten und damit indirekte Finanzierung von Staatsschulden Vergemeinschaftung von Schulden von Mitgliedstaaten und damit Verstoss gegen Art. 125 AEUV (Haftungsausschlüsse). EZB-Argument wie b2. (Dazu Hans-Werner Sinn in FAZ 10. 09. 2013, a.a.o.:) Erst geht die EZB mit ihren Refinanzierungskrediten und Staatspapierkäufen in Vorlage, und dann muss die Staatengemeinschaft die EZB retten. Die Parlamente werden zu Erfüllungsgehilfen des EZB- Rates degradiert. b4) Inflationsgefahren durch b2) und b3), da Geldmenge steigt? Gegenargument: EZB kann durch Anwendung ihres klassischen Instrumentariums ( siehe LE 6) gegensteuern.

26.01.2008, S.1 26

27 Quelle: iw-dienst 29.08.2013, Nr. 35, S.7