Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe UUS Service d enquête sur les accidents des transports publics SEA Servizio d inchiesta sugli infortuni dei trasporti pubblici SII Jean Gross 28. Mai 2009 Reg. Nr. 09032101 Schlussbericht der Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe über den Personenunfall bei Zug 18320 der SBB AG, Division Personenverkehr vom Samstag, 21. März 2009 in Pfäffikon ZH Jean Gross Utikonerstr. 9 8952 Schlieren Tel. +41 43 433 89 70, Fax +41 43 433 89 71 jean.gross@uus.admin.ch www.uus.admin.ch
Dieser Bericht wurde ausschliesslich zum Zweck der Verhütung von Unfällen beim Betrieb von Eisenbahnen, Seilbahnen und Schiffen erstellt. Die rechtliche Würdigung der Umstände und Ursachen von Unfällen ist nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung gemäss Art. 25 der Verordnung über die Meldung und Untersuchung von Unfällen und schweren Vorfällen beim Betrieb öffentlicher Verkehrsmittel (VUU, SR 742.161). 0. ALLGEMEINES 0.1 Kurzdarstellung Am Samstag, 21. März 2009 um ca. 06.28 Uhr geriet ein junger Mann zwischen die Perronkante und den ausfahrenden Zug 18320. Er stürzte auf das Schotterbett und erlitt dabei schwere Verletzungen. Bahnhof Pfäffikon ZH. Gelber Pfeil = Fahrrichtung Zug 18320. 0.2 Untersuchung Die Unfalluntersuchungsstelle UUS wurde um 06.53 Uhr durch die Meldestelle REGA über das Ereignis informiert. Da der Verletzte bereits abtransportiert war und der Zug durch die Kantonspolizei in Kürze freigegeben werden sollte rückte der Untersuchungsleiter Jean Gross nicht unverzüglich an den Unfallort aus. Der Untersuchungsbericht der UUS fasst die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen zusammen. 1. FESTGESTELLTE TATSACHEN 1.1 Vorgeschichte Zug 18320 (S-Bahn Zürich, Linie S 3) hat den Bahnhof Wetzikon fahrplanmässig um 06.19 Uhr verlassen. Die Fahrt von Wetzikon bis Pfäffikon ZH verlief ohne besondere Vorkommnisse. 2/10
1.2 Verlauf der Fahrt Nach Aussage des Lokführers (Lf) von Zug 18320 verlief der Fahrgastwechsel in Pfäffikon ZH Gleis 3 normal. Nach dem Schliessen und Verriegeln der Türen setzte er den Zug in Bewegung. Im Rückspiegel sah er einen jungen Mann Richtung Unterführung (Seite Fehraltorf, in Fahrrichtung des Zuges) gehen. Plötzlich bewegte sich der Mann auf den ausfahrenden Zug zu und stürzte zwischen Perronkante und Zug auf das Schotterbett. Der Lf leitete nach eigenen Angaben sofort eine Schnellbremsung ein. Foto 1 Unfallstelle in Pfäffikon ZH Gleis 3 1.3 Personenschäden Bahnpersonal Reisende Drittpersonen Schwer verletzt: 1 1.4 Sachschäden am Rollmaterial und an der Infrastruktur des Bahnunternehmens Weder am Rollmaterial noch an den Infrastrukturanlagen der SBB AG entstanden Schäden. 1.5 Sachschäden Dritter Weitere Dritte kamen beim Ereignis keine zu Schaden. 1.6 Beteiligte Personen Lokpersonal Lokführer SBB Personenverkehr Depot Zürich 3/10
Zugbegleiter Zug 18320 verkehrte ohne Zugpersonal. Dritte Herr erlitt beim Ereignis schwere Verletzungen. Die Personalien eines Augenzeugen sind der Kantonspolizei Zürich bekannt. 1.7 Schienenfahrzeuge Eigentümer: Schweizerische Bundesbahnen AG, Wylerstr. 123/125, 3000 Bern 65 Zugskomposition: Doppelstockkomposition DPZ bestehend aus den Fahrzeugen (Spitze Schluss): Bt 5085 263 3928-0 AB 5085 363 3016-2 B 5085 263 3003-2 Re 450 062-5. Zugreihe / Bremsverhältnis: R 135% Ausgeschaltete Bremsapparate: Keine 1.8 Strassenfahrzeuge Strassenfahrzeuge waren keine am Ereignis beteiligt. 1.9 Wetter, Schienenzustand Tag (Dämmerung), wolkenlos, kalt (-1º). Schienen trocken. 1.10 Bahnsicherungssysteme Die Bahnsicherungssysteme haben normal funktioniert. Sie sind für den Verlauf des Ereignisses nicht relevant. 1.11 Zug- und Rangierfunk Die Doppelstockkomposition ist mit dem Zugfunk 88 (ZFK 88) ausgerüstet. Die Funkgespräche werden nicht aufgezeichnet. Die Funkgespräche sind für den Unfallablauf nicht relevant. 1.12 Bahnanlagen Der Bahnhof Pfäffikon ZH besteht aus einer dreigleisigen Anlage. Gleis 1 dient dem Güterverkehr. Gleis 3 verfügt über eine Aussenperronanlage mit einer Höhe von 55 cm, einem Perrondach sowie einer Wartehalle und Wartebänken. Gleis 2 ist mit einer Einstiegshilfe ausgerüstet. Der fahrplanmässige Zugsverkehr wickelt sich in beiden Richtungen normalerweise über Gleis 3 ab. Der Aussenperron ist durch eine Seite Fehraltorf angeordnete Unterführung mit der andern Bahnhofseite verbunden (schienenfreier Zugang, siehe auch Foto 1). 4/10
Foto 2 Gleis 1 Gleis 2 mit Einstiegshilfe Gleis 3 Regelgleis Roter Pfeil = Fahrrichtung Zug Gleisanlage in Pfäffikon ZH (Richtung Fehraltorf gesehen) Der Aussenperron Gleis 3 ist mit einem Verbundsteinbelag versehen. Die Gefahrenzone entlang der Perronkante ist mit einer weissen, 20 cm breiten, Sicherheitslinie versehen. Feste Aufbauten (Sitzgelegenheiten) sind 2 m von der Perronkante entfernt, das Geländer des Abgangs zur Unterführung ist 2.9 m von der Perronkante entfernt. Foto 3 Sicherheitsstreifen, 20 cm breit Distanz Perronkante- Sicherheitsstreifen 50 cm Distanz Perronkante Sitzbank 200 cm Distanz Perronkante Abgang Unterführung 290 cm Distanz Gleisachse weisser Sicherheitsstreifen 232 cm Ca. 30 cm unterhalb der Perronkante verläuft Seite Gleis ein 13 cm breiter Hilfstritt, welcher dem Bahnpersonal das Ueberschreiten der Gleise erleichtert. 5/10
Foto 4 Sicherheitshinweise im Perronbereich 1.13 Fahrdatenschreiber Der DPZ ist mit einer elektronischen Geschwindigkeitsmessanlage Hasler Teloc 2000D ausgerüstet. Die Fahrdaten werden elektronisch aufgezeichnet. Sie wurden durch die Verkehrsunternehmung ausgelesen und durch die Verkehrsunternehmung und die UUS ausgewertet. Die Auswertung der Fahrdaten ergab, dass der Lf unmittelbar vor dem Ereignis mit einer Geschwindigkeit von 29 km/h gefahren ist und somit die für diesen Streckenabschnitt vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h nicht überschritten hat. Der Lokführer hat die Schnellbremsung unverzüglich eingeleitet, der Anhalteweg betrug 29 m. 1.14 Befunde an den Bahnfahrzeugen Die Bahnfahrzeuge wurden durch den Untersuchungsleiter der UUS nicht visuell kontrolliert. 1.15 Medizinische Feststellungen In Bezug auf medizinische Beschwerden des am Ereignis beteiligten Lokführers ist nichts bekannt. Ueber die Ergebnisse der beim Verunfallten durchgeführte Blut- und Urinproben geben die Akten der Kantonspolizei bzw. der Staatsanwaltschaft Auskunft. 1.16 Feuer Beim Ereignis trat kein Feuer auf. 1.17 Informationen über Organisation und Verfahren Bei Zug 18320 (S-Bahn Zürich, Linie S3) handelt es sich um einen regelmässig verkehrenden, im offiziellen Kursbuch aufgeführten, Reisezug von Wetzikon (ab 06.19 Uhr) via Pfäffikon ZH (06.26/27 Uhr) nach Aarau (an 07.42 Uhr). 6/10
1.18 Verschiedenes - Das Ereignis wird seitens der Strafverfolgungsbehörden durch die Kantonspolizei Zürich, Polizeiposten Pfäffikon ZH, untersucht. - Bei der Untersuchung des Ereignisses durch die UUS sind bei den Mitarbeitern der Verkehrs- und Infrastrukturunternehmungen keine Verstösse gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen festgestellt worden. 2. BEURTEILUNG 2.1 Technisches - Da beim Ereignis ein technischer Defekt an der Zugskomposition ausgeschlossen werden kann wurden die Fahrzeuge von Zug 18320 durch den Untersuchungsleiter nicht speziell überprüft. - Die Perronanlage bei Gleis 3 in Pfäffikon ZH befindet sich in einem sehr guten Zustand. Die Perronhöhe beträgt ca. 55 cm (ab Schienenoberkante), der Gefahrenbereich ist mit einer 20 cm breiten weissen Linie gekennzeichnet. Auf dem Perron befinden sich beim Billettautomaten, bei den Entwertern und an weiteren Orten Sicherheitskleber (Foto 4). Die Vmax von durchfahrenden Zügen beträgt 100 km/h, die Sicherheitsabstände gemäss AB EBV zu Art. 21 sind eingehalten (Anlage 3). 2.2 Betriebliches Der Lokführer von Zug 18320 hat den jungen Mann im Rückspiegel gegen den Zug taumeln sehen. Er hat daraufhin unverzüglich eine Schnellbremsung eingeleitet. 3. SCHLUSSFOLGERUNGEN 3.1 Befunde - Die Bahnsicherungsanlagen funktionierten einwandfrei. - Der Lokführer hat beim Erkennen der Gefahrensituation richtig reagiert und den Zug unverzüglich angehalten. - Die Bahnanlagen entsprechen den Vorschriften der AB EBV. 3.2 Ursache Das Ereignis ist darauf zurückzuführen dass der Verunfallte mit einer Seitenwand eines Wagens des ausfahrenden Zuges in Berührung gekommen war, in der Folge stürzte und zwischen Wagen und Perronkante auf das Schotterbett fiel. 4. SICHERHEITSEMPFEHLUNGEN Keine. Die Untersuchung wurde von Jean Gross geführt. Schlieren, 28. Mai 2009 Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe Jean Gross Untersuchungsleiter Fotos: UUS/grj 7/10
Anlage 1 Gleisplan Pfäffikon ZH Ereignisstelle Fahrrichtung Zug 18320 8/10
Anlage 2 Fahrdaten Zug 18320 9/10
Anlage 3 Auszug aus den Ausführungsbestimmungen der Eisenbahnverordnung AB EBV zu Art. 21 10/10