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Das Pumpwerk in Berlin-Johannisthal Herausgeber & Autoren: Alexander Kauther, Berlin und Paul Wirtz, Jülich Dokumentenreihe Flugplatz Johannisthal 1909-1914, Heft Nr. 29 April 2011 Technische Herstellung und Druck im Eigenverlag Umschlaggestaltung: D&M agentur, Winckelmannstraße 70, 12487 Berlin (www.dundm-agentur.de) 3
Im Zusammenhang mit dem am 26. September 1909 eröffneten ersten deutschen Motorflugplatz in Berlin-Johannisthal, hatte das Pumpwerk Johannisthal folgende Bedeutung: - 1901 wurde das Wasserwerk Berlin-Johannisthal eröffnet. Die Pumpstation, so wurde sie zur damaligen Zeit bezeichnet, befand sich in der Friedrichstr. 8a 1 (heutige Winckelmannstraße 36) und wurde am 14. Juni 1906 in Betrieb genommen. - Einige Leichen abgestürzter Flugzeugführer vom Flugplatz Johannisthal wurden vorerst in der Pumpstation Johannisthal untergebracht, zwischengelagert oder aufgebahrt und später zur jeweiligen Begräbnisstätte überführt. Der Zeitungsartikel (siehe hier Seite 4) belegt das. Erst März 1911 hatte Johannisthal in Berlin-Rudow seinen eigenen Friedhof. Zur Geschichte des Alten Friedhofs von Johannisthal hat Frau Maria Stephan, Museum Treptow, im Juli 2009 die nachfolgend Ausarbeitung gefertigt: Der Alte Friedhof von Johannisthal: Wie viele Kulturgüter erfährt auch die Art der Bestattung unserer Toten eine Veränderung. Neben der traditionellen Beisetzung auf Friedhöfen entstehen zunehmend alternative Formen der Bestattung, dennoch kennen wir alle das Bild einer Kirche, umgeben von einem kleinen Friedhof. Trotz seiner über 250jährigen Geschichte sucht man in Johannisthal danach vergebens. Wo wurden die Johannisthaler bestattet? Johannisthal wurde durch Erbzinsvertrag im Jahre 1753 gegründet. Der Gutsbesitzer Johann Wilhelm Werner erhielt von Friedrich II. in unmittelbarer Nachbarschaft der Gemarkung Rudow Ländereien, die mit Kolonisten zu besiedeln waren. Aus dem Gutsbezirk und der Kolonistengemeinde ging 1890 die politische Gemeinde Johannisthal hervor. Zunächst keinem Kirchspiel zugehörig wurde die Gemeinde Johannisthal 1802 per Verordnung in Rudow eingepfarrt. 2 Schule, Kirche und Friedhof wurden daher von der Gemeinde Rudow gestellt und auch wenn die Rudower aus der Einpfarrung Johannisthals keine Verpflichtung den Leichen von Johannisthal einen Friedhof zu stellen 3 ersehen konnten, wurden die Verstorbenen aus Johannisthal auf dem Friedhof in Rudow beigesetzt. Zudem war bei der Gründung Johannisthals die Anlage eines Friedhofes nicht vorgesehen und wohl auch nicht möglich, da der Grundwasserspiegel zu dieser Zeit sehr hoch war. Befanden sich die Begräbnisstätten zunächst unter kirchlicher Verwaltung, wurde 1856 ein in der Verwaltung der politischen Gemeinde Rudow stehender Friedhof angelegt, gefolgt von dem 1893 in Gebrauch genommenen neuen Kirchhof. 1 Berliner Adressbuch 1913 mit dieser Anschrift eingetragen. 2 Vgl. Dokumentensammlung zum Friedhof Johannisthal, Museum Treptow zusammengestellt durch die ProAB Projektmanagement für Arbeit und Beschäftigung GmbH. 3 ebenda 4
In der Friedhofsordnung von 1893 wird deutlich, dass es sich bei der Einpfarrung der Johannisthaler Gemeinde und der damit verbundenen Pflichten ihr gegenüber um eine ungeliebte obrigkeitliche Zuweisung gehandelt haben muss, denn musste ein Rudower 4,-M für eine Reihengrabstelle entrichten, betrug die Gebühr für einen Johannisthaler das Doppelte. 4 Der Disput zwischen Rudowern und Johannisthalern verschärft sich, als mit Schreiben vom 15.07.1910 dem Gemeindevorsteher Johannisthals ein Beschluss der Gemeinde Rudow zugeht, in dem es heißt, dass sich diese gezwungen sieht, einen neuen Begräbnisplatz anzukaufen, für den bedeutende Mittel aufzubringen sind und daher den Johannisthalern ab dem 01.01.1911 keine Grabstätten mehr verkauft werden könnten. 5 Während die Johannisthaler ihr Recht der Bestattungen auf dem Rudower Friedhof aus der historischen Entstehung und Einpfarrung ableiteten, ist der Landrat des Landkreises Teltow, Adolf Heinrich August von Achenbach, der Meinung, dass mit der Erhebung Johannisthals zu einer eigenen Kirchengemeinde im Jahr 1897 die Verpflichtung zur Anlage einer eigenen Begräbnisstätte einherging. 6 Damit schließt er sich der Auffassung der Rudower an. Die Gemeinde Johannisthal sieht sich nunmehr gezwungen, Land vom Bauerngutsbesitzer Rudolf Dähne anzukaufen und einen eigenen Friedhof anzulegen. Dieser ca. 6400 qm große Friedhof befand sich auf dem Gelände der Gemarkung Rudow. Er war von Johannisthal nicht nur sehr weit entfernt, sondern auch nur über einen Privatweg der Kirchengemeinde Rudow zu erreichen. Am 13. März 1911 fand die erste Beisetzung statt. Viele der auf dem Motorflugplatz tödlich verunglückten Flieger fanden hier ihre letzte Ruhestätte. (Überliefert ist, das der Flugzeugführer Benno König, Absturz am 30. Juni 1912, dort bestattet wurde/ak.) Lageplan des Friedhofs in Rudow (unter der Rudower Höhe, des heutigen Glashütter-/Pfarr-/Künneckenweges) 7 Später wurde der städtische Friedhof Baumschulenweg aufgrund der besseren Erreichbarkeit mit genutzt, so dass immer weniger Bestattungen stattfanden und der Friedhof schließlich zum 01.12.1938 geschlossen wurde. 8 4 Kirchhofsordnung vom 18.05.1893, Archiv der Friedhofsverwaltung Neukölln 5 Schreiben des Gemeindevorstehers von Rudow vom 15.07.1910, Dokumentensammlung zum Friedhof Johannisthal, Museum Treptow 6 Schreiben des Landrates Teltow vom 10.10.1910, Archiv der Friedhofsverwaltung Neukölln 7 Archiv des Museums Treptow 8 Abschrift des Schreibens des Oberbürgermeisters der Reichshauptstadt Berlin an den Bürgermeister von Treptow vom 30.01.1939, Landesarchiv Berlin 5
Nach dem Krieg als Schuttablageplatz genutzt, geht das Gelände 1952 in das Vermögen des Bezirkes Neukölln über und wird zu dem Landschaftspark Rudower Höhe umgestaltet, der sich auch heute noch großer Beliebtheit erfreut. Blickrichtung Adlershof. Links der ehemalige Rudower Friedhof. Rechts der ehemalige Grenz-Mauerstreifen. Ehemalige Friedhofsfläche. Vereinzelte Grabsteinreste auf der Friedhofsfläche. 9 9 Fotoaufnahmen vom 13. März 2011. 6
In dem Teltower Kreisblatt vom 8. Mai 1912 gibt es folgenden Artikel, der die Aufbewahrung einer Leiche in der Pumpstation belegt. Im Johannisthaler Hauptflugbuch war über den Absturz des Fliegers Hans Pachmayer am 7. Mai 1912 eingetragen: (Flugbeginn) 5:19 Uhr, (Flugende) 5:25Uhr (vorm.) Pachmayer tot 10 Der Flugschüler Hans Pachmayer 1911 mit Dem Haefelin- Eindecker (Absturzmaschine). Der Inhaber des Flugzeugwerks Haefelin & Co. war der Regierungsassessor a.d. Dr. Haefelin. 11 10 Aus Als die Oldtimer flogen. Die Geschichte des Flugplatzes Johannisthal, Günter Schmitt, 3. Überarbeitete Auflage Aviatic Verlag, 1995 (über Pachmayer Seite 74, 136, 139, 153). 11 Foto aus der Sammlung von Alexander Kauther. 7
Zeitungsartikel Mai 1912. 12 Der Kanalverband der Landgemeinden Nidderschöneweide, Adlershof, Grünau, Johannisthal, Altglienicke und Rudow. Durch die 1867 eröffnete Görlitzer Bahn, die zwischen 1975 und 1882 entstandene Stadtbahn und den von 1901 bis 1906 gebauten Teltowkanal erfuhrenadlershof, Alglienicke, Johannisthal und Niederschöneweide eine industrielle Entwicklung und einen Zuwachs der Bevölkerung. Die Einwohnerzahl von Niederschöneweide vervierfachte sich in zehn Jahren. Johannisthal profitierte von den großen Anlagen der 1864 gegründeten Späth schen Baumschulen und dem seit 1909 bestehenden Flugplatz mit dem sich dort entwicklelnden Flugzeugbau. Die Versorgung der Gemeinden mit Trinkwasser und die Abwasserversorgung hinkten etwas hinterher. Niederschöneweide wurde erst 1899 von Berlin aus mit Wasser versorgt. Johannisthal bekam sein Trinkwasser ab 1901 durch ein von den Charlottenburger Wasserwerken in der Königsheide nahe dem Teltowkanal errichtetes Wasserwerk. Adlershof, Altglienicke und Grünau bauten 1905/06 gemeinsam in Alglienicke ein eigenes Wasserwerk. 12 Als in Johannisthal der Motorflug begann.., Günter Schmitt, Herausgeber Rat des Stadtbezirks Berlin-Treptow, Schriftreihe Treptower Historische Hefte, 1987 8
1902 schlossen sich die Landgemeinden Niederschöneweide, Adlershof, Grünau, Johannisthal und Altglienicke zu einem Abwasserverband zusammen, dem ab 1904 auch Rudow angehörte. In Groß-Ziethen wurde ein gemeinsames Rieselgelände von 125 ha Größe erworben und 56 ha für den Rieselbetrieb ausgebaut. Im Herbst 1904 begannen die Verlegung der Druckrohre und der Bau der einzelnen Pumpwerke. Am 1. April 1906 gingen die beiden Pumpwerke Niederschöneweide in der Grünauer Straße 10 und Adlershof in der Glienicker Str. 17 in Betrieb, es folgten am 14. Juni Johannisthal in der Winckelmannstraße 36 sowie am 25. Oktober 1906 Altglienicke in der Cöpenicker Straße 52 und Grünau in der Kirchhofstraße 6, heute Walchenseestraße 5/7. In Rudow konnte das Pumpwerk in der Stubenrauchstraße erst 1909 nach der Beilegung langwierigerrechtsstreitigkeiten über das erforderliche Grundstück in Betrieb gehen. 13 Die Pumpstation in Berlin-Johannisthal wurde um 1908 mit dem Bau eines Wagenschuppens erweitert. Wie aus den nachfolgenden Originalplänen und Genehmigungsvermerken ersichtlich ist, gehörte die Gemeinde Johannisthal zum Kreis Teltow. Eigentümerin des Grundstücks war die Gemeinde Johannisthal, später die Stadt Berlin und die Bauausführung bestätigte der Amtsvorsteher des Amtsbezirks Alt-Glienicke, Kreis Teltow. 13 Auzug aus einem Buch über die Entwicklung der Wasserbetriebe, Abschnitt Seite 111, erhalten vom Museum im Wasserwerk, Berlin-Friedrichshagen. 9
Plan vom 17. Dezember 1906 mit Nachtrag 26.01.1907. 14 14 Kopie vom Original, Museum im Wasserwerk, Berlin-Friedrichshagen 10
Plan vom September 1908. 15 15 Kopie vom Original, Museum im Wasserwerk, Berlin-Friedrichshagen 11
Aufnahme um 1925: Außenansicht Pumpwerk Johannisthal, Maschinenhaus, im hinteren Teil der Wagenschuppen. 16 Aufnahme 10. Juli 2009. 16 Foto Archiv Berliner Wasserwerke, Berlin-Friedrichshagen. 12
Der Vergleich beider Aufnahmen lässt vermuten, dass das Pumpwerk aufgrund der Kriegseinwirkungen stark verändert, umgebaut und vergrößert wurde. Ursprünglich hatte die Pumpstation-Maschinenhaus eine 203 qm Grundfläche. Aufnahme um 1925: Innenansicht des Pumpwerks, Maschinenraum. 17 Links neben dem Pumpwerk befand sich in den 50er Jahren ein Baustoffhandel. Eins stand dort ein 1943 zerbombtes Wohnhaus. 17 Foto aus dem Archiv Berliner Wasserwerke, Berlin-Friedrichshagen. 13
Neben der Pumpenstation, später Pumpwerk Johannisthal genannt, stand das eines von vielen Häusern der Johannisthaler Bauernfamilie Carl Mette, gebaut 1850. Links der Eingang zum späteren Pumpwerk Aufnahme um 1903 Friedrichstraße 7, heute Winckelmannstraße 32. Aufnahme um 1952 Winckelmannstraße 32. 14
Beide Zeichnungen von der Winckelmannstraße 32 aus früheren Zeiten. 18 18 Beide Fotos aus der Privatsammlung von Eberhard Drescher, Vorsitzender des Fördervereins für das Museum Treptow e.v. 15
Aufnahme um 1988, Winckelmannstraße 32. 19 Aufnahme 10. Juli 2009, Winckelmannstraße 32, links Einfahrt zum Pumpwerk Nr. 36. 19 Foto aus der Privatsammlung von Eberhard Drescher, Vorsitzender des Fördervereins für das Museum Treptow e.v. 16
Im Buch Johannisthal in Berlin wird zur Winckelmannstraße 32-36 beschrieben: Die große Familie Mette (Auguste, Carl, Julius Wilhelm u.a.) war in Johannisthal alteingesessen, die meisten waren Bauern, die schon um 1900 viele Felder bewirtschafteten. So konnten sie sich nach und nach mehrere Häuser bauen. Dazu gehörte auch das Bauernhaus Winckelmannstraße 32, ein früheres Kolonistenhaus (um 1800). Hier wohnte der Pumpenmette, weil vor dem Haus eine öffentliche Trinkwasserpumpe stand. An der Rückseite seiner Stallungen wurden bei dem Umbau 1870/80 Rundbogenblendfenster und Ziersetzungen angebracht, die heute noch zu erkennen sind. 20 Im Jahre 1976 kaufte das Ehepaar W. das Haus von der Familie Mette. Es stand nicht unter Denkmalschutz. Die unteren Räume wurden durch sie ab 1988 bis kurz nach der Wende als Eis-Cafe Johannisthal bewirtschaftet. Danach wurden die Räume und die auf dem Hof befindlichen Gebäude an verschiedene Nutzer vermietet. Heute stehen die unteren Räume leer, Das Ehepaar W. wohnt in den oberen Räumen des Hauses. Die ehemaligen hofseitigen Stallungen sind an einen Getränkehandel vermietet. Auch das Haus in der heutigen Winckelmannstraße 73 gehörte Carl Mette. Im Volksmund wurde er auch Millionen-Mette genannt. Das Haus mit der Dachgiebel-Inschrift C.M Anno 1903, zeugt noch heute von einem gewissen Wohlstand. Die Felder von der Familie Mette lagen westlich der Massante-Brücke am Teltowkanal. 20 Aus dem Buch Johannisthal in Berlin, Herausgegeben vom Förderverein für das Museum Treptow e.v., 2003, Seite 36. 17
Aufnahmen von den Gebäuden des stillgelegten alten Pumpwerkes: (10. Juni 2009) 18
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Literatur und Quellen: - Berliner Wasserbetriebe, Bereich Unternehmenskommunikation, Dieter Lange, Tel: 030/ 8644-7852, dieter.lange@bwb.de, Museum im Wasserwerk, Müggelseedamm 307, 12587 Berlin, www.museum-imwasserwerk.de - Berliner Wasserbetriebe, Entstörungsdienst Süd, AE-P/D/S, Dirk Buhne, Tel: 030/ 8644-60016 (Schlüssel für das Altwerk-Pumpwerk Johannisthal) - Berliner Wasserbetriebe, Öffentlichkeitsarbeit, Alin Inekci, Tel: 030-8644- 6801 - Maria Stephan, Heimatmuseum Treptow, Ausarbeitung zum Alten Friedhof in Johannisthal, Juli 2009 - Buch Johannisthal in Berlin, Herausgegeben vom Förderverein für das Heimatmuseum Treptow e.v., 2003 - Dokumentation Treptower Friedhöfe, AWO-Projekt 1997 über Treptower Begräbnisstätten. - Familie W., Winckelmannstraße 32 - Heimatmuseum Treptow-Köpenick, Teltower Kreisblatt vom 8. Mai 1912 - Als in Johannisthal der Motorflug begann.., Günter Schmitt, Herausgeber Rat des Stadtbezirks Berlin-Treptow, Schriftreihe Treptower Historische Hefte, 1987 Abbildungen: Die nicht im Text gekennzeichneten Abbildungen sind aus der Privatsammlung von Alexander Kauther. 22
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