Compliance und Hinweisgebersystem



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NR. 2 SEPTEMBER 2012 WWW.BDO.DE GKV-NEWSLETTER 2 Jahre neue Rechnungslegung Bilanzierung von Schadenersatzansprüchen Compliance und Hinweisgebersystem Zusatzversicherungen und Steuerpflicht Editorial Sehr geehrte Damen und Herren, auch in der zweiten Ausgabe unseres GKV-Newsletters wollen wir Sie kurz und prägnant über aktuelle Themen rund um die gesetzliche Krankenversicherung informieren. In dieser Ausgabe widmen wir uns einer ersten Bewertung von zwei Jahren neuer Rechnungslegung. Darüber hinaus gehen wir auf die Bilanzierung von Schadenersatzansprüchen sowie das zunehmend im Interesse stehende Thema Compliance und hier speziell das Hinweisgebersystem ein. Zu guter Letzt wenden wir uns einem Steuerthema zu. Anhand dessen zeigen wir auf, dass gewonnene wirtschaftliche Freiheit auch neue Herausforderungen mit sich bringt; und das u. U. in Bereichen in denen man es nicht sofort vermutet hätte. Nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit und lassen Sie die Themen und deren Bedeutung für Ihre Krankenkasse auf sich wirken! Gerne greifen wir für zukünftige Ausgaben auch Ihre Wünsche und Vorschläge auf. IHR BDO-GKV-TEAM ÜBER BDO BDO zählt zu den führenden Gesellschaften für Wirtschaftsprüfung und prüfungsnahe Dienstleistungen, Steuerberatung und wirtschaftsrechtliche Beratung sowie Advisory Services. An 25 Standorten in Deutschland betreut BDO national und international agierende Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen vom Mittelständler bis zum DAX- Unternehmen. Zum Kreis der Mandanten gehören darüber hinaus kommunale Auftraggeber, Einrichtungen der öffentlichen Hand sowie Privatpersonen. Insgesamt sind in Deutschland über 1.900 Mitarbeiter tätig. www.bdo.de

2 GKV Nr. 2/2012 1. ZWEI JAHRE NEUE RECHNUNGSLEGUNG ERFAHRUNGEN UND AUSBLICK Seit dem 1. Januar 2010 gelten für die Rechnungslegung von gesetzlichen Krankenkassen die Vorschriften des 77 Abs. 1a SGB IV, mit denen eine einheitliche und transparante Rechnungslegung geschaffen werden soll. Vom Gesetzgeber war dabei beabsichtigt, durch einen prinzipienbasierten Ansatz in Verbindung mit dem regelbasierten Ansatz der Kontenrahmenbestimmungen sowie den einzelnen Verordnungen (SVRV, SRVwV, SVHV) einen vollständigen Handlungsstrang für die Rechnungslegung zu konzipieren. Dabei zeigt sich zwei Jahre nach der Gesetzesnovellierung, dass aufgrund der Vielzahl der Regelungen nicht immer ein rundes Gesamtbild gelungen ist. Dies ist deutlich an der Regelung hinsichtlich der Bilanzierung von sogenannten geringwertigen Wirtschaftsgütern zu sehen. Während die Verordnung ein Wahlrecht zur Bildung eines Sammelpostens einräumt ( 11 Abs. 1a SVRV), sehen die Kontenrahmenbestimmungen nach deren Wortlaut eine Pflicht zur Bildung eines entsprechenden Sammelpostens vor: Nach 11 Abs. 1a SVRV wird für Gegenstände der beweglichen Einrichtung, deren Anschaffungs oder Herstellungskosten ohne Umsatzsteuer den Wert von 150 Euro, aber nicht 1 000 Euro übersteigen, im Jahr der Anschaffung ein Sammelposten gebildet. (Zu 071, Nr. 7). Desweiteren zeigt sich, dass die vielfältigen Bestimmungen zum Anhang einen weiten Beurteilungsspielraum zulassen. Vor allem die Angaben zu den nicht bilanzierungspflichtigen Sachverhalten (Ziff 4.2. des Anhang bzw. 29a Abs. 2 Nr. 3a. SRVwV) werden von den Krankenkassen unterschiedlichst interpretiert. Es wäre wünschenswert, dass der Gesetzgeber bzw. das BMG die aktuellen Vorgaben konkretisiert, um den Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechnungslegung auch in diesem Bereich zu gewährleisten. Versorgung) und Rechtsprechung (z.b. Unzulässigkeit der Null-Retaxierung im Arzneimittelbereich wegen Nichtumsetzung der Rabattverträge) insbesondere im Leistungsbereich vollständig in der Jahresrechnung zu berücksichtigen. Die Sicherstellung eines vollständigen Ansatzes der Verpflichtungen in der Jahresrechnung erfordert neben entsprechenden organisatorischen Vorkehrungen in den Fachabteilungen (z.b. durch eine Vertragsdatenbank) insbesondere die laufende Kommunikation zwischen den Fachabteilungen und dem Finanz- und Rechnungswesen. Die Kommunikationswege und dessen Formalisierungsgrad sollten dabei abhängig von der Größe und Struktur der einzelnen Krankenkasse gestaltet werden. Dies kann beispielsweise von monatlichen Abteilungsrunden bis hin zu einem formalisierten Berichtswesen reichen. BDO berät Sie gerne bei möglichen Zweifelsfragen im Rahmen der Auslegung der Rechnungslegungsbestimmungen und zeigt Ihnen den bilanzpolitischen Spielraum Ihrer Krankenkasse auf. Sollten Sie Handlungsbedarf in Ihrer Krankenkasse im Rahmen einer Optimierung der organisatorischen Strukturen sehen oder sollten sich Fragen zu einem möglichen Umsetzungskonzept ergeben haben, zögern Sie nicht uns anzusprechen. WP StB Hans-Jürgen Haverkamp Telefon: 040 30293-248 hans-juergen.haverkamp@bdo.de Aber auch auf Seiten der Krankenkassen sind in dem einen oder anderen Bereich noch Massnahmen zu ergreifen, um den organisatorischen Anforderungen durch die neuen Rechnungslegungsvorschriften gerecht zu werden. Vor allem die Berücksichtigung des Grundsatzes des wirtschaftlichen Verursachungsprinzips erfordert eine abgestimmte Kommunikation zwischen den einzelnen Akteuren und Abteilungen in der Organisationsstruktur der Krankenkassen. Nur so ist es möglich, aktuelle vertragliche Entwicklungen (z.b. im Bereich der ambulanten

3 GKV Nr. 2/2012 2. DIE BILANZIERUNG VON SCHADENERSATZ- ANSPRÜCHEN KEINE ZWEIFEL? Nach 77 Abs. 1a SGB IV hat die Jahresrechnung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Krankenkasse zu vermitteln ( true and fair view ). Hierbei stellt insbesondere die Behandlung von Schadenersatzansprüchen eine komplexe Herausforderung im Rahmen der Jahresrechnungserstellung dar. Dazu gehören insbesondere die Forderungen aus Ansprüchen gegen Schadenersatzpflichtige nach 116 SGB X, die nach den Kriterien Ansatz, Bewertung und Ausweis zu beurteilen sind. Forderungen sind zu aktivieren, sofern sie realisiert sind. Dabei ist der Realisationszeitpunkt maßgeblich. Grundsätzlich entsteht der Schadenersatz zum Zeitpunkt der Schädigung; allerdings wird eine objektive Rekonstruktion des Herganges und der Klärung der Schuldfrage, z. B. durch die Auswertung eines Unfallfragebogens, sowie eine Bezifferung des Schadensumfangs i. d. R. nicht bis zur Aufstellung der Jahresrechnung möglich sein. Eine Aktivierung getreu dem Motto es ist nicht auszuschließen, dass wir eine Forderungen haben (Luftforderung) ist mit dem Realisationsprinzip ( 77 Abs. 1a S.3 Nr. 4 SGB IV) nicht zu vereinbaren. Zwar scheinen die Kontenrahmenbestimmungen zu 022 bis 024 Nr. 2 dazu aufzufordern, dem Grunde und der Höhe nach zweifelhafte Forderungen spätestens bei der Aufstellung der Jahresrechnung anzusetzen, dies kann sich jedoch nicht auf rein mögliche Forderungen beziehen, da diese Vorgehensweise zu reinen Luftforderungen führen würde. Auch durch eine 100%ge Wertberichtigung würde man keine GoB-Konformität erreichen. Selbst bei einer vollständig wertberichtigten Forderung besteht die Möglichkeit einer Zahlung durch den Schuldner, was dem Charakter einer Luftforderung widersprechen würde. Im Bereich der Forderungen aus dem Aufftragsgeschäft sieht der Kontenrahmen (KR zu 02 Nr. 2) auch entsprechende Mindestanforderungen vor. Diese Forderungen sind nur dann zu erfassen, wenn sie der Krankenkasse gegenüber dem Auftraggeber zustehen. Gründe, weshalb die hier implizierte Voraussetzung des Vorliegens eines Anspruchs dem Grunde nach nicht grundsätzlich für alle Forderungen Geltung haben soll, können indes naturgemäß nicht gefunden werden. Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass mit der Begrifflichkeit zweifelhaft lediglich zum Ausdruck gebracht wird, dass Forderungen auch dann anzusetzen sind, wenn der Anspruchsgegner diese zwar bezweifelt, dies allerdings nicht substantiiert vorbringen kann. Die Anspruchsklärung stellt den Bilanzierenden somit insbesondere bei Schadenersatzansprüchen regelmäßig vor große Herausforderungen. Neben dem hohen fachlichen Know-how des Bilanzierenden kommt es in der Praxis insbesondere auf die Kommunikation mit den entsprechenden Fachabteilungen und der Ausgestaltung des Forderungsmanagements an. WP StB Tim Juskowiak, Telefon 040 30293-383, tim.juskowiak@bdo.de 3. DAS HINWEISGEBERSYSTEM ALS TEIL DES COMPLIANCEMANAGEMENT-SYSTEMS Wirtschaftskriminelle Handlungen von Mitarbeitern wie beispielsweise Korruption oder Untreue sind häufig nur schwer aufzudeckende Taten, die Krankenkassen im erheblichen Maße schädigen können. Der entstehende Schaden kann neben einer unmittelbaren finanziellen Dimension auch in der Schädigung der Reputation bestehen, wie die jüngste Vergangenheit bei privaten Versicherungsunternehmen eindrucksvoll gezeigt hat. Leider lässt sich oben genanntes Fehlverhalten nicht durch ein funktionierendes internes Kontrollsystem gänzlich verhindern. Aus diesem Grund sind Informationen von Dritten für ein Compliancemanagementsystem von erheblicher Bedeutung. Dritte im Sinne von Hinweisgebern (häufig auch Whistleblower genannt) können bspw. Kollegen, Geschäftspartner oder Personen aus dem persönlichen Umfeld des Täters sein. Allerdings zeigt sich in der Praxis, dass sich viele Personen davor scheuen, Kenntnisse über derartige Delikte an das Unternehmen oder sonstige Stellen weiterzugeben. Die Gründe hierfür sind vielfältig, wobei falsch verstandene Loyalität und insbesondere die Angst vor persönlichen Nachteilen als die wesentlichen Motive genannt werden können. Persönliche Nachteile reichen hierbei von der Ausgrenzung des Nestbeschmutzers durch die Kollegen bis hin zu arbeitsrechtlichen Sanktionen und Schadenersatzansprüchen des Arbeitgebers. Denn in der Tat besteht in Deutschland anders als in den USA oder Großbritannien in denen Hinweisgeber einen gesetzli-

4 GKV Nr. 2/2012 chen Schutz genießen eine potentielle Gefahr für den Hinweisgeber. Um die Hemmschwelle für einen Hinweisgeber nachhaltig zu senken, ist es daher notwendig dem (potentiellen) Hinweisgeber Wertschätzung entgegenzubringen und dessen Schutz so weit wie möglich zu gewährleisten. Hierzu gehört zunächst die kasseninterne Kommunikation, dass es sich beim Hinweisgeben um ein gewünschtes Verhalten handelt, das kein ehrenrühriges Verpetzen, sondern einen Schutz für die Krankenkasse und die ehrlichen Kollegen darstellt. Der wesentliche Punkt ist jedoch die Installation eines sinnvoll gestalteten Hinweisgebersystems, welches der einzelenen Person ermöglicht, vertraulich über Fehlverhalten zu berichten. Allerdings kann ein solches System auch nur dann den gewünschten Erfolg erreichen, wenn die potentiellen Hinweisgeber darüber informiert sind, welches Verhalten als inakzeptabel und meldewürdig zu werten ist. Als Informationswege kommen u. a. Telefonhotlines, Emails, Postkästen oder internetbasierte Kommunikationsplattformen in Frage. Für viele Hinweisgeber ist es wichtig, ihre Informationen anonym geben zu können. Auch dies sollte bei der Auswahl des Informationsweges ggf. Berücksichtigung finden. Die mit der Entgegennahme der Hinweise betrauten Stellen können durch interne Mitarbeiter der Krankenkasse(bspw. Compliance- oder Korruptionsbeauftragte) oder externe Personen geführt werden. Bei der externen Funktionsübernahme werden häufig Berufsträger bzw. Mitarbeiter von Rechtsanwaltkanzleien oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften als Ombuds-leute eingesetzt, die über eine Telefonhotline, via Email oder internetbasierte Kommunikationsplattform kontaktiert werden können. Durch die berufliche Verschwiegenheitspflicht und dem Zeugnisverweigerungsrecht besteht hier für den Whistleblower die Sicherheit, dass die Informationen vertraulich behandelt werden und sofern gewünscht der Informationsgeber anonym bleiben kann. Das Berichts- und Meldeverfahren kann auch Rückfragen oder Benachrichtigungen an den Whistleblower vorsehen. Insofern ist festzulegen, ob lediglich eine Informations- oder gar eine Kommunikationsplattform geschaffen werden soll. Desweiteren legt die Wahl des Informationsweges auch den Informantenkreis fest, d. h. ob durch das Hinweisgebersystem auch gezielt externe Personen angesprochen werden sollen. Es wird deutlich, dass die Auswahl zwischen den einzelnen bzw. die Kombination der verschiedenen Informations- und Kommunikationswegen entscheidend für die Akzeptanz und die Effektivität des Hinweisgebers- und Compliancemanagementsystems ist. Dabei hat jede der genannten Möglichkeiten Vorund Nachteile womit sich eine pauschale Aussage zur anzuwendenden Informations- und Kommunikationsplattform verbietet. Vielmehr ist die optimale Lösung eine individuelle Entscheidung, die die Struktur und Organisation der jeweiligen Krankenkasse berücksichtigen muss. Natürlich unterstützen wir Sie gern mit unseren Erfahrungen bei der Entscheidungsfindung und sind auch für alle weiteren Fragen rund um das Thema Compliance und Compliancemanagementsystem für Sie ein kompetenter Ansprechpartner. CIA Torben Fischer, LL. M. Telefon: 040 30293-603 torben.fischer@bdo.de 4. STEUERPFLICHT BEI VERMITTLUNG PRIVA- TER ZUSATZVERSICHERUNGEN Mit den durch das GKV-Modernisierungsgesetz eingeführten rechtlichen Rahmenbedingungen können gesetzliche Krankenkassen mit entsprechender Satzungsregelung in Kooperation mit privaten Versicherungsunternehmen Zusatzversicherungen vermitteln. Als Gegenstand dieser Zusatzversicherungen kommen aktuell alle Leistungen in Frage, die den gesetzlichen Krankenversicherungsschutz ergänzen, insbesondere Ergänzungstarife zur Kostenerstattung, Wahlarztbehandlung im Krankenhaus, Ein- oder Zweibettzuschlag im Krankenhaus sowie eine Auslandskrankenversicherung ( 194 Abs. 1a S. 2 SGB V). Ähnliches gilt auch für die gsetzliche Pflegeversicherung ( 47 Abs. 2 SGB XI). Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts unterliegen im Rahmen der Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben nicht der Gewerbe-, Körperschaft- und Umsatzsteuer. Dieses Privileg gilt aber nicht für deren Betriebe gewerblicher Art (BgA). Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein BgA bereits dann vorliegen kann, wenn keine

5 GKV Nr. 2/2012 Gewinnerzielungsabsicht besteht. Der Bezug von Einnahmen kann für das Entstehen eines BgA ausreichend sein. Durch Beschluß des Bundesfinanzhofs (BFH) wurde bereits 2010 entschieden, dass Krankenkassen einen BgA unterhalten, wenn private Zusatzversicherungen gemäß 194 Abs. 1a SGB V vermittelt werden und wenn hierfür eine Aufwandsentschädigung von der privaten Krankenversicherung entrichtet wird. Als Konsequenz hieraus sind umfassende Aufzeichungpflichten durch die betroffenen Krankenkassen zu erfüllen und für Zwecke der Besteuerung Steuererklärungen einzureichen. Dies gilt unabhängig davon, dass aufgrund der restriktiven Rundschreiben des BVA zur Höhe möglicher Aufwandsentschädigungen nur in Ausnahmefällen ein steuerpflichtiger Gewinn verbleiben wird. Eine Gewinnerzielungsabsicht wird somit bei gesetzlichen Krankenkassen regelmäßig zu verneinen sein. Für Zwecke der Körperschaftsteuer ist für den BgA Versicherungsvermittlung eine Gewinnermittlung vorzunehmen. Ob hierzu eine umfassende Buchführung einzurichten ist, oder ob eine vereinfachte Gewinnermittlung (Einnahmen- Überschußrechnung) erstellt werden kann, ist im Einzelfall zu untersuchen. In diesem Zusammenhang tangiert auch die E-Bilanz die Krankenkassen, da sie für ihre BgA verpflichtet sein können, Bilanzen in elekronischer Form an die Finanzverwaltung zu übermitteln (vgl. GKV Newsletter 1/2011). Gewerbesteuer unterliegen. Dies ist jedoch für jede Krankenkasse gesondert und im Einzelfall zu untersuchen. Regelmäßig wird die Vermittlungstätigkeit der Krankenkassen jedoch unter die einschlägigen Befreiungsvorschriften des Umsatzsteuergestzes fallen, was in jedem Einzelfall zu untersuchen wäre. Unabhängig davon können jedoch Aufzeichnungspflichten z. B. über die Höhe der steuerfreien Umsätze bestehen, welche die Krankenkasse im Einzelfall zu erfüllen hat. Kommt die Krankenkasse ihren Aufzeichnungs - und Steuererklärungspflichten nicht nach, kann dies zu Sanktionen durch die Finanzverwaltung führen. Es besteht beispielsweise die Gefahr, dass bei einer nicht vorgenommenen Gewinnermittlung für den BgA Versicherungsvermittlung die Finanzverwaltung eigene Schätzungen vornimmt mit den sich hieraus ergebenen negativen Auswirkungen für die betroffenen Krankenkassen. Sollten Sie im Rahmen Ihres Geschäftsmodells der Zusatzversicherungen noch weitere Fragen haben, können Sie uns gerne ansprechen. WP StB Jan Kaletta Telefon: 040 30293-526, jan.kaletta@bdo.de Mangels Gewinnerzielungsabsicht wird der BgA Versicherungsvermittlung regelmäßig nicht der 5. BDO AKTIV IM IDW ARBEITSKREIS RECH- NUNGSLEGUNG GESETZLICHER KRANKEN- KASSEN VERTRETEN Die BDO ist mit ihrem langjährigen Mitarbeiter und Leiter des BDO Competence Center GKV, Herrn WP StB Hans-Jürgen Haverkamp im IDW- Arbeitskreis Rechnungslegung gesetzlicher Krankenkassen aktiv vertreten. Herr Haverkamp kann hierbei auf seine jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der Prüfung und Beratung von gesetzlichen Krankenkassen zurückgreifen und damit maßgeblich bei der Fortentwicklung der Berufsstandards mitwirken. AKTUELLE BDO-VERANSTALTUNGEN Die E-Bilanz heute, morgen und übermorgen 20.09.2012, Saarbrücken E-Bilanz: So gelingt die Umstellung 10.10.2012, Berlin Fraud Management Konferenz 06.12. - 07.12.2012, Hamburg Bei Interesse schicken wir Ihnen gern weitere Information zu. Martina Karkossa. Telefon: 040 30293-208 martina.karkossa@bdo.de