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Transkript:

LANDESSOZIALGERICHT NIEDERSACHSEN-BREMEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL L 4 KR 535/11 S 3 KR 134/10 Sozialgericht Osnabrück Zugestellt am: 02.12.2014 A. Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In dem Rechtsstreit B. - Kläger und Berufungskläger - Prozessbevollmächtigte: C. gegen D. - Beklagte und Berufungsbeklagte - hat der 4. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen ohne mündliche Verhandlung am 25. November 2014 in Celle durch den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht E., den Richter am Landessozialgericht F., die Richterin am Landessozialgericht G. sowie den ehrenamtlichen Richter H. und die ehrenamtliche Richterin I. für Recht erkannt: Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Kosten für Zahnersatz, u.a. auch Implantate. Der im Jahre 1948 geborene Kläger war bis zum 31. Oktober 2009 freiwilliges Mitglied der Beklagten. Mit Schreiben vom 25. November 2009 bat er um Kostenerstattung für die Liquidation seiner Zahnärztin, Frau Dr. J.. Er fügte eine Rechnung der behandelnden Zahnärztin über den Betrag von 7.402,17 Euro bei. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 1. Dezember 2009 die Kostenübernahme ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die vom Kläger gewählte Kostenerstattung sich nur auf sog. Kassenleistungen beziehe und nicht auf Privatleistungen, wie sie bei ihm durchgeführt worden seien. Darüber hinaus müsse die Notwendigkeit von Zahnersatz durch einen sog. Heil- und Kostenplan nachgewiesen und dieser vor Durchführung der Maßnahme der Krankenkasse zugeleitet werden. Diese prüfe dann die Notwendigkeit der Maßnahme. All dies sei vom Kläger versäumt worden. Dieser Bescheid wurde bindend. Mit Schreiben vom 27. Januar 2010 begehrte der Kläger erneut die Kostenerstattung und beantragte, den Bescheid vom 1. Dezember 2009 gem. 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aufzuheben. Mit Schreiben vom 1. Februar 2010 teilte die Beklagte daraufhin dem Kläger mit, dass der Bescheid vom 1. Dezember 2009 rechtskräftig geworden sei, zudem lägen die Voraussetzungen des 44 SGB X nicht vor. Auf den Widerspruch vom 3. Februar 2010 erläuterte die Beklagte mit Schreiben vom 9. Februar 2010 die Rechtslage über die Kostenerstattung gem. 13 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Nach dieser Vorschrift sei die Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistungen davon in Kenntnis zu setzen. Dazu sehe 12 Abs. 5 der Satzung der Beklagten vor, dass die Kasse schriftlich vor Beginn der Leistungen über die Wahl der Kostenerstattung zu informieren sei. Die Beklagte wies den Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 13. April 2010) zurück. Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben, die am 20. April 2010 beim Sozialgericht (SG) Osnabrück eingegangen ist. Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, dass er zum maßgeblichen Zeitpunkt freiwilliges Mitglied der Beklagten gewesen sei. Bereits Anfang 2009 habe sich die medizinische Notwendigkeit der Versorgung mit Zahnersatz ergeben. Der Heil- und Kostenplan der behandelnden Zahnärztin Dr. J. datiere vom 19. März 2009. Dieser liege ihm nicht mehr vor. Er sei lediglich im Besitz des in Kopie beigefügten Schreibens von Dr. J. vom 19. Seite 2/8

März 2009, der einen voraussichtlichen Festzuschuss von 1.011,39 Euro ausweise. Die Rechtsauffassung der Beklagten sei unzutreffend. Mit Gerichtsbescheid vom 21. Oktober 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nach Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen auch bei der Gewährung von Festzuschüssen für Zahnersatz ein besonderes Verfahren einzuhalten sei. Das Bewilligungsverfahren bei Zahnersatz beginne damit, dass der Vertragszahnarzt nach 87 Abs. 1a Satz 2 SGB V einen Heil- und Kostenplan erstelle. Dieser sei vor Beginn der Behandlung fertig zu stellen. Es müsse dann die Bewilligung durch die Krankenkasse abgewartet werden. Gem. 87 Abs. 1a Satz 4 SGB V habe die Krankenkasse den Heil- und Kostenplan vor dem Beginn der Behandlung insgesamt zu prüfen. Inhaltlich umfasse die Prüfung insbesondere die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der geplanten Maßnahme sowie die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen der Leistung. Falle die Prüfung positiv aus, bewillige die Krankenkasse die Festzuschüsse entsprechend dem im Heil- und Kostenplan ausgewiesenen Befund. Dieses Verfahren habe der Kläger gerade nicht eingehalten. Dabei lasse sich die Norm des 87 Abs. 1a SGB V auch nicht in dem vom Kläger gewünschten Sinne verstehen. Das Argument, die Regelung solle nicht die Krankenkassen schützen, sondern den Versicherten, erfordere es, dass vor Beginn der Behandlung überprüft werde, ob der Zahnarzt tatsächlich eine notwendige Versorgung vorschlage. Auf das zuvor genannte Prozedere habe selbst die behandelnde Ärztin im Schreiben vom 19. März 2009 hingewiesen. Darin heiße es, dass der Kläger den Heil- und Kostenplan zusammen mit den Anhängen bei der Krankenkasse einreichen solle. Nach der Prüfung erhalte er die Unterlagen zurück und erfahre den Festkostenzuschuss der Krankenkasse. Gegen den am 11. November 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger Berufung eingelegt, die am 18. November 2011 beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen- Bremen eingegangen ist. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Rechtsauffassung des SG zu 87 Abs. 1a SGB V nicht zutreffend sei. Darüber hinaus hätte die behandelnde Zahnärztin Dr. J. mit der Behandlung nicht beginnen dürfen oder aber ihn auf den vermeintlichen Mangel und die Möglichkeit des Verlustes des Anspruches auf den Festkostenzuschuss hinweisen müssen. Dies habe sie unterlassen. Diese fehlende Aufklärung müsse sich die Beklagte zurechnen lassen. Der Kläger beantragt sinngemäß nach seinem schriftlichen Vorbringen, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Osnabrück vom 21. Oktober 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 1. Dezember 2009 zu verurteilen einen Betrag in Höhe des Festzuschusses in Seite 3/8

Höhe von 1.011,39 Euro für die zahnärztliche Behandlung in der Praxis Dr. J. nach Maßgabe des Heil- und Kostenplanes zu Nr. 4865 vom 19. März 2009 zu erstatten. Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreits wird auf die Gerichts- sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind. Entscheidungsgründe Der Senat kann im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden. Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des SG Osnabrück vom 21. Oktober 2011 sowie der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2010 sowie der Bescheid vom 1. Dezember 2009 sind zutreffend. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung des Festzuschusses für seinen Zahnersatz gem. 55 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Darüber hinaus liegen auch die Voraussetzungen des 44 SGB X nicht vor. 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X lautet wie folgt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erworben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Seite 4/8

Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid vom 1. Februar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2010 zu Recht ausgeführt, dass die Voraussetzungen des 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht vorliegen. Der Verwaltungsakt vom 1. Dezember 2009 zeichnet sich dadurch aus, dass die Beklagte das Recht richtig angewandt und von einem Sachverhalt ausgegangen ist, der sich als richtig erweist. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 1. Dezember 2009 zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung des Festzuschusses nach 55 Abs. 1 Satz 1 SGB V hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Kläger es unterlassen hat, vor Behandlungsbeginn die Beklagte zu kontaktieren und einen Heil- und Kostenplan vorzulegen. Wie das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Entscheidung vom 30. Juni 2009, Az.: B 1 KR 19/08 (abgedruckt in juris), ausgeführt hat, fordert 87 Abs. 1a Satz 6 SGB V zwar nicht ausdrücklich, dass die Bewilligung des Festzuschusses vor der Behandlung zu erfolgen hat. Jedoch ergibt sich dies aus der Entstehungsgeschichte, dem Sinn und Zweck sowie dem systematischen Zusammenhang der Regelung. 55 SGB V ersetzte mit Wirkung vom 1. Januar 2005 30 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung. 30 Abs. 4 Satz 3 SGB V regelte in der ab dem 1. Januar 1999 geltenden Fassung, dass die im Heil- und Kostenplan vorgesehene Versorgung mit Zahnersatz vor Beginn der Behandlung der Genehmigung bedurfte. Mit der Einführung der befundbezogenen Festzuschüsse in 55 SGB V (durch Art. 1 Nr. 36 des Gesetzes vom 14. November 2003, BGBl I, 2190) wurden die Regelungen zum Heil- und Kostenplan in den neugeschaffenen Absatz 1a des 87 SGB V aufgenommen. Eine Änderung der Rechtslage sollte damit aber nicht verbunden sein. Vielmehr enthält die Gesetzesbegründung neben einer Erörterung zu den Neuregelungen den Hinweis, die Regelungen übernähmen ansonsten im Wesentlichen das geltende Recht. Zu 30 Abs. 4 Satz 3 SGB V (in der ab 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung) hatte das BSG (vgl. Urteil vom 25. März 2003, Az.: B 1 KR 29/03 R in SozR 4-1500, 55 Nr. 1 Rn. 10) ausgeführt, dass abweichend vom Regelfall der Krankenbehandlung bestehende Genehmigungserfordernis rechtfertige sich daraus, dass einerseits die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Zahnersatzversorgung anhand von Röntgenaufnahmen und Voruntersuchungen (Vitalitätsprüfung, Parodontosezustand usw.) gut vorab beurteilt werden könne, andererseits eine nachträgliche Prüfung nach Eingebung des fertigen Zahnersatzes auf besondere Schwierigkeiten stoße. Der mit der Vorlage des Behandlungsplans und dem Genehmigungserfordernis verfolgte Zweck entfalle, wenn die Zahnersatzversorgung bereits durchgeführt worden sei. Eine nachträgliche Genehmigung durch die Krankenkasse ergebe Seite 5/8

dann keinen Sinn mehr. Wie sich aus dem Regelungszusammenhang des 87 Abs. 1a Satz 2 bis 7 SGB V ableiten lässt, unterscheidet der Gesetzgeber zwischen Maßnahmen, die vor und nach der Behandlung erfolgen müssen. Nach Satz 4 der Bestimmung erfolgt die Prüfung des Heil- und Kostenplanes vor der Behandlung, während nach Satz 7 die Abrechnung der Festzuschüsse nach der Behandlung zu geschehen hat. Systematisch stellt sich die Bewilligung des Festzuschusses als Endpunkt und damit als Teil der Prüfung des Heil- und Kostenplanes dar. Sie hat daher in Anknüpfung in 87 Abs. 1a Satz 4 SGB V vor der Behandlung zu erfolgen. Damit scheidet ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers gem. 13 Abs. 2 SGB V aus, weil er den Heil- und Kostenplan nicht vorab zur Überprüfung der Beklagten vorgelegt hat (so der erkennende Senat schon im Urteil vom 18. Juni 2013, L 4 KR 412/10 m.w.n.). Ein Anspruch des Klägers lässt sich auch nicht aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen. Die Ansicht des Klägers, dass die behandelnde Zahnärztin ihn vor Behandlungsbeginn darüber hätte aufklären müssen, dass ein Heil- und Kostenplan bei der Beklagten zuvor einzureichen ist, ist hier nicht geeignet. Zum einen hat die behandelnde Ärztin bereits im Schreiben vom 19. März 2009 Folgendes ausgeführt: Reichen Sie bitte den Heil- und Kostenplan zusammen mit den Anhängen bei Ihrer Krankenkasse ein. Nach der Prüfung erhalten Sie die Unterlagen zurück und erfahren den Festkostenzuschuss der Krankenkasse. Damit hat die behandelnde Zahnärztin exakt das getan, was der Kläger von ihr fordert, nämlich ihn aufgefordert, den Heil- und Kostenplan bei der Beklagten einzureichen. Wenn sich der Kläger an dieses Prozedere nicht hält, so fällt dies in seinen eigenen Verantwortungsbereich. Folglich ist die behandelnde Zahnärztin nicht dafür verantwortlich, dass der Kläger den Heilund Kostenplan bei der Beklagten vor Behandlungsbeginn nicht eingereicht hat. Aus diesem Grund muss sich die Beklagte ein (Fehl-)Verhalten der Zahnärztin bereits aus tatsächlichen Gründen nicht zurechnen lassen. Aus diesem Grund kann dahingestellt bleiben, ob eine rechtliche Zurechnung des Verhaltens der behandelnden Zahnärztin auf die Beklagte überhaupt in Betracht kommt, wofür jedoch keine Anhaltspunkte bestehen. Die Kostenentscheidung folgt aus 193 SGG. Ein gesetzlicher Grund, die Revision zuzulassen, liegt nicht vor ( 160 Abs. 2 SGG). R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G U N D E R L Ä U T E R U N G E N ZUR P R O Z E S S K O S T E N H I L F E Seite 6/8

I. R E C H T S M I T T E L B E L E H RUNG Diese Entscheidung kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung schriftlich oder in elektronischer Form beim Bundessozialgericht einzulegen. Sie muss bis zum Ablauf der Monatsfrist beim Bundessozialgericht eingegangen sein und die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Die Beschwerde in schriftlicher Form ist zu richten an das Bundessozialgericht, Graf-Bernadotte-Platz 5, 34119 Kassel bzw. das Bundessozialgericht, 34114 Kassel (nur Brief und Postkarte).Die elektronische Form wird nur durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der "Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundessozialgericht" in das elektronische Gerichtspostfach des Bundessozialgerichts zu übermitteln ist. Die hierfür erforderliche Software kann über das Internetportal des Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (www.egvp.de) lizenzfrei heruntergeladen werden. Dort können auch weitere Informationen über die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden. Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen 1. Rechtsanwälte, 2. Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, 3. selbstständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder, 4. berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, 5. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, 6. Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder, 7. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nrn. 3 bis 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet. Die Organisationen zu den Nrn. 3 bis 7 müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Nrn. 1 bis 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass - die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder Seite 7/8

- die Entscheidung von einer zu bezeichnenden Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - ein zu bezeichnender Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht und eine Verletzung des 103 SGG nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. I I. E R L Ä U T E R U N G E N Z U R P R O Z E S S K O S T E N H I L F E Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen. Der Antrag kann von dem Beteiligten persönlich gestellt werden; er ist beim Bundessozialgericht schriftlich oder in elektronischer Form (s.o.) einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären. Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen; hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck ist kostenfrei bei allen Gerichten erhältlich. Er kann auch über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) heruntergeladen und ausgedruckt werden. Im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs ist der Vordruck in Papierform auszufüllen, zu unterzeichnen, einzuscannen, qualifiziert zu signieren und dann in das elektronische Gerichtspostfach des Bundessozialgerichts zu übermitteln (s.o.). Falls die Beschwerde nicht schon durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt ist, müssen der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den Belegen innerhalb der Frist für die Einlegung der Beschwerde beim Bundessozialgericht eingegangen sein. Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt. I I I. E R G Ä N Z E N D E H I N W E I S E Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um zwei weitere Abschriften. Dies gilt nicht im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs. (RMB LSG Entscheidung ohne zugelassene Revision (Inland) Stand 4/2012) E. F. K. Seite 8/8