VERHANDLUNGSPRAXIS KOMPAKT SLOWENIEN
Slowenien (Januar 2014) Eine persönliche Beziehung ist im Geschäftsverkehr wichtig Ljubljana/Berlin (gtai) - Slowenen sehen sich gern als Brücke zwischen West- und Osteuropa. Eine Orientierung hin zu westlichen Werten ist im Land tief verankert. Zu Beginn einer Geschäftsbeziehung sind die Menschen eher reserviert und auf formelle Geschäftskleidung sollte geachtet werden. Entscheidungen werden durch die persönliche Beziehung zum Partner geprägt. Das gemeinsame Essen ist ein wichtiger Bestandteil der Kultur, aber auch auf Pünktlichkeit wird Wert gelegt. Slowenien war eine der ehemals sechs jugoslawischen Teilrepubliken (Kroatien, Serbien, Slowenien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Mazedonien). Die kleine Alpenrepublik grenzt an Österreich, Ungarn, Kroatien, Italien sowie an die Adria und ist mit nur knapp 2,1 Mio. Einwohnern relativ klein. Zu den größten Städten zählen Ljubljana, Maribor, Kranj, Novo Mesto, und Celje. Die Slowenen haben seit 1991 erstmals in ihrer über tausendjährigen Geschichte in Mitteleuropa einen eigenen Staat und sind darauf mit Recht stolz. Im Habsburger Reich waren sie Wien direkt unterstellt und innerhalb Jugoslawiens die westlichste und am weitesten entwickelte Teilrepublik. Heute versteht sich Slowenien vor allem als Brücke zum Westbalkan. Es ist in der Region als das Land mit der geringsten Korruption eingestuft und grenzt sich entsprechend vom Westbalkan ab. Seit 2004 gehört das Land zur EU und hat seit 2007 als erstes ehemals sozialistisches Land den Euro als Zahlungsmittel. Die Wirtschaft steckt seit 2009 tief in einer Rezession. Frühestens ab Mitte 2014 wird mit einem leichten Wachstum gerechnet. Voraussetzung ist aber, dass der Staat die Krise im staatlichen Banken- und Unternehmenssektor in den Griff bekommt und umfassende Wirtschaftsreformen durchsetzen kann. Die Binnennachfrage wird voraussichtlich auch 2015 noch schrumpfen. Deutschland und Italien waren 2012 Sloweniens wichtigste Lieferländer. Mit einem Importvolumen von über 4,6 Mio. Euro rangierte Deutschland im Ranking der Abnehmerstaaten auf Platz eins. Aus Slowenien eingeführt werden hauptsächlich Kfz und -Teile, Elektrotechnik sowie Maschinen. Das Land importiert von seinem deutschen Nachbarn im Wesentlichen chemische Erzeugnisse, Maschinen sowie Kfz und -Teile. Slowenien ist auf Platz 34 bei den deutschen Einfuhren und auf Rang 42 bei den Ausfuhren. Kultureller Hintergrund Slowenien war bei Weitem die wohlhabendste jugoslawische Teilrepublik und auch nach dem Ausscheiden aus Jugoslawien wirtschaftlich zunächst noch sehr erfolgreich. In der Wirtschaftskrise zeigten sich jedoch die Schwächen der vom alten System erhalten gebliebenen Strukturen, die sich nun nicht zuletzt in einer bislang nicht gekannten hohen Arbeitslosigkeit widerspiegeln. Über die Hälfte der Slowenen sind römisch-katholisch. Bis auf kirchliche Feiertage hat die Religion allerdings keinen Einfluss auf das Arbeitsleben. Aufgrund ihrer Religionsgeschichte ist die Gesellschaft auch weniger konservativ-katholisch geprägt wie zum Beispiel die kroatische. Im Land leben knapp 90% Slowenen, etwa 10% der Bevölkerung gehören anderen Gruppen (Italiener, Ungarn, Roma, Kroaten, Serben, Albaner und Muslime) an. Die Zugehörigkeit spielt im Arbeitsleben keine Rolle, wenn der Mitarbeiter fließend slowenisch spricht. Vorbehalte gegen in Slowenien lebende Germany Trade & Invest www.gtai.de 1
Slowenien (Januar 2014) orthodoxe Serben gibt es - anders als in Kroatien - nicht. Die Slowenen sind stark an einer engen Zusammenarbeit mit den Ländern des Westbalkans interessiert. Ungelöste Fragen müssen noch mit Kroatien geklärt werden. Die Gesellschaft ist nach wie vor etwas patriarchalisch geprägt. Noch immer arbeiten nur wenige Frauen im Topmanagement und ihre Bezahlung ist generell geringer als die ihrer männlichen Kollegen. Junge Frauen sind heute aber in der Regel gut ausgebildet und streben eine eigenständige Berufstätigkeit und Karriere an. Vor allem im öffentlichen Dienst kommen sie zunehmend zum Zuge. Regeln für den Geschäftskontakt Im Geschäftsleben ist formelle Kleidung angesagt. Slowenen verwenden in der Regel viel Aufmerksamkeit auf angemessene Kleidung, sowohl privat als auch beruflich. Sie schätzen es, wenn der Partner ein persönliches Interesse zeigt und sich nicht ausschließlich auf das Geschäft konzentriert. Dies lässt sich einfach in einem der vielen Cafés tun. Slowenen sind für die ihnen entgegengebrachte Aufmerksamkeit dankbar. Deadlines werden eingehalten, Pünktlichkeit ist wichtig und zeugt von Respekt. Es kann vorkommen, dass Slowenen bis spät am Abend arbeiten oder ihr Wochenende opfern, um ein Projekt rechtzeitig zu abzuschließen. Grundsätzliche Verhaltensweisen Slowenen erscheinen sehr anpassungsfähig, sie können sich gut auf ihren Partner einstellen. So werden auch Partner mit einem direkten Kommunikationsstil akzeptiert, wie er vor allem im Norden Deutschlands verbreitet ist, obwohl die Slowenen selbst indirekt kommunizieren. Der Distanzkreis, den Slowenen benötigen, hängt davon ab, wie gut sie die andere Person kennen. Freunde und Familie kommen sich deutlich näher als Kollegen, Kunden oder Fremde. Die Kommunikation mit Freunden und Familienmitgliedern ist zudem lauter und lebhafter als die mit Fremden. Fast jedes Thema ist dabei erlaubt. Ärger und andere negative Gefühle sollten in Slowenien nicht öffentlich gezeigt werden. Sprechen sie bei Unstimmigkeiten ihren slowenischen Partner persönlich und nicht in der Öffentlichkeit an. Slowenen kommunizieren Unstimmigkeiten eher indirekt durch ihr Verhalten. Sie vermeiden Augenkontakt und antworten nur sehr kurz. Kollegen, die länger zusammenarbeiten, sprechen sich häufig untereinander mit dem Vornamen an. Vorgesetzte werden formeller angeredet und es ist Sache des Chefs, die Anrede zu bestimmen. 2 Verhandlungspraxis kompakt
Bei Vorgesetzten und Managern werden auch in Slowenien Eigenschaften wie Führungsqualitäten, Erfolg, Bildung und Erfahrung geschätzt. Mitarbeiter zeigen nur indirekt, was sie von ihrem Vorgesetzten halten. Sind sie zufrieden, lassen sie es ihn wissen, mit Kritik sind sie allerdings zurückhaltend. Respekt, gute Bezahlung, ansprechende Arbeitsbedingungen und Karrieremöglichkeiten motivieren Arbeitnehmer. Im Vergleich zu anderen mittelosteuropäischen Ländern ist die Bezahlung hoch. Die bei abhängig Beschäftigten traditionell stark verbreitete Angst vor Verantwortung ist rückläufig. Immer häufiger entscheiden Mitarbeiter in täglichen Angelegenheiten selbst und werden auch in andere Entscheidungen einbezogen. Die Unternehmen sind im globalen Wettbewerb gezwungen, zügig gute Lösungen zu finden, um erfolgreich zu bestehen. Vorgesetzte haben durchweg ein offenes Ohr für Fragen und Ideen ihrer Mitarbeiter. Gleichbehandlung hat in der slowenischen Arbeitswelt einen hohen Stellenwert. Viele berufliche Positionen sind auch heute nur für Menschen mit Beziehungen erhältlich. Ein gutes Verhältnis zum Vorgesetzten kann dazu führen, dass ein Mitarbeiter Freunde oder Verwandte für einen zu besetzenden Job vorschlägt. Allerdings verstehen Slowenen auch, dass eine entsprechende Qualifikation gegeben sein muss. Die erste Begegnung mit dem Geschäftspartner Anfangs sind Begrüßungen eher formell und reserviert. Augenkontakt ist sehr wichtig, sowohl bei Freunden als auch bei Fremden. Die übliche Anrede ist das Sie. Berufliche oder akademische Titel werden mit dem Nachnamen benutzt. Willkommene Gesprächsthemen bei einem ersten Treffen sind das Herkunftsland, die Naturschönheiten Sloweniens, Fußball oder Winter- und Wassersport. Es macht einen guten Eindruck, Interesse am Partner zu zeigen. Kritik an Slowenien oder ein zu tiefes Eintauchen in politische Themen ist weniger ratsam. Slowenen schätzen Bescheidenheit und einfaches Auftreten, Angeberei und Prahlerei mit dem Erreichten kommen nicht gut an. Sie selber sprechen eher verhalten und erhöhen ihre Stimme nicht beim Reden. Sie sind höflich und respektvoll und unterbrechen ihren Partner nicht. Toleranz und das Unterlassen öffentlicher Kritik werden geschätzt. Humor kommt gut an, aber es kann sein, dass ein harmloses Foppen als abwertend verstanden wird. Solange Slowenen ihren Gesprächspartner nicht gut kennen, bleiben ihre Äußerungen eher vage, allgemein und nicht bindend anstatt direkt ablehnend. Der Aufbau einer persönlichen Beziehung ist sehr wichtig, um eine langfristige Geschäftsbeziehung zu entwickeln. Slowenen machen gern Geschäfte mit Menschen, die sie kennen. Germany Trade & Invest www.gtai.de 3
Slowenien (Januar 2014) Ablauf von Besprechungen In Verhandlungen versuchen Slowenen, Konfrontationen zu vermeiden. Sie bleiben eher vorsichtig, um nicht die Gefühle ihres Geschäftspartners zu verletzen. Die anfängliche Reserviertheit, die sie Fremden gegenüber an den Tag legen, schwindet so wie sie ihren Partner besser kennenlernen. Besprechungen fangen nach kurzen Small Talk an. Werten Sie das nicht als Zeitverschwendung, sondern punkten Sie, indem Sie darauf eingehen und selbst Fragen stellen oder auch von sich erzählen. Da Slowenen gern Geschäfte mit Personen machen, denen sie vertrauen, ist es wichtig, Zeit für ein persönliches Kennenlernen einzuplanen. Bis das geschäftliche Klima völlig entspannt ist, kann es einige Treffen dauern. Die Geschäftskultur ist eine Mischung aus deutscher Effizienz und italienischem Lebensgenuss. Entscheidungen werden oft aufgrund individueller Wertschätzung durch den Geschäftspartner getroffen. Sie können stärker auf persönlichen Ansichten beruhen als auf Fakten und sind in der Regel Sache des Topmanagements. Geschäftsessen Die kulturellen Einflüsse spiegeln sich auch im Essen wider, das mediterrane, alpine, osteuropäische und österreichisch-ungarische Einflüsse aufweist. Viele Familien stellen ihren Wein selbst her und destillieren Schnaps aus Obst. Die Mahlzeiten sind ein wichtiger Teil des gesellschaftlichen und des Familienlebens. Essen oder Kaffeetrinken mit Familie, Freunden, Kollegen oder Geschäftspartnern ist sehr beliebt. Slowenen sind gastfreundlich und laden ihren Partner nach einer Besprechung gern in ein Restaurant ein. Das ist eine gute Gelegenheit, das Gespräch fortzuführen und den Kontakt zu vertiefen. Sie erfahren, was Ihrem Partner wichtig ist und können auch persönlicher ins Gespräch kommen und mehr über Hobbies, Interessen und Ferienpläne erfahren. Der private Umgang Slowenen handeln sehr familienorientiert, Verwandte stehen einander nah und sind loyal zueinander. Noch vor zehn Jahren lebten verschiedene Generationen häufig miteinander unter einem Dach. Heute ziehen die jungen Familien aus und wohnen in den Städten. Der Sinn für ein schönes Zuhause ist sehr hoch und die Menschen verbringen viel Zeit mit Aktivitäten rund um das Heim wie Renovierung oder Gartenarbeit. Sind Sie von Ihrem Partner nach Hause eingeladen, bringen Sie der Gastgeberin Blumen und dem Gastgeber eine Flasche Wein mit. Geschenke sollten schön verpackt sein. Sie werden sofort geöffnet. Pünktlichkeit nimmt auch im privaten Bereich einen hohen Stellenwert ein und auch hierbei ist eher konservative, formelle Kleidung angebracht. Slowenen trennen Beruf und Privates. Bei einer familiären Einladung sollten daher nicht über das Geschäftliche gesprochen werden. 4 Verhandlungspraxis kompakt
Dos and Don ts Planen Sie Zeit ein, um Ihre Geschäftspartner kennenzulernen. Slowenen machen gern Geschäfte mit Menschen, die sie kennen und denen sie vertrauen. Zu beachten ist, dass Slowenen anfangs eher reserviert sind. Sie brauchen eine Weile, um aufzutauen. Entscheidungen können auf persönlichen Einschätzungen und aufgrund einer persönlichen Beziehung getroffen werden. Fakten und Zahlen gewinnen im zunehmend wettbewerbsorientierten Umfeld aber an Bedeutung. Seien Sie pünktlich und respektvoll. Bleiben Sie geduldig und zeigen Interesse an Land und Leuten. Vermeiden Sie, über die noch immer offenen Fragen mit dem Nachbarland Kroatien zu reden. Auch die Rechte der Slowenen in Kärnten sind ein heißes Eisen. Kontaktanschriften Deutsch-Slowenische Industrie- und Handelskammer Slovensko-nemska gospodarska zbornica Poljanski nasip 6, 1000 Ljubljana Telefon: 00386 1/252 88-60, Fax: -69 E-Mail: ahk@ahk.slo.si; Internet: www.dihk.si Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Presernova 27, 1000 Ljubljana Telefon: 00386 1/479 03 00, Fax: -425 08 99 E-Mail: info@laibach.diplo.de; Internet: www.ljubljana.diplo.de Germany Trade & Invest www.gtai.de 5
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