Jahresbericht 215 Inhaltsübersicht A. Vorwort S. 3 B. Übersicht über die Arbeitsbereiche S. 4 C. Unterstützungsarbeit S. 5 Anlage: Ausgewählte Pressetexte
Finanzierung und Mitgliedschaften Die Arbeit des Frauennotrufs Mainz wird finanziert durch das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz RLP den Landkreis Mainz-Bingen die Stadt Mainz die Gemeinde Budenheim die Stadt Bingen die Stadt Ingelheim die Verbandsgemeinden Nieder-Olm und Heidesheim Bußgelder projektbezogene Fördermittel zur Durchführung von Einzelveranstaltungen Spenden Förderverein Frauennotruf Mainz e.v. Wir danken allen Unterstützerinnen und Unterstützern herzlichst für Ihr Engagement. Der Frauennotruf Mainz e.v. ist Mitglied: Landesarbeitsgemeinschaft der autonomen Frauennotrufe RLP Landesarbeitsgemeinschaft Heinrich-Böll-Stiftung RLP Die Onlineberatung wird gefördert durch die Mainz im August 216 Herausgeberin: Frauennotruf Mainz e.v. Kaiserstr. 59-61, 55116 Mainz Tel.: 6131 / 221213 e-mail: info@frauennotruf-mainz.de www.frauennotruf-mainz.de 2
A. Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, im Jahr 215 nahm das Thema Reform des 177 StGB weiter Fahrt auf. Im Oktober 215 fand in Mainz die landesweite Fachtagung Vergewaltigung verurteilen Schutzlücken schließen statt. Und trotz vieler anfänglicher Widerstände ist es gelungen: ein Gesetzesentwurf mit klarem Paradigmenwechsel hin zum Nein heißt Nein ist im Bundestag einstimmig verabschiedet worden! Aber auch zu anderen aktuellen Themen wurden Stellungnahmen und Pressemitteilungen verfasst und Interviews gegeben, beispielsweise zu den Übergriffen in einer Mainzer Kindertagesstätte und zu dem Themenbereich Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Mit zahlreichen Fachvorträgen und Fortbildungsangeboten für spezifische Berufsgruppen wurde über spezielle Aspekte oder den kompletten Themenbereich Sexualisierte Gewalt aufgeklärt und MultiplikatorInnen geschult. Ergänzt wurde die Aufklärungsarbeit durch Präventionsangebote für Jugendliche z.b. zum Thema Sicherheit im Netz - und Wendo-Kurse. In der zweiten Hälfte des Berichtsjahres konnte mit einer Projektförderung der ARD Fernsehlotterie mit dem Aufbau einer Online-Beratung begonnen werden. Fragen der technischen, grafischen und inhaltlichen Gestaltung standen im Vordergrund, eine erste Schulung der haupt- und ehrenamtlichen Frauennotruf-Mitarbeiterinnen fand statt. Grundlegend sowohl für die präventive und politische als auch die Unterstützungsarbeit ist eine weitreichende Vernetzung mit anderen Fachstellen. Dies geschah auch 215 sowohl in Form von Einzelkooperationen als auch durch aktive Gremienarbeit auf regionaler und überregionaler Ebene. Neben aktuellen Fragen und Entwicklungen wurde im Berichtsjahr weiter zu Themen wie Sexualisierte Gewalt an Frauen mit Beeinträchtigungen, Sexualisierte Gewalterfahrungen älterer und alter Frauen, Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, Psychosoziale Prozessbegleitung und medizinische Versorgung von Frauen nach Vergewaltigung gearbeitet. Die Vielzahl der Arbeitsbereiche macht deutlich, dass der Frauennotruf Mainz als Fachstelle zum Thema Sexualisierte Gewalt an Frauen neben der Unterstützung betroffener Frauen und Mädchen und deren Vertrauenspersonen weitaus mehr leistet. Das Ziel der Arbeit ist jedoch das gleiche: die Verbesserung der Situation von (gewaltbetroffenen) Frauen und Mädchen. 3
B. Übersicht über die Arbeitsbereiche Die Arbeit des Frauennotrufs besteht aus einem System von unterschiedlichen Arbeitsbereichen, die darauf abzielen, sexualisierter Gewalt auf individueller, gesellschaftlicher und politischer Ebene entgegenzuwirken. Die einzelnen Arbeitsbereiche stehen gleichwertig nebeneinander und bedingen sich gegenseitig. Im nachfolgenden Bericht ist der Schwerpunkt auf die Darstellung der Unterstützungsarbeit gelegt ergänzt durch ausgewählte Pressetexte, in denen weitere Themen- und Aufgabenschwerpunkte beschrieben sind. Prävention Öffentlichkeits- und Pressearbeit: Pressemeldungen Pressegespräche Interviews Infostände Vorträge / Informationsveranstaltungen Fortbildungen Arbeit mit jugendlichen Mädchen und Jungen Vernetzung & Kooperation Mitarbeit in Arbeitskreisen und politischen Gremien Beratungsbezogene Zusammenarbeit Einzelkooperationen Unterstützung Beratung, Information, Begleitung, Weitervermittlung betroffener Frauen und Mädchen Beratung, Information und Weitervermittlung von Bezugspersonen Teamberatung Entlastungsberatung Politische Arbeit Stellungnahmen Vernetzung mit politisch Verantwortlichen Frauenpolitische Aktionen Finanzierung Anträge zur Grundsicherung Projektanträge Bußgelder Spendenaufrufe Qualitätssicherung Externe und kollegiale Supervision Fortbildungen Statistische Erhebungen 4
C. Unterstützungsarbeit Die Unterstützung von betroffenen Frauen und Mädchen ist eine wichtige Säule der Frauennotrufarbeit, die durch Angebote für Vertrauenspersonen ergänzt wird. Denn ein verständnisvolles und stützendes Umfeld ist für von sexualisierter Gewalt betroffene Frauen und Mädchen von großer Bedeutung. Das Zusammenspiel von Vernetzungsarbeit, öffentlicher Aufklärung, Informations- und Fortbildungsangeboten und Medienpräsenz tragen dazu bei, das Thema Sexualisierte Gewalt mit seinen unterschiedlichen Facetten weiter zu enttabuisieren und betroffene Frauen und Mädchen und ihre Vertrauenspersonen zu ermutigen, Unterstützung in einer Fachstelle zu suchen. "In der Unterstützungsarbeit des Notrufs geht es auf ganz individueller Ebene darum, Frauen und Mädchen, deren Integrität, Selbstbestimmung und Selbstkontrolle durch einen gewaltsamen Übergriff verletzt wurden, ihre innere Sicherheit wieder zu geben. Das bedeutet für sie: die eigenen Ressourcen und Handlungskompetenzen wieder zu entdecken und zu mobilisieren, Hilflosigkeit und Ohnmacht zu überwinden und die Kontrolle über die eigenen Lebensumstände zurück zu gewinnen. (aus 25 Jahre Notrufarbeit in Mainz 25 Jahre Arbeit zum Thema Innere Sicherheit, 24) Das Angebot für Vertrauenspersonen wird sowohl von Fachkräften als auch von Privatpersonen in Anspruch genommen. Viele Fachkräfte nutzen inzwischen die Unterstützung der Fachstelle, um die Betroffenen weiterhin begleiten zu können. Ziel ist es, sowohl Betroffene bei der Bearbeitung der Gewalterfahrung zu begleiten und als auch ihr Umfeld zu stärken. Das Beratungsangebot des Frauennotrufs ist ein niederschwelliges Angebot, das Betroffenen und Vertrauenspersonen unbürokratisch zur Verfügung steht. Durch die Möglichkeit, auf Wunsch auch anonym zu bleiben, ist die Hemmschwelle niedrig und eröffnet insbesondere betroffenen Frauen und Mädchen aber auch Vertrauenspersonen die Chance, sich Unterstützung zu suchen. Die Beratungen sind sehr umfassend, neben Kriseninterventionen, Erarbeitung von Schutzmaßnahmen und Stabilisierung werden beispielsweise auch Fragen zu Therapie und rechtlichen Wegen besprochen, Informationen zu weiterführenden Hilfen gegeben. 5
Unterstützungssuchende und Beratungsgespräche 775 8 6 4 2 343 Personen Beratungsgespräche 215 suchten 343 betroffene Frauen und Mädchen, Angehörige und Fachkräfte Unterstützung im Frauennotruf. Mit ihnen wurden 775 Beratungsgespräche geführt: davon waren 13 Einmalberatungen, 24 Personen nahmen mehrere Beratungstermine in Anspruch. Unterstützung betroffener Frauen und Mädchen 7 63 6 5 422 4 3 2 1 172 9 4 4 Die hohe Zahl der E-Mail Kontakte und Beratungen bestätigt die Bestrebungen, das Angebot der Fachstelle um eine Online-Beratung zu erweitern. Insgesamt haben 172 betroffene Frauen und Mädchen das Beratungsangebot in Anspruch genommen, davon hatten 21 Betroffene mehr als 6 Beratungstermine. Im Jahr 215 fanden 4 Begleitungen statt. 6
Psychosoziale Prozessbegleitung Seit ihrem Bestehen Ende der 197er Jahre haben die Frauennotrufe die Aufgaben der Prozessvorbereitung und -begleitung als ein Element ihres Beratungsangebotes wahrgenommen und weiterentwickelt. Die Verbesserung der Situation für von sexualisierter Gewalt betroffener Frauen und Mädchen vor, während und nach Anzeigeerstattung war und ist großes Anliegen der Frauennotrufe. Daher ist es grundsätzlich sehr zu begrüßen, dass Ende 215 ein Recht auf Psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren gesetzlich verankert wurde. Onlineberatung Sowohl Jugendliche als auch Erwachsene nutzen heutzutage das Internet sehr intensiv. Mit dem Aufbau der Onlineberatung 215 wird nicht nur den vielen E-Mail-Anfragen ein sicherer Raum gegeben, sondern auch die Hemmschwelle für viele Betroffene verringert, indem sie sich anonym, jederzeit und von jedem internetfähigen Gerät beraten und unterstützen lassen können. 215 wurde mit dem technischen Aufbau begonnen und die Internetseite gestaltet (https://www.onlineberatung-frauennotruf-mainz.de). Unterstützung von Bezugspersonen 215 4 35 3 25 2 15 1 5 171 353 5 3 177 7
47 der Bezugspersonen kommen aus dem privaten Umfeld der Betroffenen, 124 der Bezugspersonen sind Fachkräfte, die in ihrem beruflichen Kontext mit betroffenen Frauen und Mädchen in Kontakt sind. Seit Jahren ist die Tendenz bei den Beratungen für Bezugspersonen leicht steigend. 215 ist die Anzahl der Beratungsgespräche um 1 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen (214: 253 Beratungen; 215: 353 Beratungen). 7 Altersgruppen der Betroffenen (n = 172) und Bezugspersonen (n = 171) im Vergleich 64 6 5 4 3 46 47 39 35 38 Betroffene Bezugspersonen 2 1 1 unter 14 J. 11 1 14 14-17 J. 18-27 J. 28-39 J. 4-49 J. 14 5-59 J. 6 4 6 J und älter 12 11 nicht bekannt 34% (58) der betroffenen Frauen und Mädchen sind jünger als 28 Jahre, während die Altersgruppe bei den Bezugspersonen nur 8,8% (15) ausmacht. Die meisten Bezugspersonen (62%) sind 4 Jahre und älter. 8
Zugangswege zum Frauennotruf Interventionsverbund /Hilfetelefon nicht bekannt bereits Kontakt spez. Öffentlichkeitsarbeit Schule FreundInnen / priv. Umfeld 1 4 5 7 5 15 2 17 32 31 37 47 51 57 64 Bezugspersonen Betroffene gesamt Internet/ Medien Polizei/Behörde Empfehlungen d. Fachkräfte 5 8 13 18 2 26 25 44 53 78 2 4 6 8 1 Zum Interventionsverbund gehören Interventionsstelle, Frauenhaus und Frauenhausberatungsstelle. Empfehlungen durch Fachkräfte oder aus dem privaten Umfeld stellen nach wie vor die wichtigsten Zugangswege dar (115 Nennungen = 33,5%). Gleichzeitig fällt auf, dass die Weitervermittlungen aus dem direkten Fachkräftebereich (Polizei und Interventionsverbund) darunter nur einen sehr geringen Anteil ausmachen (18 Nennungen = 5,2%). Der hohe Anteil der Unterstützung Suchenden, die bereits Kontakt zum Frauennotruf hatten (18,7%), kommt durch den großen Anteil der Fachkräfte im Bereich der Bezugspersonen. Der Anteil der Unterstützung Suchenden, die bereits Kontakt zum Frauennotruf hatten, ist mit 18,7% ebenfalls hoch. Die meisten darunter sind Fachkräfte aus der Gruppe der Bezugspersonen. 9
Gewalterfahrungen Gesamtzahl 375 durch Mehrfachnennungen Sonstige 17 15 32 Internet 6 1 16 physische / psychische Misshandlung sexuelle Belästigung a. Arbeitsplatz Stalking / Belästigung 18 27 45 18 6 24 14 12 26 Bezugspersonen Betroffene Gesamt sexueller Missbrauch Vergewaltigung / sex. Nötigung 35 47 67 82 83 15 5 1 15 2 Die meisten Unterstützung Suchenden wenden sich an die Fachstelle wegen eines erlebten sexuellen Missbrauchs in der Kindheit. Dies wurde im Berichtsjahr verstärkt durch das Angebot der Beratung zum Fonds Sexueller Missbrauch. Für die nächsten Jahre bleibt zu beobachten, ob in Folge des reformierten Strafrechts die Zahl der Frauen und Mädchen steigt, die eine Vergewaltigung erlebt haben. Ergänzendes Hilfesystem Fonds Sexueller Missbrauch Der Frauennotruf Mainz ist geschult in der Beratung zur Antragstellung. Betroffene von Sexuellem Missbrauch können beim Fonds Sexueller Missbrauch Anträge auf Sachleistungen stellen, um die bestehenden Folgen der Gewalterfahrung zu verbessern. Neben betroffenen Frauen und Mädchen haben sich auch Unterstützerinnen mit Fragen zum Fonds an den Frauennotruf gewandt. Durchschnittlich finden drei Beratungstermine statt, die Erstgespräche dauern meist 1,5 Stunden. 215 wurden 31 Betroffene und 9 Unterstützerinnen zu Fragen der Antragstellung beraten. 1
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz Nach einem besonders starken Anstieg der Beratungsanfragen zu Sexueller Belästigung am Arbeitsplatz im Jahr 214 sind die Zahlen 215 wieder zurückgegangen (213: 13 Anfragen, 214: 43 Anfragen, 215: 24 Anfragen). Jedoch gab es 215 weiterhin viele Fortbildungen und Vorträge, in deren Rahmen auch Fälle besprochen wurden. Folgen der sexualisierten Übergriffe und Gewalt 172 Frauen / Mädchen; Mehrfachnennungen möglich 9 8 7 6 5 4 3 2 1 58 81 41 27 74 Bei Betrachtung der Folgen wird deutlich, wie stark sich die erlebte Gewalt auf das Leben der Betroffenen auswirkt und nachhaltig bestimmt. Fast die Hälfte der Frauen und Mädchen haben schwerwiegende gesundheitliche Folgen, bei knapp einem Drittel wirkt sich das auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit aus, bspw. durch frühe Erwerbsunfähigkeitsberentung oder lange Arbeitslosigkeit. 11
Zentrale Themen der Bezugspersonen 171 Bezugspersonen; Mehrfachnennungen möglich 12 16 1 8 64 94 6 4 2 41 24 5 Bezugspersonen aus dem privaten Umfeld aber auch Fachkräfte sind im Kontakt mit betroffenen Frauen und Mädchen oft verunsichert, Fragen zum Umgang stehen meist im Vordergrund. Fachkräfte nutzen die Beratung zudem, um ihre berufliche Rolle zu klären. Anzeigeverhalten 18 16 162 14 12 1 8 86 7983 71 Betroffene Bezugspersonen 6 4 2 43 43 3734 24 1311 Gesamt Anzeige kein Thema keine Anzeige Anzeige ja Anzeige geplant Die Mehrheit der Unterstützung Suchenden wollen keine Anzeige machen bzw. rechtliche Schritte sind kein Thema in den Beratungsgesprächen. 12
Auch hier wird sich in den kommenden Jahren zeigen, ob sich die Rechtsreformen zumindest im Bereich der Vergewaltigung auf das Anzeigeverhalten auswirken. Beziehung zum Täter Mehrfachnennungen möglich (n = 381) Arzt / Therapeut 4 3 1 Arbeit / Ausbildung / Schule 8 26 18 Vater / vaterähnliche Person / Verwandter 56 75 131 (Ex-) Ehemann / Lebensgefährte 35 36 71 Gesamt Bezugspersonen Bekannter / Freund 15 19 34 Betroffene keine näheren Angaben 35 49 84 Unbekannter 13 18 31 2 4 6 8 1 12 14 Die Studien zum Thema belegen die Erfahrungen der Frauennotrufstatistik: Die Mehrzahl der Täter kommt aus dem persönlichen Umfeld der Betroffenen. 131 Täter (38,2 %) kommen aus der Familie, 135 (39,4%) aus weiteren nahen Umfeld (Partner, Bekannter, Freund) Umfeld und lediglich 31 (9%) sind Fremdtäter. 13
Herkunft aller Unterstützungssuchenden 12% 7% n = 343 BRD Migrantin, Frauen mit Migrantionshintergrund, Ausländerin nicht bekannt 81% 81% der Betroffenen und Bezugspersonen kommen aus Deutschland. Migrantinnen, Frauen mit Migrationshintergrund bzw. Ausländerinnen 1 machen einen Anteil von 12% aus. 1 Migrantinnen: Frauen, die nach Deutschland umgesiedelt sind, unabhängig von der Staatsbürgerschaft. Frauen mit Migrationshintergrund: ein Vorfahre (bspw. Vater, Großmutter) war MigrantIn, unabhängig von der Staatsbürgerschaft. Ausländerin: Frauen, die ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland haben, aber die Staatsbürgerschaft eines anderen Landes besitzen. 14