Entwicklungstrends der pflegerischen Versorgung

Ähnliche Dokumente
Ergebnisse des Sachverständigengutachtens 2014: Bedarfsgerechte Versorgung Perspektiven für ländliche Regionen und ausgewählte Leistungsbereiche

Pflegerische Versorgung

Gesund älter werden Herausforderungen einer präventiven Versorgungsgestaltung

Community Health Nursing Herausforderungen und Perspektiven in Deutschland

Lokale Gesundheitszentren Herausforderungen und Perspektiven für die Pflege

Thema: Versorgungsstrukturen im Wandel

Herausforderung Pflege Pflegebedarf in Brandenburg sowie Grenzen der traditionellen Versorgungslandschaft

Fachtagung der AOK Baden-Württemberg 2014

Weiterentwicklung der Palliativ- und Hospizversorgung Im Freistaat Sachsen

Die Pflegestärkungsgesetze und Ihre (gravierenden) Veränderungen

Förderung der Ergebnisorientierung in der ambulanten Pflege

Pflegestudie Brandenburg - Expertenworkshop März 2011, Uhr

Begleitetes Wohnen e.v.

Versorgungsmodelle für ländliche und strukturschwache Regionen

Pflege in Sachsen aktuelle Entwicklungen nach Einführung des Pflegestärkungsgesetzes

Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff aus wissenschaftlicher Sicht

Aktuelle Herausforderungen und Reformen im Bereich der Pflege und Betreuung zu Hause Deutschland

Die gesundheitliche Versorgung aus unterschiedlichen Perspektiven

Zusammenarbeit in der Versorgung

Stadt Karlsruhe Amt für Stadtentwicklung STATISTIK AKTUELL PFLEGESTATISTIK 2013

Menschen heute. Verkürzungen in der Diskussion um zentrale Ziele der Sicherungssysteme

Bestandsaufnahme: Ein Jahr neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff Dr. Peter Pick, Geschäftsführer MDS

Die Änderungen rund um die Pflege zum 1. Januar 2017

Personalsicherung in der Altenpflege. Jörg Reuter-Radatz Diakonisches Werk in Niedersachsen e.v.

Regionale Pflegekonferenz Cochem-Zell am 25. September 2013

Kommunale Pflegeplanung des Kreises Minden-Lübbecke

Situation von pflegenden. Angehörigen. Zuhause gut versorgt? Zukunftsmodelle für ältere Menschen und ihre. Angehörigen

Pflegestützpunkte in der Stadt Mülheim an der Ruhr 05. Februar

Versorgungsmodelle. Übersicht. Entlassungsmanagement im Krankenhaus die Rolle des nationalen Expertenstandards

Pflegestützpunkt. Im Kreis Dithmarschen

Die Änderungen rund um die Pflege zum 1. Januar 2017

Fachkonferenz zur Reform der Pflegeversicherung. Berlin, 29. September 2011 Referent: Jörg Süshardt Sozialamt der Stadt Dortmund

INTERPROFESSIONELLE ZUSAMMENARBEIT ZWISCHEN PFLEGE UND MEDIZIN

Kultursensible Unterstützung von pflegenden Angehörigen

Sitzung des Hauptausschusses des Bayerischen Bezirketags am Reform der Pflegeversicherung: Pflegestärkungsgesetz II

Leistungsverbesserungen: Das müssen Sie jetzt wissen!

Zukünftige Anforderungen an die wohnortnahe Gesundheitsversorgung

Prof. Dr. Sigrid Leitner: BEDARFE UND RESSOURCEN EINER ALTERNDEN GESELLSCHAFT: PERSPEKTIVEN FÜR DIE SOZIALE ARBEIT

Potentiale und Perspektiven der häuslichen Pflege. Ulrich Schneekloth. TNS Infratest Sozialforschung, München

Optionen für die leistungsrechtliche Ausgestaltung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs

Prof. Dr. Gerhard Naegele

Neues Begutachtungsinstrument zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit: Hintergrund, Innovation, Herausforderungen

Vorstellung der Aufgabenbereiche II Umsetzung des Grundsatzes ambulant vor stationär III Situationsbeschreibung IV Statistik

Das Pflegestärkungsgesetz II gesetzliche Änderungen ab

Pflege neu denken: Was verändert der neue Pflegebegriff in der Versorgung?

«Älter werden gemeinsam gestalten» Dienstleistungen und Pflege (zu Hause und in Pflegeeinrichtungen) 3. Tagung Alter

Substituieren oder Delegieren oder was?

Zukunftskonzept einer koordinierten Gesundheitsversorgung. Veränderte Rollen der Gesundheitsberufe

DEMOGRAPHISCHER WANDEL

MORO - AG PFLEGE. Malte Spitzer / Kreis Dithmarschen. Vorgestellt von KREIS STEINBURG

Case Management in der Langzeitpflege

Untersuchung zur Auslastung der stationären Pflege im Kreis Viersen und Handlungsempfehlungen

Pflegeplanung. im Rhein-Sieg-Kreis. Rheinbach, 16.Oktober 2013

Was bringt das Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung?

Case Management und Gesundheitslotsen Hand in Hand : Patientenorientiertes Entlassmanagement durch koordinierte Überleitung!

Ich habe gerade an Sie gedacht

Indikatoren für Ergebnisqualität in der Pflege

Die Entwicklung der Pflegeversicherung. Open Campus Universität Bremen. 11. Juli 2015

Willkommen zur unseren Informationen über das. Pflegestärkungsgesetz 2

Erfassung von Lebensqualität bei Demenz Die Perspektive des MDK

Zur Pflegesituation im ländlichen Raum

Strategien für eine gute gesundheitliche Versorgung älterer Menschen in Bremen

Die Änderungen rund um die Pflege

STATISTIK AKTUELL PFLEGESTATISTIK 2015

Mit dem zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II) erfolgte eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung. Das PSG II tritt ab dem in Kraft.

Die Pflegesituation in Sachsen nach Einführung des Pflegestärkungsgesetzes II

Pflege von demenziell erkrankten Menschen: Zwischen Resignation und Innovation?

Agenda. Quartiersnahe Unterstützung pflegender Angehöriger (Quart-UpA) Ökonomische Perspektive. Hintergrund und Zielsetzung

Neue Gestaltungsmöglichkeiten in der Pflege?! Anregungen aus den Niederlanden. DGB-Pflegeveranstaltung Berlin, 17. November 2015

Das neue Hospiz- und Palliativgesetz, ein Beitrag zur würdevollen Versorgung am Ende des Lebens. Till Hiddemann Bundesministerium für Gesundheit

Bedarfsgerechte pflegerische Versorgung Probleme und Potenziale

Aufgabenspektrum, Aktivitäten und Planungen für ein eigenständiges Leben im Alter

Herzlich willkommen in Hannover zum BVMed-Forum Homecare ALTENPFLEGE 2014

Jahresbericht zur Pflegesozialplanung

Herzlich Willkommen beim Sozialverband VdK OV Münstertal

Gesundheitsförderung in der Langzeitversorgung

Herausforderung Pflege Pflegekompetenzzentrum ReKo. Kongress mal anders... >> Ich bin einer - ich weiß nur nicht wie viele <<

Stadt Bielefeld. Pflegebericht Büro für Integrierte Sozialplanung und Prävention

PFLEGE. Pflegebedürftige nach SGB XI. Pflegestufen. Ambulante Pflege Pflegedienste. Pflegegeld. Pflegeheime. Stationäre Pflege

Leistungen der Pflegeversicherung

Welche Voraussetzungen gelten für die Pflegegrade?

2. Symposium am 07. November 2012 des Kompetenzzentrum Gesundheit und Soziales des bbw/bfz ggmbh Aschaffenburg

Erfahrungen mit dem neuen Begutachtungsinstrument Bernhard Fleer, Team Pflege

Der aktuelle Landespflegebericht

Ein Rahmenkonzept für ältere Menschen im Markt Wiggensbach

Das zweite Pflegestärkungsgesetz Was erwartet die stationäre Pflege?

Entwicklung und Etablierung der sektorenübergreifenden Versorgung älterer Menschen nach einem Krankenhausaufenthalt in Potsdam (SEVERAM)

Die Änderungen rund um die Pflege zum 1. Januar 2017

Neuer Pflegebegriff neues Pflegeverständnis

Position der DVfR zur geriatriespezifischen Versorgung Positionspapiere 2012 / Berlin

Damit Sie besser leben: das Pflegestärkungsgesetz II

Die Änderungen rund um die Pflege zum 1. Januar 2017

Die Änderungen rund um die Pflege zum 1. Januar Quelle: bpa

Unterstützung für Menschen mit Demenz und deren Angehörige - Aktueller Bedarf und zukünftige Entwicklungen

16. Herbsttagung. vom 16. bis 17. September 2016 in Berlin

Gesundheitszielprozesse und prioritäre Handlungsfelder des Themenbereichs Gesund älter werden

Moderne Pflege heute

Erwartungen pflegender Angehöriger an ihren Anspruch auf kostenfreie Pflegeberatung gemäß 7a SGB XI

Transkript:

16 STELLUNGNAHME 16/2039 A01 Entwicklungstrends der pflegerischen Versorgung Analysen auf der Grundlage des SVR-Gutachtens Bedarfsgerechte Versorgung - Perspektiven für ländliche Regionen und ausgewählte Leistungsbereiche Prof. Dr. Doris Schaeffer & Dr. Klaus Wingenfeld Düsseldorf, den 29. August 2014 Entwicklung der stationären Langzeitpflege in NRW (nur vollstationär) 1999 2011 Veränderung Einrichtungen 1.637 2.052 + 25,4 % Plätze 142.010 171.783 + 21,0 % Bewohner 128.128 153.972 + 20,2 % Quelle: Pflegestatistik 1

Entwicklung der stationären Langzeitpflege in NRW: Anzahl der Bewohner am Jahresende 180.000 150.000 120.000 90.000 60.000 30.000 0 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 Quelle: Pflegestatistik Pflegestatistik = Stichtagsdaten Stichtagsdaten zur stationären Langzeitpflege erfassen keine Bewohner, die im Berichtsjahr vor dem Stichtag versterben nach kurzem Heimaufenthalt wieder ausziehen (vor dem Stichtag). Außerdem: Frage der Zuordnung von bruchlosen Übergängen aus der Kurzzeit- in die Langzeitpflege 2

Altenbevölkerung, Pflegebedürftige und Bewohnerzahlen: Entwicklung von 1999 bis 2011 NRW Bund Einwohner im Alter ab 75 Jahren +33,3 % +32,4 % Anzahl Pflegebedürftige i.s. des SGB XI +17,6 % +24,1 % Pflegebedürftige je 100 Personen ab 75 J. - 11,8 % - 2,2 % Anzahl Heimbewohner (vollstationäre Pflege) +20,2 % +30,5 % Heimbewohner je 100 Personen ab 75 J. - 9,9 % - 5,2 % Entwicklung der Bewohnerzahlen in NRW (1999 = 100%) 150 125 100 75 50 25 0 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 Bevölkerung 75+ Bewohner gesamt Bew. je 100 Einw. 75+ 3

Heimbewohner je 100 Personen ab 75 Jahren in den Regionen um Dortmund 2003 2011 Veränderung (in Prozent) Bochum 9,6 8,8-8,1 Dortmund 8,3 8,7 4,8 Hagen 8,0 8,4 5,7 Hamm 8,8 9,3 5,6 Ennepe-Ruhr-Kreis 11,2 9,9-11,8 Unna 9,6 9,0-6,5 Alle 9,3 9,0-3,1 Entwicklung der Bewohnerstruktur Hoher Anteil der Bewohner mit kognitiven Beeinträchtigungen Hoher Anteil der Bewohner mit Verhaltensweisen und psychischen Belastungen, die mit Hilfebedarf verknüpft sind Multimorbidität Komplexer Pflegebedarf Nächtlicher Hilfebedarf Tendenziell sinkende Verweilzeit - hohe Sterblichkeit, besonders unter den neu einziehenden Bewohnern 4

Merkmale der Heimversorgung Ständige Präsenz von Fachkräften, auch während der Nacht Sicherstellung der nächtlichen Versorgung Integration unterschiedlicher Leistungen (neben Pflege zum Beispiel: therapeutische Leistungen, medizinische Versorgung, psychosoziale Unterstützung, Seelsorge ) Vernetzung mit anderen Hilfen (z.b. Hospizdienste, Palliativversorgung) Gemeinschaft, Gruppenangebote Fazit stationäre Langzeitpflege in NRW Deutlicher Anstieg der Nutzung in absoluten Zahlen Bei altersstandardisierter Betrachtung: relativ stabile Nachfrage Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung muss spezifische Bedarfslagen der stark pflegebedürftigen Menschen berücksichtigen Qualitative Weiterentwicklung ist dringend erforderlich Regionale Beurteilung der Bedarfssituation! 5

Entwicklung der ambulanten Pflege in NRW 1999 2011 Pflegedienste 2.205 2.309 + 4,7 % Nutzer je Dienst 42,6 52,9 + 24,2 % Nutzer insgesamt* 93.916 122.249 + 30,2 % *Sach- und Kombinationsleistungen Quelle: Pflegestatistik Pflege ohne Unterstützung von Diensten 1999 2011 Bezieher von Pflegegeld 238.582 266.837* + 11,8 % *vermutlich etwas überschätzt Komplementäre Leistungen (Nutzerzahlen zum Jahresende) 1999 2011 Veränderung Veränderung Veränderung Tagespflege 2.984 8.793 + 194,7 % Kurzzeitpflege 2.124 4.775 + 124,8 % Quelle: Pflegestatistik 6

Ambulante Pflege in NRW: Nutzer von Sach- und Kombinationsleistungen 150.000 120.000 90.000 60.000 30.000 0 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 Quelle: Pflegestatistik Altenbevölkerung, Pflegebedürftige und ambulante Pflege: Veränderungen zwischen 1999 und 2011 NRW Bund Einwohner im Alter ab 75 Jahren +33,3 % +32,4 % Anzahl Pflegebedürftige i.s. des SGB XI +17,6 % +24,1 % Pflegebedürftige je 100 Personen ab 75 J. - 11,8 % - 2,2 % Anzahl Nutzer ambulanter Pflege +30,2 % +38,8 % Nutzer amb. Pflege je 100 Personen ab 75 J. - 2,4 % +1,4 % 7

Entwicklung der Nutzerzahlen in der ambulanten Pflege (NRW, 1999 =100%) 150 125 100 75 50 25 0 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 Bevölkerung 75+ Nutzer gesamt Nutzer je 100 Einw. 75+ Zwischenfazit: Ambulante Pflege in NRW Erheblicher Anstieg der Nutzung in absoluten Zahlen Bei altersstandardisierter Betrachtung: relativ stabile Nachfragesituation, ähnlich wie im Heimbereich aber: Wachsende Anforderungen an die Leistungsfähigkeit und die qualitative Weiterentwicklung der Dienste 8

Herausforderungen in der pflegerischen Versorgung: Quantitative und qualitative Weiterentwicklung mit dem Ziel der Sicherung von Autonomie Ausbau der Prävention von (zunehmender) Pflegebedürftigkeit Stärkung der Nutzerkompetenz durch Information und Beratung Förderung informeller Hilfe und pflegender Familien Weiterentwicklung der stationären Langzeitversorgung Weiterentwicklung der ambulanten Pflege Neue Versorgungsmodelle: lokale Gesundheitszentren Neue Formen der Kooperation Förderung von Ausbildung, Wissenschaft und Forschung Stärkung der Kommunen Weiterentwicklung der ambulanten Pflege: Zuhause ist zunehmend wichtiger Gesundheitsstandort Zuwachs an komplexen Bedarfslagen Weiterentwicklung und Anpassung an diese Entwicklung: Ambulante Pflege stärker von den Erfordernissen der Häuslichkeit konzipieren, Ausdifferenzierung: Leistungsprofile, die die Vielfalt des Bedarfs der Bevölkerung abdecken Anderer Qualifikationsmix mit akad. qualif. Fachkräften Kooperation mit Familien und informellen Helfern neu gestalten Ressourcen- und Kompetenzförderung pflegender Angehöriger Neue Formen der Organisation auf der Ebene der Arbeitsorganisation/Steuerung: Case Management der Betriebsorganisation/-größe und der Integration/Vernetzung (Verbund-, Netzwerkbildung) zurück 9

Neue Versorgungsmodelle: Lokale Gesundheitszentren Bündelung aller für die Versorgung bei komplexem Bedarf erforderlichen (pflegerischen) Dienste unter einem Dach Integrierte Versorgung aus einer Hand Umfassende Versorgung: abgestufte pflegerische, medizinische, rehabilitative, psycho-soziale Leistungen präventive Ausrichtung multiprofessionelle Organisation neue Kooperation und Aufgabenteilung: Potenziale der Pflege nutzen - erweiterte Rollen weitergefasstes Pflegeverständnis Konsequenzen auf qualifikatorischer Ebene: Stärkung der Professionalisierung der Pflege, Ausbau von Wissenschaft und Forschung zurück Stärkung der Kommunen: Fortlaufendes Monitoring der Bedarfs- und Versorgungssituation Systematische quartiersnahe Versorgungsplanung basierend auf Community Health Assessments (CHA) Entwicklung erforderlicher Instrumente, Bedingungen und Kompetenzen in den Kommunen Etablierung einer partizipativen Planungskultur: Pflegekonferenzen Auswertung bestehender Erfahrungen mit Pflegekonferenzen und Entwicklung von Orientierungshilfen zurück 10