Effekte multipler Stressoren auf den Zustand der Fließgewässer

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Transkript:

Effekte multipler Stressoren auf den Zustand der Fließgewässer Dr. Sebastian Birk Aquatische Ökologie, UDE Essen/Deutschland sebastian.birk@uni-due.de

Inhalt Multiple Belastungen im Europäischen Kontext Bewirtschaftungs-relevante Fragestellungen MARS-Projekt: Multi-Stressor Wirkungs Beziehungen in Europa MARS-Projekt: Fallstudien von 2-Stressor Wirkungs Beziehungen Zusammenfassung und Empfehlungen

Folientitel Anteil von Wasserkörpern 58% Multiple Belastung Stillgewässer = 39% Fließgewässer = 62% Übergangsgewässer = 67% Küstengewässer = 52% Anzahl signifikanter Belastungen Stillgewässer Fließgewässer Übergangsgewässer Küstengewässer Anteil von Wasserkörpern mit keiner, ein, zwei oder mehr signifikanten Belastungen (Quelle: WISE Berichterstattung zum 2. WRRL-Zyklus) WISE WFD Reporting 2016 - Preliminary results 25 Member States August 2017 Kategorien: Punktquellen, Diffuse Quellen, Hydrologie, Morphologie, Durchgängigkeit, Andere Belastungen

Wirkung auf den ökologischen Zustand Anteil von Wasserkörpern Anzahl signifikanter Belastungen (Multiple) Belastung Wirkungs Beziehung

Von Belastungen zu Stressoren Belastung Belastung STRESS Ökologischer Zustand Belastung Ökologischer Zustand Treibende Kräfte Belastungen Beispiele: Punktquellen, Diffuse Quellen STRESS Belastung Stressoren beeinflussen die Lebensumstände Beispiele: Nährstoffkonzentration Sauerstoffzehrung Restwasser

Bewirtschaftungs-relevante Fragestellungen 1. Welche Stressoren sind relevant für das Nicht-Erreichen des guten ökologischen Zustands? 1. Wie wirken diese Stressoren zusammen? Additiv (1 + 1 = 2) Wirkung entspricht der Summe der Einzelstressor-Wirkungen Interaktiv Ökologische Überraschungen Synergistisch (1 + 1 = 3) (z.b. Nährstoffe & Temperatur) Wirkung größer als Summe der Einzelstressor-Wirkungen Antagonistisch (1 + 1 = 1) (z.b. Nährstoffe & Schwall) Wirkung kleiner als Summe der Einzelstressor-Wirkungen

Prinzip der Stressor-Interaktion Biologische Reaktion (EQR) Effektgröße 1 0-1 A B A*B Koeffizient additiv Interaktion von Stressor A & B antagonistisch

20 Europäische Forschungseinrichtungen und vier Wasserverwaltungen Laufzeit: Februar 2014 Januar 2018

Modellierung: Gesamteuropäische Übersicht Multiple Stressoren (Modellierungen, Fernerkundung) Nährstoffe Hydrologie Landnutzung in der Aue Prioritäre Stoffe MODELL Ökologischer Zustand (n = 52,355 FECs) WISE WFD Reporting 2016 - Preliminary results 25 Member States August 2017

Modellierung: Gesamteuropäische Übersicht Beispiel Flüsse des Tieflands n = 7,331 Erklärte Varianz: 64 %

Empirische Fallstudien: 2-Stressor Wirkungs Beziehungen Experimente n=9 n = 1,467 Proben Flussgebiete n=15 n = 1,729 Proben Europa-weit n=9 n = 4,199 Proben

Empirische Fallstudien: 2-Stressor Wirkungs Beziehungen Biologische Reaktion Signifikanz und Stärke (=Effektgröße) von 2-Stressor-Wirkungs-Beziehungen f(x) = a x 1 + b x 2 + c x 1 x 2 Stressor 1 Stressor 2 Interaktions-Term

Empirische Fallstudien: 2-Stressor Wirkungs Beziehungen Stillgewässer Fließgewässer Stressor-Paare Nährstoffe/Nährstoffe Hydrologie/Temperatur Nährstoffe/Verbraunung Nährstoffe/Hydrologie Nährstoffe/Temperatur Nährstoffe/Sauerstoff Hydrologie/Sauerstoff Hydrologie/Morphologie Nährstoffe/Temperatur Hydrologie/Temperatur Nährstoffe/Morphologie Nährstoffe/Hydrologie Anzahl Fallstudien (n=76) Anzahl Fallstudien (n=80) Biologische Qualitätskomponenten Heterotrophe Wirbellose Fische Wasserpflanzen Benthische Algen Planktische Algen Autotrophe

Empirische Fallstudien: 2-Stressor Wirkungs Beziehungen 40 % Einzelstressor wirksam 67 % Signifikante Stressor-Wirkungs-Beziehungen in 156 MARS Fallstudien

Empirische Fallstudien: 2-Stressor Wirkungs Beziehungen 26 % Zwei Stressoren additiv 12 % Signifikante Stressor-Wirkungs-Beziehungen in 156 MARS Fallstudien

Empirische: 2-Stressor Wirkungs Beziehungen 34 % Zwei Stressoren interaktiv 21 % Signifikante Stressor-Wirkungs-Beziehungen in 156 MARS Fallstudien

Maßnahmenplanung im Kontext multipler Stressoren I Zwei Stressoren additiv schlechter OWK-Zustand Einzelmaßnahme 1 Verminderung von 30 µg/l PO 4 Einzelmaßnahme 2 Wiederherstellung von 20 % Ufervegetation Kombinierte Maßnahme Verminderung von 15 µg/l PO 4 UND Wiederherstellung von 10 % Ufervegetation Beseitigung der Ufervegetation [%] - 30 µg/l Orthophosphat [µg/l] - 20 %

Maßnahmenplanung im Kontext multipler Stressoren II Zwei Stressoren interaktiv schlechter OWK-Zustand Kombinierte Maßnahme Verminderung von 20 µg/l PO 4 UND Wiederherstellung von 15 % Ufervegetation Beseitigung der Ufervegetation [%] Orthophosphat [µg/l]

Zusammenfassung Auch im Kontext multipler Belastungen: Viele biologische Effekte sind durch Einzelstressoren bedingt. [40% der MARS-Fallstudien für Fließgewässer] Additiv wirkende Stressoren: Minderung des stärker wirkenden (oder beider) Stressoren [26% der MARS-Fallstudien für Fließgewässer] Interaktiv wirkende Stressoren: Fallspezifische, detailliertere Untersuchungen notwendig [34% der MARS-Fallstudien für Fließgewässer]

Empfehlungen Bewirtschaftung auf Grundlage integrierter Flussgebietsmodelle Zusammenführung der Überwachungsdaten zur Biologie, Physiko- Chemie, Hydrologie und Morphologie Statistische Ursache-Wirkungs-Analysen ggf. Erstellen von Bayesischen Prognoseund Diagnose-Modellen www.mars-project.eu

MARS-Abschlusstagung

Nährstoffe versus andere Stressoren Effektgröße (absolut) Nährstoffeffekte dominant STILLGEWÄSSER (n=67 Fallstudien) FLIESSGEWÄSSER (n=38 Fallstudien) Andere Stressoren wirken/dominieren NÄHRSTOFFE ANDERE Hydro Temp Temp Hydro HPeak Hydro Morph Temp Autotrophe H trophe Autotrophe Heterotrophe 2-Stressor-Effekte (Nährstoffe & Andere) N=105 2-Stressor Wirkungs Beziehungen