Der Kreuzweg als Wegmodell für schwierige Lebenssituationen Diese Betrachtung stellt die Kostbarkeit des Kreuzweges vor, der uns in den verschiedensten Lebenslagen, in denen wir mit Leid, Krankheit, Sterben und Tod konfrontiert sind, Wege der Hoffnung und Zuversicht schenkt. Der Kreuzweg ist ein in sich abgeschlossenes Modell, das Reaktionen und Verhaltensweisen bei Leid, Sterben, Tod aufzeigt und wichtige Elemente des Begleitens enthält. Er kann Menschen führen und begleiten von dem Augenblick an, wo sie mit einer bitteren Wahrheit konfrontiert sind, die ihr Leben ändern wird. Betroffene können im Kreuzweg Ruhe finden. Sie können Wege entdecken, um eine Leidsituation neu sehen, zu leben und kreativ zu gestalten. Schon im Begehen dieses Weges können sie Heil erfahren. Der Kreuzweg zeigt auf, worauf es im Leben ankommt und er kann zu einer segensreichen Quelle werden, die hilft, den Leidensweg anzunehmen und zu gehen. Jesus, du Lebensspender, Du liebst den ganzen Menschen. Du siehst seine Leiden, seine Sorgen und seine Ängste. Dein Lebensweg hat sich deshalb mit dem Leidensweg der Menschen verbunden um ihnen zu sagen: Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch Ruhe verschaffen! (Mt 11,28).
I Station Jesus wird zum Tode verurteilt Was ist Wahrheit? Der Mensch kann nur im Durchleiden und Durchwandern der Wahrheitsfindung die Wahrheit Schritt für Schritt entdecken. Viele Facetten in unserem Leben sind wie grobe Steine auf unserem Lebensweg. Die Erfahrungen reiben sich an ihnen und erst am Ende entdecken wir die Kostbarkeit der Wahrheit. Gott ist der Große Schweiger, er beantwortet die Frage nach der Wahrheit nicht und will uns vielleicht die Zeit des Findens schenken. Schenke dir Zeit, um Ruhe, Frieden und Licht zu entdecken. II Station Jesus sagt ja zum Kreuz und umarmt es Erst im Annehmen und Umarmen kann der Mensch seine Geschichte kreativ gestalten. Die zwei kleinen Worte ich will oder ich muss verändern das Leben. Das eine gibt Lebensmut, während das andere das Leben erdrückt. Dein Fuß berührt im Gehen viele Steine. Erst wenn du bereit bist, dich ihnen anzuvertrauen, Ja zu sagen, kommst du auf deinem Wanderweg weiter.
III Station Jesus fällt unter der Last des Kreuzes zu Boden Der Held will allein das Leben meistern. Seine Begleiter sind die Einsamkeit und der Stolz. In der Schwäche liegt aber eine Kostbarkeit verborgen, die dir neue Wege ermöglicht. Sie geht den Weg der Demut und findet auf dem Weg viele Begleiter, die sie unterstützen. Wie bist du heute unterwegs? IV Station Jesus begegnet seiner tief betrübten Mutter Die Liebe, die Bindung zur Familie, wird zur Kraftquelle. Die Schwäche hilft dir auf deine Familie zu bauen und ihren Wert zu erkennen.
V Station Simon von Zyrene wird gezwungen, Jesus das Kreuz tragen zu helfen Die Demut schenkt dir die Kraft auch fremde Hilfe anzunehmen. Du bist allein. Jemand bietet dir Unterstützung an. Bist du bereit solche unerwartete Hilfe anzunehmen? VI Station Veronika reicht Jesus das Schweißtuch Der Gedanke an die Freunde, an ihre Gesten der Liebe, bereichert dich und gibt dir Kraft auf dem Weg des Lebens.
VII Station Jesus fällt das zweite Mal zu Boden Die Hilfe der Mutter, die Hilfe von fremden Menschen und die Liebesgesten der Freunde können deine Probleme nicht lösen, aber im mühsamen Weitergehen stehen sie dir zur Seite. VIII Station Jesus lehnt das Bemitleiden der Frauen von Jerusalem ab Weint über euch und eure Söhne. Störend empfindest du das neugierige Gaffen der Menschen, sobald mein Kreuz sichtbar wird. Sie sind keine Hilfe, sondern ein Bremsklotz, der ein Weitergehen beschwerlich macht.
IX Station Jesus liegt entkräftet am Boden und sagt ja zum Geschehen Du liegst entkräftet am Boden, das Ziel ist erreicht. Nun bist du bereit Ja zu sagen, bist gereift, um tiefer zu leben. X Station Jesus wird entblößt Du kannst dich nicht mehr belügen. Du berührst die Wirklichkeit, das Nacktsein. Alle Sicherheiten, die du im Leben mühsam aufgebaut hast, sind weg. Du siehst dich wie du bist.
XI Station Jesus wird ans Kreuz genagelt In manchen Situationen oder auch am Ende des Lebens erlebst du das Angenagelt sein, das Nicht-mehrfliehen-können. Hier brauchst du Menschen, die dir die Kraft und den Mut geben, bis zur Überwindung des Leids auszuhalten, damit es zum Heil werden kann. XII Station Jesus stirbt am Kreuz Dem Klagen, Weinen, Ausdrücken von Schmerz, Traurigkeit, Wut soll Raum gegeben werden, denn nur eine ausgedrückte, gelebte Trauer erlaubt mir innerlich frei zu werden.
XIII Station Jesus wird vom Kreuz abgenommen Viele glauben, dass nach dem Ende einer schweren Zeit weder daran zurückgedacht noch darüber geredet werden soll. Hingegen ist ein guter Abschluss wichtig, der dadurch erreicht werden kann, dass das Erlebte noch einmal bewusst gemacht, in den Schoß genommen, wird (Trauerarbeit). Nur so kann es einen guten Neubeginn geben. XIV Station Jesus wird in das Grab gelegt Beerdigen ist Ausdruck dafür, dass das Loslassen ein Prozess ist, der längere Zeit braucht bis der Schmerz des Verlustes in Freude des gemeinsam Erlebten umgewandelt werden kann. Hinweis: Die Kreuzwegstationen befinden sich im Meditationsraum des Krankenhauses Franz Tappeiner, Meran.