Prof. Dr. Reinhard Singer Sommersemester 2010 (Exkurs, 23.5.2010) Exkurs: Eigenhaftung Dritter und Schutzwirkung zugunsten Dritter 1. Fallgruppen: Eigenhaftung Dritter: Erweiterung auf Schuldnerseite V 433 H (Händler als Vermittler) Schutzwirkungen zugunsten Dritter: Erweiterung auf Gläubigerseite V Mu 1626 i Gemüseblattfall; ind stürzt noch vor der asse 1
Lösung Gemüseblattfall Ansprüche M - V: I. 831 BGB: V haftet nicht, wenn ihm Entlastungsbeweis gelingt BGHZ 66, 51: lage nach Ablauf der Verjährungsfrist des 852 a.f. (heute irrelevant, da einheitliche Verjährung gem. 195, 199) II. 280 I BGB: 1. Schuldverhältnis: a) 311 II Nr. 1: Aufnahme von Vertragsverhandlungen (-) Nr. 2: Vertragsanbahnung (-) nur V/ Nr. 3: geschäftlicher ontakt: - sozialer genügt nicht b) 311 III 1: auch Dritten gegenüber können Schutzpflichten bestehen Voraussetzungen aa) Leistungsnähe: kommt Dritter wie Gläubiger mit Leistung in Berührung? (+) bb) Gläubigernähe: (1) Gläubiger für "Wohl und Wehe" des Dritten verantwortlich z.b. Eltern, Vermieter, Arbeitgeber (= Rechtsverhältnisse mit personenrechtlichem Einschlag) (2) Ausdehnung auf sonstige Dritte, um Zufälligkeiten der Vertragsgestaltung auszugleichen Bsp.: Lastschriftverfahren (BGHZ 69, 82) Im Gemüseblattfall: 311 III 1 (+); arg.: Eltern für Wohl und Wehe der Tochter verantwortlich ( 1626, 1629) --------------------------------------------------------------------------- 2
Exkurs: Lastschriftverfahren BGHZ 69, 82 Anzeige: Nichteinlösung SB Schuldnerbank 280 I, 311 III 1 Gläubigerbank GB 675 LRA 670 675 Lastschrift Schuldner S Lieferung Gläubiger G Lastschriftabkommen: Rückgabe nicht eingelöster Lastschriften spätestens am 2. Arbeitstag nach Vorlage Im Fall: 1 Monat später; dadurch ungesicherte Belieferung des S Lösung: I. ein Anspruch G - GB: kein Verschulden der GB II. Anspruch G - SB: eine Vertragsbeziehung; keine Rechtsgutsverletzung Aber: Einbeziehung des G in den Schutzbereich der Geschäftsbeziehung SB/GB ( 280 I i.v.m. 311 III 1) arg.: - SB würde sonst von Vertragsgestaltung (Einschaltung Zwischenbank) profitieren - G hätte Anspruch, wenn Einzug durch GB --------------------------------------------------------------------------- 3
2. Schutzpflicht bei gegenläufigen Interessen A 631 Wertgutachten V 280, 311 III Feuchtigkeit 433, 434 ff Haftungsausschluss - A: 280 I BGB Schuldverhältnis -A? 1. 311 II (-) kein Vertrag A/ 2. 311 III? Vertrag mit Schutzwirkung? a) Problem: Gläubigernähe: Wohl und Wehe (-) b) BGHZ 127, 379: Gutachten diente erkennbar Verkaufszwecken, Vertrauen des schutzwürdig c) Bedenken: - gegenläufige Interessen zwischen V und sprechen gegen Gläubigernähe des - außerdem: 334 - V wusste von den Mängeln, daher würde A ihm nicht haften ( 442 ~, 242) [BGH: 334 stillschweigend(!) abbedungen ] - besser: Eigenhaftung des A als Dritter Eigenhaftung Dritter Erweiterung auf Schuldnerseite, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss maßgeblich beeinflusst ( 311 Abs. 3 Satz 2) 4
Fallgruppen: 1) Vertreter, Vermittler: im Regelfall nicht; nur wenn besondere Gewähr für Erfüllung des Geschäfts übernommen Bsp.: Vertreter erklärt, dass in Wahrheit er hinter dem Geschäft stehe (Vertragspartei nur "Strohmann") nicht ausreichend: Provisionsinteresse, Beteiligung an Gesellschaft als Gesellschaftergeschäftsführer (arg.: 13 II GmbHG) BGH NJW 1997, 1233 2) Ausnahme: Gebrauchtwagenhändler als Vermittler Grund: steuerliche Gründe; Eigenhaftung des Vermittlers stellt nur richtige Rechtslage her. [Vermittler = wirtschaftlich Verkäufer] BGH NJW 1981, 922 3) Sachwalter: wer "wirtschaftlich Herr des Geschäfts" ist z.b.: Initiatoren und Gründer einer Publikumsgesellschaft; Vorstandsvorsitzender einer AG 4) Gutachter und Sachverständige, wenn - die Personen über eine besondere, vom Staat anerkannte Sachkunde verfügen und - das Gutachten bestimmungsgemäß Dritten vorgelegt werden soll. Im Fall BGHZ 127, 379 würde A gemäß 311 III 2 haften. 5