030310 UE Übung aus Unternehmensrecht 6. Einheit Fall 1: Arno (A), Bernhard (B) und Cäsar (C) schließen einen GmbH-Gesellschaftsvertrag in Form eines Notariatsaktes ab. Darin wird A als Geschäftsführer bestimmt und das Stammkapital mit 35.000,- angegeben. A schließt voller Tatendrang sogleich im Namen der GmbH einen Mietvertrag mit Daniel (D) über Büroräumlichkeiten ab. Nach der Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch, welche nach drei Monaten erfolgt, verlangt D die noch aushaftende Miete von der GmbH. Zu Recht? Variante 1: Nach Abschluss des Gesellschaftsvertrages kommt es zu unüberwindlichen Differenzen zwischen den Gesellschaftern und diese beschließen den Gesellschaftsvertrag einvernehmlich aufzulösen. Zur Firmenbucheintragung ist es nie gekommen. Von wem kann D die aushaftende Miete verlangen? Variante 2: Vor Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrages beginnen A, B und C übereinstimmend den Geschäftsbetrieb. Im Zuge dessen wird der Mietvertrag von A namens der GmbH abgeschlossen. Von wem kann D die aushaftende Miete verlangen? Fall 2: Emil, Doris und Franz sind begeisterte Wintersportler und beschließen gemeinsam das Unternehmen Ski fun GmbH zu gründen, um besonders hochwertige Tourenski aus Carbon herzustellen. Im Gesellschaftsvertrag vereinbaren die drei dafür folgende Einlagen zu leisten: Emil soll EUR 10.000 in bar aufbringen, wovon er sofort EUR 2.000 einbezahlt. Doris übernimmt eine Stammeinlage von EUR 20.000. Davon werden EUR 12.000 bar erbracht, von denen sie EUR 8.000 gleich einzahlt; außerdem bringt Doris ein Computer- und EDV-System (Wert EUR 9.000) ein. Da Franz nur wenig Erspartes hat, übergibt er der GmbH für seine übernommene Stammeinlage ihv EUR 10.000 seinen Transporter (Wert EUR 8.000) für Transporttätigkeiten der Ski fun GmbH. (a) Beurteilen Sie die Zulässigkeit der Gründung der GmbH und prüfen Sie etwaige Ansprüche der Ski fun GmbH gegen Emil, Dora und Franz! Die Gründung der GmbH ist nun erfolgreich abgeschlossen. Im Gesellschaftsvertrag wurde weiters vereinbart, dass Doris 60% der Anteile der GmbH halten soll. Diese ist zugleich auch alleinige Geschäftsführerin. Die beiden anderen Gesellschafter sind zu je 20% an der GmbH beteiligt. Doris verunglückt nach einigen Jahren die GmbH hat sich mittlerweile erfolgreich im Tourenskimarkt etabliert bei einer Tourenwanderung im Ötztal. Als Folge dieses Unfalls hat sie stets Erinnerungslücken und kann ihre Aufgaben als Geschäftsführerin nicht mehr ordnungsgemäß wahrnehmen. Dennoch will sie ihre Geschäftsführerposition nicht aufgeben. (b) Welche Möglichkeiten bestehen, um Doris abzuberufen? 1
Fall 3: Mit Antrag vom 29. April 2017 streben die beiden einzigen Gesellschafter der C GmbH, A und B, die zugleich die einzigen Geschäftsführer sind, unter Vorlage eines notariell beurkundeten Beschlusses der Generalversammlung der Gesellschaft vom selben Tag, an der beide Gesellschafter teilgenommen hatten, die Eintragung der Änderung des Gesellschaftsvertrags in dessen Punkt 10 an, sodass dieser nach der einstimmigen Beschlussfassung lautet: a) Die Verteilung eines allfälligen Bilanzgewinnes ist von Jahr zu Jahr der Beschlussfassung durch die Gesellschafter vorbehalten. b) Die Gesellschafter können durch einfachen Mehrheitsbeschluss die Bildung von Rücklagen im angemessenen Ausmaß beschließen. c) Die Verteilung eines allfälligen Bilanzgewinnes erfolgt im Verhältnis der geleisteten Stammeinlagen, es sei denn, die Generalversammlung beschließt einstimmig etwas anderes (zb eine alineare Gewinnverteilung). Was ist bei der Änderung eines Gesellschaftsvertrages zu beachten? Haben Sie Bedenken gegen dieses Eintragungsbegehren? Fall 4: Andreas und Barbara sind zu je 10% an der Real Wohnen GmbH beteiligt. Diese hat den Erwerb und Sanierung von Liegenschaften einschließlich Gebäuden sowie die anschließende Vermietung oder Veräußerung von Wohnungen zum Gegenstand. Die Mehrheitsgesellschafterin Margit verfügt über 65% der Anteile. Die Geschäfte führen Gerda und Gert, ohne an der Gesellschaft beteiligt zu sein. Für den 12. März ist die Generalversammlung ordnungsgemäß angekündigt. a) Am 10. März erhalten Andreas und Barbara eine ergänzte Tagesordnung. Wegen Einsturzgefahr eines vor kurzem erworbenen Altbauhauses sei eine umgehende Beschlussfassung über die Aufnahme eines Hypothekardarlehens zur Finanzierung der Sanierung geboten. Welche Rechtsfolgen könnten sich hieraus ergeben? b) Zu Beginn der Generalversammlung wird diskutiert, wer den Vorsitz führt. Was ist maßgeblich, was würde für eine AG gelten? c) Andreas und Barbara wollen der Generalversammlung einen Bausachverständigen beiziehen. Margit lehnt dies mit dem Argument, dass nur Gesellschafter teilnehmen dürften ab. Wie ist die Rechtslage? d) Im Anschluss an die Generalversammlung verschlechtert sich das Verhältnis der Gesellschafter. Barbara überlegt ihren Anteil zu veräußern. Dieser ist vinkuliert. In einer kurzfristig anberaumten Vollversammlung erklärt sie sich bereit, diesen an Dora zu übertragen. Alle stimmen dem zu. An nächsten Tag hat sie es sich aber dann doch anders überlegt und verweigert ein gemeinsames Aufsuchen eines Notars. Einen Termin mit einem solchen gab es noch nicht. Kann Dora dennoch Erfüllung verlangen oder kommen ihr sonstige Ansprüche zu? 2
Fall 5: Die Juridicum Wein GmbH (J-GmbH) betreibt ein Weingut sowie mehrere Gaststätten in Wien Döbling. Aufgrund der großen Nachfrage nach Wiener Wein setzt sich Stefan (S), Geschäftsführer der J-GmbH, mit dem Winzer Daniel (D) in Verbindung. Nach einer Verkostung von D`s Weinen am Sitz der J-GmbH an der ebenso der Kellermeister der J-GmbH sowie weitere Mitarbeiter teilgenommen haben, bestätigt S per Mail die Übernahme von 10.000 Litern Wein der neuen Ernte (Jahrgang 2018) zu einem Preis von EUR 5,00 per Liter exkl USt. Nachdem S jedoch einige Monate später eine billigere Alternative gefunden hat sich mit ausreichend Wein einzudecken, verweigert er die Übernahme des vereinbarten Weins mit Verweis auf das Firmenbuch. D, der keine Einsicht in das Firmenbuch genommen hat, bringt vor, dass auf der Homepage der J-GmbH lediglich S als Geschäftsführer aufgeführt ist und bei sämtlichen Medienauftritten die J-GmbH nach außen vertritt. Während sich Arno (A) vorwiegend für den Betrieb der Gaststätten verantwortlich zeichnet, ist S der Chef im Betriebsteil Weinbau der J-GmbH. Simon (Si), der ebenso Geschäftsführer ist, wirkt als 100% Gesellschafter der Beteiligungs GmbH (B GmbH) ebensowenig an operativen Entscheidungen im Betriebsteil Weinbau mit. Wie ist die Rechtslage? Beachten Sie auch den Auszug aus dem Firmenbuch der J-GmbH. Stichtag 31.10.2018 Auszug mit aktuellen Daten FN 010101 x Grundlage dieses Auszuges ist das Hauptbuch ergänzt um Daten aus der Urkundensammlung. Letzte Eintragung am 04.08.2018 mit der Eintragungsnummer 10 zuständiges Gericht Handelsgericht Wien FIRMA 2 Juridicum Getränke GmbH RECHTSFORM 1 Gesellschaft mit beschränkter Haftung SITZ in 1 politischer Gemeinde Wien GESCHÄFTSANSCHRIFT KAPITAL 1 EUR 35.000 3
STICHTAG für JAHRESABSCHLUSS 1 31. Dezember JAHRESABSCHLUSS (zuletzt eingetragen; weitere siehe Historie) 10 zum 31.12.2017 eingereicht am 02.08.2018 VERTRETUNGSBEFUGNIS 1 Die Gesellschaft wird, wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind, durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen von ihnen gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten. Die Generalversammlung kann, auch wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind, einzelnen von ihnen selbständige Vertretungsbefugnis erteilen. 1 Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft vom 21.09.2011 2 Generalversammlungsbeschluss vom 31.05.2012 Änderung der Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft im Punkt 1.1. GESCHÄFTSFÜHRER/IN (handelsrechtlich) A Mag. Simon Mayer, geb. 01.01.1988 7 vertritt seit 31.05.2016 gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer oder einem Prokuristen B Stefan Scharf, geb. 01.01.1988 1 vertritt seit 11.10.2011 gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer oder einem Prokuristen D Arno Holzmüller, geb. 01.01.1988 7 vertritt seit 31.05.2016 gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer oder einem Prokuristen GESELLSCHAFTER/IN STAMMEINLAGE HIERAUF GELEISTET C Juridicum Beteiligungs GmbH 1...EUR 35.000 1... EUR 35.000 ----------------------------------------------- Summen: EUR 35.000 EUR 35.000 --- PERSONEN ------------------------------------------------------- 1 A Mag. Simon Mayer, geb. 01.01.1988 4
1 B Stefan Scharf, geb. 01.01.1988 1 C Juridicum Beteiligungs GmbH 1 (FN 000001 z) 7 D Arno Holzmüller, geb. 01.01.1988 7 Schottenbastei 10-16 ---------------------------- VOLLZUGSÜBERSICHT --------------------- Handelsgericht Wien 1 eingetragen am 11.10.2011 Geschäftsfall 11 Fr 00001/11 i Antrag auf Neueintragung einer Firma eingelangt am 28.09.2011 2 eingetragen am 20.07.2012 Geschäftsfall 11 Fr 00002/12 d Antrag auf Änderung eingelangt am 21.06.2012 7 eingetragen am 08.06.2016 Geschäftsfall 11 Fr 00003/16 t Antrag auf Änderung eingelangt am 03.06.2016 10 eingetragen am 04.08.2018 Geschäftsfall 11 Fr 00004/18 p Elektronische Einreichung Jahresabschluss eingelangt am 02.08.2018 -------------- INFORMATION DER ÖSTERREICHISCHEN NATIONALBANK ------- zum 31.10.2018 gültige Identnummer: 111111111 5
Fall 6: Die C-AG ist eine nicht börsenotierte Gesellschaft. Sie ist seit 25. 11. 2015 im Firmenbuch eingetragen. Sämtliche Aktien lauten auf Namen ( 5 der Satzung der C-AG). Die Übertragung und Verpfändung der Aktien ist an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden ( 24 der Satzung). In der außerordentlichen Hauptversammlung wurde in Anwesenheit aller Aktionäre einstimmig die Änderung der Satzung in mehreren Paragraphen beschlossen. Der beschlossene neue 20a der Satzung hat folgenden Wortlaut: 20a: Vorkaufsrecht Beabsichtigt ein Aktionär die teilweise oder gänzliche Veräußerung seiner Aktien, hat er zuvor allen übrigen Aktionären die zu veräußernden Anteile unter Bekanntgabe des Kaufpreises zum Erwerb anzubieten. Das Firmenbuchgericht wies das Eintragungsbegehren dieser Satzungsbestimmung ab. Zu Recht? Fall 7: Die Holzmayer AG (Grundkapital 500.000,-) führt in ihrem Betrieb einen Holzhandel und einen Eisenbahnbetrieb, wobei der Eisenbahnbetrieb den wesentlich größeren Teil am Gesamtumsatz des Unternehmens ausmacht und etwa 80% der Aktiva darstellt. Es kam zur Gründung einer neuen Gesellschaft, der Holzmayer GmbH (Grundkapital 1.000.000,-) und zur Übertragung des Eisenbahnbetriebs mit allen Aktiva und Passiva in die Holzmayer GmbH. Die Holzmayer AG hält 100% der Aktienanteile. Die Satzung der Holzmayer AG berechtigt den Vorstand, andere Unternehmen zu errichten, zu erwerben, sich an anderen Unternehmen zu beteiligen und ihren Betrieb ganz oder teilweise solchen Gesellschaften zu überlassen. Ist für derartige Ausgliederungen eine Beschlussfassung durch die Hauptversammlung einzuholen? 6