Predigt für den Karfreitag. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen.

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Transkript:

Predigt für den Karfreitag Kanzelgruß: Gemeinde: Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen. Das Wort Gottes für die Predigt am Karfreitag steht im Lukasevangelium im 23. Kapitel: 32 Es wurden aber auch andere hingeführt, zwei Übeltäter, dass sie mit Jesus hingerichtet würden. 33 Und als sie kamen an die Stätte, die da heißt Schädelstätte, kreuzigten sie ihn dort und die Übeltäter mit ihm, einen zur Rechten und einen zur Linken. 34 Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun! Und sie verteilten seine Kleider und warfen das Los darum. 35 Und das Volk stand da und sah zu. Aber die Oberen spotteten und sprachen: Er hat andern geholfen; er helfe sich selber, ist er der Christus, der Auserwählte Gottes. 36 Es verspotteten ihn auch die Soldaten, traten herzu und brachten ihm Essig 37 und sprachen: Bist du der Juden König, so hilf dir selber! 38 Es war aber über ihm auch eine Aufschrift: Dies ist der Juden König. 39 Aber einer der Übeltäter, die am Kreuz hingen, lästerte ihn und sprach: Bist du nicht der Christus? Hilf dir selbst und uns! 40 Da antwortete der andere, wies ihn zurecht und sprach: Fürchtest du nicht einmal Gott, der du doch in gleicher Verdammnis bist? 41 Wir sind es zwar mit Recht, denn wir empfangen, was unsre Taten verdienen; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. 42 Und er sprach: Jesus, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst! 43 Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein. 44 Und es war schon um die sechste Stunde, und es kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde, 1

45 und die Sonne verlor ihren Schein, und der Vorhang des Tempels riss mitten entzwei. 46 Und Jesus rief laut: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände! Und als er das gesagt hatte, verschied er. 47 Als aber der Hauptmann sah, was da geschah, pries er Gott und sprach: Fürwahr, dieser Mensch ist ein Gerechter gewesen! 48 Und als alles Volk, das dabei war und zuschaute, sah, was da geschah, schlugen sie sich an ihre Brust und kehrten wieder um. 49 Es standen aber alle seine Bekannten von ferne, auch die Frauen, die ihm aus Galiläa nachgefolgt waren, und sahen das alles. Lasst uns beten: Gemeinde: Vater im Himmel, gib uns deinen Heiligen Geist, um an diesem Tag neu darauf zu hören, was du für uns getan hast. Lass uns das begreifen und zeige uns, wie du aus dem schwärzesten Tag den Tag hast werden lassen, an dem unser Leben wieder hell wurde, sodass wir dankbar werden für deine unfassbare Liebe. Amen. Liebe Schwestern und Brüder in Christus Jesus, es ist Kinderstunde in der Gemeinde. Der Pfarrer hat die 6 8-jährigen Jungen und Mädchen dieses Mal in der Kirche versammelt, um mit ihnen eine biblische Geschichte zu behandeln. Manche Kinder sind zum ersten Mal dabei und haben mit Kirche nichts am Hut. Der Pfarrer will gerade mit den Kindern ein Lied singen, als ein Mädchen unvermittelt die Frage stellt: Was macht der Mann da vorne eigentlich am Kreuz? Ihr Blick fällt auf den gekreuzigten Christus, der auf dem Altarkreuz zu sehen ist. Der Pfarrer stutzt. Mit dieser Frage hat er jetzt nicht gerechnet. Heute ist eigentlich eine andere Geschichte dran. Die Jesusgeschichten kennt doch jeder, hatte er gedacht. Aber nun ist die Frage gestellt und er überlegt, wie er schnell und plausibel diesem Kind vermitteln kann, was es mit dem Gekreuzigten auf sich hat. Die Jesusgeschichten kennt doch jeder Ist das tatsächlich so? Und schnell jemandem zu erklären, was es mit dem Kreuz Jesu auf sich hat ob das gelingt? Der Evangelist Lukas jedenfalls nimmt sich Zeit, als er die Kreuzigungsszene 2

schildert. Aber genau genommen sind es eigentlich mehrere Szenen. Wie bei einem Filmdreh wählt er verschiedene Perspektiven, um dem Leser und Hörer, also dir und mir und auch dem Mädchen aus der Kinderstunde, zu verdeutlichen, was es mit dem Kreuzestod Jesu auf sich hat. Da sind 1. diejenigen, die von Jesus nichts wissen wollen und ihn verspotten: die Oberen des jüdischen Volkes, die Soldaten und einer von den Verbrechern, die neben Jesus hängen. Da ist 2. der andere Übeltäter, der seine Schuld erkennt, und 3. der Hauptmann unter dem Kreuz. 1. Diejenigen, die Jesus verspotten Die Frage des kleinen Mädchens aus der Kinderstunde ist sehr gut und rüttelt auf. Viele von uns mögen sich nämlich schon an den Anblick des Kreuzes gewöhnt haben und hinterfragen das kaum. Wie oft haben Menschen den gekreuzigten Christus als Schmuckstück um den Hals hängen. Ein netter Anblick. Ein netter Anblick? Ursprünglich nicht! Im Gegenteil: Mit einem Tuch um die Hüften wird Jesus oftmals abgebildet, was mit großer Wahrscheinlichkeit nicht der Realität entsprochen hat. Vollkommen nackt und bloß wird Christus dort auf Golgatha gehangen haben. Kein fragender Blick wie von dem Mädchen aus der Kinderstunde trifft ihn dort, sondern andere: Die Herumstehenden sind angewidert von diesem Anblick und finden ihn einfach nur lächerlich und erbärmlich. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, demütigen sie ihn in dieser Situation auch noch mit Sprüchen und verhöhnen ihn: Er hat andern geholfen; er helfe sich selber, ist er der Christus, der Auserwählte Gottes. Es verspotteten ihn auch die Soldaten, traten herzu und brachten ihm Essig und sprachen: Bist du der Juden König, so hilf dir selber! Selbst einer der Verbrecher, die neben Jesus am Kreuz hängen, hat in seiner letzten Stunde nichts anderes als Vorwürfe und Häme für ihn übrig: Bist du nicht der Christus? Hilf dir selbst und uns! Und in der Tat ist das ein krasser Widerspruch: Der Auserwählte Gottes soll das sein? Vollkommen hilflos und wehrlos? Was für ein Unsinn. Eine Erfahrung, die auch heute Christen immer wieder machen können, wenn sie von ihrem Glauben an den Gekreuzigten erzählen und Blicke von anderen sie treffen: 3

Man wird belächelt, verhöhnt oder nicht für voll genommen. An solch eine Elendsgestalt glauben, warum? Und selbst solche, die von Elend und Leid überhäuft werden, wenden sich nur mit Hohn und Spott an Gott, indem sie vorwurfsvoll fragen: Wenn es dich gibt, warum hilfst du nicht? Bist du zu schwach? Doch genau diesem Blick setzt sich dieser Gott am Karfreitag aus. Er macht sich so verletzlich und schwach, dass er Spott und Hohn mit voller Absicht über sich ergehen lässt. Er erleidet Entehrung, Qualen und Tod und stellt unsere Vorstellung von einem großen und starken Gott ganz und gar auf den Kopf. Doch der Evangelist Lukas will uns nicht einfach eine erbärmliche Gestalt vor Augen führen, nein, er will dir und mir mit dieser Szene tatsächlich den zeigen, der sich am Karfreitag hat festnageln lassen: Gott selbst, der in den Tod geht, um uns von dem ewigen Tod zu erlösen. Nur und gerade in ihm finden wir unser Heil und unseren Trost. So geht Gottes Blick weg von unseren Sünden hin auf den, der stellvertretend für uns die Sünden der Welt wegträgt: sein geliebter Sohn Jesus Christus, der es für uns erträgt, verleumdet, verspottet und verlästert zu werden. Und Lukas verdeutlicht: Genau für diese Menschen, die Jesus verspotten, verhöhnen und nicht ernst nehmen, auch und gerade für sie ist Jesus gekommen und am Kreuz gestorben. 2. Der Übeltäter, der seine Schuld erkennt Der Evangelist Lukas wechselt mit uns die Perspektive und nimmt nun nicht nur das Kreuz Jesu, sondern auch die anderen beiden Kreuze genauer in den Blick. Von dem Verbrecher, der Jesus verspottet, haben wir bereits gehört. Doch da gibt es auch noch den anderen. Lukas berichtet uns, dass es am Kreuz Jesu nicht nur Spötter und solche gibt, die sich lustig machen, sondern auch den einen Übeltäter neben ihm, der merkt, was für eine immense Schuld er auf sich geladen hat. Jemand also, der mit seinem Latein am Ende ist, der vor einem Trümmerhaufen seines Lebens steht und es total verwirkt hat. Gibt es für ihn keinen Ausweg? Es ist so, als wenn Lukas mit der Kamera etwas näher heranfährt und nur noch den Dialog zwischen Jesus und dem Verbrecher am Kreuz, der seine Schuld gesteht, in den Blick nimmt. 4

Jesus, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst, sagt er. So redet niemand, der lästert und spottet. So redet jemand, der erkennt, wo Jesus herkommt und wo er hingeht: in sein Königreich. Er versucht nicht, sich zu verteidigen, er versucht nicht, seine Schuld kleinzureden oder zu vertuschen, sondern bekennt schlicht und einfach seine Taten und klammert sich in seiner Verzweiflung an den letzten Strohhalm, der ihm noch geblieben ist: Jesus, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst. Diesem, der seine Schuld eingesteht, ruft Jesus zu: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein. Was für ein Satz! Das verändert den Blick, den dieser Mann am Kreuz hat: Eben noch den Tod vor Augen, wird ihm hier auf einmal eine Perspektive eröffnet, die ins Leben führt. Ist das nicht unfassbar? Es wird nicht gesagt: Zu spät, mein Lieber. Nun mach erstmal alles wieder gut, was du da angerichtet hast. Kein Leben, das zu verwirkt wäre, keine Sünde, die nicht vergeben werden könnte, keine Biographie, die zu verkorkst wäre, als dass Christus sich nicht auch darüber erbarmen könnte. Lukas macht deutlich: Genau für diese Menschen, die um ihr verkorkstes und sündiges Leben wissen, stirbt Christus. Niemand kann von sich allein in das Paradies gelangen, sondern es braucht die befreienden Worte Jesu, die er dir und mir immer wieder zusprechen will hier im Gottesdienst: Dir sind deine Sünden vergeben du wirst mit mir im Paradies sein. 3. Der Hauptmann unter dem Kreuz Und noch eine Person nimmt der Evangelist Lukas in den Blick. Es ist derjenige, der schon die ganze Zeit still und heimlich das ganze Geschehen am Kreuz beobachtet hat: die Spötter, den schuldeinsichtigen Verbrecher und Jesus Christus. Er sieht das alles und kommt nach Jesu Tod zu folgender Erkenntnis: Fürwahr, dieser Mensch ist ein Gerechter gewesen! Das, was aus dem Mund des Hauptmanns kommt, ist nicht nur irgendein Satz, getreu dem Motto: Jesus war unschuldig oder Er war doch kein Verbrecher. Nein, sondern wenn hier Gerechter steht, wissen die frommen Juden sofort, was damit 5

gemeint ist: ein Ehrentitel für den Messias. Der Hauptmann spricht also bei all dem, was er gesehen hat, ein Bekenntnis aus. So unterschiedlich können die Blickrichtungen sein, die Lukas uns vorstellt: Alle sehen das eine Kreuz und kommen doch zu unterschiedlichen Erkenntnissen. Aber warum erzählt Lukas das? Nur, um einfach unterschiedliche Reaktionen auf das Kreuz Jesu darzustellen? Nein, sondern weil er damit noch eine allerletzte Person in den Blick nimmt: das kleine Mädchen aus der Kinderstunde, das unter dem Kreuz steht. Dich, der du heute hier bist, und natürlich auch mich. Lukas fragt: Was bedeutet das, was ich dir hier geschildert und vorgestellt habe, nun für dich? Wie reagierst du darauf? Gehörst du zu denjenigen, die sich angewidert abwenden und ihren Spott mit dem Gekreuzigten treiben? Bleibt das, was Jesus da am Kreuz getan hat, weit weg von dir und deinem Leben? Oder bekennen wir uns zu all dem, was auch wir an Schuld in unserem Leben anhäufen und was uns vor Gott anklagt, und suchen die Hilfe beim Retter und Erlöser am Kreuz von Golgatha? Der Herr selbst führe uns so, dass wir nicht unbeteiligt unseren Spott mit dem Gekreuzigten treiben, sondern von der Vergebung Jesu hin zum Bekenntnis des Hauptmanns kommen: Fürwahr, dieser Mensch ist ein Gerechter gewesen! Ja, es ist Gottes Sohn, der am Kreuz gestorben ist. Gestorben für dich und für mich auf dass wir gerettet werden und mit ihm in Ewigkeit leben. Diesen Blick zu bekommen braucht manchmal etwas Zeit. Möge Gott ihn uns und auch denen, die von Christus noch nichts wissen, immer wieder schenken. Amen. Kanzelsegen: Gemeinde: Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen. Liedvorschläge O Welt, sieh hier dein Leben ELKG 64, 1-6 / EG 84, 1-6 Jesu, meines Lebens Leben ELKG 65, 1-6 / EG 86, 1-6 6

Verfasser: P. Andreas Otto Weinstraße 5 30171 Hannover Tel.: 05 11 / 85 59 89 E-Mail: andreas.otto@selk.de 7