Jennifer Asel Das Kaiserpaar Heinrich II. und Kunigunde Regenten zwischen Staat und Religion Diplomica Verlag
Jennifer Asel Das Kaiserpaar Heinrich II. und Kunigunde: Regenten zwischen Staat und Religion ISBN: 978-3-8366-2467-1 Herstellung: Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, 2009 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden und der Verlag, die Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diplomica Verlag GmbH http://www.diplomica-verlag.de, Hamburg 2009
Inhaltsverzeichnis Einleitung 7 1. Das Leben Heinrichs und Kunigundes 9 1.1 Das politische Leben 13 1.2 Das eheliche Leben 15 1.3 Die Religiosität des Herrscherpaares 18 2. Zeitgeschichtlicher Hintergrund und Machtergreifung 21 2.1 Die Regierung Heinrichs und Kunigundes 24 2.2 Konflikte, Verdienste und Höhepunkte in der Reichspolitik 25 2.2.1 Der Polenkonflikt 26 2.2.2 Die Moselfehde 28 2.2.3 Konflikte und Sieg in Italien 29 2.3 Stellung der Kaiserin innerhalb der Regierung 32 3. Höhepunkte, Konflikte und Errungenschaften in der Kirchenpolitik 36 3.1 Das Verhältnis zur Kirche und den Geistlichen 37 3.2 Die Bistumsgründungen 41 3.3 Schenkungen, Klöster- und Stiftsgründungen 46 3.4 Verdienste für die Kirche 51 3.4.1 Heinrichs Klosterreform in Bayern 52 3.4.2 Die Ausbreitung der Klosterreform auf das ganze Reich 55 3.4.3 Konzilien und Kirchenreform 56 1
3.5 Konflikte mit der Kirche und den Geistlichen 58 3.5.1 Reichskirchenkonflikt 59 3.5.2 Gandersheimer Streit 60 3.5.3 Der Konflikt Hammerstein 63 4. Der Weg zur Kanonisation und der mittelalterliche Kult 65 4.1 Die Heiligsprechung im Mittelalter 66 4.2 Die Kanonisation Heinrichs und Kunigundes 67 4.3 Die mittelalterliche Verehrung in den Wirkungsstätten 70 4.4 Legenden um Heinrich und Kunigunde 75 5. Verdienste und Lebendigkeit des heiligen Kaiserpaares in der heutigen Zeit 83 5.1 Ausstellungen, Jubiläen und Festlichkeiten 87 Schlussbetrachtung 96 Anhang Literaturverzeichnis 99 Anlagen 101 2
Heinrich II. und Kunigunde als Stifter, Adamspforte des Bamberger Doms Quelle: eigene Abbildung 3
Der Glaube eines Menschen kann durch kein Glaubensbekenntnis, sondern nur durch die Beweggründe seiner gewöhnlichen Handlungen festgestellt werden. George Bernard Shaw 5
Einleitung Vorbild, Ideal und Beispielhaftigkeit sind Tugenden, die weder an Geschlecht und Gesellschaft noch an die Zeit gebunden sind. 1 Es ist für jeden Menschen zu allen Zeiten und zu jeder Stunde möglich, nachahmenswert und beispielhaft seine Ideale zu leben und zu verwirklichen. Doch auch gerade darin liegt die Herausforderung, sich gegen veraltete und überholte Regeln zur Wehr zu setzen oder aber auch vernachlässigte, verkommene und entartete Ziele zu ihren Wurzeln zurückzuführen und wiederzubeleben. Und genau dieser Obliegenheit stellte sich das heilige Kaiserpaar Heinrich II. und Kunigunde. Sie waren Herrscher am Ende der Zeiten. 2 Vor 1000 Jahren lebten und wirkten sie mit all ihren Vorstellungen und Grundsätzen, die durch das Mittelalter geprägt waren. Sie waren Kinder ihrer Zeit, die Gott und die Kirche verehrten und dennoch als Herrscher nach politischer und ideeller Verwirklichung strebten. Doch ist das wirklich möglich? Kann man hegemoniale Machtansprüche und zugleich eine Förderung der Religion anstreben, ohne dass das eine oder das andere auf der Strecke bleibt? Natürlich muss man zur Beantwortung dieser Fragen die Umstände und das Weltverständnis dieser Zeit, um die Jahrtausendwende, beachten. Doch selbst dann wird wohl eine eindeutige Beantwortung nicht möglich sein. Das vorliegende Buch hat das politische und religiöse Leben und Wirken des Kaiserpaares Heinrich und Kunigunde zum Gegenstand. Im Mittelpunkt steht dabei das Streben nach der Vereinbarkeit von Religion und Macht. Zunächst soll das Leben des Kaiserpaares, mit all seinen Facetten, näher erläutert werden. Darauf folgend stelle ich die Zeit des Mittelalters, die politischen Umstände, die Machtergreifung Heinrichs und die Regierungserfolge und Misserfolge dar. Anschließend werden ihre Beziehung zur 1 Vgl. Guth, K., 2002, S. 7. 2 Zit. n. Weinfurter, S., 1999, S. 92. 7
Kirche und zu Gott ergründet und die religiösen Vorstellungen und Ziele des Kaiserpaares dargelegt. Dann folgt eine Betrachtung des Kanonisationsprozesses und zum Schluss untersuche ich die Auswirkungen und das Andenken Heinrichs und Kunigundes in unserer heutigen Zeit. Bei allen Darlegungen und Untersuchungen werden natürlich auch Probleme politischer, geistlicher und familiärer Natur, mit denen sie im Laufe ihres Lebens konfrontiert wurden, berücksichtigt und beschrieben. Im Mittelpunkt aller Betrachtungen stehen das Verhältnis zur Kirche und ihre Beziehung zu Gott. Waren Kunigunde und vor allem Heinrich politische Christen? Bewerkstelligten sie den Spagat zwischen Nächstenliebe und eigenen Ansprüchen? Oder war der Glaube womöglich nur eine Maßnahme des Kaisers, den Klerus für sich zu gewinnen? Das Verhältnis von kirchlicher und politischer Macht, von Eigennutz und Selbstlosigkeit bietet viel Raum für Spekulationen und Interpretationen, doch ich werde mich stets um eine möglichst neutrale Sichtweise bemühen, die diesen Raum dennoch nutzt und das Leben und Wirken Heinrichs und Kunigundes von vielen Seiten beleuchtet. 8
1. Das Leben Heinrichs und Kunigundes Heinrich wurde wahrscheinlich in Abbach bei Regensburg am 06. Mai 973 als ältestes Kind geboren. Sein Vater Heinrich der Zänker war zu dieser Zeit Bayernherzog. Da ein Familienstreit zwischen seinem Vater und dessen Vetter Kaiser Otto II., mit dem Verlust des Herzogtums vor dem Fürstengericht endete und Heinrich der Zänker in Utrecht von Bischof Folkmar in Gewahrsam genommen wurde, bedeutete dies auch für den jungen Heinrich eine Wende in seiner Kindheit. Bisher lebte er zusammen mit seiner Mutter Gisela, der ältesten Tochter König Konrads I. von Burgund und wurde von Bischof Abraham von Freising unterrichtet. Doch mit dem Herzoggericht des Vaters änderte sich sein Leben von Grund auf. Heinrich wurde seinem Elternhaus entzogen und in die Domschule nach Hildesheim gebracht, da man so verhindern wollte, dass er weiterhin als einziger Sohn Heinrich des Zänkers eine Gefahr für den Sachsenkönig Otto II. darstellte. Durch den Besuch der kirchlichen Schule sollte er in eine geistliche Richtung gedrängt werden. Er besuchte die Schule von 978 bis 985. 3 Hier lernte er Lesen und Schreiben, den Umgang mit der Bibel, die lateinische Sprache, die Liturgie und theologisches Denken. Nach dem plötzlichen Tod Ottos II. am 07.12.983 in Rom und dem darauf folgenden Verzicht Heinrich des Zänkers auf seine Erb-ansprüche und den Königsthron machte jener den Weg zum Thron für Otto III. frei und ebnete gleichzeitig seinen eigenen Weg zur Rückkehr als Herzog nach Bayern. Somit konnten auch Heinrich und seine Mutter Gisela im Jahre 985 aus der Verbannung nach Regensburg zurückkehren. Diese Wiederkehr ermöglichte dem von der Domschule geprägten Heinrich den Umgang mit Bischof Wolfgang (gest. 994) und Abt Ramwold von St. Emmeram (gest. 1000), die ihn in seinen späteren Vorstellungen von Kirchenreform und Kirchenpolitik maßgeblich beeinflussten. 4 3 Vgl. Guth, K., 2002, S. 62. 4 Vgl. Guth, K., 2002, S. 20/21. 9
Auch der Wandel seines Vaters, der von nun an den noch jungen Sachsenkönig in seiner Regierung unterstützte, prägte das Bild Heinrichs von einer ernsthaften und soliden Königstreue entscheidend. Er lernte in seinen Jugendjahren den Umgang mit Krieg und Frieden, Regierungsproblemen und Feindschaften, das Ausharren in Krisenzeiten, den Umgang mit Untergebenen und der Obrigkeit sowie die Treue zum Königshaus. Sein Vater Heinrich der Zänker und besonders die Weltherrschaftspläne seines Vetters König Otto III. bestimmten und beeinflussten entscheidend sein Verhältnis zur Reichspolitik. 5 994 wurde der junge Heinrich erstmals als Condux, als Mitherzog, neben seinem Vater in einer Urkunde erwähnt. 6 Nach dem Tod des Vaters, der nach schwerer Krankheit mit 44 Jahren am 28. August 995 verstarb, wurde Heinrich im Alter von 22 Jahren zum Herzog von Bayern gewählt. 7 Sein offizieller Titel lautete nun Herzog Heinrich IV. von Bayern. Ca. 998/1000 heiratete Heinrich dann die Grafentochter Kunigunde. 8 Kunigunde war die Tochter des Grafen Siegfried von Lützelburg. Dies war ein noch unbedeutendes Geschlecht, das bald darauf Lützelburger oder Luxemburger genannt wurde. Sie gehörten zur Linie des Ardennerhauses, das Lothringen dominierte. 9 Siegfried war durch seine Mutter Kunigunde und seine Großmutter Ermentrude der Urenkel des westfränkischen Königs Ludwig des Stammlers, des Sohnes Karl des Kahlen. 10 Kunigunde war das sechste von elf Kindern 11 und wurde vermutlich um das Jahr 985 in Trier geboren. Sie besuchte entweder die dortige Abteischule von St. Maximin oder die Domschule. 12 Auch kann man davon ausgehen, dass sie eine standesgemäße Erziehung erhalten und Fertigkeiten wie Spinnen, Weben, Stricken, Nähen und das Vorstehen in einem 5 Vgl. Guth, K., 2002, S. 24. 6 Vgl. Wemhoff, M., 2002, S. 28. 7 Vgl. Hamer, P.,1989, 110. 8 Vgl. Baumgärtner, I., 1997, S. 9. 9 Vgl. Hamer, P., 1989, S. 88. 10 Vgl. Hamer, P., 1989, S. 81. 11 Vgl. Guth, K., 2002, S. 28. 12 Vgl. Hamer, P., 1989, S. 107/108. 10
Adelshaushalt gelernt hat. 13 Näheres über das Jahr ihrer Geburt oder über ihre Kindheit und Jugend sind bisher aber noch nicht bekannt. 14 Ihr Vater Siegfried ist am 25. August 998 und ihre Mutter Hadwig am 13. Dezember 998 gestorben. Zu diesem Zeitpunkt könnten Heinrich und Kunigunde schon verheiratet gewesen sein. Diese Hochzeit bedeutete für die Familie Kunigundes sozialen Aufstieg und Prestigegewinn, da die Familie Heinrichs aufgrund ihrer Abstammung aus einer Nebenlinie des ottonischen Königshauses vom Rang her weit über der luxemburgischen Grafenfamilie stand. 15 Das junge Herzogpaar lernte allmählich den Umgang mit Regierung und Politik und bereitete sich so auf das Königtum des ostfränkisch- deutschen Reiches 16 vor, zu dem Heinrich am 07. Juni 1002 in Mainz gekrönt wurde. Am 14. Mai 1004 folgte in Pavia die Krönung zum König von Italien. Gemeinsam mit seiner Gattin Kunigunde wurde Heinrich dann am 14. Februar 1014 im Petersdom in Rom durch Papst Benedikt VIII. zum Kaiser des römischen Reiches gekrönt. 17 Kunigunde wurde am Laurentiustag und Jahrestag der Lechfeldschlacht (Sieg Ottos I. über die Ungarn auf dem Lechfeld 955), dem 10. August 1002, durch den Mainzer Erzbischof Willigis in Paderborn zur Königin gekrönt. 18 Der Paderborner Dom war im Jahr 1000 bei einem verheerenden Brand fast völlig zerstört worden. Trotz Renovierungsarbeiten konnte er aber nicht bis zur Königsweihe Kunigundes fertiggestellt werden. Dennoch fand in dem nur teilrenovierten Dom diese große und wichtige Feierlichkeit statt. Dies spricht wohl für die gute Beziehung zwischen dem Königspaar und dem Paderborner Bischof Rethar, da dieser Heinrich im Thronstreit unterstützt hatte. Gleichzeitig mit der Königskrönung Kunigundes fand die Weihe Sophias von Gandersheim, einer Tochter Ottos II., zur Äbtissin statt. 19 13 Vgl. Wemhoff, M., 2002, S. 26. 14 Vgl. Baumgärtner, I., 1997, S. 9. 15 Vgl. Wemhoff, M., 2002, S. 26. 16 Vgl. Weinfurter, S., 1999, S. 43. 17 Vgl. Weinfurter, S., 1999, S. 11. 18 Vgl. Wemhoff, M., 2002, S. 49. 19 Vgl. Wemhoff, M., 2002, S. 24/25. 11