Lizenzverträge nach dem EuGH- Urteil usedsoft./. Oracle

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Transkript:

Lizenzverträge nach dem EuGH- Urteil usedsoft./. Oracle Dr. Truiken Heydn TCI Rechtsanwälte München Sitzung des Fachausschusses Vertragsrecht der DGRI München, 26. Oktober 2012

Inhalt I. Der Fall usedsoft II. Das Urteil des EuGH III. Die offenen Fragen IV. Schlussfolgerung und Ausblick

Der Sachverhalt 15% Softwarelizenzvertrag: Nicht übertragbares Nutzungsrecht 85% Ersterwerber Client-Server-Software: Server (dauerhafte Kopie)

Der Sachverhalt 15% Softwarelizenzvertrag: Nicht übertragbares Nutzungsrecht Ersterwerber 85% Notar Erklärung: Mir hat die Erklärung des Ersterwerbers Zweiterwerber vorgelegen. Lädt Software herunter oder Erklärung: Ich war rechtmäßiger Lizenzinhaber, verwende die Lizenzen nicht mehr, habe lizensierte Programme vollständig von meinen Rechnern entfernt und von usedsoft Geld für die Lizenzen erhalten. ermöglicht weiteren Nutzern die Nutzung = Vervielfältigung!

Der Sachverhalt 15% Softwarelizenzvertrag: Nicht übertragbares Nutzungsrecht Ersterwerber 85% Notar Erklärung: Mir hat die Erklärung des Ersterwerbers Zweiterwerber vorgelegen. Erklärung: Ich war rechtmäßiger Lizenzinhaber, verwende die Lizenzen nicht mehr, habe lizensierte Programme vollständig von meinen Rechnern entfernt und von usedsoft Geld für die Lizenzen erhalten. Lädt 1. erhält Software keine herunter Kopie oder ermöglicht Software weiteren 2. weiß nicht, Nutzern die wer Nutzung der = Vervielfältigung! Ersterwerber war

Urheberrechtliche Grundlagen EU Recht RL 2009/24 (Computerprogrammrichtlinie = RL 91/250) Art. 4 Abs. 2: Erschöpfung des Verbreitungsrechts Internationale Urheberrechtsverträge WIPO Urheberrechtsvertrag Art. 5 Abs. 1: Rechte des rechtmäßigen Erwerbers Deutsches Recht UrhG 69c Abs. 1 Nr. 3 Satz 2: Erschöpfung des Verbreitungsrechts 69d Abs. 1: Rechte des zur Verwendung eines Vervielfältigungsstücks des Programms Berechtigten

Bisheriger Verfahrensgang Gerichtshof der Europäischen Union Auslegung des EU-Rechts Vorabentscheidungsverfahren (Art. 267 AEUV) Deutsche Gerichte Revision BGH Berufung OLG München Erste Instanz LG München I Urteil: 3.7.2012 Beschluss vom 3.2.2011, MMR 2011, 305 Urteil Urteil vom 3.7.2008, MMR 2008, 601 Urteil vom 15.3.2007, MMR 2007, 328

Die drei Fragen des BGH (Kurzfassung) 1. Gilt Art. 5 Abs. 1 der Computerprogrammrichtlinie für den Zweiterwerber, wenn das Verbreitungsrecht erschöpft ist? Zweiterwerber 3. Darf Zweitwerber, der eine gebrauchte Lizenz erworben hat, die Software vervielfältigen, wenn der Ersterwerber die Software heruntergeladen hat? Ersterwerber 2. Ist das Verbreitungsrecht erschöpft, wenn Ersterwerber die Software herunterlädt?

Auffassungen von Kommission und Mitgliedstaaten 1. Gilt Art. 5 Abs. 1 der Computerprogrammrichtlinie für den Zweiterwerber, wenn das Verbreitungsrecht erschöpft ist? Kommission: JA! Spanien: JA, aber Frankreich, Italien und Irland: NEIN! Zweiterwerber 3. Darf Zweitwerber, der eine gebrauchte Lizenz erworben hat, die Software vervielfältigen, wenn der Ersterwerber die Software heruntergeladen hat? Alle Ersterwerber NEIN! 2. Ist das Verbreitungsrecht erschöpft, wenn Ersterwerber die Software herunterlädt? Alle NEIN!

Die Schlussanträge des Generalanwalts Yves Bot 1. Gilt Art. 5 Abs. 1 der Computerprogrammrichtlinie für den Zweiterwerber, wenn das Verbreitungsrecht erschöpft ist? NEIN! Zweiterwerber 3. Darf Zweitwerber, der eine gebrauchte Lizenz erworben hat, die Software vervielfältigen, wenn der Ersterwerber die Software heruntergeladen hat? NEIN! Ersterwerber 2. Ist das Verbreitungsrecht erschöpft, wenn Ersterwerber die Software herunterlädt? JA!

Inhalt I. Der Fall usedsoft II. Das Urteil des EuGH III. Die offenen Fragen IV. Schlussfolgerung und Ausblick

Das Urteil des EuGH 1. Gilt Art. 5 Abs. 1 der Computerprogrammrichtlinie für den Zweiterwerber, wenn das Verbreitungsrecht erschöpft ist? JA, wenn Zweiterwerber 3. Darf Zweitwerber, der eine gebrauchte Lizenz erworben hat, die Software vervielfältigen, wenn der Ersterwerber die Software heruntergeladen hat? JA, Ersterwerber wenn 2. Ist das Verbreitungsrecht erschöpft, wenn Ersterwerber die Software herunterlädt? JA, wenn...

Voraussetzungen für Erschöpfung (Ersterwerber) Beim Herunterladen durch den Ersterwerber hat der Rechtsinhaber 1. dem Herunterladen zugestimmt, 2. ein zeitlich unbefristetes Nutzungsrecht eingeräumt und 3. ein Entgelt erhalten. Keine Erschöpfung bei 1. Online-Nutzung von Software (ASP, SaaS), da kein Herunterladen einer Kopie, 2. zeitlich befristeten Nutzungsrechten, 3. kostenlosen Testlizenzen.

Voraussetzungen für Weiterverkauf (Ersterwerber) Herunterladen der Kopie und Abschluss eines Lizenzvertrags über die Nutzung dieser Kopie bilden ein unteilbares Ganzes (Rn. 44, 84). Kein Recht des Ersterwerbers, Lizenzen aufzuspalten und das Recht zur Nutzung nur für eine von ihm bestimmte Nutzerzahl teilweise weiterzuverkaufen (Rn. 69, 86). Unzulässig ist 1. Weiterverkauf von Teilen einer Lizenz, 2. Weiterverkauf von Lizenzen ohne Kopie, 3. Weiterverkauf von Kopie ohne Lizenzen. Geschäftsmodell von usedsoft

Forts. Voraussetzungen für Weiterverkauf (Ersterwerber) Erschöpfung erstreckt sich nicht auf zusätzliche Nutzungsrechte, die erworben wurden, um den Kreis der Nutzer einer bereits auf dem Server des Ersterwerbers installierten Kopie ausweiten zu können (Rn. 71). Nur die Lizenzen, die mit dem Erstkauf der Kopie erworben wurden, dürfen weiterverkauft werden. Unzulässig ist der Weiterverkauf von Lizenzen, die später hinzugekauft wurden.

Voraussetzungen für Weiterverkauf (Zweiterwerber) Kopie und bei Herunterladen der Kopie eingeräumte Lizenzen bilden ein unteilbares Ganzes (Rn. 44, 84). Gegenstand der Erschöpfung ist das unteilbare Ganze Kopie + Lizenzen. Unzulässig ist der Hinzukauf von gebrauchten Lizenzen, um den Kreis der Nutzer einer bereits auf dem Server des Zweiterwerbers vorhandenen Kopie ausweiten zu können. Geschäftsmodell von usedsoft

Voraussetzungen für Nutzung Weiterverkauf der Lizenz (Zweiterwerber) 1. ist mit dem Weiterverkauf der vom Ersterwerber heruntergeladenen Kopie verbunden und 2. Lizenz ist zeitlich unbefristet und 3. Rechtsinhaber hat ein Entgelt erhalten. Zweiterwerber darf Lizenzen nur einsetzen, um vom Ersterwerber erhaltene Kopie zu nutzen. Zweiterwerber sollte sich zu Beweiszwecken vorlegen lassen: Kopie des ursprünglichen Lizenzvertrags (wirklich zeitlich unbefristet?) Zahlungsnachweis Entgelt

Forts. Voraussetzungen für Nutzung (Zweiterwerber) der zweite und jeder weitere Erwerber einer Nutzungslizenz Zweiterwerber trägt Darlegungs- und Beweislast für lückenlose Lizenzkette (BGH, Urt. v. 20.1.1994, Az. I ZR 267/91 Holzhandelsprogramm) Der zweite und jeder weitere Erwerber muss ursprünglichen Lizenznehmer kennen und im Streitfall alle Voraussetzungen für sein Nutzungsrecht beweisen Notarielle Bestätigung und vom Gebrauchthändler ausgestellte Lizenzurkunde sind NICHT ausreichend!

Weitere Pflichten des Ersterwerbers Ersterwerber muss zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs seine eigene Kopie unbrauchbar machen (Rn. 70, 78), sonst verletzt er das Vervielfältigungsrecht des Urhebers. Er darf also nicht eine Kopie zurückbehalten, um später hinzuerworbene Lizenzen (die nicht weiteräußert werden dürfen) weiter zu nutzen. Softwarehersteller kann technische Schutzmaßnahmen anwenden, um sicherzustellen, dass der Ersterwerber seine Kopie tatsächlich nicht mehr weiternutzt (Rn. 79, 87).

Computerprogrammrichtlinie EuGH: Rechtsinhaber kann dem Weiterverkauf der Kopie gemäß Art. 4 Abs. 2 ungeachtet anderslautender vertraglicher Bestimmungen nicht widersprechen (Rn. 77). Bezieht sich auf Weiterverkauf der Kopie! Art. 5 Abs. 1: In Ermangelung spezifischer vertraglicher Bestimmungen bedürfen die in Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben a und b genannten Handlungen nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms einschließlich der Fehlerberichtigung durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig sind. Gilt für Vervielfältigungsrecht des rechtmäßigen Erwerbers!

Computerprogrammrichtlinie EuGH: Wille des Unionsgesetzgebers, körperliche und nichtkörperliche Programmkopien gleichzustellen (Rn. 58, 60). Das ist schlicht falsch! Bericht der Kommission vom 10. April 2000 über die Umsetzung und die Auswirkungen der Computerprogrammrichtlinie (KOM(2000) 199, Seite 18: Was die Erschöpfung des Urheberrechts betrifft, so ist zu beachten, dass sich nach der Richtlinie das Recht nur dann erschöpft, wenn eine Programmkopie, also eine Ware, verkauft wird, die Lieferung über On-line-Dienste bewirkt hingegen keine Erschöpfung.

Computerprogramm- richtlinie EuGH: Art. 1 (2) gilt für alle Ausdrucksformen von Comuputerprogrammen = körperliche und nichtkörperliche Programmkopien (Rn. 57-58). Computerprogrammrichtlinie stammt aus dem Jahr 1991 (RL 91/250/EWG)! 1991 war Vertrieb von Software über das Internet noch nicht bekannt und noch nicht verbreitet. Computerprogrammrichtlinie enthält bezüglich Softwaredownloads eine Regelungslücke.

RL 2001/29 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (InfoSoc Richtlinie) Art. 3 (1): Ausschließliches Recht von Urhebern, öffentliche Zugänglichmachung ihrer Werke zu erlauben oder zu verbieten. Art. 3 (2): Keine Erschöpfung des Rechts zur öffentlichen Zugänglichmachung. Erwägungsgrund 29: Frage der Erschöpfung stellt sich nicht bei Online-Diensten. Dies gilt auch für materielle Vervielfältigungsstücke eines Werks oder eines sonstigen Schutzgegenstands, die durch den Nutzer eines solchen Dienstes mit Zustimmung des Rechtsinhabers hergestellt worden sind.

RL 2001/29 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (InfoSoc Richtlinie) Art. 3 (1): Ausschließliches Recht von Urhebern, öffentliche Zugänglichmachung ihrer Werke zu erlauben oder zu verbieten. Art. 3 (2): Keine Erschöpfung des Rechts zur öffentlichen Zugänglichmachung. Erwägungsgrund 29: Frage der Erschöpfung stellt sich nicht bei Online-Diensten. Dies gilt auch für materielle Vervielfältigungsstücke eines Werks oder eines sonstigen Schutzgegenstands, die durch den Nutzer eines solchen Dienstes mit Zustimmung des Rechtsinhabers hergestellt worden sind.

InfoSoc Richtlinie EuGH: Computerprogrammrichtlinie ist lex specialis gegenüber InfoSoc Richtlinie (Rn. 51). Wie kann eine Richtlinie aus dem Jahr 1991, die Downloads überhaupt nicht regelt, gegenüber einer Richtlinie aus dem Jahr 2001, die Downloads regelt, für die Behandlung von Downloads lex specialis sein?

WIPO Urheberrechtsvertrag (WCT) Innerhalb der EU am 14. März 2010 in Kraft getreten. Art. 4: WCT gilt für Computerprogramme. Art. 6 (2): Verbreitungsrecht kann durch Erstverkauf oder erste sonstige Eigentumsübertragung der Erschöpfung unterworfen werden. Gemeinsame Erklärungen zu den Art. 6 und 7: Die in diesen Artikeln im Zusammenhang mit dem Verbreitungs- und Vermietrecht verwendeten Ausrücke Vervielfältigungsstücke und Original und Vervielfältigungsstücke beziehen sich ausschließlich auf Vervielfältigungsstücke, die als körperliche Gegenstände in Verkehr gebracht werden können.

WIPO Urheberrechtsvertrag (WCT) Innerhalb der EU am 14. März 2010 in Kraft getreten. Art. 4: WCT gilt für Computerprogramme. Art. 6 (2): Verbreitungsrecht kann durch Erstverkauf oder erste sonstige Eigentumsübertragung der Erschöpfung unterworfen werden. Gemeinsame Erklärungen zu den Art. 6 und 7: Die in diesen Artikeln im Zusammenhang mit dem Downloads z. B. von Verbreitungs- und Computerprogrammen Vermietrecht verwendeten beziehen Ausrücke Vervielfältigungsstücke sich nicht und auf Original körperliche und Gegenstände und unterliegen Vervielfältigungsstücke beziehen sich ausschließlich auf deshalb nicht der Erschöpfung!? Vervielfältigungsstücke, die als körperliche Gegenstände in Verkehr gebracht werden können.

WIPO Urheberrechtsvertrag (WCT) EuGH: Aus Art. 6 (1) WCT geht hervor, dass durch Eigentumsübertragung öffentliche Wiedergabe (Art. 3 InfoSoc RiLi) zu einer Verbreitungshandlung (Art. 4 InfoSoc RiLi) wird (Rn. 52). Das ist schlicht falsch! Die gemeinsamen Erklärungen zu Art. 6 und 7 stellen nicht auf Eigentumsübertragung, sondern auf Unterscheidung zwischen körperlicher und unkörperlicher Werkverwertung ab Verbreitungsrecht (und dessen Erschöpfung) gemäß Art. 6 WCT bezieht sich ausschließlich auf die Verbreitung körperlicher Gegenstände unkörperliche öffentliche Zugänglichmachung: Art. 8 WCT

Inhalt I. Der Fall usedsoft II. Das Urteil des EuGH III. Die offenen Fragen IV. Schlussfolgerung und Ausblick

Voraussetzungen für Erschöpfung (Ersterwerber) Beim Herunterladen durch den Ersterwerber hat der Rechtsinhaber [ ] 2. ein zeitlich unbefristetes Nutzungsrecht eingeräumt [ ] Was gilt, wenn z. B. ein zeitlich befristetes Nutzungsrecht von 10, 20 oder 50 Jahren eingeräumt wird?

Voraussetzungen für Erschöpfung (Ersterwerber) Beim Herunterladen durch den Ersterwerber hat der Rechtsinhaber [ ] 3. ein Entgelt erhalten, das es ihm ermöglichen soll, eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie des ihm gehörenden Werkes entsprechende Vergütung zu erzielen Was gilt, wenn Kaufpreis für zeitlich unbefristetes Nutzungsrecht in Raten gezahlt wird? Unterschiedliche Preise für übertragbare/nicht übertragbare Lizenzen?

Voraussetzungen für Weiterverkauf (Ersterwerber) Erschöpfung erstreckt sich nicht auf später hinzugekaufte Lizenzen Kann Gebrauchtsoftwarehandel dadurch unterbunden werden, dass mit dem Erstverkauf der Software nur eine kleine Anzahl von Lizenzen eingeräumt wird ( Starter-Paket )? Kann Erschöpfung bei später hinzugekauften Lizenzen dadurch herbeigeführt werden, dass sich der Ersterwerber bei jedem Hinzuerwerb von Lizenzen eine Kopie der Software herunterlädt?

Forts. Voraussetzungen für Weiterverkauf (Ersterwerber) Kopie + Lizenzvertrag = unteilbares Ganzes (Rn. 44, 84). Keine Aufspaltung von Lizenzen Dürfen Volumenlizenzen für Einzelplatzanwendungen aufgespaltet werden? In welcher Form muss Ersterwerber Kopie weitergeben?? Festplatte des Computers, auf den Download erfolgt ist? Vervielfältigung zum Zwecke der Weitergabe Muss Ersterwerber Lizenzvertrag weitergeben?

Voraussetzungen für Nutzung Weiterverkauf der Lizenz (Zweiterwerber) Wie bestimmt sich der Umfang der Lizenz? Ist Zweiterwerber an Lizenzumfang, Lizenzbeschränkungen usw. im ursprünglichen Lizenzvertrag gebunden? Ist Zweiterwerber überhaupt an die Bedingungen des ursprünglichen Lizenzvertrags gebunden?

Voraussetzungen für Nutzung Weiterverkauf der Lizenz (Zweiterwerber) Was ist eigentlich die Lizenz? Ist im Europarecht nicht geregelt! vgl. BGH, Urt. v. 19.7.2012, Az. I ZR 70/10 M2Trade: Das dem Lizenznehmer vom Urheber eingeräumte Nutzungsrecht fällt im Regelfall, in dem die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben, mit der Beendigung des Lizenzvertrages ipso iure an ihn zurück. Die Lizenz ist also kein vom Lizenzvertrag unabhängiges, abstraktes Recht!

Voraussetzungen für Nutzung Weiterverkauf der Lizenz (Zweiterwerber) BGH, Urt. v. 19.7.2012, Az. I ZR 70/10 M2Trade: Stärkere kausale Verknüpfung von Verpflichtungsund Verfügungsgeschäft Besonderheit im Urheberrecht, dass der Inhalt des Rechts, auf das sich die Verfügung bezieht, im Hinblick auf die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten und das Fehlen vorgeformter gesetzlicher Typen erst durch den schuldrechtlichen Vertrag seine nähere Bestimmung und Ausformung erfährt. Lizenz kann ohne Übertragung des Lizenzvertrags nicht weiterveräußert werden!

Weitere Pflichten des Ersterwerbers Ersterwerber muss zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs seine eigene Kopie unbrauchbar machen (Rn. 70, 78) Ist das eine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Weiterveräußerung? Darf also der Zweiterwerber nur dann nutzen, wenn der Ersterwerber seine Kopie unbrauchbar gemacht hat?

Inhalt I. Der Fall usedsoft II. Das Urteil des EuGH III. Die offenen Fragen IV.Schlussfolgerung und Ausblick

Schlussfolgerung Die UsedSoft Entscheidung ist keine juristische, sondern eine politische Entscheidung. Die UsedSoft Entscheidung betrifft nur Software, nicht sonstige digitale Inhalte (Musik, Filme). Das merkwürdige Ergebnis ist, dass beim Download von Software der Erschöpfungsgrundsatz eingreift, beim Download von anderen Werken jedoch nicht, weil dort die InfoSoc Richtlinie gilt. Es bleibt abzuwarten, wie und mit welchen Argumenten der EuGH über andere urheberrechtlich geschützte Werke als Software entscheidet.

Ausblick Die UsedSoft-Entscheidung betrifft nur die Verhinderung der Weiterveräußerung mit rechtlichen Mitteln durch Geltendmachung des ausschließlichen Vervielfältigungsrechts. Die UsedSoft-Entscheidung lässt die Rechtsprechung des BGH unberührt, wonach die Rechtsfolge der Erschöpfung nur Behinderungen des Warenverkehrs infolge der Ausübung des Verbreitungsrechts begrenzen soll: Einschränkungen der rechtlichen oder tatsächlichen Verkehrsfähigkeit eines Werkstücks, die sich nicht aus dem Verbreitungsrecht des Urhebers als solchem ergeben, sondern auf anderen Umständen beruhen wie z. B. auf der spezifischen Gestaltung des betreffenden Werks oder Werkstücks, berühren den Grundsatz der Erschöpfung des urheberrechtlichen Verbreitungsrechts nicht. (BGH, Urt. v. 11.2.2010, Az. I ZR 178/08 - Half Life 2, Rn. 21.)

Fragen Dr. Truiken Heydn theydn@tcilaw.de Martiusstr. 5 80802 München Tel: +49 (0)89 383 6788-0 www.tcilaw.de

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Die Vorschriften der Richtlinie Art. 5 Abs. 1 RL 2009/24: In Ermangelung spezifischer vertraglicher Bestimmungen bedürfen die in Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben a und b genannten Handlungen nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms einschließlich der Fehlerberichtigung durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig sind. Art. 4 Abs. 2 RL 2009/24: Mit dem Erstverkauf einer Programmkopie in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung erschöpft sich in der Gemeinschaft das Recht auf die Verbreitung dieser Kopie; ausgenommen hiervon ist jedoch das Recht auf Kontrolle der Weitervermietung des Programms oder einer Kopie davon.

Die drei Fragen des BGH (Originalfassung) 1. Ist derjenige, der sich auf eine Erschöpfung des Rechts zur Verbreitung der Kopie eines Computerprogramms berufen kann, rechtmäßiger Erwerber im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG? 2. Für den Fall, dass die erste Frage bejaht wird: Erschöpft sich das Recht zur Verbreitung der Kopie eines Computerprogramms nach Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG, wenn der Erwerber die Kopie mit Zustimmung des Rechtsinhabers durch Herunterladen des Programms aus dem Internet auf einen Datenträger angefertigt hat? 3. Für den Fall, dass auch die zweite Frage bejaht wird: Kann sich auch derjenige, der eine gebrauchte Softwarelizenz erworben hat, für das Erstellen einer Programmkopie als rechtmäßiger Erwerber nach Art. 5 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG auf eine Erschöpfung des Rechts zur Verbreitung der vom Ersterwerber mit Zustimmung des Rechtsinhabers durch Herunterladen des Programms aus dem Internet auf einen Datenträger angefertigten Kopie des Computerprogramms berufen, wenn der Ersterwerber seine Programmkopie gelöscht hat oder nicht mehr verwendet?

Verfahren vor dem EuGH Eu G H Große Kammer: 13 Richter General- Schlussanträge 24.4.2012 anwalt Schriftliche Stellungnahmen Juli 2011 mündliche Verhandlung 6.3.2012 EU Mitgliedstaaten Vorabentscheidungsersuchen 3.2.2011 Parteien Urteil 3.7.2012 Schriftsätze mündl. Verhandlung Urteil BGH