Internet-basierte Simulation: Anwendungen in der Ausbildung und bei der Systemoptimierung

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Transkript:

Internet-basierte Simulation: Anwendungen in der Ausbildung und bei der Systemoptimierung Peter Schwarz, André Schneider Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen, EAS Dresden Kurzfassung Unter Internet-basierter Simulation soll der Aufruf eines Simulators über Schnittstellen zum Internet verstanden werden. Gegenüber einem klassischen Remote-Computing ergeben sich neue Möglichkeiten der Simulation zur Lösung wissenschaftlich-technischer Aufgaben, aber auch beim Einsatz in der Aus- und Weiterbildung. Dabei spielt auch die Kostenminimierung eine Rolle. 1 Einleitung Die Simulation ist ein wesentliches Hilfsmittel zum Verständnis komplexer Systeme, vor allem der in ihnen ablaufenden dynamischen Vorgänge. Für einige Simulationsexperimente reichen Public-Domain-Simulatoren wie SPICE aus; für die Ausbildung oder für eine berufsbegleitende Weiterbildung ist jedoch der Einsatz moderner Simulationsalgorithmen und Modellierungssprachen (wie z.b. VHDL-AMS oder Modelica), zumindest aber die Beschreibung des Verhaltens von Teilsystemen oder Komponenten durch Gleichungen oder Differentialgleichungen wichtig. Auch die Verwendung graphischer User Interfaces (GUI) für Systembeschreibung und Ergebnisvisualisierung sollte auf einem Niveau unterstützt werden, das den Übergang zu kommerziellen Entwurfswerkzeugen vorbereitet. Seit etwa zehn Jahren wird der Einsatz des Internet für die Simulation vor allem im universitären Bereich untersucht sowohl für den Fernzugriff auf Simulatoren als auch für eine verteilte Simulation in Clustern von Rechnern [5], [1], [26], [10], [12], [17], [15]. Ähnliche Ansätze werden für virtuelle Experimente in Lernkursen angewandt [19], [20]. Ein Impuls dafür war auch die Entwicklung neuer Technologien wie HLA [8] und CORBA [2], [18]. Einer dieser Simulatoren (DYNAST) wird im Abschnitt 2 genauer vorgestellt. Wichtig ist jedoch auch die unmittelbare Nutzung kommerzieller Simulatoren über das Internet, z.b. eingebettet in Trainingskurse oder für industrielle Entwurfsaufgaben. In der Fraunhofer-Gesellschaft wurden im Rahmen des Aufbaus eines Fraunhofer Knowledge Network (FKN) mehrere Kurse entwickelt [3], z.b. für den Entwurf digitaler Schaltungen oder von Mikrosystemen. Die dabei verwendeten Basistechnologien zur Arbeit mit kommerziellen Simulatoren über das Internet werden im Abschnitt 3 vorgestellt.

2 DYNAST ein Web-basierter Simulator für multidisziplinäre Systeme DYNAST ist ein Simulator vor allem für kontinuierliche, multidisziplinäre Systeme. Er wurde an der Technischen Hochschule Prag entwickelt und hat auch dank des europäischen Projektes DynLAB eine weite Verbreitung gefunden [4], [12]. Im Bild 1 sind die graphische Beschreibung eines mechanischen Systems und das Simulationsergebnis sowie einige Simulationssteuerkommandos gezeigt. Der Simulator DYNAST verfügt über interessante Features, die ihn sowohl für die Lehre und Weiterbildung als auch für Anwendungen in der Industrie interessant machen. Bild 1: Simulation "Jumping Ball", gerechnet mit DYNAST Die Modellbeschreibung in textueller oder graphischer Form führt auf eine interne mathematische Beschreibung durch nichtlineare, implizite Differentialgleichungen (DAE, differential-algebraic equations), die durch implizite Integrationsverfahren gelöst werden. Die Komponenten und Teilsysteme werden als Mehrpole oder verallgemeinerte Kirchhoffsche Netzwerke [11], [23] aufgefasst, wobei an den Anschlüssen grundsätzlich ungerichtete Signale als Fluss- und Differenzgrößen angenommen werden. Dadurch lassen sich Rückwirkungen zwischen den Teilsystemen einfach berücksichtigen. Diese Mehrpole sind nicht auf elektrotechnische Anwendungen beschränkt, sondern existieren auch in anderen physikalischen Domänen, z.b. in der Mechanik und Fluidik. Selbstverständlich ist als

Sonderfall auch ein gerichteter Signalfluss (z.b. in regelungstechnischen Blockschaltbildern) möglich. Die rechentechnische Implementierung folgt einem einfachen Konzept (Bild 2): Die graphischen Interfaces für Systemeingabe und Ergebnisdarstellung werden als Programme beim Anwender lokal installiert oder man greift mit einem Web-Browser auf die Online-Umgebung zu. Die Simulation-Engine (DYNAST-Solver) läuft entweder auf einem Server in Prag, auf einem Server im LAN oder auf dem lokalen Rechner. Die Kommunikation kommt jeweils mit ASCII-Daten aus, die schnell und problemlos auch über das Internet übertragen werden können. DYNAST GUI Dongle LAN Nutzer DYNAST-Solver Internet HTTP DYNAST Web DYNAST-Solver Bild 2: Internet-basierte und lokale Simulation mit DYNAST Besonders wertvoll ist eine Bibliothek von Modellen, auf die über die Web-Adresse http://virtual.cvut.cz/dyn/examples/ zugegriffen werden kann. Sie enthält Modelle aus vielen physikalischen Domänen, von der die Tabelle 1 einen ersten Eindruck vermittelt. Ein Beispiel eines mechatronisches System unter Verwendung dieser Bibliotheken ist in Bild 3 gezeigt: ein planarer Roboter (Bewegung in der x-y-ebene). In [22] wurde gezeigt, dass mit dem DYNAST-Modellvorrat auch das sehr komplizierte elektromagnetisch-mechanische Verhalten von Relais (einschließlich Ankerbewegung und Hysterese) modelliert werden kann. Den DYNAST-Elementen können auch Verhaltensbeschreibungen zugeordnet werden, die der Anwender selber formuliert. Die Sprachelemente der DYNAST-Modellierungssprache gestatten die Formulierung linearer und nichtlinearer Gleichungen und Differentialgleichungssysteme, wobei einem Element durchaus Dutzende oder Hunderte Gleichungen zugeordnet werden können. Das ist beispielsweise bei der Modellierung elektronischer Bauelemente wie Transistoren der Fall. Ähnlich umfangreiche Modellbiliotheken wie die in Tabelle 1 genannten sind im Umfeld der Modelica-Entwicklung [14] entstanden.

Bild 3: Simulation eines planaren mechatronischen Systems Tabelle 1: Ausschnitte aus der Multi-Physics-Modellbibliothek Electrical Single-phase power source Three-phase power source Thyristor Lossless transmission line Discrete LRCG transmission line Lossy transmission line Electronics Basic elements: R, L, C, G, transformer,... Diodes: PN-junction PN-junction, with thermal terminal Transistors: NPN-Bipolar Junction PNP-Bipolar Junction Bipolar Junction, with thermal terminal NPN-Bipolar Junction, with thermal terminal PNP-Bipolar Junction, with thermal terminal N-channel enhancement/depletion MOSFET P-channel enhancement/depletion MOSFET MOSFET, semi-empirical short-channel Building blocks: Operational amplifier SPICE macromodel Fluidics Cylinders Valves Aperture Pump Accumulators Tank Mechanics Viscous and dry friction Mechanical backlash Spring with stops Mass point with spring and damper Weightless rigid rod link, polar coordinates Mass rigid rod link, polar coordinates Control Integrator, Differentiator Summation, Difference Multiplier Transport delay block Sample and Hold Difference integrator Some Simulink blocks: Abs, relay with hysteresis and dead zone,

Die Nutzung eines Simulators über das Internet ist auch eine pädagogische Herausforderung an den Simulatorentwickler. Die beste Hilfe für den Lernenden ist neben einem User Manual auch eine genügend breite Palette von Modellierungs- und Simulationsbeispielen, die ebenfalls über das Internet bereitgestellt werden. Die folgende, nicht vollständige Übersicht vermittelt einen Eindruck von den über 200 Beispielen, die vollständig dokumentiert und mit einer Testumgebung versehen sind. Die Vielzahl der Modelle ist durch den Einsatz in der Lehre an mehreren europäischen Hochschulen und damit durch die Nutzung studentischer Arbeiten ermöglicht worden. Equations Linear and nonlinear algebraic equations, polynomial roots, evaluation of explicit equations Nonlinear differential equations, Bessel's differential equation, double pendulum Van der Pol's equation, Cornu's spiral Electrical Voltage and current divider, resistive bridge circuit Power transfer in resistive systems, Comparing lossy transmission line models Electronics Voltage doubler, Graetz bridge, controlled attenuator BJT inverter switching speed, Schmitt-Trigger, astable multivibrator Current mirror, Wilson Mirror, Bandgap, Push-pull follower Differential Amplifier Stage, operational amplifier, CMOS inverter Wien-bridge oscillator, pulse-width modulator, Cauer low-pass filter Power electronics Single-phase bridge rectifier with RL load, 1-Phase Voltage-Doubler Rectifier Step-down (BUCK) DC-DC Converter, Flyback DC-DC Converter Three-phase thyristor rectifier with RL load, Three-phase full-wave AC voltage controller Three-phase delta-connected AC voltage controller, three-phase thyristor AC controller Impulse commutated and resonant-pulse thyristor choppers, full-bridge resonant inverter Electro-mechanical Induction motor with constant velocity, Chopper-driven separately excited DC motor Two-link planar robot, Electromagnetical actuators, Electro-magneto-mechanical relay Magnetic levitation, electrodynamic transducer, piezoelectric acceleration sensor Mechanical/Translational Vertical throw of a ball, viscous friction experiment, two-mass model of car Jumping ball, mass-spring system with dry friction, stick-slip friction experiment Motor on vibration isolator with stop, nonlinear spring system Parachutist's fall, rocket liftoff Mechanical/Rotational Torsional pendulum, Physical pendulum, Impact of two pendulums Fluid power Valve for flow control, Two stage relief valve, Bladder accumulator Fluid accumulator discharge, Hydraulic cylinder test bench Control Simple automobile model, cruise control of a car, hydraulic positioning system DC Motor position control, DC Motor speed + PID, PI-D Control of a Third order Plant Relay autotuning, inverted pendulum, Ball and beam experiment, Three-Tank experiment

Dadurch wird gleichzeitig ein Beitrag zu einer Methodik der Modelldokumentation geleistet, der für eine breite Wiederverwendung von Modellen wichtig ist. Eine automatisierte Erstellung der Modelldokumentation, wie sie z.b. in [7] vorgestellt wird, ist nicht vorgesehen. Bei den Anwendungen in der Mechanik und Automatisierungstechnik ist eine Darstellung der Simulationsergebnisse in Tabellen- oder Kurvenform oft nicht ausreichend. Deshalb wurde an der Ruhr-Universität Bochum [20] und an der TU Prag eine 3D-Visualisierungs- und Animationsumgebung, basierend auf VRML und Java, entwickelt. Die Bewegungsdaten für das virtuelle Experiment werden durch den DYNAST-Simulator bereitgestellt. Im Bild 4 sind einige solcher 3D-Experimente dargestellt [12], [19]: ein Roboter, ein Gyroskop, ein Wagen mit einem angehängten Doppelpendel und ein Zwei- Tank-Füllsystem. Ähnliche Verfahren wurden auch in [6], [10] vorgestellt. Bild 4: Visualisierung und Animation von DYNAST-Ergebnissen Die Einsatzmöglichkeiten von DYNAST vervielfachen sich, wenn DYNAST auch gemeinsam mit anderen Simulatoren eingesetzt wird. So ist beispielsweise eine Co- Simulation mit SIMULINK möglich. Spezielle Modelle (lineare Übertragungsfunktionen in Pol-Nullstellen-Darstellung) lassen sich als M-Dateien für eine Weiterverwendung in MATLAB exportieren. Neben den offenkundigen Vorteilen von DYNAST gibt es aber auch Nachteile. Die unmittelbare Wiederverwendung der Modelle ist nur innerhalb DYNAST möglich, weil der Simulator eine eigene Eingabesprache hat. Dieses Problem haben viele (auch Web-basierte) Simulatoren, daher hat sich in den letzten Jahren der Trend zum Verzicht auf proprietäre Modellierungssprachen und die Verwendung von standardisierten oder zumindest weitverbreiteten Sprachen durchgesetzt (z.b. Modelica [13]). 3 Simulations-basierte Optimierung Die Möglichkeiten der Simulation über das Internet lassen sich auch sehr effizient für die Optimierung von Systemen nutzen. Mit dem System MOSCITO [21], [25] wurde ein uni-

verselles Optimierungssystem entwickelt, das in modularer Weise den Einsatz verschiedener Systemsimulatoren in Verbindung mit einer Toolbox (OPAL) mit unterschiedlichen mathematischen Optimierungsverfahren gestattet. Bild 5 zeigt das Zusammenwirken der beteiligten Programmmodule Simulator und Optimierer sowie die dazwischen geschalteten Module Modellaktualisierung und Bewertung der Simulationsergebnisse. Diese generic model model parameter update p3 p1 p2 simulation-ready model simulation simulator control File Edit View Run Help algorithm control actual parameters front end actual behavior specification (desired behavior) initial values optimization objective function calculation of objective function weights Bild 5: Prinzip der simulationsgestützten Optimierung in MOSCITO Module können beliebig im Internet verteilt sein, so dass beispielsweise der rechenzeitverbrauchende (und ggf. sehr teure) Simulator auf einem leistungsfähigen Server in einem Forschungsinstitut und die anderen Module einschließlich der grafischen Oberfläche auf dem PC des Anwenders laufen. Interface: Internet LAN Web Optimierer API/IO Simulator API/IO Agent (Wrapper) Agent (Wrapper) XML-Streams / Java Serialized Objects Bild 6: Internet-basierte Kopplungsinfrastruktur Als Simulationswerkzeuge sind in MOSCITO unter anderem integriert: Saber, Eldo, SPICE, Dymola, ANSYS, Matlab/Simulink, Advanced MS sowie DYNAST. Die in der OPAL-Toolbox integrierten Algorithmen sind in folgender Tabelle aufgelistet.

Algorithmus direktes Verfahren globales Verfahren Nelder-Mead Simplex ja nein nein Simulated Annealing ja ja nein BFGS nein nein nein L-BFGS-B nein nein ja Powell ja nein nein N2FB nein nein ja Conjugate Gradient nein nein nein DIRECT ja ja ja BTRK nein ja ja/nein FSQP nein nein ja Praxis ja nein nein Berücksichtigung von Schranken Die Idee des Ansatzes ist, verfügbare Simulations- und Optimierungswerkzeuge flexibel zu koppeln und diese so in unterschiedlichen Anwendungsszenarien wie beispielsweise für den Systementwurf oder beim E-Learning einzusetzen. In Bild 7 ist ein für die Remote-Simulation bzw. -Optimierung realisiertes Web-Front-End dargestellt, über das ein Entwerfer oder ein Auszubildender die Geometrie eines Kraftsensors online simulieren und optimieren kann. Vorgegeben wird eine Startgeometrie. Auf der Serverseite wird der Simulations- Optimierungs-Request von einem Web-Server [9] entgegengenommen und an entsprechende MOSCITO-Servlets weitergeleitet. Über diese gesteuert erfolgt schließlich die simulationsgestützte Optimierung mit Hilfe des FEM-Simulators ANSYS und dem Optimierungsprogramm OPAL. Die Ergebnisse werden vom Web-Front-End grafisch visualisiert, so dass das Simulationsergebnis bzw. der Optimierungsfortschritt unmittelbar sichtbar wird. Auf diese Weise kann der Anwender ein bei ihm nicht verfügbares Tool nutzen. HTML-Seite Web-Server mit Java-Servlet-Engine (Apache/TOMCAT) Java-Applet HTTPD Servlet-Engine HTTP Dymola-Servlet Spice-Servlet ANSYS-Servlet Web-Browser des Anwenders HTML-Seiten, Bilder, Animationen Nutzerverwaltung (MySQL) MOSCITO (Simulatoren, Optimierer) Bild 7: Simulationsgestützte Optimierung eines Kraftsensors über das Web In diesem Zusammenhang steht natürlich die Frage nach der Abrechnung, den Lizenzgebühren usw. Obwohl es zahlreiche Frameworks z.b. im E-Learning-Bereich gibt, die aus-

gefeilte Abrechnungs und Verwaltungsroutinen besitzen, ist die Kommerzialisierung Webbasierter Simulations- und Optimierungsdienstleistungen im wissenschaftlich-technischen Bereich noch in den Anfängen. Die großen Simulatoranbieter verhalten sich sehr zögerlich, so dass die Hauptanwendungen dieser Technologien gegenwärtig im Bereich der Zusammenarbeit Forschungseinrichtungen Industrie und in der Lehre (E-Learning) zu finden sind. Literatur [1] Alfonseca, M.; Vangheluwe, H.: Web-Based Simulation of Systems Described by Partial Differential Equations. Winter Simulation Conference, Arlington, VA, USA, December 9-12, 2001, pp. 629-636 [2] Buss, A.; Jackson, L.: Distributed Simulation Modelling: A Comparison of HLA, CORBA, and RMI. Proceedings of the 1998 Winter Simulation Conference, eds. D.J. Medeiros, E.F. Watson, J.S. Carson and M.S. Manivannan, 819-825. [3] Diener, K.-H. et al.: e-training for Critical Microelectronic Disciplines over the Fraunhofer Knowledge Network (FKN), Workshop ICL 2002, 25.-27.09.2002, Villach, Austria. See also European Journal of Open and Distance Learning (EURODL), December 20, 2002, http://www.eas.iis.fhg.de/publications/papers/2002/030/ [4] DynLAB : Course on dynamics of multidisciplinary and controlled systems in a virtual lab. http://virtual.cvut.cz/dynlab/ [5] Fishwick, P.A.: Web-Based Simulation. Winter Simulation Conference, Atlanta, GA, USA, December 7-10, 1997, pp. 100-102 [6] Fishwick, P.; Lee, J.; Park, M.; Shim, H.: Rube: A Costumized 2D and 3D Modeling Framework for Simulation. Winter Simulation Conference, New Orleans, Louisiana, USA, December 7-10, 2003 [7] Hessel, E.; Graßmann, A.; Haase, J.; Schäfer, J: Model Exchange Process in Automotive Industry with VHDL-AMS Philosophy and Examples. 2. Aachen Electronics Symposium, September 23-24, 2004 http://www.eas.iis.fhg.de/publications/papers/2004/017/ [8] HLA: https://www.dmso.mil/public/transition/hla/ (August 2005) [9] Jakarta TOMCAT: http://jakarta.apache.org/tomcat/ [10] Lorenz, P.: Web-basierte Simulation und HLA. In: Szczerbicka, H,; Uthmann, T.: Modellierung, Simulation und Künstliche Intelligenz, SCS Europe, Delft 2000, S. 417-436 [11] Mann, H.: Multipole and multiport approach to mixed energy-domain systems. Proc. 1995 IEEE Int. Symp. on Circuits and Systems, Seattle 1995, 676-679 [12] Mann, H.; Sevcenko, M.: Simulation and Virtual Lab Experiments across the Internet. Int. Conf. on Engineering Education, Valencia, July 21-25, 2003. [13] Modelica: http://www.modelica.org (August 2005)

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