FitForWork Belastungsorientierte JobRotation für eine alternsgerechte Arbeitsorganisation in der Logistik Prof. Dr.-Ing. Willibald A. Günthner IWL-Logistiktag, Ulm 20. Mai 2011 fml Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wi.-Ing. W. A. Günthner Technische Universität München
Campus Garching Fakultät Maschinenwesen Lehrstuhl fml fml Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wi.-Ing. Willibald A. Günthner 48 Mitarbeiter 20 Planstellen 28 Drittmittelstellen Aufgaben Lehre Forschung Industrieprojekte Lehre Forschung Industrieprojekte 2
Forschungsprofil Arbeitsgebiete Automatisierung & Identifikation Berechnung & Auslegungsverfahren Digitale Werkzeuge & Simulation Methoden & Konzepte Forschungsschwerpunkte Wandelbare Materialflusssysteme Internet der Dinge RFID in der Logistik Virtual und Augmented Reality Logistikplanung Automobillogistik Baulogistik Fördermittel der Intralogistik Lager- & Komissioniersysteme Kranbau & Tragwerksberechnung FEM & MKS-Berechnungsverfahren Schüttgutförderung 3
Agenda Herausforderungen im Zuge einer alternden Gesellschaft Belastungsermittlung in der operativen Logistik Vereinbarkeit von Alter und Leistung? 4
Demographie Herausforderung für die Logistik Wie sieht die Zukunft aus? Heute Altersteilzeit Vorruhestand Morgen Arbeiten bis 70 Nebenjobs im Rentenalter 5
Demographie Herausforderung für die Logistik 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2.Weltkrieg Babyboomer Pillenknick 15
Demographie Herausforderung für die Logistik Die demographische Entwicklung in den Unternehmen % 41 46 48 48 < 35 Jahre 35-50 Jahre > 50 Jahre Durchschnittsalter (Jahre) Quelle: BMW AG Kann die älter werdende Belegschaft den steigenden Anforderungen gerecht werden? 16
Demographie Herausforderung für die Logistik Personen im Erwerbsalter in Tausend Entwicklung der im Erwerbsalter befindlichen Personen 60000 50000 40000 30000 20000 51294 50977 49723 47727 44771 11690 13346 14838 15432 13599 13328 13568 11402 9668 9732 11567 9753 9800 10128 9633 40026 37562 11141 11181 34227 9780 9587 8320 7552 Alter in Jahren 55-67 45-55 35-45 25-35 10000 8334 7545 7418 9752 10042 9542 8741 8228 7431 7299 6588 20-25 0 4957 4268 4141 3758 3579 3533 3217 2889 2010 2015 2020 2025 2030 2040 2050 2060 Jahr Quelle: Statistisches Bundesamt 2009 17
Demographie Herausforderung für die Logistik Durchschnittliches Renteneintrittsalter nach Berufsgruppen Ingenieure, Chemiker, Physiker, Mathematiker Künstler u. zugeord. Berufe Techniker Organisations-, Verwaltungs- und Büroberufe Sozial- u. Erzieh., a. n. g. geist. und naturwiss. Berufe Dienstleistungskaufleute und zugehörige Berufe Warenkaufleute Ordnungs- und Sicherheitsberufe Metallerzeuger, -bearbeiter Textil-, Bekleidungs- und Lederberufe Verkehrsberufe Gesundheitsdienstberufe Schlosser, Mechaniker etc. Elektriker Warenprüfer, Versandfertigmacher Lagerverwalter, Lagerverwalter, Lager- Lager- und und Transportarbeiter Hauswirtschaftliche Berufe Reinigungsberufe Montierer, Metallber. a. n. g. Bauberufe Maler, Lackierer, verw. Berufe Tischler, Modellbauer Hilfsarbeiter o. n. Tät. angabe Bergleute, Mineralgewinner 52 54 56 58 60 62 64 Frauen Männer Quelle: Deutsche Rentenversicherung 2009 18
Demographie Herausforderung für die Logistik AU-Tage je 100 Pflichtmitglieder - Bundesgebiet 2005 Ursachen von Arbeitsunfähigkeitstagen 1000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 <20 20-25- 30-35- 40-45- 50-55- 60-64 Herz/Kreislauf Verletzungen Muskeln/Skelett Atmungssystem Verdauungssystem Psych. Störungen Quelle: BKK Gesundheitsreport 2006 Muskel-Skelett-Erkrankungen steigen im Alter rapide an! 19
Herausforderungen im Zuge einer alternden Belegschaft x Variantenvielfalt Prozesskomplexität Aufgabenvielfalt Qualifikation x Unplanbare Ereignisse Reaktionsschnelligkeit auf Bedarfe Flexibilität hinsichtlich Kapazitäten, Struktur, Prozesse Umgang mit Veränderungen Flexible Einsetzbarkeit Digitale Medien Informationsflut Informationsselektion Rente mit 67 Veränderung von Fähigkeiten und Kompetenzen Körperliche Belastbarkeit Psychische Belastbarkeit 20
Agenda Herausforderungen im Zuge einer alternden Gesellschaft Belastungsermittlung in der operativen Logistik Vereinbarkeit von Alter und Leistung? 21
Arbeitsanalysen in der operativen Logistik Typische körperliche Belastung in der manuellen Kommissionierung Kommissionierleistung von 80-1000 Picks/h Lastspektrum von 0-35 kg Gute bis sehr schlechte Körperhaltung Belastung der Unterarme und Handgelenke Belastung des Nackens Belastung der Finger Handhaben von Lasten Beweglichkeit der Kniegelenke Stehen, Gehen, Sitzen Rumpfbeugung und -verdrehung Wesentliche körperliche Belastung steht im Zusammenhang mit dem Heben und Tragen von Lasten! 22
Belastungsermittlung in der Kommissionierung Leitmerkmalmethode Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Hebe- oder Umsetzvorgänge (< 5s) Anzahl am Arbeitstag Zeitwichtung < 10 1 10 bis < 40 2 40 bis < 200 4 200 bis < 500 6 500 bis < 1000 8 1000 10 Körperhaltungen Haltungswichtung 1 2 4 Wirksame Last für Männer Lastwichtung < 10 kg 1 10 bis < 20 kg 2 20 bis < 30 kg 4 30 bis < 40 kg 7 40 kg 25 4 Leitmerkmale Lastgewicht Zeitdauer/Häufigkeit Körperhaltung Ausführungsbedingungen Nachteile Nur für eine Haltungssituation Anzahl der Vorgänge zu gering Pauschalisierung von Lastenspezifikationen 23
Belastungsermittlung in der Kommissionierung Wirsame Last für Männer Anzahl am Arbeitstag Berechnung nach der für die Kommissionierung modifizierten Leitmerkmalmethode Hebe- und Umsetzvorgänge (<5 s) 2500 y = 4,0904x 2,4522 2000 1500 1000 500? Abbildung in Formeln 70 60 50 0 0 2 4 6 8 10 12 14 Zeitwichtung Wirksame Last für Männer y = 13,02ln(x) + 5,9561 40 30 20 10 0 0 10 20 30 40 50 60 Lastwichtung Interpolation der Leitmerkmale Zeit- und Lastwichtung 24
Werkzeug ABATech-Erfassungsbogen 25
Werkzeug ABATech-Erfassungsbogen 26
Belastungsprofile der Intralogistik nicht gefordert niedriges Risiko mögliches Risiko erhöhtes Risiko Innerbetrieblicher Transport 0% 20% 40% 60% 80% 100% Beweglichkeit des Rumpfes Beweglichkeit der Arme (einschließlich Schultergelenk) Muskelbelastung der Arme und des Schultergürtels Beweglichkeit der Kniegelenke Verteilung Gehen, Stehen, Sitzen Lasthandhabung nach der LMM (m) Verpackung 0% 20% 40% 60% 80% 100% Beweglichkeit des Rumpfes Beweglichkeit der Arme (einschließlich Schultergelenk) Muskelbelastung der Arme und des Schultergürtels Beweglichkeit der Kniegelenke Verteilung Gehen, Stehen, Sitzen Lasthandhabung nach der LMM (m) nicht gefordert niedriges Risiko mögliches Risiko erhöhtes Risiko Innerbetrieblicher Transport 27
Belastungsprofile der Intralogistik nicht gefordert niedriges Risiko mögliches Risiko erhöhtes Risiko Kommissionierung Innerbetrieblicher Kommissionierung Transport 0% 20% 40% 60% 80% 100% Beweglichkeit des Rumpfes Beweglichkeit der Arme (einschließlich Schultergelenk) Muskelbelastung der Arme und des Schultergürtels Beweglichkeit der Kniegelenke Verteilung Gehen, Stehen, Sitzen Lasthandhabung nach der LMM (m) Arbeitsplätze in der Intralogistik haben unterschiedliche Belastungsprofile! 28
Agenda Herausforderungen im Zuge einer alternden Gesellschaft Belastungsermittlung in der operativen Logistik Vereinbarkeit von Alter und Leistung? 30
Alternsgerechte Arbeitsplatzgestaltung in der Logistik Mitarbeiterprofil im Alterswechsel Gesunde körperliche und psychische Belastung schaffen Erhaltung tendenziell abnehmender Fähigkeiten Förderung positiver ausprägender Fähigkeiten Veränderungen mit zunehmendem Alter mit Relevanz für die operative Logistik Tendenz Körperliche Belastbarkeit Arbeitsfähigkeitstage Sehfähigkeit: Sehschärfe Koordination und Feinmotorik Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit Kompensation von Zeit- und Leistungsdruck Erfahrungswissen Gewissenhaftigkeit Soziale Kompetenz Quelle: Steiner 1997 & Lehr 2003 31
Körperliche Belastung reduzieren Einflussbereiche für die Unternehmen Automatisierung von Arbeitsprozessen Flexible maschinelle Mitarbeiterunterstützung Job-Rotation zum Belastungsausgleich Arbeitsorganisation MA-Unterstützung Automatisierung Rumpfbeugung Lasthandhabung Monotonie durch Pick-by-Voice Informationsaufnahme und -verarbeitung soziale Kompetenz Rumpfbeugung Lernförderlichkeit Lasthandhabung Motivation Monotonie durch Pick-by-Voice Flexibilität Informationsaufnahme und -verarbeitung soziale Kompetenz Nackenbelastung fehlender Steh-/Gehanteil klimat. Bedingungen eingeschränktes Rumpfbeugung Sichtfeld Lasthandhabung 0 Fahr- und Steuerfähigkeit Monotonie durch Pick-by-Voice Informationsaufnahme und Nackenbelastung -verarbeitung fehlender Steh-/Gehanteil soziale Kompetenz klimat. Bedingungen Nackenbelastung fehlender Steh-/Gehanteil klimat. Bedingungen eingeschränktes Sichtfeld Taktgebundenheit Fahr- und Steuerfähigkeit fehlender Sitzanteil Überkopfarbeit Monotonie Feinmotorik eingeschränktes Sichtfeld Lernförderlichkeit Taktgebundenheit Fahr- und Motivation Steuerfähigkeit fehlender Sitzanteil Flexibilität Überkopfarbeit Monotonie Feinmotorik 0 0 Lernförderlichkeit Worin liegt das meiste Potential? Motivation Flexibilität 32
Vereinbarkeit von Alter und Leistung in der Kommissionierung? Automatisierung MA-Unterstützung Arbeitsorganisation Automatisierung Kundenspezifische, vollautomatische Kommissionierung von Getränkekisten und Ganzbehältern Vollständige Vermeidung von Heben und Tragen schwerer Behälter Einsatz bei unzumutbarer körperlicher Belastung Ein guter Kommissionierer des Getränkegroßhandels bewegt bis zu 300 Kästen pro Stunde. Die Grenze der Automatisierung stellt oft die physikalische Beschaffenheit des Guts dar. Quelle: WITRON Logistik + Informatik GmbH 33
Vereinbarkeit von Alter und Leistung in der Kommissionierung? EcoPick Automatisierung MA-Unterstützung Arbeitsorganisation Mann zur Ware Technische Unterstützung zur Handhabung von Lasten Die Hand als universelles Werkzeug zum Greifen der Ware Aktivierung der Zugkraft per Tastendruck Lastübernahme durch das Zugseil Eigenes Ausrichten und Positionieren Dynamisches Arbeiten Quelle: GEBHARDT Transport- und Lagersysteme GmbH 34
Vereinbarkeit von Alter und Leistung in der Kommissionierung? Automatisierung MA-Unterstützung Arbeitsorganisation Logistik-Parcours Belastungsorientierte Jobrotation Erhalt der Fähigkeiten und Kompetenzen über das Erwerbsalter Rumpfbeugung Lasthandhabung Monotonie durch Pick-by-Voice Informationsaufnahme und -verarbeitung soziale Kompetenz Nackenbelastung fehlender Steh-/Gehanteil klimat. Bedingungen eingeschränktes Sichtfeld Fahr- und Steuerfähigkeit Taktgebundenheit fehlender Sitzanteil Überkopfarbeit Monotonie Feinmotorik Lernförderlichkeit Motivation Flexibilität 35
Belastungsorientierte JobRotation Belastungsausgleich durch JobRotation Arbeitsplatzwechsel während des Tages gesundheitserhaltende körperliche Belastung Kommissionierung Werksinterner Transport Montage Körperliche Belastung durch Heben, Tragen, Ziehen, Schieben, Rumpfbeugung, Gehen/Stehen ohne Sitzanteil Psychische Belastung durch Pick-by-Voice, Informationsmenge, Auftragsschwankungen Fehlende soziale Eingebundenheit, fehlender Handlungsspielraum Körperliche Belastung des Nackens, Sitzen ohne Geh- /Stehanteil Kognitive Belastung durch Informationsmenge, Daueraufmerksamkeit bei Fahren und Steuern von Flurförderzeugen Psychische Belastung durch Auftragsschwankungen Körperliche Belastung der Unterarme, Handgelenke, Finger, durch Heben, Stehen ohne Geh-/Sitzanteil, Überkopfarbeit, Feinmotorik Psychische Belastung durch Taktgebundenheit, Monotonie und Stress durch kurze Taktzeit Fehlender Handlungsspielraum, fehlende Vielseitigkeit 36
Belastungsorientierte JobRotation Arbeitsanalyseverfahren Tätigkeiten an Arbeitsplätzen Gesunde Belastung Gesunde Belastung durch JobRotation Von Beginn des Erwerbslebens gesund altern Vermeidung von Fehlbelastungen Erhalt der Erwerbs- und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter Kognitive sowie soziale Fähigkeiten fördern und fordern Einfluss auf Gesundheit Produktivität Arbeitsmotivation Physische und psychische Belastung auf ein gesundes Maß beschränken! 37
Alter und Leistung vereinbar in der Intralogistik? Ja! Gesunde physische und psychische Belastung der Mitarbeiter durch nachhaltige Integration von Ergonomie in die Planungsphase intralogistischer Systeme, Ermittlung der Belastung im operativen Betrieb z.b. in Form der kontinuierlichen Belastungsermittlung der Mitarbeiter und Ableitung geeigneter konstruktiver und arbeitsorganisatorischer Maßnahmen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 38