Urheberrecht und Populismus Handel, Industrie, Konsumentenschutz und die Festplattenabgabe Grundsatzerklärung



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Transkript:

Urheberrecht und Populismus Handel, Industrie, Konsumentenschutz und die Festplattenabgabe Grundsatzerklärung Freigebig mit Leistungen anderer Das Urheberrecht eignet sich gut für Populismus und dazu, Leistungen zu verschenken, die einem selbst nicht gehören. Aktuelles Beispiel: DiTech, mit Abstand größter Elektro- und IT-Händler in Österreich, tritt öffentlich als Sprecher einer Urheberrechtsplattform auf die in Wirklichkeit das Urheberrecht weit von sich weist. Dabei geht es DiTech aber doch nur um DiTech. Aktuellen Pressemeldungen zufolge verzeichnet DiTech auch im letzten Jahr bedeutende Zuwächse: Alleine im Sektor der Tablets hat DiTech 2012 den Umsatz von 4,7 Millionen auf 11,3 Millionen Euro gesteigert. Und das, obwohl das Unternehmen die Urheberrechtsabgabe einhebt. Dafür gibt es Belege. Eine weitere Erfolgsmeldung vom Betreiber der Plattform aus Wirtschafts- und Industrieinteressen gegen die Interessen der Kreativen lautet: Der Wiener Computerhändler DiTech setzt sein rasantes Wachstum fort. 2012 wurde der Umsatz um 14,3 Prozent auf 120 Millionen Euro gesteigert. Ähnliches gilt für die deutschen Handelsriesen Saturn und Media-Markt, die jetzt als Neuzugänge von der Industrie- und Handels-Urheberrechtsplattform gefeiert werden und wie an der Neueröffnung eines Media-Markts im Bahnhof Wien Mitte zu ersehen ist ständig weiter expandieren. Trotz ihres Wachstums und der in Österreich vorsorglich und in Deutschland gesetzlich eingehobenen Urheberrechtsabgaben behaupten DiTech, Media-Markt, Saturn & Co., die Festplattenabgabe würde gleichermaßen den Handel ruinieren wie die Kunden belasten. Warum war das nicht schon bisher der Fall, wenn das so wäre? Den eigentlichen Zweck der Festplattenabgabe, die Abgeltung der Leistung anderer, nämlich der Urheberinnen und Urheber und der ansonsten beteiligten Rechteinhaber, wie etwa der österreichischen Verlage, spart diese Argumentation fast vollständig aus. Allein die österreichische Verlagsbranche macht einen Jahresumsatz von rund 2,3 Milliarden Euro. Die österreichischen Verlage beschäftigen rund 10.000 Menschen. Dabei sind noch nicht die Umsätze im Umfeld des Verlagswesens mitgerechnet im Buchhandel, in Auslieferungen, in Druckereien und anderen Zulieferbetrieben. Mehr als 1000 Betriebe, in der Struktur von Klein- und Mittelbetrieben tragen zur Meinungsvielfalt, zu kulturellem Reichtum und zum guten Ruf Österreichs bei; ganz zu schweigen von den 20.000 österreichischen Autorinnen und Autoren von Romanen, Sach- und Fachbüchern, Essays, Lyrik oder von Songtexten, Drehbüchern zu Kino- oder Fernsehfilmen bzw TV-Serien, Dokumentationen, Filmdialogen und sonstigen vorbestehenden Werken zu Filmen, oder denjenigen, die in Bereichen mit nicht-kreativem Schwerpunkt wie Journalismus oder Wissenschaft tätig sind und Moderationen, Interviews, Hörfunk- oder Fernsehbeiträge, Zeitungsartikel oder wissenschaftliche Bücher oder Fachbeiträge verfassen. Aber: Ohne Vergütung kein Recht auf Privatkopie, ohne Privatkopierrecht keine Möglichkeit zur selbständigen Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch Die Festplattenabgabe ist die Anpassung der Urheberrechtsabgabe an die technische Weiterentwicklung der Speichermedien zur Abgeltung der Privatkopie. Das private Kopieren ist aber wohl eines der Hauptmotive zum Kauf neuer Geräte und sichert somit deren Nachfrage. Ohne urheberrechtlich geschützten Content gäbe es keinen Bedarf an Geräten mit (hunderten) Gigabyte bzw. Terabyte, wie sie heute der Normalfall sind und für ständige Umsatzsteigerungen und Gewinne im Elektrohandel sorgen. Die Behauptung, dass auf diesen Geräten und Speichermedien keine fremden, urheberrechtlich geschützten Inhalte gespeichert werden, ist Realitätsverweigerung. Studienergebnisse über gespeicherte Inhalte belegen zweifelsfrei von Markterhebung zu Markterhebung kräftige Steigerungen. Im Durchschnitt werden auf jeder Festplatte 2.716 Musiktitel, 1.339 Fotos und Bilder, 317 urheberrechtlich geschützte Texte sowie 301 Filme (inkl. Clips, Kurzvideos etc.) und 91 Hörbücher gespeichert, Tendenz seit der letzten Umfrage im Jahr 2010 steigend. 1

Die Erträge aus der bestehenden Leerkassettenvergütung sind von rund 17,5 Mio Euro im Jahr 2005 auf aktuell rund 6,7 Mio Euro im Jahr 2012 zurückgegangen, ein weiterer Rückgang ist nicht aufzuhalten. Dieser Rückgang spiegelt keinen Rückgang der Kopiervorgänge, sondern bloß den Übergang von einem Speichermedium CD auf ein anderes Festplatte wider. Sinkt die Abgabe weiter, ist der gesetzlich vorgesehene Ausgleich für die Privatkopie nicht mehr garantiert. Das hat zur Folge, dass es zur Wiedereinführung des mit der Umsetzung der Leerkassettenvergütung 1980 außer Kraft gesetzten Verbotsrechts kommen muss und die Konsumenten direkt von den Rechteinhabern die Lizenzen erwerben und belegen müssen, was sie wie nutzen. Die Rechteinhaber wollen eine solche Entwicklung hintanhalten und sind dezidiert für das Recht auf die unkomplizierte und nutzerfreundliche Privatkopie. Aber die Kreativen müssen die dafür vorgesehene pauschale Abgeltung ihrer Arbeit erhalten. Abschreckung mit falschen Angaben Laut aktuellen Aussagen des Handels würden durch die Festplattenabgabe 50 Mio Euro eingenommen werden. Diese Angaben werden auch nicht richtiger, wenn man sie noch so oft wiederholt. Wie die Geräteindustrie zu diesen Zahlen kommt, sagt sie nicht. Das Justizministerium geht in seinem Arbeitspapier zum Entwurf der Urheberrechtsgesetznovelle von 10 Mio Euro aus und schreibt diese Summe in den Erläuterungen fest. Hinzu käme demzufolge ein Zusatzertrag von rund 3 Mio aus der Reprographievergütung. Damit liegt der Zielbetrag bei etwa einem Viertel der von der Wirtschaft genannten Summe eigentlich eine gute Nachricht für die angeblich belastete Wirtschaft. Mit den genannten 10 Mio Euro an Speichermedienvergütung zusätzlich würde übrigens gerade einmal der Betrag erreicht, der bereits im Jahr 2005 erzielt worden ist. Von einer Inflationsabgeltung ihrer Leistungen können Rechteinhaber nur träumen, ganz zu schweigen von einer Abgeltung für die immens gestiegenen Speichervorgänge. Auch die vom Handel mit 30 Euro angegebene Höhe der Festplattenabgabe ist einfach nur falsch. Nach dem jetzigen, noch nicht ausverhandelten Entwurf des Tarifs der Austro-Mechana, beträgt sie durchschnittlich 15 Euro pro PC-Festplatte, woraus sich wiederum, anhand einer auf den Angeboten des Elektro- und Computerhandels Ende 2011 basierenden Berechnung, eine Belastung von durchschnittlich 2,86 Prozent pro PC ergibt. Die Höhe der Vergütung orientiert sich an der jeweiligen Speicherkapazität, mit der Regel, je mehr Kapazität, desto moderater die Erhöhung der Vergütung. Zur Festlegung müssen sich die Geräteindustrie und Verwertungsgesellschaften aber erst einmal auf Tarife einigen. Wer betrieblich oder institutionell Festplatten verwendet, ist von der für die Privatkopie vorgesehenen Festplattenabgabe ohnehin ausgenommen und erhält sie rückerstattet. Es ist das Wesen einer Pauschalabgabe, bestehenden Ungleichheiten zwischen Viel- und Wenigkopierern durch einen möglichst geringen Tarif zu entsprechen, der auf alle Verkäufe eingehoben wird. Die Grundlage dafür bieten durchschnittliche Betrachtungen des Nutzungsverhaltens. Dieser unstrittige Grundsatz gilt schon seit der analogen Audio-Kassette und der VHS-Kassette und wird auch im neuen Entwurf festgeschrieben. Nach den im Arbeitspapier enthaltenen Kriterien sollen auch der Verkaufspreis des Speichermediums/Gerätes, DRM-Schutz und der Umstand, dass die URA die Branche nicht unzumutbar belasten darf, den Ausschlag geben. Überdies sind Urheberrechtsvergütungen bei Versandlieferungen in Österreich zu entrichten. Der Handel muss also auch keine urheberrechtsabgabefreie Konkurrenz durch den Versandhandel fürchten. Urheberrechtliches Ankommen in der digitalen Welt Der Absurditäten, warum die Festplattenabgabe in keiner Form sinnvoll und angemessen sein soll, nicht genug, fürchtet sich die Plattform für ein modernes Urheberrecht des Elektrohandels weniger vor der Cloud und dem angeblichen Verschwinden der Speichermedien, die ihr Handelsgegenstand sind, als vor den Belastungen durch die Festplattenabgabe: Wir sprechen hier über eine Technologie, dem 2

Speichern von Daten auf USB oder Festplatten, die es bis in fünf Jahren so gut wie nicht mehr gibt. Ich fürchte mich weniger vor den Cloud-Diensten als vor den unnötigen Abgaben, die fürs Geschäft schädlich sind, meint Damian Izdebski von DiTech. Die Urheberrechtsplattform des Elektrohandels muss sich nicht vor dem Verschwinden ihres Handelsgegenstandes fürchten. Auch die Daten, die in der Cloud verfügbar sind, werden letztendlich auf Festplatten der Provider gespeichert werden. Die Zahl verkaufter Festplatten, PCs und Tablets ist im letzten Jahr um 6,9% auf 1,7 Mio Einheiten gestiegen. Wenn das die Verkaufszahlen einer veralteten Technologie in einer kriselnden Branche sind, kann man einem damit Geschäfte machenden Wirtschaftszweig nur gratulieren. Den Autorinnen und Autoren und den an der Erstverwertung beteiligten österreichischen Verlagen kann man das leider nicht. Im Urheberrecht ist in den letzten zehn Jahren nichts passiert, weshalb das jetzt mit einer Novelle nachgeholt werden soll und muss. Der Handel muss nicht sterben Zum wiederholten Mal wird von Wirtschaftsseite aus angekündigt, dass der Handel durch die Festplattenabgabe Umsatzeinbußen hinnehmen wird müssen und 1.500 Händler vom Sterben bedroht sind. Es liegen Belege dafür vor, dass der Handel in Österreich seit Oktober 2010 eine Urheberrechtsabgabe auf die Festplatten einhebt vorsorglich, für den Fall, dass sie in Österreich wirksam wird! Diesen Anteil behält der Handel für sich, er wird nicht an die Rechteinhaberinnen und Rechteinhaber oder deren Verwertungsgesellschaften abgeführt. Eine negative Auswirkung auf die Verkäufe hat sich daraus nicht ergeben, und ebenso haben die österreichische Wirtschaft und die Beschäftigungszahlen im internationalen Vergleich nicht gelitten. Auch in Deutschland, wo die Festplattenabgabe seit 10 Jahren existiert, ist weder der Markt zusammengebrochen, noch gibt es höhere Endpreise als in Österreich. Im Gegenteil, sie sind in vielen Fällen geringer. Die Preisgestaltung hat sichtlich primär nichts mit der Festplattenabgabe zu tun. Der Handel hat bei jeder Erweiterung des Urheberrechts in den vergangenen dreißig Jahren damit argumentiert, dass der Wirtschaftsstandort Österreich in Gefahr ist. Das hat sich in keinem einzigen Fall bewahrheitet. Die Wahrheit ist: Der Produktionsstandort Österreich ist in Gefahr, infolge der Benachteiligungen seiner österreichischen Produzenten gegenüber Deutschland. So wurde etwa die Reprographievergütung erst 23 Jahre nach Deutschland in Österreich eingeführt: Die Verlage, die ohnedies infolge geringer Größe, unrentabler Vertriebsstrukturen und höherer Mehrwertsteuer auf Bücher gegenüber Deutschland benachteiligt sind, erlitten dadurch einen nicht wieder gutzumachenden Schaden. Und auch jetzt hinkt der Gesetzgeber wieder um 10 Jahre hinterher. Niemand zahlt doppelt keiner verliert seine Rechte Ein weiteres beliebtes Gegenargument gegen die Festplattenabgabe ist die Doppelzahlung. Aber niemand zahlt, nur weil es zu einer Festplattenabgabe kommt, doppelt. Das Schein-Argument der Doppelabgabe ist so alt wie die Leerkassenvergütung selbst. Das gekaufte Original ist nicht von der Festplattenabgabe umfasst, aber jede Kopie vom Original auf weitere externe und interne Festplatten, Tablets, MP3-Player oder Musik-Handys. Diese Privatkopien sind zulässig, aber eben auch Gegenstand der Leerkassettenvergütung (Festplattenabgabe). Entgeltliche Downloads auf Computern sind selbstverständlich bereits in der Berechnung der Tarifhöhe der Festplattenabgabe berücksichtigt und werden nicht doppelt belastet. Solche von Internetplattformen bezogene, schon abgegoltene, urheberrechtlich geschützte Dateien machen im Vergleich zu den Privatkopien allerdings nur einen Bruchteil aus. Das Geld kommt bei denen an, die es verdienen Angeblich soll von Urheberrechtsabgaben nur ein geringer Teil österreichischen Künstlerinnen und Künstlern zu Gute kommen und ein großer Anteil der Gelder an Produzenten und ins Ausland gehen oder in den Verwertungsgesellschaften versickern. Gerade von den pauschalen Vergütungsregelungen für die private Kopie profitieren aber junge österreichische und sozial 3

bedürftige Künstlerinnen und Künstler am meisten, denn 50 Prozent der Einnahmen der Leerkassettenvergütung sind für soziale und kulturelle Zwecke gewidmet. Daraus werden Stipendien vergeben, soziale Notfälle finanziert, Nischenproduktionen gefördert, für die die öffentliche Hand nicht einspringt oder Alterversorgungen für Künstlerinnen und Künstler bezahlt, die sonst keine Versorgung und Unterstützung haben. Der durchschnittliche Verwaltungsaufwand der Verwertungsgesellschaften beträgt 11%, er liegt je nach Aufgabe einer Verwertungsgesellschaft bei mindestens 5% und höchstens 15%. Die österreichischen Verwertungsgesellschaften zählen zu den bestkontrollierten Einrichtungen in Österreich, aber auch international. Die Wirtschaft verteilt keine Geschenke, sie zahlt wie die Konsumentinnen und Konsumenten für die Nutzungen von Rechten Ein immer wieder gegen alle Ansprüche von Urheberinnen und Urheber gerichtetes und auch jetzt wieder vorgebrachtes Argument ist, die Wirtschaft würde ohnedies im Jahr bereits 200 Mio an Verwertungsgesellschaften zahlen und das wären 10.000 pro Urheberin und Urheber. Tatsächlich haben die Verwertungsgesellschaften aber weit mehr als 20.000 Mitglieder 16.000 Mitglieder hat allein die Literar Mechana, 18.000 Mitglieder haben die AKM und die Austromechana, 16.000 Mitglieder die Leistungsschutzgesellschaft LSG, 2.500 Mitglieder die Verwertungsgesellschaft Filmschaffende VDFS ebenso wie die Verwertungsgesellschaft der Fotografen und Bildenden Künstler VBK. Verteilt werden keine Jahresabgaben an Urheberinnen und Urheber oder sonstige Rechteinhaber, verteilt werden dem urheberrechtlichen Leistungsprinzip zufolge jeweils Rechtenutzungen, auch von nicht-künstlerischen, urheberrechtlich geschützten Werken wie u.a. von Journalisten, Wissenschaftlern und Publizisten. Die Verwertungsgesellschaften stellen sicher, dass trotz Pauschalabtretungen für Sekundärverwertungen Tantiemen bezahlt werden. Verwertungsgesellschaften sind transparent und werden überprüft Die von der Wirtschaft genannten 200 Millionen Euro sind zudem eine Fantasiezahl. Die österreichischen Verwertungsgesellschaften nahmen im Jahr 2011 176 Mio aus Rechtelizenzierungen und gesetzlichen Vergütungsansprüchen von privaten und öffentlichen Einrichtungen im Inland und aus dem Ausland ein. Nahezu 100% der Einnahmen der Verwertungsgesellschaften werden aufgrund von mit der WKÖ oder dem ORF verhandelten Tarifen verrechnet. Ihnen stehen jeweils unterschiedliche Rechtseinräumungen und Werknutzungen auf unterschiedlichen Gebieten (etwa öffentliche Wiedergabe, Radio-Fernsehen, Tonträgerlizenzen) gegenüber, die den Handel überhaupt nicht tangieren. Zahlungspflichtig sind gewerbliche Nutzer wie Gaststätten, Hotels, Fernsehanstalten, Kabel-Fernsehunternehmen oder Tonträgerproduzenten. Nur 10% entfallen auf die Leerkassetten- und Reprographievergütung, die über den Handel eingehoben, von diesem aber nicht getragen wird, sondern auf den Kunden überwälzt wird. 12% der Gesamtsumme und damit mehr als aus der Leerkassetten- und Reprographievergütung kommen überhaupt aus dem Ausland. Und übrigens: Wir sprechen über die Abgeltung von Rechten und Ansprüchen für die Rechtenutzung und nicht über Gefälligkeiten und Geschenke der Wirtschaft an die Kunstschaffenden und ihre Verlage. Nebelwerfen mit Lösungen, die keine sind Als Auswege aus dem Unwillen des Handels und der Wirtschaft zur Umsetzung der Festplattenabgabe werden regelmäßig Ersatzlösungen vorgeschlagen, die an Unsachgemäßheit kaum noch zu überbieten sind, wie die Einführung einer Haushaltsabgabe oder einer Breitbandabgabe, mit denen allerdings gleich auch uneingeschränkte Nutzungsrechte verbunden werden. Wer welche digitalen Möglichkeiten in einem Haushalt nutzt, ist Sache der Nutzer oder Nichtnutzer. Die Nutzungswahrscheinlichkeit zu privaten Kopierzwecken und damit die Treffsicherheit der Speichermedien- und Gerätevergütung ist deutlich größer, wenn ein Gerät/Speichermedium gekauft wird, mit dem typischerweise solche privaten Vervielfältigungen angefertigt werden können. Und nicht zuletzt sind solche Vorschläge 4

völlig unrealistisch: Wenn wir schon über 3 Euro pro Jahr (gemessen an der durchschnittlichen Lebensdauer eines PC von vier bis fünf Jahren) als Vergütung für die private Kopie auf Festplatten streiten, wie groß würde dann erst der Widerstand sein, wenn wir über jährliche Zahlungen in einer vielfachen Höhe sprechen? Die Kunstschaffenden sind verhandlungsbereit Die Rechteinhaber würden nur zu gerne mit der WKÖ und dem Handel über zukunftsfähige Konzepte für eine Abgeltung des privaten Kopierens sprechen, wenn diese dazu bereit wären. Daran sind aber die Vertreter der Industrie offenbar nicht interessiert, sie gehen davon aus, mit dem Druck ihrer Wirtschaftskraft ihre Interessen durchsetzen zu können. Die Künstlerinnen und Künstler und die Kreativwirtschaft sind in dieser Auseinandersetzung die klar Schwächeren. Sie können aber darauf vertrauen, dass sich das Urheberrecht dafür eignet, ausgewogene und die Interessen der Wirtschaft, Konsumenten und Kunstschaffenden gleichermaßen berücksichtigende Lösungen zu finden. ARGE Österreichische Privatverlage drehbuchforum Wien Grazer Autorinnen Autorenversammlung IG Autorinnen Autoren IG Übersetzerinnen Übersetzer KulturGewerkschaft GdG-KMSfB Literar-Mechana LVG-Literarische Vereinigung zur Wahrung der Urheberrechte Musiker-Komponisten-AutorenGilde Musik Verleger Union Österreichischer Schriftsteller/innenverband Österreichischer Verlegerverband PEN-Club Österreich Presseclub Concordia Verband Dramatikerinnen Dramatiker Verband der Bühnenverleger Österreichs Wien, 24.1.2013 5