Gedenkstunde am Ehrenmal für die Opfer des Zweiten Weltkrieges auf dem Meeraner Friedhof

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Transkript:

Volkstrauertag 2017 Gedenkstunde am Ehrenmal für die Opfer des Zweiten Weltkrieges auf dem Meeraner Friedhof Hochverehrte in Gedenken Versammelte, sehr geehrte Vertreter der Reservistenkameradschaft der Landesgruppe Sachsen des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates, sehr geehrter Herr Dr. Jürgen Martens, MdB, liebe Schülerinnen und Schüler unserer Tännichtschule, liebe Bürgerinnen und Bürger. (.) Blicken wir 80 Jahre zurück, in das Jahr 1937. Im vierten Jahr nach der brutalen Umformung der Weimarer Demokratie (von 1919) in die nationalsozialistische Diktatur, in den Staat Hitlers, zerstörte Hitler- Deutschland den Frieden. Am 5. November 1937 protokollierte Oberst Friedrich Hoßbach eine Besprechung in Berlin, bei der Adolf Hitler in einem mehrstündigen Monolog den wichtigsten Vertretern der Wehrmacht und dem Außenminister von Neurath die Grundzüge seiner auf gewaltsame Expansion ausgerichteten Außenpolitik darstellte. Diese Hoßbach-Niederschrift war eine zentrale Quelle für die Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs und diente der Anklagevertretung in den Nürnberger Prozessen als Beweismittel dafür, dass die Angeklagten einen Angriffskrieg vorbereiteten. Hitler: Das Ziel der deutschen Politik sei die Sicherung und die Erhaltung der Volksmasse und deren Vermehrung. Somit handele es sich um das Problem des Raumes. [ ] Zur Lösung der deutschen Frage könne es nur den Weg der Gewalt geben. Ein weiteres Datum: 26. April 1937. Luftangriff auf Guernica: Das deutsche Flugzeuggeschwader Legion Condor zerstört die baskische Stadt Guernica. Innerhalb kürzester Zeit wurden Straßen und Häuserzeilen mit Spreng- und Brandbomben in Schutt und Asche gelegt,

deutsche Tiefflieger schossen mit Maschinengewehren auf die flüchtende Zivilbevölkerung. Die Auslöschung der Stadt wurde zum Sinnbild des modernen Krieges und der totalitären Ideologien, die ihn befördern. Das Hitler-Deutschland unterstützte im Spanischen Bürgerkrieg die Putschisten unter ihrem faschistischen Anführer General Francisco Franco und hatte damit maßgeblichen Anteil an deren Sieg und dem Ende der spanischen Republik. Die Legion Condor führte den ersten massiven Luftkrieg der Geschichte gegen eine wehrlose Zivilbevölkerung eines europäischen Landes. Als eine Reaktion auf die völkerrechtswidrige Bombardierung und Zerstörung Guernicas entstand Pablo Picassos Bild Guernica, das am 12. Juli 1937 in Paris vorgestellt wurde. Picasso äußerte sich im Dezember 1937 zu seiner künstlerischen Haltung folgendermaßen: Es ist mein Wunsch, Sie daran zu erinnern, dass ich stets davon überzeugt war und noch immer davon überzeugt bin, dass ein Künstler, der mit geistigen Werten lebt und umgeht, angesichts eines Konflikts, in dem die höchsten Werte der Humanität und Zivilisation auf dem Spiel stehen, sich nicht gleichgültig verhalten kann. (.) Heute gedenken wir der deutschen Kriegstoten und Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen. Wir trauern heute um die Männer, Frauen und Kinder, die ihre Lebensträume und ihr Lebensglück durch Krieg und Gewaltherrschaft verloren. Von Erich Kästner stammt der Gedanke: Auf den Schlachtfeldern von Verdun wachsen Leichen als Vermächtnis. Täglich sagt der Chor der Toten: Habt ein besseres Gedächtnis. Verdun 1916. In einem mörderischen Ringen, in dem um jeden Meter Boden erbittert gekämpft wurde, mussten Deutsche wie Franzosen

extreme Verluste hinnehmen, ohne dass eine Entscheidung erzielt werden konnten. Dies bewirkte im Kriegsjahr 2017 eine Kriegsmüdigkeit. Zugleich aber auch neue Hoffnungen auf den Sieg, auf beiden Seiten der Front. Diese Hoffnungen waren auch ein Grund, dass es zu keinen ernsthaften Friedensbemühungen kam, trotz der unermesslichen Verluste an Menschenleben. Tod in Flandern. Im Raum Ypern scheiterte der Frontdurchbruch britischer Streitkräfte. Nach vier Monaten Kampf waren am 19. November 1917 hohe Verluste zu beklagen. Auf britischer Seite 325.000 Soldaten sowie auf deutscher Seite 326.000 Soldaten (73.000 Gefallene, 343.000 Verwundete, 63.000 Vermisste, 172.000 Erkrankte). Tod in Frankreich. Im Frühjahr scheitert die französische Großoffensive am "Chemin des Dames (Damenweg oder Drachenhöhle in Nordfrankreich); eine Folge waren Meutereien - aus Gründen der Enttäuschungen, der hohen Verluste - die in Folge die französische Armee erschütterten. Innerhalb von nur 14 Tagen gab es bis Mitte Mai gewaltige Verluste: Auf französischer Seite 187.000 Soldaten mit 32.000 Toten (32.000); Deutschland 163.000 (30.000). Hüben wie drüben sind die Soldaten in diesem dritten Kriegsjahr ohne Entscheidung demoralisiert. Am 4. Juni 1917 schreibt der deutsche Offizier, Fritz Blachstein, an seine Schwester: "Dauernder Geschützlärm in reichlicher Nähe, brennende Ortschaften, abstürzende Flieger usw. Nachmittags machten wir einen kleinen Ritt und sahen mehrere Opfer von Menschen und Pferden, die eben einige Granaten in den Straßengraben gelegt hatten... Wir besprachen das Thema "Schicksal und Mut": Der arme Kerl da im Graben, von einer Zugkolonne, hat nie eine Waffe geführt und sich vielleicht sicherer fühlen dürfen, als die meisten in der vorderen Linie, da erreicht ihn der Zufall oder Bestimmung? - Die Annahme der letzteren lässt manchen alles wagen, weil er sich für gefeit hält und er hat Glück. So macht sich jeder sein Verslein nach Temperament und Charakter zurecht, und der Schwarzseher läuft seiner Kugel entgegen. Der Optimist sagt sich, es ist so viel Platz in der Welt, warum soll ich gerade in dem Augenblick auf dem kleinen Raum stehen,

wo das Todesgeschoss einschlägt? Wenn das Ganze nur nicht so widersinnig wäre! Diese Zerstörung von lebenden und toten Werten unter Aufwand unabsehbarer Kosten und übermenschlicher Kraft. Wofür?" Ja, wofür? Der Erste Weltkrieg entstand aus imperialem Machtstreben und politischen Fehlern und wuchs zum ersten totalen Krieg aus. Ein Krieg, in dem 60 Millionen Soldaten aus 40 Nationen um den Sieg und um ihr Leben kämpften. Fast jeder 6. Soldat fiel, aber auch zahllose Zivilisten bezahlten bis zum bitteren Ende des Ersten Weltkriegs im Jahre 1918 mit ihrem Leben. So auch in Meerane. Bis zum 25. September 1918 waren etwa 4.500 Männer aus Meerane in den 1. Weltkrieg gezogen (knapp 20% der damaligen Stadtbevölkerung). Über 1000 Meeraner kehrten nicht zurück. Sie starben auf den Schlachtfeldern Europas. Ihre Namen sind in den Gedenkstätten unserer Stadt zu lesen. Dieser erste totale Krieg legte den Grundstein für die weitere blutige Geschichte des 20. Jahrhunderts, die zur menschenfeindlichen und menschenverachtenden nationalsozialistischen Diktatur Adolf Hitlers und schließlich zum Zweiten Weltkrieg führte. Warum geschah das alles? Warum diese furchtbaren Opfer? Die Antwort ist: Hitler wollte den Krieg. Sein Leben hatte keinen anderen Zweck als den Krieg. Er verwandelte unser Land in eine riesige Kriegsmaschine und jeder von uns war ein Rädchen darin., so Bundespräsident Walter Scheel in seiner Rede zum 8. Mai 1975. Dazu ergänzend: Zum 50. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges hält bei einem Staatsakt in Berlin am 8. Mai 1995 der französische Staatspräsident Francoise Mitterand eine vielbeachtete Rede. Präsident Mitterand sprach einen Gedanken aus, der den modernen Volkstrauertag kennzeichnet. Mit Blick auf die große Zahl der verstorbenen deutschen Soldaten sagte er: Sie waren mutig. Sie nahmen den Verlust ihres Lebens hin. Wenn ich die Gedanken beider Präsidenten verbinde, so lässt sich festhalten:

Deutsche Soldaten waren Teil einer menschenverachtenden Kriegsmaschine. So belegt z.b. Stalingrad, dass die Totalität Adolf Hitlers den furchtbaren Tod vieler Soldaten einforderte. Eine Kapitulation der deutschen Soldaten lehnte Hitler ab. Etwa 150.000 deutsche Soldaten starben in den Kämpfen oder infolge des Hungers bzw. der Kälte im Kessel. Über 110.000 Männer kamen in Gefangenschaft, von denen bis 1956 nur 6.000 Überlebende zurückkehrten. Der moderne Volkstrauertag bindet alle Opfer ein. Die Verteidigungsoperation der sowjetischen Armee bis zum 18. November 1942 kostete 324.000 Soldaten das Leben; 320.000 Männer wurden verwundet. Die Zivilbevölkerung litt enorm. Während bei Kriegsausbruch Stalingrad knapp eine halbe Million Einwohner hatte, zählte die Stadt bei der Rückeroberung weniger als 8.000 Einwohner. Der Volkstrauertag ist ein Tag der Erinnerung und der Besinnung: der Erinnerung an diese Unkultur, an Unrecht, an Krieg und Gewalt und des Gedenkens an die Toten. Wir verneigen uns in Trauer vor ihnen und bleiben ihnen verbunden in der dauerhaften Verpflichtung für Frieden, Freiheit, Demokratie und Menschlichkeit. (.) Am 26. Juli 2017 stürzte ein Kampfhubschrauber "Tiger" der Bundeswehr bei Tabankort (Kreis Bourem, Region Gao) im Norden Malis ab. Die beiden Besatzungsmitglieder Major Jan Färber (33) und Stabshauptmann Thomas Müller (47), kamen dabei ums Leben. Laut Bundeswehr ist die Absturzursache bislang unklar. Der Hubschrauber brannte vollständig aus. Wir entsenden heute deutsche Soldatinnen und Soldaten in Regionen, wo Frieden und Freiheit erst noch durchgesetzt werden müssen. Sie tun dies im Auftrag des Deutschen Bundestages - und damit im Auftrag des deutschen Volkes - unter schwierigen und gefährlichen Bedingungen. Es ist für mich deshalb selbstverständlich, am heutigen Tag auch Rückhalt für sie einzufordern. Seit Gründung der Bundeswehr im Jahr 1955 haben rund 3.200 militärische und zivile Angehörige der Bundeswehr infolge der Ausübung ihrer Dienstpflichten ihr Leben verloren.

Bei der namentlichen Nennung im Ehrenmal der Bundeswehr wird nicht nach Todesursachen unterschieden, ausschlaggebend ist der Zusammenhang von Pflichterfüllung und Tod. Einsatzsoldaten kehren in eine Gesellschaft zurück, die von ihrer Situation nur wenig weiß. Viele Soldatinnen und Soldaten haben den Eindruck, dass ihr Dienst in unserer Gesellschaft keine angemessene Anerkennung und Würdigung finde. Wer in gefährlichen Einsätzen im Auftrag des Parlaments sein Leben riskiert, wünscht sich Rückhalt von der Politik und der Gesellschaft, deren Werte und Interessen ja in den Einsätzen vertreten sind. Diesen Kern der Bundeswehr brachte der ehemalige Verteidigungsministers Volker Rühe in zwei Ansprachen zum Ausdruck. Er weihte 1995 die erste Kaserne der Bundeswehr in Berlin ein. Er verlieh ihr den Namen von Julius Leber, dem sozialdemokratischen Politiker, der als Mitglied des Reichstages 1933 verhaftete wurde und im Januar 1945 von den Nazis in Berlin-Plötzensee ermordet bzw. hingerichtet wurde. Rühe sagte, die Ablehnung des Nationalsozialismus sei die geistige Grundlage der Bundeswehr. Einige Wochen später sprach er in Erfurt zu den Rekruten aus West und Ost. Er sagte: "Die Soldaten der Bundeswehr stehen für unsere demokratische Verfassung ein und übernehmen Mitverantwortung für Freiheit und Menschenwürde anderer." (.) Das Sprechen des Totengedenkens wurde durch den Bundespräsidenten Theodor Heuss 1952 eingeführt. Wir denken heute an die Opfer von Gewalt und Krieg, an Kinder, Frauen und Männer aller Völker. Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren. Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden, Teil einer Minderheit waren oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde.

Wir gedenken derer, die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft geleistet haben, und derer, die den Tod fanden, weil sie an ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten. Wir trauern um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung, um die Bundeswehrsoldaten und anderen Einsatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren. Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt gegen Fremde und Schwache Opfer geworden sind. Wir trauern mit allen, die Leid tragen um die Toten, und teilen ihren Schmerz. Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt. ( ) Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kriegsgräber von Millionen Toten beider Weltkrieg mahnen die Lebenden und sind bedeutender Teil unserer europäischen Identität. Erst das Zusammenrücken der europäischen Nationen hat einen verlässlichen Frieden ermöglicht. Frieden und Stabilität sind heute die größten Errungenschaften der Europäischen Union. Deshalb darf Europa nicht den Extremisten, radikalen Europagegnern und Nationalisten überlassen werden. Wir nehmen heute Leute wahr, die ihre Unzufriedenheit und ihr Geltungsbedürfnis in Hass verwandeln. Hass ist zerstörerisch. Wir nehmen auch Leute wahr, die von Zukunftsängsten geprägt sind und Vorbehalte gegen den Wandel der Moderne haben. Zukunftsangst ist das Treibhaus, in dem Nationalismus blüht. Hass und Ängste werden von Leuten befeuert, die Aggressionen mobilisieren wollen. Natürlich kann man aus antieuropäischen, antidemokratischen, rassistischen und nationalistischen Stimmungen Stimmen machen. Man konnte bei der vergangenen Bundestagswahl sehen wie das geht.

Es ist schon merkwürdig. Der Zweite Weltkrieg liegt 72 Jahre zurück. Seitdem steht Deutschland für Frieden. Deutschland hat seine Chance der Aussöhnung genutzt und ist eingebunden in den friedlichen Prozess der europäischen Einigung. Ist dieser Fortschritt in Vergessenheit geraten, wenn man mit antieuropäischen, antidemokratischen, rassistischen und nationalistischen Stimmungen Deutschland aus diesem Prozess entlassen will? Niemand mit Verstand und Verantwortung kann das wollen. Wir leben heute das, was sich Generationen vor uns wünschten, auch die gefallenen Soldaten der Kriege: Frieden, Wohlstand, Rechtsstaat, Freiheit, Vielfalt, ein gutes Leben, Achtung der Menschenwürde. Ein friedliches Deutschland ist das Vermächtnis der Kriegsgenerationen und kein Auslaufmodell. Mit einem Wort von Theodor Heuss (Bundespräsident 1949-1959 ) möchte ich diesen Gedanken schließen: Sorgt ihr, die ihr noch im Leben steht, dass Frieden bleibe. Friede zwischen den Menschen, Friede zwischen den Völkern.