Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr

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Andrea Schulz
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1 Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr Rede des Bayerischen Staatsministers des Innern, für Bau und Verkehr, Joachim Herrmann, anlässlich der Landesfeier zum Volkstrauertag mit Kranzniederlegung am 15. November 2015 in München Es gilt das gesprochene Wort!

2 - 2 - Lieber Herr Weidinger, sehr geehrter Herr Landtagsvizepräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Landtag und aus dem Münchner Stadtrat, verehrte Vertreter des konsularischen Korps, liebe Kameradinnen und Kameraden der Bundeswehr, meine sehr geehrten Damen und Herren, Einleitende Worte zum 70. Mal haben sich in diesem Jahr die Befreiung der Konzentrations- und Vernichtungslager, die Kapitulation Nazi- Deutschlands (8. Mai) und schließlich das endgültige Ende des Zweiten Weltkriegs durch die Kapitulation Japans (2. September) gejährt fürchterliche Tage dauerte der deutsche Vernichtungsfeldzug gegen andere Nationen und Völker. Er forderte mehr als 55 Millionen Menschenleben und war mit unfassbar großem Leid verbunden. Leid, Trauer und Schrecken, wie es sich gar nicht in Zahlen ausdrücken lässt!

3 - 3-6 Jahre Krieg und Vernichtung Fast sechs Jahre mussten vergehen, bis dieser Krieg ein Ende fand, dessen verbrecherischer Charakter von vielen Deutschen erst viel zu spät erkannt worden war. Erst die Kapitulation der deutschen Wehrmacht ebnete den Weg für einen Neuanfang: weg vom Irrweg einer desaströsen, schier menschenunwürdigen Entwicklung, die 1914 mit dem ersten Weltkrieg, der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, begann (deutsche Ideen von 1914 ), hin zur geistigen Befreiung und der Möglichkeit, die Zukunft anders und vor allem besser zu gestalten. Stunde Null Mit dieser Stunde Null, die die tiefste Zäsur in der deutschen Geschichte markiert, schlug die erste Stunde einer jahrzehntelangen Phase der friedlichen Entwicklung in Mitteleuropa. Mit nunmehr 70 Jahren ist es die bislang längste Friedensepoche der Geschichte dieses seit Jahrtausenden umkämpften Teils der Erde!

4 - 4 - Nach unzähligen Kriegen über Jahrhunderte und zwei Weltkriegen im 20. Jahrhundert ist es endlich gelungen, den Weg der Versöhnung und des Friedens einzuschlagen. Frieden keine Selbstverständlichkeit Die meisten von uns kennen die Gespenster des Kriegs Hunger, Flucht, Vertreibung, Zerstörung und Verwundung nicht mehr aus persönlichem Erleben. 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs verstummen immer mehr der für unsere Erinnerung so wichtigen Zeitzeugen. Nur noch wenige unter uns haben den Krieg selbst miterlebt. Friede ist für uns in Deutschland spätestens mit der deutschen Wiedervereinigung vor 25 Jahren und dem Ende des Kalten Krieges eine gelebte Selbstverständlichkeit geworden. Wir durften erfahren, dass es auch anders geht und ein Zusammenwachsen und ein friedliches zusammen wachsen sehr wohl möglich sind. Doch selbstverständlich, meine Damen und Herren, ist dieser Frieden nicht. Das führen uns

5 - 5 - auch die aktuellen Krisenherde der Welt immer wieder schmerzlich vor Augen. Kein Schlussstrich Deshalb dürfen wir unter unsere Geschichte keinen Schlussstrich ziehen. Vielmehr müssen wir aus dem Unrecht und den Menschheitsverbrechen der beiden Weltkriege Konsequenzen für unsere Gegenwart und Zukunft ziehen. Und das umso mehr, weil unsere persönliche Erfahrung und Betroffenheit schwindet: Die Aufgabe bleibt. Denn Zukunft braucht Erinnerung! Nur so wird deutlich, wie wertvoll unser Friede ist. Kollektives Gedenken Deshalb ist auch das kollektive Gedenken an die Toten der beiden Weltkriege und die Opfer von Gewaltherrschaft aller Nationen so wichtig. Diese Rückschau ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Erinnerungskultur. Indem uns der Volkstrauertag das dunkelste Kapitel unserer Geschichte ins Gedächtnis ruft, macht er die Herausforderungen einer Friedenssicherung öffentlich bewusst. Damit ist er

6 - 6 - ein Tag der Mahnung zu Versöhnung, Verständigung und Frieden. Es gilt, diesen Tag zu nutzen, um uns unsere Geschichte präsenter zu machen. Für ein Nie wieder müssen wir uns bewusst mit ihr auseinandersetzen: mit der Geschichte des Nationalsozialismus, mit der Geschichte der Konzentrationslager, mit der Geschichte der Verfolgung von Minderheiten und Andersdenkenden und auch mit der Geschichte des Holocaust. Mahnung Dabei müssen wir zugleich achtsam sein. Wir müssen aufpassen, dass unsere Ideale, unsere Wertvorstellungen auch wirklich gelebt werden. Denn Nie wieder heißt immer auch: Wehret den Anfängen! Kriege und Konflikte in der Welt Und dass die Schrecken und Verbrechen von Kriegen noch immer nicht der Vergangenheit angehören und überwunden sind, zeigen uns die Entwicklungen seit Seither sind in über 200 Kriegen und Bürgerkriegen weitere Millionen von

7 - 7 - Toten zu beklagen und täglich werden es mehr. Auch heute wird unsere Welt leider nicht vom Frieden regiert und er ist auch nicht in Sicht. Allein im letzten Jahr haben wir 46 hoch gewaltsame Konflikte gezählt darunter 21 Kriege (Konfliktbarometer des Heidelberger Instituts für Konfliktforschung). Ukraine Konflikt Selbst in unserer unmittelbaren Nachbarschaft, in der Ukraine, kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen. Damit wird unsere gemeinsame europäische Basis die territoriale Integrität souveräner Staaten in Europa erstmals wieder infrage gestellt. Krieg in Syrien und Afghanistan Und auch der Krieg und Terror in Syrien und Afghanistan ist zwischenzeitlich regelrecht bei uns angekommen. Das gilt zum einen im Hinblick auf die Ströme von Flüchtlingen aus diesen Krisenherden. Das gilt aber auch im Hinblick auf den Terrorfeldzug des Islamischen Staates.

8 - 8 - Wir sind erschüttert angesichts der brutalen Morde vor 36 Stunden in Paris. Frankreich befindet sich im Krieg, hat der französische Premierminister gestern gesagt. Ja, der IS führt einen Krieg gegen uns, vor allem gegen unsere Werte gegen Meinungsfreiheit, gegen Glaubensfreiheit, gegen Pressefreiheit, gegen unser Verständnis von Toleranz. Manche in unserem Land wollen diesen Frontalangriff des fanatischen Islamismus noch nicht wahrhaben. Meine Damen und Herren, außen- wie innenpolitisch gehört es zu den Lehren aus der deutschen Geschichte des Nationalsozialismus: Wenn die Toleranten zu lange tolerant sind gegenüber fanatisch Intoleranten kommt der Tag, an dem die Intoleranten die Macht übernehmen und die Toleranten gar nichts mehr zu sagen haben.

9 - 9 - Deshalb wollen wir nie wieder Neonazis, nie wieder Stalinisten und auch keine Islamisten! Wir brauchen eine wehrhafte Demokratie! Versöhnung Wir wollen Frieden in Freiheit schaffen. Hier sind gerade wir in Deutschland gefordert. Unserem Land wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von unseren Nachbarn die Hand zur Versöhnung gereicht. Diese Bereitschaft zur Versöhnung ist historisch ebenso beispiellos wie die Katastrophe, die ihr vorausgegangen war. Und diese großzügige Geste hat es uns wiederum ermöglicht, mit unseren Nachbarn in der Mitte Europas in Frieden und Freundschaft zu leben. Deshalb müssen auch wir in der Welt immer wieder für die Überwindung von Hass und für die Versöhnung werben.

10 Beitrag Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.v. Das gilt nicht nur am heutigen Gedenktag, sondern ganz allgemein im täglichen Leben. Und dazu trägt der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.v. in großem Umfang bei. Er pflegt 832 Kriegsgräberstätten in 45 Staaten mit mehr als 2,5 Millionen Kriegstoten. Damit sorgt er dafür, dass diese Mahnmale für den Frieden als Stachel im Fleisch (Theodor Heuss) erhalten bleiben und die Vergangenheit in die Gegenwart integriert werden kann. Und mit seiner schulischen und außerschulischen Jugendarbeit bringt er die Bedeutung des Erinnerns und Gedenkens auch den nachwachsenden Generationen näher. In seinen Begegnungsstätten und Work Camps lädt er sie dazu ein, sich mit der Geschichte und den Ursachen und Folgen von Krieg und Gewalt kritisch auseinanderzusetzen und sich gemeinsam für Frieden und Verständigung stark zu machen. Damit erfüllt er eine wichtige gesellschaftliche Funktion im Rahmen unserer Erinnerungskultur.

11 Dank an Landesverband Bayern Dafür danke ich dem Volksbund aufs Herzlichste. Allein der Landesverband Bayern hat knapp Mitglieder und Spender. Über Bürgerinnen und Bürger setzen sich in den 80 Kreis- und Ortsverbänden ehrenamtlich gegen das Vergessen und für den Frieden ein. Auch ihnen gilt heute mein Dank! Schlussworte Meine Damen und Herren, der Volkstrauertag ist ein Tag der Erinnerung und Besinnung an Krieg und Gewalt und die Toten. Er zeigt uns aber auch, dass Friede machbar ist. Treten wir also gemeinsam vereint für ein friedliches Neben- und Miteinander ein hier und auf der ganzen Welt! Denn, wie es schon Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach treffend auf den Punkt brachte: Frieden kannst Du nur haben, wenn Du ihn gibst.

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