Mehr als die Hälfte der Betroffenen sind über 60 Jahre alt. Die Taubblindheit als doppelte Sinnesbehinderung kommt jedoch in jeder Altersspanne vor.



Ähnliche Dokumente
Fragebogen Seite 1 von 7

Ambulant betreutes Wohnen eine Chance!

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Fragebogen zur Erhebung der Situation altgewordener psychisch erkrankter Menschen in den Angeboten der Sozialpsychiatrie in Mecklenburg-Vorpommern

micura Pflegedienste München/Dachau GmbH

Betreutes Wohnen für psychisch kranke Menschen

Übersicht der Refinanzierungsmöglichkeiten für die Reisen

Mit Sicherheit mehr Lebensqualität

Wie stellen sich die Krankenkassen den Erfordernissen der UN-Konvention (Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen)?

Krankenkassenwahl: Nicht nur eine Frage des Beitragssatzes

Eingewöhnung. Wie ein guter Start gelingt

Gute Aussichten ein Leben lang. Die Angebote der Lebenshilfe Starnberg für Erwachsene. Arbeiten Wohnen Fördern Beraten

ad: auf einen Blick Unser Angebot

Schulung: Familienbegleiter

Vorbemerkung: Die folgenden Aussagen gelten, soweit nicht ausdrücklich anders vermerkt, für das Gebiet der Stadt München.

Den Übergang von der Arbeit in den Ruhestand gut gestalten!

Im Bereich der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden usw.) Im Bereich der Ernährung (Aufnahme oder Zubereitung der Nahrung)

Glaube an die Existenz von Regeln für Vergleiche und Kenntnis der Regeln

Information zum Prüfungswesen Geprüfte(r) Logistikmeister(in) Handlungsspezifische Qualifikationen

Beschluss für ein neues Teilhaberecht Einfache Sprache, Großdruck

Ambulante Pflege Tagespflege Betreutes Wohnen Stationäre Pflege

Trainingsplan 16-wöchiger Trainingsplan für einen Triathlon (Volkstriathlon), Einsteiger

Wir machen neue Politik für Baden-Württemberg

Pflegedossier für die kreisfreie Stadt Frankfurt (Oder)

micura Pflegedienste Köln

Pflege zum Wohlfühlen

Pflegeversicherung Hilfen bei Pflegebedürftigkeit nach der P F L E G E R E F O R M Leichte Sprache

Arbeit zur Lebens-Geschichte mit Menschen mit Behinderung Ein Papier des Bundesverbands evangelische Behindertenhilfe e.v.

Allensbach: Das Elterngeld im Urteil der jungen Eltern

HPCV-Studie: Hospizliche Begleitung

erstmalig erwähnt 1048 Bedarfsabfrage 09/2015 GEMEINDE BIBURG Bedarfserhebung

Forschungsprojekt Gesundheit und Information in der Schwangerschaft. Fragebogen zur Bewertung der Schwangerenvorsorge

Fachtagung Teilhaben und selbstbestimmtes Leben Perspektiven personenzentrierter Hilfen aus Sicht des LWV Hessen als Leistungsträger

Einen Detailierten Leitfaden für den Antrag einer Dolmetscherkostenübernahme, sowie die benötigten Anhänge finden Sie auf Seite 3.

W o h nen im P o. Wohnen im Pott. Inklusiv zuhause sein in Oberhausen. MieterFührerschein. für alle Orte. Mein Weg in die eigene Wohnung

Örtliche Angebots- und Teilhabeplanung im Landkreis Weilheim-Schongau

Chancen und Grenzen der ehrenamtlichen Unterstützung für Flüchtlinge

Ihr Pflegedienst auf Abruf - auch nachts Kompetente Hilfe für zu Hause

I. Was ist Eingliederungshilfe und wer hat Anspruch darauf?

Rentensicherheit. Rente? Aber sicher!

Feedbackformular Au pair

Pflege ein großes Thema...

Fragebogen zur Kooperation und Hilfeplanung

Sichere Anleitung Zertifikate / Schlüssel für Kunden der Sparkasse Germersheim-Kandel. Sichere . der

BEZIRKLICHE GESUNDHEITSKONFERENZ Gesundheitliche Chancengleichheit für Alle. 9. Juni 2015

Dann zahlt die Regierung einen Teil der Kosten oder alle Kosten für den Dolmetscher.

Stand 15. Oktober Fragen und Antworten

lernen Sie uns kennen...

Schritt für Schritt zur häuslichen Pflege

Wohnliche Atmosphäre viele fröhliche Gesichter Im AWO Seniorenzentrum»Bürgerstift«Landsberg

Wir bringen Älterwerden auf den Punkt.

Sei dabei und schau nicht nur zu! -Freiwillige an die Schulen

Der BeB und die Diakonie Deutschland fordern: Gesundheit und Reha müssen besser werden. So ist es jetzt:

Weiterbildungen 2014/15

ISL Schulungs-Angebot Stärker werden und etwas verändern!

Auswertung zur. Hauptklausur Unternehmensbesteuerung. vom und Ergebnisse der Kundenbefragung

Hinweise zum Datenschutz, Einwilligungs-Erklärung

Beratung blinder und sehbehinderter Senioren.

Angaben zur Person für die erstmalige Schulaufnahme

Gemeinsam. Alters- und Pflegewohnheim Klinik Lindenegg

Wir beraten und vermitteln alle Formen der Kinderbetreuung.

Demo-Version: FGLplus - Fragebogen

Anlage: Elektronischer Fragebogen

Bundesarbeitsgemeinschaft der Kreishandwerkerschaften VERSTEHEN BÜNDELN HANDELN.

Deutliche Mehrheit der Bevölkerung für aktive Sterbehilfe

Duale Ausbildung. Herr Wolfgang Bax (Berufsberater für behinderte Menschen )

PRESSEGESPRÄCH. mit. LT-Präs. KommR Viktor SIGL

Information zum Prüfungswesen Geprüfte(r) Industriemeister(in) - Fachrichtung Metall / Elektrotechnik Handlungsspezifische Qualifikationen

LANDESWOHLFAHRTSVERBAND HESSEN Der Kommunalverband der hessischen Kreise und kreisfreien Städte

Online-Befragungen. cogitaris GmbH, Eltville. Online-Befragungen

Sehr geehrte Damen und Herren

Was bedeutet Inklusion für Geschwisterkinder? Ein Meinungsbild. Irene von Drigalski Geschäftsführerin Novartis Stiftung FamilienBande.

Informationen für Optiker Wenn die Brille nicht mehr reicht

Bildungs- und Erziehungspartnerschaft

20 Anhang Antrag auf Frühförderung

Die Betriebskrankenkasse Philips* Employer of Choice

Fragebogen für eine qualitative/quantitative Befragung zur Mediencommunity 2.0 aus Sicht der Lernenden

Bürokaufmann/Bürokauffrau

Was ist das Budget für Arbeit?

Fragebogen zur Erhebung der Zufriedenheit und Kooperation der Ausbildungsbetriebe mit unserer Schule

Hinweise in Leichter Sprache zum Vertrag über das Betreute Wohnen

Ambulante Pflegedienste

Fragebogen zu den Möglichkeiten der Integration von Kindern mit Behinderungen in Schulen im [(Land-)kreis oder Stadt]

Es gibt nur eine Bilanz die zählt: Ihre Zufriedenheit.

Lösungen mit Strategie

Persönliches Budget Hilfen für ehrenamtliche rechtliche Betreuer als Budgetassistenten

INSIEME BERATUNG: Burnout Scheck Detailinformation

Umfrage bei Menschen mit Behinderung über Sport in Leipzig Was kam bei der Umfrage heraus?

Soziale Sicherung der Pflegeperson

Wiesn-Wirtschaft Das Oktoberfest als Wirtschaftsfaktor

Visualisierung von Grundrechten: Fotoaktion und Plakate

und Jugendlicher in Sachsen

D a s P r i n z i p V o r s p r u n g. Anleitung. - & SMS-Versand mit SSL (ab CHARLY 8.11 Windows)

24 Stunden (rundum) Pflege und Betreuung im eigenen Haus. Erhaltung der eigenen Autonomie und Umgebung

Liebe Eltern, liebe Erziehungsberechtigte,

Schön, dass ich jetzt gut

Darum geht es in diesem Heft

Statuten in leichter Sprache

Telearbeit - Geltungsbereich des BetrVG

Clever investieren und für den Pflegefall vorsorgen: Gothaer PflegeRent Invest

Transkript:

Im Zuge der Umfragen und Gespräche während des dreijährigen Projektverlaufs konnten wir etwa 150 taubblinde Menschen und 550 hörsehbehinderte Menschen in Bayern ermitteln. Wir gehen nach intensiven Gesprächen mit allen Projektpartnern jedoch davon aus, dass mit einer Dunkelziffer von etwa 1300 Personen gerechnet werden muss. Um einen Überblick über die derzeitige Situation der Betroffenen, deren Bedürfnisse und über die Angebote der entsprechenden Einrichtungen zu bekommen, führte itm 2006 eine Umfrage unter Betroffenen und unter Einrichtungen in Bayern durch. 89 taubblinde und hörsehbehinderte Personen, 35 ambulante und 7 stationäre Einrichtungen haben sich daran beteiligt. Die Betroffenen konnten den Fragebogen nur mithilfe von Assistenz ausfüllen. Diese stand den meisten Personen sicherlich nicht zur Verfügung. Um mehr Betroffene an der Umfrage zu beteiligen, wäre es nötig gewesen, im direkten Gespräch Aussagen zu erhalten. Dies war jedoch aus Datenschutzgründen nicht möglich. Dennoch halten wir die Umfrageergebnisse für aussagekräftig, da in vielen Fällen gut vergleichbare Aussagen gemacht wurden. Hier die Ergebnisse der Umfrage: Das Alter Mehr als die Hälfte der Betroffenen sind über 60 Jahre alt. Die Taubblindheit als doppelte Sinnesbehinderung kommt jedoch in jeder Altersspanne vor.

Das Lebensumfeld Die unterschiedliche Kombinationen von Seh- und Hörbehinderung stellt eine enorme Beeinträchtigung für die Betroffenen dar, die sich eindeutig im Grad der Behinderung widerspiegelt: von 89 Betroffenen haben mindestens 84 einen GdB von 100. Grad der Behinderungen: Assistenzbedarf Die Betroffenen, die in einem Privathaushalt leben, benötigen im Alltag häufiger Assistenz als diejenigen, die in einem Wohnheim untergebracht sind!

Durchschnittlicher Assistenzbedarf im persönlichen Bereich (in Stunden pro Monat) Kommunikation mit der Umwelt (in Stunden pro Monat)

Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (in Stunden pro Monat): Weitere Bereiche, in denen Assistenz benötigt wird sind: Nahrungsaufnahme, Körperpflege, Kleiderorganisation, Gesundheit, Spaziergang, familiäre Aufgaben, Erfüllung staatsbürgerlicher Aufgaben, Informationsbeschaffung, Berufstätigkeit und Reisen. Betroffene, die in einer eigenen Wohnung leben, sind stark auf die Unterstützung ihrer Lebens-/ Wohnpartner, bzw. auf Familienangehörige angewiesen. Mehr als zwei Drittel der Assistenz werden von Familienangehörigen und dem Freundeskreis übernommen. In Gesprächen zeigte sich, dass viele Familien mit der Betreuung ihres taubblinden Familienmitgliedes überlastet sind.

Assistenzübernahme (in Prozent): Die Assistenz wird mehr als zur Hälfte privat finanziert. Etwa ein Drittel ist durch Blindengeld und Pflegeversicherung abgedeckt. Folgende Wünsche wurden von den Betroffenen und Angehörigen geäußert: - Entlastung der Familien durch Assistenz - Finanzielle Unterstützung - Mehr Freizeitangebote - Kurse für den Umgang mit der Behinderung und Hilfsmitteln - Mehr Ansprechpartner Ein Großteil der ambulanten Einrichtungen bietet für seine Klienten Unterstützung bei sozialen Angelegenheiten, Antragstellungen und bei finanziellen Fragen, sowie Beratung der Angehörigen an. Jedoch nur sehr wenige bieten weitere Möglichkeiten wie Fahrdienste, Vermittlung von Assistenz oder kulturelle Angebote. Dieses Leistungsangebot wird mithilfe verschiedener Kommunikationsformen vermittelt, hauptsächlich in der Deutschen Gebärdensprache. Es gibt jedoch nur vier Einrichtungen, in denen die Beratung über das Lormen oder über das taktile Gebärden stattfinden kann. Es fehlt zudem an Informationsangeboten in Brailleschrift, Schwarzschrift, Blockschrift oder die Möglichkeit eines Bildschirm-Lesegerätes.

Diese Einschränkungen in der Kommunikation bringen verschiedene Schwierigkeiten in der ambulanten Beratung und Betreuung von taubblinden Menschen mit sich. Die Hauptschwierigkeiten Kommunikation Dabei fehlt es den Klienten und/oder dem Personal an Kenntnissen im Lormen, in der (taktilen) Gebärdensprache oder in der Verwendung von Brailleschrift. So sind die Berater oftmals auf Kommunikationsassistenten, freiwillige Helfer oder die persönlichen Bezugspersonen angewiesen. Dadurch wird die persönliche 1-zu-1-Beratung zu einer 3er-Konstellation. Bei Anwesenheit der persönlichen Bezugsperson kommt der Betroffene meist nicht zum Zug, es kann zu Auseinandersetzungen oder zur Bevormundung des Betroffenen kommen. Beratung Wenn Betroffene eine Beratung suchen, fällt ihnen bereits die Kontaktaufnahme und Terminabsprache aufgrund mangelnder technischer und/oder kommunikativer Möglichkeiten schwer. Zudem ist es ihnen nicht möglich, selbstständig und allein die Beratungsstelle aufzusuchen. Die Beratung selbst wird durch die vorher genannten kommunikativen Einschränkungen stark behindert. Die Themen der Beratung von taubblinden Menschen haben andere Schwerpunkte als bei nur hörgeschädigten oder nur sehgeschädigten Klienten. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem zunehmenden Verlust des zweiten, bisher kompensierenden Fernsinns des Sehens oder des Hörens. Finanzierung Die Bedürfnisse von taubblinden und hörsehgeschädigten Menschen sind höchst individuell und wesentlich umfangreicher als bei nur hörbehinderten oder sehbehinderten Personen. Die Übernahme von Kosten der Assistenz im Freizeitbereich und bei besonderen Hilfsmitteln ist ungeklärt. Assistenz, Unterstützung, Mangel an qualifizierten Fachkräften Es fehlt an entsprechend qualifiziertem Personal, an Assistenten, freiwilligen Helfern und Fachärzten fehlt. Dieses Problem betrifft alle Bereiche der Arbeit mit taubblinden und hörsehgeschädigten Menschen, von Begleit- und Fahrdiensten, über Seelsorge, Unterstützung im häuslichen Bereich, Assistenz und Dolmetschen, Arztbesuchen bis hin zum Mobilitäts- und Orientierungstraining. Isolation, Selbstständigkeit, Arbeitslosigkeit Nicht oder nur eingeschränkt sehen und hören zu können, birgt verschiedene Probleme für die Betroffenen. Das schwerwiegendste Problem ist die drohende Isolation. Viele ziehen sich aus ihrer bisherigen Umgebung, aus ihrem Familien- und Freundeskreis zurück. Sie werden abhängig von einer Bezugsperson. Gruppenveranstaltungen werden zunehmend weniger besucht.

Hörsehbehinderte Menschen verschweigen ihrem Arbeitgeber die doppelte Sinnesbeeinträchtigung, um möglichst lang in ihrem gewohnten Berufsumfeld bleiben zu können. Hilfsmittel Informationen über entsprechende Hilfsmittel für taubblinde Menschen und über deren Finanzierung gibt es nur vereinzelt. Es ist notwendig, dass speziell für diesen Personenkreis ein Hilfsmittelkatalog erstellt und von den Krankenkassen anerkannt wird. Zeitaufwand Die bisher genannten Bedingungen und der Mangel an Assistenzkräften, finanziellen Mitteln, technischen Hilfsmitteln, qualifizierten Taubblindendolmetschern und weitere Faktoren erschweren die Beratung von taubblinden Menschen und führen zu einem erhöhten Zeitaufwand.