Eduard Ewert. Nur einmal im Jahr

Ähnliche Dokumente
Predigt Joh 2,1-11 St. Lukas, Liebe Gemeinde! Wenn Ihr, Konfirmandinnen und Konfirmanden, einen neuen Lehrer oder eine neue Lehrerin

AB 9 Interview mit der Trauerbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper

Themenzielrichtung: Gott hat die Familie geplant. Lektionsnummer, Thema: 4. Jesus hatte eine Familie

Gabriele Krämer-Kost. Anna feiert ein Fest. und lernt etwas über den Gottesdienst

24 weihnachtliche Geschichten mit dem Engel Patschelchen

Ökumenischer Gottesdienst zur Einschulung

Wörterbuch für Grundschulkinder

auf stehen aus aus sehen backen bald beginnen bei beide bekannt bekommen benutzen besonders besser best bestellen besuchen

10. Wie geht es Chloë?, fragte Paulus seine Besucher, sich gesetzt hatten. Es geht ihr gut, antwortete. Besucher. Und ihrem.

Bedienung zündet Geburtstagskuchen an. Singen. Andere Gäste applaudieren.

Das Leben ist erschienen Predigt über 1. Johannes 1,1-4. Weihnachten 2011

PERSONEN MARIA: lebt mit ihrer Familie in Astenberg/

schrieb sie in einem ihrer ersten Briefe.»Ich bin so einsam«, jammerte sie in einem anderen. Es dauerte nicht lange, bis ihre Briefe deutlich kürzer

Was kostet Glaube? Predigt zu Lk 18,28-30 (15. So n Trin, )

Lektüren. Fräulein Else. Deutsch als Fremdsprache. Arthur Schnitzlers Novelle neu erzählt Von Urs Luger. Leichte Literatur. Niveau

Tim & Flo im Zoo. für Lese-Starter

Familiengottesdienst am Sonntag um 10.30Uhr in Schmiechen

Super! Einstufungstest 5 (Modul 11 12) Aufgabenblatt

Jemand. wartet auf Dich

gelernt. knjigarna.com swis721

DIE PRÄPOSITIONEN UND DIE RICHTIGEN FÄLLE

Gütersloher Verlagshaus. Dem Leben vertrauen

Predigt für das Weihnachtsfest. Die Gnade des Heiligen Geistes erleuchte unsere Herzen und Sinne.

Zwischen Bewunderung und Ablehnung Gefühle schlagen um Lukas 4,16 30

Foto: Nina Urban !" #$"!!% ! " ## " $ #% ) $ *' )' (% #+ ## # ( %, # % - "# &.+ / (- + $ %012 3)' ) 4 5) 6 *7 4 "% -#. 8 #9 + :'';<==>?

основний рівень_нм_факультет філології

Predigt zu Römer 8,32

HIGHER SCHOOL CERTIFICATE EXAMINATION. German Beginners. ( Section I Listening) Transcript

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: Sicher üben - Mathematik: Spielend lernen: Wahrnehmen, denken, erinnern!

Mia Fröhlich. Ein Plädoyer an die Freude

Thema: Zachäus. Materialliste: Birkenbaum, Stühle und Tisch (für das Haus), Kleidung (für die Spieler),, Effatabücher...

mehr zu den Sternen. Da dachte ich: Die Sterne sind verschwunden. Das fühlte sich wunderbar an. Was die Sterne wirklich bedeuteten, habe ich damals

Hinweis. Dieses 6-seitiges Faltblatt steht in größerer Stückzahl als kostenlosen Traktat zur Weitergabe bereit.

Der 1. Thessalonicherbrief an die Gemeinde in Reinach. Predigtserie und Selbststudium auch für die Ferien.

Code-Nr.: Bild Nr.: 1 #00:00:59-7#

Nun ist sie aber zum Glück vernünftig geworden und ist ein Fan vom HSV.

Lisa s. 5 Lisa und der gute Mond. Lisa und die Sternenfee

Die wahre Liebe Ein. Weg zur Hoffnung

6. Das ist doch Waschmaschine, das ist ein Geschirrspüler. a). keine, b). nicht, c).kein, d). nichts

Schulanfang um Uhr

Wie finde ich Gott? William Booth

Alles gegeben Predigt zu Mk 12,41-44 (Okuli, ) Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Sag mir: wie ist Gott? Gott hilf mir, ich brauche dich Ich habe Angst vor Krankheit, wer hilft mir?

So weit und so frei - SOUNDandacht zur Verklärung Jesu mit der Band Neuland

Beten mit Kindern. Für Väter, Mütter und Jugendleiter zusammengestellt von Helge Korell (2009) DIE 10 GEBOTE GOTTES

WORTGOTTESDIENST ZUM VIERTEN ADVENT

Liturgievorschlag für die Christmette 2010

Dies ist meine Geschichte, eine Geschichte, die

Aufregung im Kindergarten

Wo ist die Maus zu Haus? Text: Oliver Gassner Illustrationen: Werner Merk

Gehst du mit mir zum Abschlussball?, sagt plötzlich eine Stimme über ihr. Marie sieht hoch. Sie fällt fast vom Stuhl. Die Stimme gehört Chris! Ja!

Der erste Teil. Ein Interview (I) mit Frank (F) aus Coesfeld Aufgaben

etwas Saft verschüttet. In Windeseile hat er das kleine Missgeschick beseitigt.

ENTDECKT DIE WELT! mappe_neu.indd :52:49

Weinfelder. Predigt. Gottes Zeit und unsere Zeit. Januar 2017 Nr Petrus 3,

Von dort wird er kommen... Über Wiederkunft und Gericht. BnP Credo XIV

82 zum Schluss Oder: Warum Nachfreude genauso schön ist wie Vorfreude

ERSTE LESUNG Jes 5, 1-7 Der Weinberg des Herrn der Heere ist das Haus Israel Lesung aus dem Buch Jesája Ich will ein Lied singen von meinem geliebten

Und der Friede Gottes, der größer ist als all unsere Vernunft, bewahre deine Hoffnung, festige deinen Glauben und mach uns in der Liebe stark.

Plötzlich wird alles anders

Ich schreibe diese Geschichte, weil ich erzählen möchte: wie es mir hier in Deutschland geht.

Was ist das Gebet? Martin Luther

Ein Vater hatte zwei Söhne. Der Jüngere sagte: Vater, gib mir mein. Der Vater teilte seinen ganzen Besitz unter den Söhnen auf.

Liturgievorschlag für den 2. Sonntag LJB

Krippenspiel der Jungen Gemeinde in der Ev. Kreuzkirche Görlitz ( )

1. Gesprächsgang: 2. Gesprächsgang: 3. Gesprächsgang

Erster Rundbrief. Fremont, 15. Feb Liebe Familie, liebe Freunde, liebe Gemeine! Hallo an alle, die diesen Brief lesen!

Gottesdienst 06.November 2016

Predigt an Rogate 2016 Übers beten oder: Die Sache mit der Flaschenpost

Hirtenwort des Erzbischofs

Was alles nach einem 16 Verbrennungsunfall passiert

Jesus Christus Geburt und erstes Wirken

Leben und Sterben vor Gottes Angesicht Predigt zu Röm 14,7-9 (Drittletzter So n Trin, )

Gnade sei mit euch und Friede, von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen.

Schritte. Schritte plus. in Elternkursen. Probleme in der Kindererziehung. 1 Lesen Sie die Situationen und ordnen Sie zu: Welche Überschrift passt?

Gottesdienstpreis 2011 für die Bruderhaus-Diakonie in Reutlingen - eine Tauferinnerungsfeier mit behinderten Menschen wird ausgezeichnet

Vater unser! Dr. Matthias Walter, Predigttext: Lukas 11,1-13. Liebe Gemeinde,

Leben(s) - Geschichten - Baum

Joulius. Gernot Kranner/Walter Lochmann. Wer schmatzt Karotten mit Genuss? Joulius, Joulius, der Joulius

Gute Gedanken, nicht nur für Trauernde Impulse in Bild und Wort zum täglichen Evangelium 3- Woche nach Ostern

Einfach Ungeheuerlich

Predigt mit Jeremia 31, von Catharina Bluhm

Niederschrift Interview Sven: Interviewerin Frau Spitzner, geführt am Fragekomplex: Beschreibung der gegenwärtigen Lebenssituation

Spanien: Weil meine Jugendlichen mich senden!

Die Weihnachtsgeschichte nach Matthäus. interpretiert von der Kl. 7aM Mittelschule Prien

Dankbarkeit ist das Gedächtnis des Herzens. Jean Baptiste Massillon

I n d i e n Nov.- Dez. 2009

Bobbi Biber schaute auf die Ananas, die verstreut am Boden lagen. Du bist dran, grinste Freddi und stapelte die Ananas wieder zu einer Pyramide.

Internationale Weltraumstation Nobel, 31. Mai 2053.

Pred Römer 8, 31-39, Silvester 2009

Krippenspiel Text zu Weihnachen Weihnachtsgeschichte

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt. (Offenbarung 1,4)

Sommer und Herbst im Kopf. Die Geschichte von Jan und dem Hirntumor

Vom Verfolger Zum Prediger

Bibel für Kinder zeigt: Vom Verfolger Zum Prediger

Gottesdienst im Januar 2018 Taufe Jesu (7.1.)

Predigt für die Epiphaniaszeit (Letzter) Die Gnade des Heiligen Geistes erleuchte unsere Herzen und Sinne.

Transkript:

Eduard Ewert Nur einmal im Jahr Missionswerk FriedensBote 2011 3

Vorwort Eduard Ewert ist Mitarbeiter des Missionswerkes FriedensBote. Die Begebenheit in dieser Broschüre und noch viel mehr erlebten seine Familie und er in der Zeit des atheistischen Regimes in der ehemaligen Sowjetunion (heutige GUS-Staaten). Zurzeit ist Eduard im Reisedienst des Missionswerkes tätig, besucht auf Einladung Gemeinden, christliche Kreise und Freizeitheime, um über die Arbeit des Missionswerkes in den GUS zu berichten. Des Öfteren wird er während des Vortrags gebeten, über seine Erfahrungen in den Straflagern wie auch über den Dienst im Untergrund zu berichten. Wegen seines Glaubens an Jesus Christus wurde er zweimal verhaftet und verbrachte insgesamt 5

fünf Jahre in Straflagern und Gefängnissen. Gern berichtet Eduard Ewert davon mit der Absicht, andere im Glauben zu stärken und sie zu ermutigen, den Weg der Nachfolge Jesu auch in den Stürmen des Lebens konsequent weiterzugehen. Die nachfolgende Erzählung wird aus der Sicht des 8-jährigen Viktor, Sohn von Eduard, geschildert, der seinen Vater nur einmal im Jahr in der Haft besuchen durfte. 6

Papa ist kein Dieb Ich heiße Viktor und bin acht Jahre alt. Einige erwachsene Onkel und Tanten glauben, dass das nicht besonders viel sei. Deshalb halten sie mich noch für ein Kind. Klar, sie wissen mehr als ich und kennen sich auch besser aus. Doch das bedeutet noch lange nicht, dass ich sie nicht verstehe. Sie dürfen alles tun, ohne jedes Mal um Erlaubnis zu fragen. Sie sind Erwachsene und da sind sie im Vorteil. Ach, wann werde ich endlich erwachsen sein? Dann werde ich hingehen, wohin ich will, und alles tun, was mir gefällt. Ich habe viele Wünsche. Einige könnten auch jetzt schon erfüllt werden wenn Papa zuhause wäre. Mama sagt jedoch, 7

dass ich mich vorerst noch ein bisschen gedulden muss. Zwei Jahre schon ist er nicht mehr bei uns, und ein halbes Jahr noch müssen wir auf ihn warten. Wie lange das dauert! Wir wissen ganz genau, wie viele Blätter vom Kalender noch weg müssen, bis Papa endlich nach Hause kommt. Mit großer Freude reißen wir jeden Abend ein Blatt ab. Doch leider bleiben noch immer so viele dran! Abends unterhalten wir Kinder uns mit Mama über Papa, und jeder erzählt, woran er sich erinnert. Es wird uns nie zu viel, immer wieder darüber zu sprechen, was Papa tat, wenn er von der Arbeit kam oder an arbeitsfreien Tagen zu Hause war. Und dann gehen wir auf die Knie und beten für Papa. Er ist sehr weit von uns entfernt. Zwei Tage und zwei Nächte dauert die Eisenbahnfahrt zu ihm, und dann müssen wir noch eine Nacht in einer Stadt bleiben, denn wir kommen dort am Abend an. Erst am nächsten Morgen können wir mit dem Bus zu dem Straflager fahren, das am Rande der Stadt liegt. Dort nämlich ist Papa. 8

Früher wusste ich überhaupt nicht, was das ist ein Straflager. Doch jetzt malen wir es sogar auf Papier und schicken es in Briefen an Papa. Wir sehen natürlich nicht viel davon, wie es im Lager selbst aussieht, denn es ist von einem hohen, dichten Zaun, ja, einer ganzen Mauer umgeben. Und oben drauf sind noch elektrische Drähte und sehr viele Lampen. Die hat man da befestigt, damit die Wächter sehen können, ob jemand über die Mauer klettern will. Doch niemand probiert das, denn die Wächter das sind Soldaten mit Maschinenpistolen schießen dann sofort. Und wenn sie einen der Häftlinge so heißen die Männer im Lager treffen oder sogar totschießen, dann bekommen sie dafür auch noch eine Belohnung und dürfen in Urlaub nach Hause fahren. Drei Meter von dem hohen dichten Zaun entfernt ist noch ein Zaun aus Stacheldraht. Der ist auch sehr hoch. Und dann ist da ein weiterer Zaun aus Stacheldraht, der ist nicht sehr hoch. Wenn wir näher an den Zaun herangehen, schreit schon einer 9

der Soldaten und droht uns mit seiner Maschinenpistole. Und dann gehen wir weiter weg. Wir sollen nicht zu nahe an den Zaun herangehen, sagt Mama, denn wenn die Soldaten böse werden, dann lassen sie uns nicht zu Papa. Wir fahren sehr gern zu Papa, doch das passiert viel zu selten. Wir sind sechs Kinder; ich habe also drei Brüder und zwei Schwestern, und Mama nimmt uns abwechselnd mit. Papa darf nur zwei Besuche im Jahr bekommen, und jedes Mal nimmt Mama drei Kinder mit. Und so kommt es, dass wir Kinder Papa nur einmal im Jahr sehen können. Aber beim allerersten Besuch hatte Mama mich mitgenommen. Ich weiß selbst nicht, wieso ich dieses Glück hatte. Das war gleich nach dem Gerichtsprozess, also vor zwei Jahren. Zum Gerichtsprozess hatte man uns nicht gelassen. Irgendwelche Männer hatten erklärt, dass Kinder nicht dabei sein dürfen. Das ist lächerlich die denken, wir verstehen nichts, und selbst können sie nicht 10