Leitfaden Indikationsprüfung für neue Prothesenpassteile Stand: Dezember 2013 Gliederung 1. Einleitung 2. Prüfkriterien 3. Ablauf 4. Auswertung und Indikationsstellung 5. Kontakt 6. Anhang Exportiert aus orgavision Version: 1.0 Seite 1 von 13
1. Einleitung Die orthopädietechnische Versorgung Amputierter hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Aufgrund der uns heute zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten gelingt es, den Verlust der Extremität immer besser zu kompensieren. Allerdings führt dieser Fortschritt zu einem erheblichen Kostenanstieg bei der Prothesenversorgung. Parallel zu den technischen Fortschritten steigt auch die Erwartungshaltung der Betroffenen. Insbesondere die Entwicklung elektronischer Steuerungskonzepte in Prothesenkniegelenken ermöglicht einen weitergehenden Behinderungsausgleich, auf den Versicherte einen Anspruch haben, wenn er sich umfassend auf den Alltag auswirkt. Die Versorgung mit Hilfsmitteln findet ihre gesetzliche Grundlage im Sozialgesetzbuch (SGB) IX 26 Abs. 2 Nr. 6, 31, 33 Abs. 8 Nr. 4 und 5, 55 Abs. 2 Nr. 1 und 4 sowie 58. Für die verschiedenen Leistungsträger gelten zudem eigene Regelungen, z.b. für die Gesetzliche Unfallversicherung aus dem SGB VII. Versicherte haben deshalb einen Rechtsanspruch auf die erforderliche Versorgung mit Hilfsmitteln als Leistung zur Rehabilitation und zur Teilhabe. Nach Eintritt eines Versicherungsfalles ( 7 Abs. 1 SGB VII) sind vom Unfallversicherungsträger im Rahmen der Heilbehandlung neben Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auch die erforderlichen Hilfsmittel zu bewilligen. Hilfsmittel sind unter anderem Kunstglieder, die dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dienen, d.h. das Hilfsmittel tritt an die Stelle des ausgefallenen oder beeinträchtigten Organs mit dem Ziel, die Behinderung möglichst vollständig auszugleichen ( Gleichziehen mit einem gesunden Menschen ). Der Behinderungsausgleich muss sich im Alltag umfassend auswirken und nicht nur Bequemlichkeit und Komfort verbessern. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts fällt auch eine hochpreisige Passteil-Versorgung bei Erreichen eines erheblichen Alltagsvorteils gegenüber einer konventionellen Prothetik in die Leistungspflicht des Kostenträgers. Exportiert aus orgavision Version: 1.0 Seite 2 von 13
Entsprechend den UV-Hilfsmittelrichtlinien 1 sind die Versicherten mit den Hilfsmitteln zu versorgen, die wegen des Gesundheitsschadens erforderlich sind. Diese sollen eine drohende Behinderung abwenden, ausgefallene Körperfunktionen ersetzen, beeinträchtigte ausgleichen und die Auswirkungen im medizinischen, beruflichen, schulischen und sozialen Bereich erleichtern. Dem Unfallversicherungsträger ist hinsichtlich der Art und des Umfanges der Versorgung mit Hilfsmitteln ein Auswahlermessen eingeräumt, soweit nicht die VO 73 (Verordnung über die orthopädische Versorgung Unfallverletzter vom 18. Juli 1973) eine abschließende Regelung trifft. Die Ausübung des Ermessens hat sich an dem mit allen geeigneten Mitteln anzustrebenden Rehabilitationsziel auszurichten. Dabei sind Art und Schwere des Gesundheitsschadens, die persönlichen, familiären, beruflichen und schulischen Verhältnisse der Versicherten, ihr Bedarf, ihre Leistungsfähigkeit, die örtlichen Verhältnisse sowie ihre angemessenen Wünsche zu berücksichtigen ( 33 SGB I). Die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sind zu beachten ( 69 SGB IV). Hilfsmittel sollen dem allgemein anerkannten Stand der technischen Entwicklung entsprechen. Zur Bereitstellung der Hilfsmittel ist der konkrete Bedarf der Versicherten durch den Unfallversicherungsträger festzustellen. Der Unfallversicherungsträger kann hierzu medizinischen und technischen Sachverstand hinzuziehen. Vor jeder erstmaligen Bewilligung, größeren Instandsetzung oder Ersatzbeschaffung eines Hilfsmittels soll deshalb ein sachverständiger Arzt zugezogen werden, wenn es wegen der Art der Versorgung erforderlich ist. Für die Bedarfsfeststellung ist die medizinische Diagnose nicht allein maßgebend. In Orientierung am bio-psycho-sozialen Modell der ICF (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit) ist daneben immer auch eine Gesamtbetrachtung der funktionellen/strukturellen Schädigungen sowie der Beeinträchtigungen und verbliebenen Ressourcen im Bereich der Aktivitäten und Teilhabe erforderlich. Der Bedarf, die Fähigkeit zur Nutzung sowie die Prognose und das Ziel einer Hilfsmittelversorgung sind auf der Grundlage realistischer und alltagsrelevanter Anforderungen zu ermitteln. Dabei sind die individuellen Kontextfaktoren in Bezug auf die Person und die Umwelt 1 Gemeinsame Richtlinien der Verbände der Unfallversicherungsträger über die Hilfsmittelversorgung im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung ( 31 Abs. 2 Satz 2 SGB VII), Stand: 1. Juli 2011, www.dguv.de Exportiert aus orgavision Version: 1.0 Seite 3 von 13
als Voraussetzung für die angestrebten Rehabilitations- und Teilhabeziele zu berücksichtigen. In der Praxis kann es für den Sachbearbeiter der Unfallversicherung schwierig sein, die Notwendigkeit eines Hilfsmittels und die getroffene Auswahl aus einer Vielzahl zur Verfügung stehender Hilfsmittel nachzuvollziehen. Hat er begründete Zweifel an der Erfordernis oder auch an der Zweckmäßigkeit oder Wirtschaftlichkeit des Versorgungsvorschlages, ist es sinnvoll, zusätzliche Informationen einzuholen und/oder die Verordnung in einem Kompetenzzentrum überprüfen zu lassen. Die Feststellung der Notwendigkeit einer teureren und fraglich besseren Prothesenversorgung ist häufig nicht einfach. Verschiedene Kriterien können zur Bewertung herangezogen werden. Dabei sind die klinische Beobachtung bzw. die subjektive Meinung des Versicherten nur ein Bestandteil der Entscheidungsfindung. Objektive Messungen sind erforderlich, um die Indikationsstellung zur Neuversorgung nachvollziehbar zu machen. Die BGU Murnau bietet mit der hier beschriebenen Indikationsprüfung ein Assessment an, das erforderlich wird bei den Fällen, bei denen sich aus der Diagnose oder der Problemdefinition durch den Patienten und den Arzt nicht eindeutig Art und Umfang der Hilfsmittelversorgung bestimmen lässt oder bei einer geplanten Veränderung ein wesentlicher Gebrauchsvorteil des neuen Hilfsmittels für den Kostenträger nicht erkennbar ist. Das Assessment wird folgende für den Sachbearbeiter relevante Informationen zusammentragen: Diagnose(n) die für die Hilfsmittelversorgung relevanten Beeinträchtigungen von Strukturen, Funktionen, Aktivitäten und Teilhabe nach ICF relevante Kontextfaktoren, insbesondere Ressourcen, Förderfaktoren und Barrieren Vorgeschichte (auch bisherige Hilfsmittelversorgung) Bedarf, Bedürfnisse, Wünsche und Anregungen des Betroffenen Problemlösungsmöglichkeiten zur Verbesserung von Funktionen, Aktivitäten und Teilhabe einschließlich möglicher Alternativen zur geplanten Versorgung Zielsetzungen im Hinblick auf Behandlung/Therapie, Behinderungsausgleich, Förderung von Funktionen, Aktivitäten und Teilhabe Exportiert aus orgavision Version: 1.0 Seite 4 von 13
Ausführliche Begründung der medizinischen Notwendigkeit einer Hilfsmittelversorgung oder deren Nicht-Notwendigkeit Bei den gesetzlichen Unfallversicherungen besteht ein steigender Bedarf nach Überprüfung bzw. Stellung der Indikation für moderne mikroprozessor-gesteuerte Prothesenpassteile, nicht zuletzt aufgrund steigender Kosten. Der Kostenträger erhält durch diese Indikationsprüfung die Möglichkeit, dem amputierten Unfallverletzten das tatsächlich geeignete Mittel zur Verfügung zu stellen und die notwendige Qualitätssicherung durchzuführen, um die hohen Kosten moderner Prothetik zu rechtfertigen. Nicht zuletzt muss die Versorgung auch wirtschaftlich sein. Hierfür ist der Nachweis eines objektivierbaren wesentlichen Gebrauchsvorteils durch das neue Hilfsmittel erforderlich. Wir bieten Kostenträgern und Versicherungen, aber auch Versicherten und Gerichten, mit der im Folgenden beschriebenen Indikationsprüfung eine sachlich fundierte Aussage hinsichtlich der medizinischen Notwendigkeit einer Versorgung mit neuen Prothesenpassteilen, die auf jahrelanger Erfahrung, standardisierten Testverfahren und objektiven Testergebnissen basiert. Exportiert aus orgavision Version: 1.0 Seite 5 von 13
2. Prüfkriterien Vor der eigentlichen klinisch-biomechanischen Prüfung erfolgt eine ärztliche Eingangsuntersuchung mit Anamneseerhebung und klinischer Beurteilung der Stumpfbeschaffenheit, sowie der Einstufung in die Aktivitätsklasse. Dieser Einstufung liegt die Einteilung in die Aktivitätsklassen 0 bis 4 entsprechend dem Mobilitätserhebungsbogen der DGUV (Formtext M 2200) zugrunde: AK 0 nicht gehfähig: Prothese als kosmetischer Ausgleich, für ein mikroprozessorgesteuertes Gelenk nicht geeignet. AK 1 Innenbereichsgeher: Prothese als Transferhilfe, kurze Gehstrecken im häuslichen Bereich, für ein mikroprozessorgesteuertes Gelenk nicht geeignet. AK 2 eingeschränkter Außenbereichsgeher: Stufen können überwunden werden AK 3 uneingeschränkter Außenbereichsgeher: die Geschwindigkeit kann in größerem Umfang variiert werden AK 4 uneingeschränkter Außenbereichsgeher mit besonders hohen Ansprüchen an die Mobilität, sportliche Aktivitäten Als Kriterium für die Aufnahme in eine Aktivitätsklasse wird das Erreichen einer Mindestpunktzahl vorausgesetzt. Nach der ärztlichen Untersuchung erfolgt eine orthopädietechnische Erfassung und Überprüfung der bisherigen Prothesenversorgung, insbesondere eine Kontrolle der Passform des Prothesenschaftes. Zur klinisch-biomechanischen Prüfung werden nur Versicherte zugelassen, wenn keines der folgenden Ausschlusskriterien zutrifft: Zuordnung zu Aktivitätsklasse 0 oder 1 Prothesenschaft nicht passfähig Belastbarkeit deutlich reduziert (z. B. instabile Angina pectoris) Prothesenerstversorgung Mangelnde Kooperationsbereitschaft Exportiert aus orgavision Version: 1.0 Seite 6 von 13
Ziel der weiteren Prüfung ist die Feststellung des funktionellen Zugewinns durch die geplante neue Versorgung. Dabei setzt sich der funktionelle Zugewinn aus folgenden 7 Kriterien zusammen 2 : Sicherheit: Erhöhung der Stand- und Gangsicherheit Das Kriterium Sicherheit umfasst die Möglichkeiten des alternierenden Treppabgehens und des Gehens auf unebenem Untergrund sowie das Bewältigen von Rampen und schiefen Ebenen. Entlastung: Entlastung der gesunden Gegenseite Eine stärkere Belastung, optimal eine Vollbelastung der Prothese als Standbein, führt zur gewünschten Entlastung der Gegenseite und wirkt dem üblichen Bewegungsmuster mit einer langen Schrittweite und kurzen Standphase der Prothesenseite entgegen. Geteilte Aufmerksamkeit: Integration der Prothese in das Körperschema mit dadurch ermöglichter geteilter Aufmerksamkeit Der Prothesenträger muss sich während des Gehens nicht ausschließlich auf die Prothese konzentrieren, kleinere Aufgaben können gleichzeitig ausgeführt werden. Geschwindigkeit: Variation der Geschwindigkeit Variation der Geschwindigkeit umfasst zum einen die Möglichkeit, verschiedene Gangarten auszuführen, zum anderen auch das plötzliche Stehenbleiben auf Zuruf. Kraftaufwand: Verringerung des Kraftaufwandes Die Verringerung des für den Gangzyklus benötigten Kraftaufwandes wird von Amputierten positiv als weniger anstrengendes und komfortableres Gehen wahrgenommen. Gangbild: Harmonisierung des Gangbildes 2 Endbericht zum Prüfauftrag Festlegung von Indikationen für eine Versorgung mit dem C-Leg Kniegelenksystem der Fa. Otto Bock, Duderstadt für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales - Stand: 30 März 2006, Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel, Universitätsklinikum Münster Exportiert aus orgavision Version: 1.0 Seite 7 von 13
Bei Prothesenträgern ist das Gangbild häufig asymmetrisch. Die Harmonisierung des Gangbildes und die Integration der Prothese in das Körperschema stellen deshalb ebenfalls einen funktionellen Zugewinn dar. Gehhilfe: Reduktion der Hilfsmittel Durch die Neuversorgung können vorher verwendete Gehhilfen, wie z.b. Unterarmgehstützen weggelassen werden. 3. Ablauf Wesentliches Merkmal der klinisch-biomechanischen Untersuchungen ist die vergleichende Testung des zu erprobenden Passteils, z.b. das GENIUM-Kniegelenk, gegen das bisher genutzte Passteil. Wenn möglich wird nur ein Passteil getauscht, z. B. das Kniepassteil, während eine Änderung der Fußpassteile nicht erfolgt. Hierdurch soll ein direkter Vergleich, unabhängig von anderen Einflussgrößen, gewährleistet werden. Für die Testdurchführung wird erwartet, dass der Proband mit einer funktionsfähigen und gut eingestellten Probeprothese versorgt ist. Die Probeversorgung wird entweder vom heimatnahen Orthopädietechniker durchgeführt und vom Kostenträger organisiert oder erfolgt durch die mit der BGU Murnau kooperierende Orthopädietechnik- Firma Mödl bei vorliegendem Auftrag und Kostenübernahme durch den Kostenträger. Bei technischen Problemen mit einer extern angepassten Probeprothese steht die Fa. Mödl kurzfristig in Ausnahmefällen zur Verfügung. Die eigentliche Probeversorgung ist jedoch nicht Bestandteil des im Folgenden beschriebenen Testablaufs. Als apparative Ausstattung stehen folgende Methoden zur Verfügung: LASAR Posture zur optometrischen Prüfung der Prothesenstatik VICON-System + 2 Kraftmessplatten zur Ganganalyse Sohlen-Messsystem Pedar-x Gehschule / Gehparcours Alle während der Ganganalyse erhaltenen Daten dienen einer objektiven Beurteilung des funktionellen Zugewinns im Hinblick auf die o.g. Prüfkriterien. Diese Messergebnisse werden durch die klinische Beobachtung hinsichtlich der o.g. Kriterien ergänzt. Exportiert aus orgavision Version: 1.0 Seite 8 von 13
Eine wesentliche Rolle spielt auch die subjektive Einschätzung des Prothesenträgers. Im Folgenden wird der gesamte Prüfablauf kurz dargestellt: Ambulante Voruntersuchung: Orthopädietechnische Erfassung und Überprüfung der bisherigen Prothesenversorgung, Kontrolle der Passform des Prothesenschaftes, Statikkontrolle der Prothese im Lasergerät (Zeitaufwand ca. 90 min) Ärztliche Untersuchung mit Anamnese zur Erhebung relevanter Kontextfaktoren, klinischer Beurteilung der Stumpfbeschaffenheit, Einstufung in die Aktivitätsklasse (Zeitaufwand ca. 90 min) Berichterstellung an Auftraggeber (Zeitaufwand ca. 30 min) Klinisch-biomechanische Prüfung nach Probeversorgung mit dem zu testenden Passteil, in der Regel stationär in der BGU Murnau: Zunächst Testung mit dem bisherigen System (Tag 1), daran anschließende Probeversorgung mit Gewöhnung an das neue Passteil und Gangschulung für einige Tage (Tag 2-4), bei Bedarf Fortsetzung des Probelaufs zuhause zur Testung unter häuslichen Bedingungen. Abschließender Test (gleiche Testbatterie wie zu Beginn) mit dem neuen Passteil (Tag 5). Tag 1 Ärztliche Eingangsuntersuchung (Zeitaufwand ca. 30 min) Biomechanische Testung und Ganganalyse im Ganglabor des Instituts für Biomechanik mit der vorhandenen Prothetik: Zeitaufwand ca. 120 Minuten. Die Ergebnisse werden in einem Prüfprotokoll dokumentiert. Klinische Prüfung durch erfahrenen Physiotherapeuten mit der vorhandenen Prothetik in der Gehschule bzw. Gehparcours: Zeitaufwand ca. 90 Minuten. Die Ergebnisse werden in einem Prüfprotokoll dokumentiert. Exportiert aus orgavision Version: 1.0 Seite 9 von 13
Tag 2-4 Ggf. Probeversorgung durch Orthopädietechnik (Fa. Mödl) bei entsprechendem Auftrag, sonst durch externe Orthopädietechnik Regelmäßige Überprüfung und Anpassung des neuen Passteils durch Fa. Mödl Einführung ins neue System, Eingewöhnung im Rahmen der täglichen Gehschule und während der medizinischen Trainingstherapie. Abschließende Klärung am Tag 4 mit allen Beteiligten, inklusive dem Prothesenträger, ob die Indikationsprüfung ohne Unterbrechung mit der Testung am Tag 5 fortgesetzt wird, oder ob ein Probelauf unter häuslichen Bedingungen für 1 bis 2 Wochen angezeigt ist. Tag 5 Biomechanische Testung und Ganganalyse im Ganglabor des Instituts für Biomechanik mit dem neuen Passteil: Zeitaufwand ca. 120 Minuten (Inhalte siehe Tag 1). Klinische Prüfung durch erfahrenen Physiotherapeuten mit dem neuen Passteil: Zeitaufwand ca. 90 Minuten (Inhalte siehe Tag 1). Die subjektive Einschätzung des Prothesenträgers bezüglich seines funktionellen Zugewinns anhand der 7 Prüfkriterien wird ebenfalls erfasst. Ärztliche Abschlussuntersuchung (Zeitaufwand ca. 30 Minuten) Abschlussberichterstellung nach Auswertung: Zeitaufwand ca. 60 Minuten Exportiert aus orgavision Version: 1.0 Seite 10 von 13
4. Auswertung und Indikationsstellung In der folgenden Tabelle 1 wird das Auswertungsschema ersichtlich, mit X sind die Messmethoden gekennzeichnet, mit denen die jeweiligen Kriterien des funktionellen Zugewinns beurteilt werden: Prüfkriterium Biomechanik Klinik Subjektive Einschätzung Instrumentelle Ganganalyse Beobachtung im Gehparcour Patient Sicherheit (X) X X Entlastung X (X) X Geteilte Aufmerksamkeit X X Geschwindigkeit X X X Kraftaufwand X (X) X Gangbild (X) X X Gehhilfe X X Tabelle 1: Messmethoden zur Überprüfung des funktionellen Zugewinns Nach Ansicht der Klinischen Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel profitiert ein Prothesenträger von einer neuen Versorgung, wenn er mindestens 4 Kriterien des funktionellen Zugewinns erfüllt. Insbesondere die Sicherheit ist ein wichtiger Prädiktor für die Indikationsstellung 3. Wie von Kuhr 4 gezeigt, reichen für die Indikationsstellung bereits 4 Leitkriterien : 1. Entlastung der Gegenseite 2. Erhöhte Sicherheit 3. Harmonisierung des Gangbildes 4. Ermöglichung von geteilter Aufmerksamkeit 3 Endbericht zum Prüfauftrag Festlegung von Indikationen für eine Versorgung mit dem C-Leg Kniegelenksystem der Fa. Otto Bock, Duderstadt für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales - Stand: 30 März 2006, Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel, Universitätsklinikum Münster 4 Kuhr K. Multivariate Analyse des funktionellen Zugewinns bei Kniegelenkssystemen (Diplomarbeit), Technische Universität Dortmund, 2008. Exportiert aus orgavision Version: 1.0 Seite 11 von 13
Nach Kuhr müssen von den 4 Leitkriterien entweder die beiden ersten oder die beiden letzten Kriterien gleichzeitig erfüllt sein (Abbildung 1). ODER UND UND Entlastung Sicherheit Gangbild Aufmerksamkeit Abbildung 1: Logischer Baum zum Entscheidungsmodel von Kuhr (2008): (Entlastung Sicherheit) (Aufmerksamkeit Gangbild) Die Indikation zu Versorgung mit dem neuen Passteil wird gestellt, wenn ein funktioneller Zugewinn in mindestens 4 der 7 Prüfkriterien oder in mindestens 2 Leitkriterien nach Kuhr (entsprechend Abbildung 1) sowohl objektiv (klinisch und biomechanisch) als auch subjektiv feststellbar ist. Exportiert aus orgavision Version: 1.0 Seite 12 von 13
5. Kontakt Für weitere Informationen stehen die Leitendende Oberärztin Frau Sabine Drisch und der Leitende Arzt der Abteilung für BG-Rehabilitation Dr. Stefan Simmel zu Verfügung. Kontaktaufnahme und Terminvereinbarung über das LA-Sekretariat von Dr. Simmel (Frau Gabriele Zankl): Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau Abteilung für BG-Rehabilitation Prof.-Küntscher-Str. 8 82418 Murnau Tel.:08841/48-2250 Fax: 08841/48-2963 Mail: bg-reha@bgu-murnau.de Weitere Informationen auch unter: www.bgu-murnau.de/medizinischebereiche/bg_rehabilitation/prothetik.php 6. Anhang Ärztlicher Befund Ambulante Voruntersuchung Mobilitätserhebungsbogen M 2200 zur Einstufung in eine Aktivitätsklasse Orthopädietechnische Stellungnahme zur Prothesenversorgung Prüfprotokoll I. Physiotherapeutisches Assessment II. Selbsteinschätzung des/der Amputierten III. Ganganalyse IV. Gesamtauswertung Exportiert aus orgavision Version: 1.0 Seite 13 von 13