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Transkript:

O B E R L A N D E S G E R I C H T M Ü N C H E N Aktenzeichen: Verg 22/05 320.VK-3194-20/05 Vergabekammer Nordbayern In der Vergabesache - Antragstellerin und Beschwerdeführerin - gegen - Antragsgegner und Beschwerdegegner - erlässt der Vergabesenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter ohne mündliche Verhandlung am 23. Januar 2006 folgenden

- 2 - Beschluss I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 8. November 2005 wird zurückgewiesen. II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin. III. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 842,50 festgesetzt. Gründe: I. Der Antragsgegner schrieb europaweit im Offenen Verfahren im Zuge von Sanierungs- und Erweiterungsarbeiten für das Klinikum N. die Küchentechnik aus. Die Antragstellerin stellte am 17.5.2005 einen Nachprüfungsantrag, den die Vergabekammer mit Beschluss vom 17.6.2005 zurückwies. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wurde die Entscheidung der Vergabekammer durch Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 18.8.2005 aufgehoben, dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin stattgegeben und die Verfahrenskosten dem Antragsgegner auferlegt; die Zuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten im Verfahren vor der Vergabekammer wurde für die Antragstellerin für notwendig erklärt. Mit Schriftsatz vom 20.10.2005 beantragte die Antragsstellerin die Festsetzung der ihr entstandenen Kosten. Bei der Berechnung der Anwaltsgebühren nach 13, 14 RVG, Nr. 2400 VV legte die Antragstellerin die 2,5-fache Geschäftsgebühr zugrunde. Außerdem beantragte sie die Festsetzung von 281 Verdienstausfall und Fahrtkosten für einen vom Geschäftsführer der Antragstellerin vorgenommenen Akteneinsichtstermin in Ansbach.

- 3 - Mit Beschluss vom 8.11.2005 setzte die Vergabekammer die der Antragsstellerin vom Antragsgegner zu erstattenden Kosten im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer auf 2.526,80 fest. Bei der Berechnung der anwaltlichen Gebühr legte die Vergabekammer eine 2,0 fache Geschäftsgebühr zugrunde. Den beantragten 2,5-fachen Satz der Gebühr hielt die Vergabekammer für unbillig hoch, da das gegenständliche Verfahren nicht als schwierig und umfangreich einzustufen sei. Die Erstattung der geltend gemachten Reisekosten und des Abwesenheitsgeldes für die durch den Geschäftsführer der Antragstellerin wahrgenommene Akteneinsicht lehnte die Vergabekammer mit dem Hinweis ab, zur zweckentsprechenden Rechtsvertretung seien diese Aufwendungen nicht notwendig gewesen. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragsstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 24.11.2005. Sie ist der Auffassung, ihr stünden eine um 561,50 höhere Geschäftsgebühr zu, da nicht vom 2-fachen, sondern vom 2,5-fachen Satz auszugehen sei. Es sei schon unzutreffend, dass die Vergabekammer eine Kappungsgrenze von 1,3 annehme. Außerdem sei angesichts der im streitgegenständlichen Verfahren zu klärenden tatsächlichen und rechtlichen Fragen der Ansatz einer 2,5-fachen Gebühr nicht zu beanstanden. Zu berücksichtigen sei auch der Umstand, dass die Vergabestelle ohnehin durch den Ansatz des Streitwertes in Höhe von lediglich 5 % des Auftragswertes privilegiert sei. Auch die Reisekosten bzw. das Abwesenheitsgeld für den Geschäftsführer in Höhe von 281 seien vom Antragsgegner zu erstatten, denn ohne die Partei habe der Anwalt eine sachgerechte Beurteilung der Unterlagen bei der Akteneinsicht nicht vornehmen können. II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. 1. Der Antragstellerin steht nicht mehr als die von der Vergabekammer festgesetzte 2,0 fache Geschäftsgebühr zu.

- 4 - Wird der Rechtsanwalt im Vergabenachprüfungsverfahren nach den 97 ff. GWB tätig, richtet sich seine Vergütung nach Teil 2 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zu 2 Abs. 2 RVG, da er außergerichtlich tätig wird. Für diese Tätigkeit erhält der Rechtsanwalt eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV. Vorgesehen ist ein Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5. Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt im Einzelfall die Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen ( 14 Abs. 1 Satz 1 RVG). In der Praxis wird grundsätzlich von dem Mittelwert der einschlägigen Rahmengebühr ausgegangen (Hartmann Kostengesetze 34. Aufl. 14 RVG Rn. 14); der Höchstwert ist nur bei überdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und einer besonderen Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit anzusetzen (Hartmann aao Rn. 15). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist ( 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Unter welchen Umständen ein solcher Ermessensmissbrauch des Anwalts zu bejahen ist, ist in der Rechtsprechung umstritten; überwiegend wird von einer Unbilligkeit dann ausgegangen, wenn die Gebühr um mehr als 20% von derjenigen abweicht, die sich unter Berücksichtigung der in 14 Abs. 1 Satz 1 RVG genannten Bemessungsgrundsätze ergibt (siehe hierzu im einzelnen: Hartmann aao Rn. 23 25). Nach VV 2400 kann eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Auch wenn dieser Wert nicht mit dem üblichen Mittelwert von 1,5 übereinstimmt, ist er bei der Gebührenbestimmung als Kappungsgrenze zugrunde zulegen (OLG Jena vom 2.2.2005 9 Verg 6/04 = VergabeR 2005, 679/681). Für Vergabesachen spielt die Kappungsgrenze in der Regel allerdings keine Rolle. Denn in der großen Mehrzahl der Fälle sind Nachprüfungsverfahren umfangreich oder schwierig, oftmals auch beides (BayObLG vom 16.2.2005 Verg 28/04 = VergabeR 2005, 406 unter Hinweis auf Rojahn VergabeR 2004, 454/456; OLG Düsseldorf vom 24.5.2005 Verg 98/04 = IBR 2005, 513; OLG Düsseldorf vom 22.7.2005 Verg 83/04; OLG Jena vom 2.2.2005

- 5-9 Verg 6/04 = VergabeR 2005, 682). Zwar ist die Materie nicht mehr neu, aber nach wie vor vielschichtig und kompliziert. Auch ein durchschnittliches Nachprüfungsverfahren erfordert die Sichtung und Beurteilung von Unterlagen in einem oft erheblichen Umfang und in der Regel darüber hinaus die Beantwortung einer Vielzahl tatsächlicher und rechtlicher Fragen. Abzustellen bei der Einstufung als schwierig ist auf den Durchschnittsanwalt; es darf nicht danach gefragt werden, ob die Sache für einen Vergabespezialisten schwierig war oder nicht (BayObLG aao; OLG Jena vom 2.2.2005 9 Verg 6/04 = VergabeR 2005, 679/682). Weiter ist zu bedenken, dass die Bearbeitung eines Nachprüfungsfalles unter einem enormen Zeitdruck steht und schon von daher besondere organisatorische Aufwendungen in der Anwaltskanzlei erforderlich sind. Die Überschreitung des Satzes von 1,3 bei der Festsetzung der Gebühr ist damit im konkreten Fall nicht zu beanstanden. Doch bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass für Tätigkeiten in Nachprüfungsverfahren stets die Höchstgebühr von 2,5 gerechtfertigt ist. Dies lässt sich auch nicht damit begründen, dass der Gesetzgeber den Streitwert im Nachprüfungsverfahren auf 5 % des Auftragswertes festgelegt hat. Es besteht keine Veranlassung, diese gesetzgeberische Wertentscheidung durch einen möglichst hohen Faktor bei der Berechnung des Geschäftswertes quasi auszugleichen. Zwischen der Kappungsgrenze von 1,3 und dem Höchstsatz von 2,5 liegt vielmehr ein Bereich, in dem trotz der grundsätzlich vorhandenen Schwierigkeit der Nachprüfungsverfahren nach der unterschiedlichen Komplexität, rechtlich und tatsächlich gegebenen Problematik sowie des notwendigen Zeitaufwands zu differenzieren ist. Die volle Ausschöpfung des nach Nr. 2400 VV eröffneten Gebührenrahmens bedarf daher der näheren Begründung (OLG Düsseldorf vom 24.5.2005 Verg 98/04 = IBR 2005, 513; OLG Düsseldorf vom 22.7.2005 Verg 83/04) sowie der Bewertung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Schwierigkeit des konkreten Nachprüfungsverfahrens, wobei dem zu tolerierenden Ermessen des Anwalts innerhalb des von der Rechtsprechung entwickelten Toleranzbereiches Rechnung zu tragen ist (OLG Jena vom 2.2.2005 9 Verg 6/04 = VergabeR 2005, 682).

- 6 - Nach diesen Grundsätzen kann der Höchstsatz nur dann gerechtfertigt sein, wenn es sich um ein überdurchschnittlich schwieriges oder umfangreiches Nachprüfungsverfahren handelt. Der Ansatz einer 2,5 fachen Gebühr ist in der Rechtsprechung bisher gebilligt worden bei einem komplexen Auftrag mit hohem Auftragswert und einer langfristigen gegenseitigen Bindung in einem PPP-Modell (BayObLG vom 16.2.2005 Verg 28/04 = VergabeR 2005, 406) sowie einem Auftrag für IT-Leistungen für den Aufbau von 26 flächendeckend arbeitenden Leitstellen für Rettungsdienste mit hohem Auftragswert und langfristiger Bindung (OLG München vom 14.9.2005 Verg 15/05). Allein die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in einem durchschnittlich schwierigen oder umfangreichen Verfahren kann trotz des größeren zeitlichen Aufwandes für den Rechtsanwalt den Höchstsatz nicht begründen, weil sonst die vom Gesetzgeber intendierte flexible Handhabung stark beschnitten und eingeengt würde (OLG Düsseldorf vom 24.5.2005 Verg 98/04 = IBR 2005, 513; OLG Naumburg vom 23.8.2005 1 Verg 4/05 und vom 30.8.2005 1 Verg 6/05). Es wird aber nicht als unbillig angesehen, wenn bei einer Tätigkeit im Nachprüfungsverfahren mit mündlicher Verhandlung ein Satz von 2,0 verlangt wird (OLG Düsseldorf vom 22.7.2005 Verg 83/04; OLG Naumburg vom 23.8.2005 1 Verg 4/05 und vom 30.8.2005 1 Verg 4/05). Soweit der Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 16.2.2005 Verg 28/04 = VergabeR 2005, 406) dahingehend verstanden worden ist, dass auch bei durchschnittlichen Fällen bei Durchführen einer mündlichen Verhandlung die Ansetzung des Höchstsatzes regelmäßig gerechtfertigt sei, teilt der Senat diese Auffassung nicht (Senatsbeschluss vom 11.1. 2006 Verg 21/05). Im konkreten Fall ist der Ansatz einer 2,5 fachen Geschäftsgebühr unbillig. Das streitgegenständliche Nachprüfungsverfahren betraf zwar einen umfangreicheren Ausschreibungsgegenstand (Küchentechnik für eine umzubauende und zu sanierende Zentralküche eines Krankenhauses) mit einem Auftragswert von ca. 1,17 Mio. Auf der anderen Seite aber waren nur wenige zweifelhafte Rechtsfragen zu klären. Hinzu kommt, dass die Verfahrensbeteiligten auf eine mündliche Verhandlung vor der Vergabekammer verzichtet haben. Die Entscheidung der Vergabekammer, eine 2,0 fache Gebühr festzusetzen, ist daher auch unter Berücksichti-

- 7 - gung des dem Anwalt eingeräumten Ermessens und ihm zur Verfügung stehenden Toleranzrahmens nicht zu beanstanden. 2. Die Vergabekammer hat auch zu Recht von einer Festsetzung der Fahrtkosten und des Verdienstausfalls des Geschäftsführers der Antragstellerin für die wahrgenommene Akteneinsicht abgesehen. Nach 128 Abs. 4 Satz 2 GWB hat ein Beteiligter, der im Verfahren unterliegt, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. Nach 128 Abs. 4 Satz 3 GWB gelten 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder entsprechend. Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sind dann notwendig und damit erstattungsfähig, sofern sie ein verständiger Beteiligter unter Berücksichtigung der Bedeutung und rechtlichen oder sachlichen Schwierigkeit der Sache, die Gegenstand des Verfahrens ist, zur Durchsetzung seines Standpunktes vernünftigerweise für erforderlich halten dürfte. Maßgeblich ist dabei die Sichtweise einer verständigen Partei, die bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten (sog. Verbilligungsgrundsatz, vgl. BayObLG vom 20.1.2003 Verg 28/02 m.w.n.). Es kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen Fahrtkosten und Verdienstausfall einer anwaltlich vertretenen Partei für die Wahrnehmung von Akteneinsicht im Nachprüfungsverfahren als notwendig im Sinne von 128 Abs. 4 GWB angesehen werden können. Vorliegend stellen sich die geltend gemachten Reisekosten der Partei jedenfalls nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen dar. Der von der Antragstellerin mandatierte Rechtsanwalt ist im Vergaberecht versiert. Diskussionswürdige Probleme stellten sich ausschließlich aus rechtlicher Sicht, insbesondere im Zusammenhang mit der durchgeführten Wertung und der Frage, welches Organ für die Zuschlagsentscheidung zuständig war. Technische Details spielten keine Rolle. Als ein im Vergaberecht erfahrener Anwalt war der Antragstellervertreter ohne weiteres in der Lage, die für die Vertretung des Mandanten nötigen bzw. hilfreichen Unterlagen aus den Akten der Vergabestelle ausfindig zu machen und zu kopieren, ohne dass

- 8 - er hierzu die Anwesenheit der Partei benötigte. Eine kostenbewusste vernünftige Partei hätte unter diesen Umständen auf eine Anreise aus einer 250 km entfernten Stadt verzichtet (vgl. auch BayVGH BayVBl 1997, 604). 3. Der Gegenstandswert der sofortigen Beschwerde ergibt sich aus den mit der Beschwerde weiterverfolgten, bislang nicht festgesetzten Kosten in Höhe von 842,50. Vavra Ramm Willner Vorsitzende Richterin Richter Richterin am Oberlandesgericht

- 9 - Leitsatz GWB 128 Abs. 4 Im Verfahren vor der Vergabekammer sind Verdienstausfall und Fahrtkosten für die Anreise einer Partei aus einer 250 km entfernten Stadt zur Wahrnehmung von Akteneinsicht in die Akten der Vergabestelle jedenfalls dann keine notwendigen Auslagen, wenn zugleich ein im Vergaberecht versierter Rechtsanwalt für die Partei Akteneinsicht nimmt, von dem nach den Umständen erwartet werden kann, dass er eigenständig die für die Vertretung des Mandanten nötigen bzw. hilfreichen Unterlagen ausfindig macht und kopiert. OLG München, Vergabesenat Beschluss vom 23.1.2006 Verg 22/05