Physikalisches Grundpraktikum für Physiker/innen Teil II. Polarisiertes Licht



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Fachrichtungen der Physik UNIVERSITÄT DES SAARLANDES Physikalisches Grundpraktikum für Physiker/innen Teil II Polarisiertes Licht WWW-Adresse Grundpraktikum Physik: 0Hhttp://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/ Kontaktadressen der Praktikumsleiter: Dr. Manfred Deicher Zimmer: 1.11, Gebäude E 2.6 e-mail: 1Hmanfred.deicher@tech-phys.uni-sb.de Telefon: 0681/302-58198 Dr. Patrick Huber Zimmer: 3.23, Gebäude E2.6 e-mail: 2Hp.huber@physik.uni-saarland.de Telefon: 0681/302-3944

PL 2 Stoffgebiet Wellennatur des Lichtes Ebene monochromatische Welle Polarisationszustände transversaler Wellen Brechung, Doppelbrechung, Dichroismus Optische Aktivität, Faraday-Effekt Spannungsdoppelbrechung Elastische Materialeigenschaften

PL 3 Fragen: 1. Was versteht man unter einer Longitudinalwelle und einer Transversalwelle? Was versteht man unter dem elektrischen, dem magnetischen Feldvektor und dem Poynting-Vektor? 2. Wie unterscheidet sich natürliches Licht von linear polarisiertem Licht? 3. Der Vektor der elektrischen Feldstärke E = E 0 cos( ω t k z ) einer sich in z-richtung eines rechtwinkligen Koordinatensystems ausbreitenden linear polarisierten Lichtwelle habe den Winkel α = 30 gegenüber der x-achse. a) Wie groß sind die Komponenten Ex und Ey? b) Wie ergibt sich umgekehrt der Betrag der Feldstärke E = E aus den Komponenten Ex und Ey? c) Wie groß sind die zugehörigen Intensitäten Ix, Iy und I? 4. Wie ändern sich Betrag und Richtung des elektrischen Feldvektors a) bei linear polarisiertem Licht, b) bei zirkular polarisiertem Licht und c) bei elliptisch polarisiertem Licht mit der Zeit? 5. Geben Sie mehrere Methoden an, um Licht linear zu polarisieren. 6. Wie ist der Brechungsindex n definiert? a) Skizzieren Sie n(ω) in der Umgebung eines schmalbandigen Absorptionsbereichs. b) Was bedeuten Doppelbrechung und Dichroismus? 7. Wie läßt sich aus zwei senkrecht zueinander polarisierten Wellen zirkular und elliptisch polarisiertes Licht erzeugen? 8. Was ist ein λ/4-plättchen? 9. Was ist optische Aktivität? 10.Was versteht man unter dem Faraday-Effekt?

PL 4 Grundlagen: 1. Polarisationszustände des Lichtes 1.1 Die linear polarisierte Welle Das Licht besteht aus elektromagnetischen Wellen, die i.a. transversal sind. Solche Wellen können linear polarisiert sein; d.h. der E-Vektor und der B-Vektor schwingen jeweils in einer festen Ebene, die durch den Vektor der Ausbreitungsrichtung und dem jeweiligen Feldvektor aufgespannt werden. ( E : elektrische Feldstärke, B : magnetische Induktionsflußdichte). z y H x E Abb. 1: Linear polarisiertes Licht Man kann jede elektromagnetische Strahlung als Überlagerung von unterschiedlich linear polarisierten Wellen auffassen. Das Licht einer Glühbirne enthält, über längere Zeiten betrachtet, alle möglichen Polarisationsrichtungen. Bei weißem Licht ändert sich der aus Vektoraddition aller monochromatischen Komponenten resultierende momentane Feldvektor Betrag und Richtung statistisch. Durch ein Polarisationsfilter (Polarisator) kann man daraus linear polarisiertes Licht ausfiltern, indem nur Wellen einer Schwingungsrichtung des Feldvektors durchgelassen werden. Im folgenden sollen anstelle realistischer Lichtwellen ebene monochromatische Wellen betrachtet werden, da dann die Beschreibung einfacher ist. Solche ebenen Wellen sind dann kohärent zueinander.

PL 5 E= E0 exp( i ( ω t k x+ δ )) Abb. 2: Richtungen der im natürlichen Licht enthaltenen polarisierten Teilwellen (im Zeitmittel sind die Beträge der zugehörigen Amplituden gleich) 1.2 Elliptisch polarisiertes Licht Zwei senkrecht zueinander linear polarisierte Wellen der Feldstärken E 1 ( ω ) und E 2 ( ω ) mit gleicher Frequenz ω, die eine Phasendifferenz δ 0 besitzen, überlagern sich i.allg. zu elliptisch polarisiertem Licht. Die Elliptizität kann verstärkt werden, wenn die Feldamplituden E 10 und E 20 ungleich sind. Die Feldvektoren E und B der resultierenden Welle ändern sowohl den Betrag als auch die Richtung periodisch mit der Frequenz. Wenn man in Ausbreitungsrichtung des Lichtes schaut, so beschreibt jeder Feldvektor eine Ellipse, wobei ein voller Umlauf längs der Strecke λ ( λ = Wellenlänge) erfolgt. (Diese Ellipse ist analog zur Lissajous-Abbildung, die im Versuch "Wechselstrom" bei der Überlagerung zweier zueinander phasenverschobener Wechselströme beobachtet wird.) 1.3 Zirkular polarisiertes Licht Abb. 3.

PL 6 Dies ist (analog zum linear polarisiertem Licht) ein Spezialfall der elliptischen Polarisation, der auftritt wenn δ=π/2 (modulo 2π), d.h. der optische Gangunterschied (m + 1/4)λ mit m = 0, 1, 2,... beträgt, und zudem die Beträge der Amplituden der Einzelwellen E 10 und E 20 gleich groß sind. Phasenverschiebung (Phasendifferenz) δ und optischer Gangunterschied Δ sind miteinander verknüpft gemäß: δ/(2π) = Δ/λ (modulo 2π bzw. λ). (1) 1.4 Tabelle: Polarisationszustände von elektromagnetischen Wellen, die durch Überlagerung zweier zueinander senkrecht linear polarisierter monochromatischer Teilwellen entstehen: Polarisation der resultierende n Welle Phasendifferenz δ (modulo 2π) Amplituden der Einzelwellen E 10 und E 20 Richtung des resultierende n Feldvektors E Betrag des Feldvektors E elliptisch polarisiertes Licht δ 0 E 10 und E 20 beliebig ändert sich periodisch (Frequenz ω) ändert sich periodisch (Frequenz ω) linear polarisiertes Licht δ=0 E 10 /E 20 beliebig; (bestimmt die Polarisationsrichtung der resultierende n Welle) unverändert ändert sich periodisch zirkular polarisiertes Licht δ=π/2 E 10 /E 20 = 1 ändert sich periodisch unverändert

PL 7 2. Die Erzeugung von Polarisationszuständen 2.1 Linear polarisiertes Licht Linear polarisiertes Licht erzeugt man mit einem Polarisationsfilter, dem Polarisator. Nachweisen kann man es mit einem zweiten gleichartigen Filter, dem Analysator, dessen Durchlaßrichtung gegenüber der des Polarisators gedreht werden kann. 2.2 Elliptisch polarisiertes Licht Elliptisch polarisiertes Licht entsteht aus linear polarisiertem Licht z.b. bei Totalreflexion. Man kann es auch mit Hilfe doppelbrechender Stoffe erzeugen. Darunter versteht man Substanzen, bei denen für eine feste Richtung die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichtes c = cvakuum n (n: Brechungsindex) für unterschiedliche Schwingungsrichtungen des Feldvektors verschieden ist, so daß zwischen Wellenzügen unterschiedlicher Polarisation nach dem Verlassen der Substanz eine Phasendifferenz besteht. 1. Bei einem λ/4-plättchen besteht für eine bestimmte Polarisationsrichtung der einfallenden Welle der optische Gangunterschied gerade (m + 1 4 ).λ, wobei in der Praxis Schichtdicken gewählt werden, bei denen m groß ist. Zur Erklärung kann man sich die Amplituden des einfallenden linear polarisierten Lichtes in 2 zueinander senkrecht polarisierte Komponenten zerlegt denken, wobei zweckmäßig für deren Richtungen die Polarisationsrichtungen der größten und kleinsten Ausbreitungsgeschwindigkeit gewählt werden (Hauptschwingungsrichtungen S 1 und S 2 des λ/4-plättchens). Diesen beiden Lichtgeschwindigkeiten werden unterschiedliche Brechungsindices n 1 und n 2 zugeordnet. Deren Differenz ( n 2 - n 1 ) ist ein Maß für die Doppelbrechung. Sind dann beide Komponenten 0, so entsteht elliptisch polarisiertes Licht. Wenn eine Komponente = 0 wird, bleibt das Licht linear polarisiert ( in Abschnitt 3 wird dieser Vorgang detailliert beschrieben). Das λ/4-plättchen ist gerade so dick gemacht, daß nach dem Durchlaufen die eine Welle um die Phasendifferenz δ = π/2 (modulo 2π) weiter fortgeschritten ist, als die andere. Man kann auch sagen, daß auf die Probendicke d für die eine Komponente k Wellenlängen entfallen (k reell,

PL 8 >0) mit d = k.λ, während für die andere Komponente d = k.λ+(m+1/4).λ gilt, wobei m = 0,1,2,... Die zwei Wellen haben dann nach Verlassen des Plättchens einen Gangunter-schied von λ/4 (welcher sich nicht mehr ändert, da Luft nicht doppelbrechend ist) und überlagern sich somit zu elliptisch polarisiertem Licht (die zusätzliche Verschiebung um m λ ist bei der ebenen monochromatischen Welle ohne Bedeutung). 2. Wenn speziell die Amplituden der beiden Komponenten E 10 und E 20 gleich sind, so ist das Licht hinter dem Plättchen zirkular polarisiert. Experimentell kann man elliptisch polarisiertes Licht mit der folgenden Anordnung untersuchen. Hinter einer Linse sei ein Polarisator P angebracht, dahinter ein Analysator A. Abb. 4: Analyse elliptisch polarisierten Lichtes; a) Anordnung b) Komponentenzerlegung des Lichtes im λ/4-plättchen a) Wenn wir (ohne λ/4-plättchen) den Analysator A um die Ausbreitungsachse drehen, stellen wir fest, daß vollkommene Auslöschung des Lichtes eintritt, wenn die Durchlaßrichtung des Polarisators P senkrecht zur Durchlaßrichtung von A orientiert ist. b) Wenn wir jetzt zwischen P und A ein λ/4-plättchen mit einer beliebigen Orientierung stellen, so gibt es i. allg. keine Stellung von A mehr, bei der Auslöschung auftritt. Hinter dem λ/4-plättchen ist das Licht nämlich i. allg. elliptisch polarisiert und ändert somit seine Schwingungsrichtung periodisch. Ein Teil des Lichtes kann also den Analysator stets passieren. In den Fällen aber, wo die Polarisationsrichtung der einfallenden Welle mit einer der beiden Hauptschwingungsrichtungen S1 oder S2 übereinstimmen, beobachtet man - trotz des λ/4-plättchens - wieder Auslöschung. Die linear polarisierte Welle bleibt dann weiterhin linear polarisiert.

PL 9 2.3 Zirkular polarisiertes Licht Ein anderer Spezialfall der Anordnung von Abb.4 liefert zirkular polarisiertes Licht. Um dieses zu erzeugen, müssen P und S1 (eine der Hauptschwingungsrichtungen im λ/4-plättchen) einen Winkel von 45 Grad bilden. Dann ist φ in Abb. 4b gleich 45, und die Amplitude der einfallenden Welle wird zu gleichen Teilen auf S 1 und S 2 aufgeteilt. 2.4 Intensitäten des resultierenden Lichtes E sei die Welle, die der Polarisator durchläßt. P bezeichne die Polarisationsrichtung. E wird dann auf S 1 und S 2 projiziert und zwar in Abhängigkeit von φ, jenem Winkel, welcher durch die Stellung des Polarisators und der Hauptschwingungsrichtung des doppelbrechenden Stoffes definiert ist. Die beiden Teilwellen im doppelbrechenden Kristall, die in Richtung von S 1 und S 2 polarisiert sind, haben die Amplituden (Abb. 4): (2) E10 = E0 sinφ und E20 = E0 cosφ. Der Analysator A hinter dem doppelbrechenden Medium habe die Durchlaßrichtung ψ. Er läßt von jeder dieser Wellen nur die Komponente in seiner Richtung durch: E10 ' = E0 sin φ sin( φ ψ ) und E' 20 = E0 cosφ cos( φ ψ ). Die beiden Wellen haben beim Austritt aus der Kristallplatte der Dicke d die Phasendifferenz (3) δ = 2π.d.(n 2 -n 1 )/λ. mit λ = Wellenlänge des Lichtes und (n 2 -n 1 ) = Doppelbrechung. Bei kohärenter Überlagerung (Interferenz) addieren sich die Amplituden zur Gesamtamplitude, wobei eine der Amplituden den Phasenfaktor eiδ zur Beschreibung des Gangunterschiedes erhält. Die Intensität I ist das Betragsquadrat der Amplituden. Daraus folgt: I = Z. E ' 10 + E ' 20. eiδ 2 ( Z = Proportionalitätskonstante )

PL 10 und für den Realteil erhält man mit I 1 I 1 = Z. E' 10 2 und I 2 = Z. E' 20 2 (4) I= I + I + 2 I I cosδ 1 2 1 2 Bildet man von den Gleichungen (2) die Quadrate und setzt sie in (4) ein, so erhält man schließlich für die Gesamtintensität I der beiden hinter dem Analysator interferierenden Wellen: I= I 2 0 2 2 2 δ (cos ψ sin φ sin ( φ ψ) sin ) 2 (5) wobei I 0 = ZE. 2 0. In Gleichung (5) sind folgende Sonderfälle enthalten: A) Aus δ = 0 (d.h. d.(n 2 - n 1 ) = 0 d.h. n 2 - n 1 =0 kein doppelbrechendes Medium) oder φ = 0 (d.h. eine Hauptschwingungsrichtung im doppelbrechenden Medium ist parallel zum Polarisator) folgt: I = I 0 cos 2 ψ (Gesetz von Malus). (6) In den beiden Fällen trifft linear polarisiertes Licht auf den Analysator. B) Mit φ = 45 und δ = π/2 (d.h. d(n 2 - n 1 ) = λ/4; "λ/4-plättchen") folgt: I0 I = (cos 2 + sin 2 I0 ψ ψ ) =. (7) 2 2 Das Licht zwischen λ/4-plättchen und Analysator ist also zirkular polarisiert, und die Intensität hinter dem Analysator ist unabhängig von der Stellung des Analysators gleich I = I 0 / 2. C) Im Fall φ = 45 und d(n 2 - n 1 ) λ/4 (allgemein doppelbrechendes Medium) ist das Licht zwischen dem doppelbrechenden Kristall und dem Analysator elliptisch polarisiert: I = I 2 2 0 (cos ψ cos( 2ψ) sin ( δ/ 2)) (8) Wie man durch Differentiation nach ψ zeigen kann, hat Gl. (8) Extremwerte für ψ= m π/ 2 mit m=0,1...

PL 11 Setzt man diese Werte in Gl. (8) ein, so erhält man für die Extremwerte der Intensität (für parallele bzw. senkrechte Stellung des Analysators zum Polarisator): I1 = I0( 1 sin 2( δ/ 2)); I 2 = I 2 0 sin ( δ / 2). (9) Daraus läßt sich schließlich die Phasendifferenz δ einfach berechnen zu: I2 (10) δ= 2 arctg I1 Gl.(10) gibt die Möglichkeit, δ aus zwei Intensitätsmessungen experimentell zu bestimmen und mit Gl. (3) bei bekannter Schichtdicke d daraus die Doppelbrechung ( n n ) zu ermitteln. 2 1

PL 12 3. Doppelbrechung und optische Aktivität 3.1 Doppelbrechende Stoffe Linear polarisiertes Licht durchlaufe einen Kristall. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit c ist dann durch den skalaren Brechungsindex n= cvac / c zu beschreiben. Dreht man nun bei gleichbleibender Ausbreitungsrichtung im Kristall die Polarisationsebene um φ = 2 π, dann ändert sich i. allg. der Brechungsindex so, daß er im Polardiagramm der Abb. 5 eine Ellipse beschreibt. Dabei ist die Größe des Brechungsindex in der jeweiligen Richtung des elektrischen Feldvektors E als Länge des Pfeils eingetragen. Variiert man nun zusätzlich die Ausbreitung über alle möglichen Richtungen, so bilden alle zugehörigen Ellipsen ein dreidimensionales Ellipsoid, das Brechungsindex-Ellipsoid oder die Indikatrix genannt. Abb. 5: Indikatrix a) nz > nx = ny, b) n < n = n z x y Die Hauptachsen des Ellipsoids nennt man die Hauptschwingungsrichtungen; ihnen sind die Hauptbrechungsindizes n1, n2, n3 zugeordnet. Der allgemeinste Fall n1 n2 n3 ist in der Natur selten zu finden; häufiger ist der Fall n2 = n3 n1, d.h. es liegt ein Rotationsellipsoid vor. Wir sprechen dann von optisch einachsigen Stoffen. Als optische Achse bezeichnet man die Richtung, die auf dem kreisförmigen, durch n 2 und n 3 gegebenen Schnitt durch das Ellipsoid senkrecht steht. Optisch isotrop ist ein Stoff, wenn die Indikatrix zur Kugel (mit n1= n2 = n3) entartet.

PL 13 Das bisher betrachtete Licht war im Innern des Stoffes als linear polarisiert angenommen. Läßt man aber linear polarisiertes Licht von außen durch die (ebene) Grenzfläche eines anisotropen, (der Einfachheit halber optisch einachsigen) Stoffes eindringen, so gibt es 3 Möglichkeiten: a) die Ausbreitungsrichtung stimmt mit der optischen Achse überein. Dann ist n für alle Polarisationsrichtungen gleich. Polarisationszustand und Ausbreitungsrichtung bleiben erhalten. b) die Ausbreitungsrichtung steht senkrecht auf der optischen Achse. Dann sind wieder 2 Möglichkeiten zu unterscheiden: b,1) Die Polarisationsrichtung weist in Richtung der optischen Achse oder ist senkrecht dazu. Dann bleiben Polarisationszustand und Ausbreitungs-richtung ebenfalls erhalten; in den beiden Fällen hat man aber unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeiten, entsprechend der wirkenden Brechungsindizes n 1 bzw. n2 = n3. b,2) Die Polarisationsrichtung liegt beliebig zwischen den Hauptachsen des Ellipsoids. Dann bleibt die Ausbreitungsrichtung zwar erhalten, aber es entsteht, wie zuvor beschrieben, elliptisch polarisiertes Licht. Der Fall b,2) liegt bei dem λ/4-plättchen vor (wobei zusätzlich durch Wahl einer geeigneten Dicke die Phasendifferenz auf π/2 (modulo 2π) festgelegt ist). c) Die Ausbreitungsrichtung ist gegenüber den Achsen des Ellipsoids beliebig. Dann spaltet das Lichtbündel räumlich auf in zwei zueinander senkrecht polarisierte Teilbündel, den ordentlichen und den außerordentlichen Strahl. Diesen Effekt nennen wir Doppelbrechung; er ist in Abb.6 dargestellt. Man sieht, daß für den außerordentlichen Strahl das Snelliussche Brechungsgesetz nicht gilt. Abb. 6: Doppelbrechung an einem Kalkspatkristall Im vorliegenden Versuch wird hauptsächlich Fall b,2) experimentell untersucht werden.

PL 14 3.2 Optisch aktive Substanzen Es gibt Substanzen, wie Quarz, wässrige Zuckerlösungen und andere Lösungen von Kohlenstoffverbindungen mit niedrig-symmetrischer Struktur (asymmetrisches C-Atom), die die Polarisationsebene linear polarisierten Lichtes drehen, (wobei aber das Licht weiterhin linear polarisiert bleibt). Man nennt sie optisch aktiv. Der Winkel der Drehung Γ ist bei Lösungen der Konzentration C und der Dicke d der durchstrahlten Schicht proportional: C (11) Γ = Γ0 d. 100 Darin bedeutet C die gelöste Substanzmenge in g pro 100 cm 3 Lösung; die Konstante Γ 0 wird als spezifisches Drehvermögen bezeichnet. Sind Γ 0 sowie d bekannt, so kann man durch Messung von Γ die Konzentration C bestimmen. Dieses Verfahren, die Polarimetrie, wird häufig angewendet, insbesondere bei farblosen Substanzen, bei denen photometrische Analyse im sichtbaren Spektralbereich nicht möglich ist. Zur Messung wird eine Küvette mit der optisch aktiven Substanz zwischen gekreuzte Polarisatoren gebracht. Man muß dann den Analysator um den Winkel Γ nachdrehen, um wieder Auslöschung zu erhalten. Auch Stoffe, die normalerweise optisch isotrop sind, werden optisch aktiv, wenn ein Magnetfeld in Ausbreitungsrichtung des Lichtes angelegt wird, allerdings ist dieser Effekt, der Faraday-Effekt genannt wird, bei vielen Substanzen sehr klein. Bringt man einen lichtdurchlässigen Stoff in ein Magnetfeld H und läßt linear polarisiertes Licht in Richtung des Feldes durch das Medium hindurchtreten, so wird die Schwingungsebene des Lichtes um einen Winkel β gedreht und es gilt: β = V / H / d d= Dicke des durchstrahlten Stoffes (12) V= Verdetkonstante Die Verdetkonstante V hängt von der Dispersion dn des durchstrahlten dλ Stoffes und von der Wellenlänge λ des Lichtes ab. Auch hier erfolgt die Messung so, daß man die Probe zwischen Polarisator und Analysator in Auslöschstellung bringt. Nach Einschalten des Magnetfeldes wird A um den Winkel β gedreht um wieder Auslöschung zu erreichen.

PL 15 Aufgabe 1: Analyse linear, zirkular und elliptisch polarisierten Lichtes Dazu nehme man die Polardiagramme auf. Lichtquelle ist eine monochroma-tisches Licht emittierende Na-Dampflampe. Versuchsdurchführung: (Lassen Sie sich die Apparatur vom Betreuer erläutern) Abb. 7: Aufbau für Aufgabe 1 Eine durch monochromatisches, unpolarisiertes Licht der Lichtquelle Q beleuchtete Irisblende B befindet sich im Brennpunkt der Sammellinse L 1.In dem so erzeugten parallelen Lichtbündel stehen ein Polarisator P, ein Analysator A und eine Sammellinse L 2. Die Blende B wird durch die Linsen L 1 und L 2 auf die Photozelle Z abgebildet. Der Photostrom wird auf den Polarkoordinatenschreiber PS gegeben. Zwischen P und A können zur Veränderung des durch P vorgegebenen Polarisationszustandes eine Glimmerplatte G bzw. eine λ/4-folie F eingefügt werden. A wird mit dem über die Steuereinheit SMS gesteuerten Schrittmotor gedreht. Ein Schrittmotor dreht sich nicht kontinuierlich sondern in diskreten Winkelschritten. An der SMS können die Zahl der Winkelschritte sowie die Drehgeschwindigkeit eingestellt werden. Die SMS steuert zugleich den Antriebsmotor des PS, so daß das einzulegende Polarkoordinatenpapier starr synchron mit A gedreht wird. Der Schreibstift der PS registriert den Photostrom von Z, der als proportional zur Lichtintensität angenommen werden kann. 1. Kontrollieren Sie die Parallelität des Meßlichtes mit der Autokollimations-methode (siehe Versuch "Geometrische Optik"). 2. Decken Sie die Photozelle mit der Hand ab und stellen Sie den PS- Ausschlag auf Nullstellung.

PL 16 3. Lassen Sie Meßlicht auf Z fallen und drehen Sie A mit der Hand soweit, daß der Ausschlag des PS maximal ist. (Durchlaß-Stellung). Regeln Sie dabei die Schreiberempfindlichkeit so ein, daß der Ausschlag nicht über den Rand des eingelegten Polarkoordinatenpapiers hinausgeht. Messung A: Lineare Polarisation Die durch P erzeugte Polarisation wird direkt durch Drehung von A gemessen. Stellen Sie an der SMS mehrere volle Umläufe ein, drücken Sie den Startknopf und nehmen Sie das Polardiagramm I(ψ) auf. Messung B: Zirkulare Polarisation Stellen Sie P und A in Durchlaß-Stellung wie oben beschrieben. Dann bringen Sie zwischen P und A das λ/4-plättchen und drehen Sie es so lange bis die angezeigte Intensität minimal ist. (Machen Sie sich klar, wieso dies die φ=45 Stellung ist). Mit der Blende B oder der Schreiberempfindlichkeit können Sie nun den PS auf Maximalausschlag nachregeln. Messung C: Elliptische Polarisation Man bringe das Glimmerplättchen zwischen P und A und gehe vor wie bei Messung B. Das Glimmerplättchen ist wie das λ/4-plättchen doppelbrechend, aber mit willkürlichem Gangunterschied Δ. Bestimmen Sie δ aus der I(ψ)-Kurve mit Hilfe von Gl.(10).

PL 17 4. Spannungsdoppelbrechung Bisher wurde die natürliche Doppelbrechung an Kristallen betrachtet. Sie beruht auf der Symmetrie des Aufbaus der Kristalle; entspricht diese nicht der kubischen Atomanordnung, so sind unterschiedliche Richtungen im Kristall physikalisch nicht gleichwertig. Auch andere Kristalleigenschften wie z.b. Wärme- und elekrische Leitfähigkeit, Dielektrizitätskonstante und elastisches Verhalten können in den einzelnen Kristallrichtungen unterschiedliche Werte annehmen. Auch in nichtkristallinen Stoffen (Gläser, Polymere etc.) mit nicht isotrop statistischer Atomanordnung beobachtet man diese Effekte. Man kann aber auch in optisch isotropen Stoffen Anisotropien künstlich erzeugen durch mechanische Beanspruchungen wie uniaxialen Druck oder Zug, Anlegen elektrischer oder magnetischer Felder oder unterschiedliche Temperaturen in verschiedenen Bereichen der Probe. Im Teilversuch Spannungsdoppelbrechung unterwerfen wir einen optisch isotropen polymeren Werkstoff (Araldit) einer gerichteten mechanischen Beanspruchung. Druck oder Zug bewirken eine Deformation und eine teilweise Ausrichtung der Moleküle. Dadurch wird u.a. eine Anisotropie der Packungsdichte der Atome hervorgerufen. Diese (und weitere druckabhängige Effekte, wie die Änderung atomarer Resonanzen bei Änderung der sterischen Anordnung der Atome im Polymer) bewirken Veränderungen in den optischen Eigenschaften. Das Licht breitet sich in unterschiedlichen Richtungen und für unterschiedliche Polarisationsrichtungen verschieden schnell aus. Genau wie in doppelbrechenden Kristallen kann man eine Indikatrix angeben. Ist sie optisch einachsig (der Normalfall), so nennen wir die Differenz der beiden Hauptbrechungsindizes ( n1 n2) die Spannungsdoppelbrechung. Der Gangunterschied ist dann Δ = d ( n1 n2 ); d: Schichtdicke. (siehe Gln. (1), (3)). Für "kleine" mechanische Belastungen liefert das Experiment einen linearen Zusammenhang zwischen der Doppelbrechung ( n1 n2) und der angelegten elastischen Spannung σ. (Zu elastischen Spannungen siehe Versuch: "Mechanische Materialkonstanten"). Im vorliegenden Versuch beschränken wir uns auf den für die Anwendung wichtigen Spezialfall ebener Spannungzustände in plattenförmigen Proben, die ohne Belastung elastisch und optisch isotrop sind. Ein ebener Spannungszustand liegt vor, wenn bei Belastung in allen Punkten die Spannungskomponente σ z senkrecht zur Plattenebene Null ist. (Siehe Abb.8). Wirkt darüber hinaus die Spannung in der ganzen Probe in einer Richtung (z.b. σx 0, σy = σz = 0, so ist dies ein uniaxialer Spannungszustand. In diesem Fall hat die Probe eine für alle Bereiche einheitliche Indikatrix. Diese ist dann rotationssymmetrisch, der Stoff ist

PL 18 optisch einachsig, und die optische Achse ist parallel zu σ x. Ein ebener Spannungszustand ist (näherungsweise) realisiert, wenn die Dicke der Probenplatte im Verhältnis zu deren anderen Dimensionen klein ist, und wenn die mechanische Belastung nur parallel zur Plattenebene wirkt. Zur weiteren Vereinfachung der Geometrie soll das Licht senkrecht zu σ die Probe durchlaufen. Die Skizze (Abb.9) zeigt das Prinzip einer spannungsoptischen Meßapparatur, die aus Lichtquelle, Belastungsrahmen für die Probe mit Druckgeber und Deformations-Meßuhr, sowie Polarisator und Analysator besteht. Zusätzlich können zwei λ/4-platten LP 1 und LP 2 eingesetzt werden. Die Doppelbrechung ( n1 n2) für senkrechte Durchstrahlung der plattenförmigen Probe ist unter den genannten Voraussetzungen gegeben durch K (13) ( n2 n1) = ( 2 1) λ σ σ K ist eine wellenlängen-unabhängige Proportionalitätskonstante, die durch eine Eichmessung bestimmt werden kann. n 1 und n 2 sind die Hauptbrechungsindices wenn σ 1 und σ 2 die Hauptspannungen sind. Darunter versteht man die Diagonalelemente des auf seine Hauptachsen transformierten Spannungstensors (in 2 Dimensionen, s. Versuch "Mechanische Materialkonstanten"). Im Hauptachsensystem treten nur Normalspannungen (die Hauptspannungen σ 1 und σ 2 ), hingegen keine Schubspannungen auf. Die Polarisationsrichtungen der zu n 1 und n 2 gehörenden Wellen stimmen mit den Richtungen der Hauptachsen des Spannungstensors überein. In unserem Fall sind σ1 = σ x und σ2 = σ y. Durch Kombination der Gln. (1), (3) und (13) erhält man die Hauptgleichung der Spannungsoptik: (14) Δ = d ( K / λ) ( σ σ ) 1 2 Da in Gl. (14) die Lichtwellenlänge λ enthalten ist, sind mehrere Fälle zu unterscheiden. (A) Zuerst sei der uniaxiale Spannungszustand vorausgesetzt σ = ( σ x, 00, ). (A,1) Das Licht sei monochromatisch. (A,1,1) Der einfachste Fall ist, daß die Durchlaßrichtung des Polarisators parallel oder senkrecht zur Spannungsrichtung ist. Dann hat die Zerlegung des E -Vektors nach Komponenten im Koordinatensystem der Hauptachsen nur eine Komponente, d.h. bei Durchlaufen der Probe bleibt

PL 19 das Licht unverändert linear polarisiert und wird durch den Analysator ausgelöscht. Die ganze Probe erscheint also dunkel. (A,1,2) Auslöschung kann aber auch bei beliebiger Polarisatorstellung auftreten, wenn die Probendicke geeignet ist. Wenn die E -Komponenten der Welle in den Hauptachsenrichtungen nach Durchlaufen der Probe gerade um δ = m 2 π gegeneinander phasenverschoben sind, dann ist das Licht hinter der Probe wieder linear polarisiert (mit gleicher Polarisationsrichtung wie das einfallende Licht), so daß es durch den Analysator ausgelöscht wird. Maximale Helligkeit dagegen erhält man bei δ = ( 2m + 1) π, weil nun das Licht hinter der Probe zwar ebenfalls linear polarisiert ist, aber seine Polarisationsebene gegenüber dem einfallenden Licht um 90 gedreht ist. (A,2) Das Licht sei weiß. Der zu Fall (A,1,1) analoge Fall führt wiederum zu Auslöschung für alle Wellenlängen. Der zu Fall (A,1,2) analoge Fall dagegen führt bei vorgegebener Schichtdicke d zu Auslöschung bzw. Helligkeit für eine passende Wellenlänge, denn bei vorgegebenen d, σ 1 und σ 2 ist gemäß Gl. (14) Δ proportional zu 1/λ. Da sich weißes Licht über den ganzen sichtbaren Spektralbereich erstreckt, wird also ein enger Spektralbereich herausgefiltert; das durchgehende Licht wird dadurch farbig. Wird z.b. Licht mit λ = 450 nm (blau) ausgelöscht, so sieht man die Komplementärfarbe "gelb". Durch Vergleich der Durchlaßfarben mit der beigegebenen Farbtabelle läßt sich der zugehörige Gangunterschied Δ direkt ermitteln, ohne daß man Gl. (14) benötigt. (B) Nun sei ein ebener Spannungszustand angenommen: σ = ( σx, σy, 0 ). Dieser entsteht bei linienförmiger Belastung der Probe oder bei Einschnürungen, Kerben oder Rissen in der Probe, die in z-richtung die Probendicke konstant halten. (Bei punktförmiger Belastung und/oder beliebigen Kerben würde ein nicht-ebener Spannungszustand erzeugt). Nun liegt i. allg. in jedem kleinen Volumenelement der Probe eine Indikatrix unterschiedlicher Orientierung und Form vor, und man muß Gl. (14) für jeden dieser Bereiche getrennt anwenden. (In Gl. (14) ändern sich dann die σ, nicht aber K, da K eine Materialkonstante ist). (B,1) In monochromatischem Licht beobachtet man i. allg. Linien oder Bereiche der Auslöschung bzw. Helligkeit, die direkt Aufschluß über den Verlauf der elastischen Spannungen geben. Kommen die dunklen Bereiche durch den zu (A,1,1) analogen Fall zustande, so nennt man sie Isoklinen, sind sie durch den zu (A,1,2) analogen Fall bedingt, so heißen sie Isochromaten. Isoklinen heißen "Linien gleicher Richtung", d.h. gleicher Richtung von Polarisator und

PL 20 lokaler Hauptspannung. Wenn Auslöschung auftritt, dann für alle Wellenlängen. Für jede Änderung der Polarisatorstellung gegenüber der Probe gibt es einen neuen Isoklinen-Zug (da ja von Ort zu Ort die Orientierung der Indikatrix i. allg. eine andere ist). Dadurch wird eine Unterscheidung zwischen Isoklinen und Isochromaten möglich. Dreht man nämlich Polarisator und Analysator simultan, so wandern die Isoklinen, während die Isochromaten keine Änderung zeigen. Die Isoklinen liefern weniger Information als die Isochromaten; aus letzteren lassen sich die Spannungszustände in der Probe mit Hilfe von Gl. (14) oder der Farbtabelle direkt analysieren. Da die Isoklinen sich auf die experimentelle Auswertung des Isochromaten-bildes störend auswirken, muß man sie ausschalten. Das geschieht mit Hilfe zweier λ/4-platten. Eine λ/4-platte erzeugt bei geeigneter Orientierung (45 -Stellung) zirkular polarisiertes Licht. Damit ist sichergestellt, daß in der Probe immer alle Polarisationsrichtungen vorhanden sind; Isoklinen treten dann nicht mehr auf. Die erste λ/4-platte wird dazu mit ihrer Hauptrichtung um 45 gegen die Schwingungsrichtung des Polarisators geneigt in den Strahlengang zwischen Polarisator und Probe gebracht. Nach Verlassen der Probe beträgt der Gangunterschied nun λ/4. Eine zweite Platte, hinter der Probe angeordnet und um - 45 gegen die Polarisationsrichtung geneigt, hebt die λ/4- Verschiebung der ersten Platte aber wieder auf und es ist nur die in der Probe erzeugte Phasenverschiebung übrig, wenn das Licht anschließend auf den Analysator trifft. (Ein zweiter Vorteil der Verwendung zirkular polarisierten Lichtes ist, daß die resultierenden Feld-Komponenten stets gleich groß sind. Dadurch wird das Isochromatenbild gleichmäßig ausgeleuchtet). (B,2) In weißem Licht beobachtet man die Isoklinen ebenfalls als schwarze Abbildungen, die Isochromaten dagegen als farbige Liniensysteme. (Daher der Name!). Denn der zur Auslöschung bei einer Wellenlänge λ führende Gangunterschied setzt für unterschiedliche λ auch unterschiedliche Spannungen voraus, die in räumlich getrennten Probenelementen herrschen. Nur die Isochromate 0-ter Ordnung (d.i. δ = 0 * 2π) liegt für alle Farben gleich; anschaulich bedeutet das den Fall optischer Isotropie. Bei beliebig verspannten Proben (z.b. einem durchgebogenen Stab) kommt dieser Fall bisweilen vor; er kennzeichnet den Verlauf der "neutralen Faser" (siehe Versuch "Elastische Materialkonstanten"; Teilversuch "Durchbiegung eines Stabes"). Beschreibung der Apparatur

PL 21 Die Apparatur besteht aus Lichtquelle, Belastungsrahmen und Filterhalterung mit zwei Polarisationsfiltern und zwei λ/4-platten. (siehe Abb.9). (1) Lichtquelle: Der Lichtkasten liefert wahlweise weißes Licht oder Na- Dampflampen-Licht (λ = 589 nm). Die Wahl erfolgt mit den Schaltern an der linken Kastenseite. Durch Mattscheiben wird eine gleichmäßig hell strahlende Fläche erzeugt. Beachten Sie, daß die Aufheizzeit einer Na-Dampflampe ca. 15 Minuten beträgt. Solange die Lampen warm sind, soll der Lampenkasten nicht bewegt und nicht erschüttert werden. (2) Belastungsrahmen: Die Einstellung der Druckkraft erfolgt mit einer Drehspindel. Die resultierende Längenänderung der Probe kann an einer Mikrometeruhr direkt abgelesen werden, die in 1 μm-schritten eingeteilt ist (Eine volle Zeigerumdrehung entspricht einer Dickenänderung von 0.2 mm. Die Zahl der erfolgten Zeigerumdrehungen zeigt die kleine Meßuhr an). (3) Polarisationsfilter und λ/4-platten sind gekennzeichnet. Sie werden von oben senkrecht in die Drehrollen des Gestells gebracht (durch diese Konstruktion ist eine direkte Drehachse überflüssig). Die Filter werden zur Drehung (nur!) am äußeren Rand angefaßt. Sie sind mit einer Gradeinteilung versehen; der zugehörige Zeiger ist seitlich am Gestell befestigt. Bei Winkeleinstellung ist darauf zu achten, daß immer in positivem Drehsinn gedreht wird und auch die Winkeländerungen in dieser Weise abgelesen werden. Aufgabe 2: Darstellung der Isoklinen bei einem ebenen Spannungszustand Verwendet werden weißes Licht, Polarisationsfilter (keine λ/4-platten) und die große, gekerbte Araldit-Probe. Dieser Versuch dient einer ersten, nur qualitativen Demonstration. Vorsicht beim Einsetzen der zerbrechlichen, teuren und kratzempfindlichen Filterscheiben! Einsetzen der Probe: Die Probe wird eingesetzt wie Abb.8 zeigt.

PL 22 Abb. 8 Die oberen Querbalken des Rahmens halten die Belastungsspindel, die durch Drehen in der Höhe verschoben wird. Um ein Herausfallen des magnetisch gehalterten Druckstempels zu verhindern, darf die Spindel nicht zu weit nach oben gedreht werden. Dreht man zu weit nach unten, so fällt die ganze Spindel ab (probieren Sie das, bevor Sie die Probe und die Filter einsetzen!). Normalerweise ist die Einstellhöhe richtig. Ist aber die Probe zu lang oder zu kurz, so muß man die Schrauben, die die Spindel zwischen den Querbalken festklemmen, lösen. Der Gewindestab der Spindel läßt sich dann in der Höhe verschieben. Danach werden die Schrauben wieder angezogen. Die Spindel wird nun vorsichtig solange heruntergedreht, bis die halbkugelige Stempelunterseite die Aussparung des Probenhalters leicht berührt. Um die Auswirkung der Belastung auf die Probe beobachten können, steht vor und hinter dem Rahmen je eines der (grau-grün gefärbten) Polarisationsfilter, die so zu drehen sind, daß deren Schwingungsrichtungen senkrecht zueinander stehen. Das Polarisationsfilter P soll dazu in waagerechter Durchlaßrichtung stehen (0 -Marke des Filters am seitlichen Zeiger). Der Analysator steht dazu senkrecht. Man belastet nun die Probe, bis farbige Streifen entstehen. Dann erhöht man die Belastung solange, daß das Farbspektrum etwa dreimal durchlaufen wird (Gangunterschied 3λ). In der Mitte der Probe ist zusätzlich eine schwarze Abbildungen zu sehen., d.h. Auslöschung bei allen Wellenlängen. Dies ist die Isokline. Dreht man nun Polarisator und Analysator zugleich (in Winkelschritten von 10 ) weiter, so beobachtet man, daß sich die Isokline verändert. Daß es sich tatsächlich um Isoklinen handelt, kann man, wie in Abschnitt (B,1) beschrieben, prüfen, indem man die beiden λ/4-platten einsetzt. Die Isoklinen verschwinden dann. Vorsicht beim Einsetzen der zerbrechlichen, teuren und kratzempfind-lichen Filterscheiben!

PL 23 Aufgabe 3: Messung der Spannungsdoppelbrechungsgrößen Δn= n1 n2 und σ für einen uniaxialen Spannungszustand. Für diesen Versuch werden Na-Licht, weißes Licht, Polarisationsfilter, λ/4-platten und die rechteckige kleine Araldit-Probe verwendet. Einsetzen der Probe: Die Probe wird hochkant in die Vertiefung des Messinghalters eingesetzt, und beide werden zusammen auf den unteren Querbalken des Belastungsrahmens gestellt (Abb. 9). Abb. 9 Der Arm des oberen Probenhalters betätigt eine Meßuhr, welche die Verkürzung der Probe bei Belastung anzeigt. (Die Meßuhr sollte möglichst nahe an der Probe stehen, um die durch den Hebelarm bedingten Fehler klein zu halten). Die Meßuhr wird nun mit Hilfe der Befestigungsschrauben am unteren Rahmen solange in der Höhe verändert, bis der Zeigerausschlag zwischen 0 und 0.2 mm liegt. Nun werden die beiden Schrauben festgezogen, um die Stellung der Uhr zu fixieren. Die Justierung erfolgt bei Na-Licht. Nun belastet man die Probe. Sie ist gut justiert, wenn die Probenfläche mindestens bis zur 3. Ordnung gleichmäßig dunkel wird. Ist dies nicht der Fall, so kann man versuchen, durch geringfügige seitliche Verschiebung von Spindel und Probe (vorsichtig!) die Justierung zu verbessern. Gelingt das nicht, so muß die Probe herausgenommen und nochmals neu eingesetzt werden.

PL 24 Gleichmäßige Auslöschung zeigt an, daß ein uniaxialer Spannungszustand vorliegt. In der Praxis treten aber nahe den Probenrändern immer Abweichungen davon auf. Wichtig ist also, daß die Probenmitte bei Belastung gleichmäßig dunkel wird und zugleich die Randstörungen links und rechts etwa gleich aussehen. Jetzt werden die Polarisationsfilter in gekreuzte Stellung (wie bei Versuch 2) gebracht und die λ/4-platten so eingesetzt, wie zuvor (Abschnitt 3.1) beschrieben, damit die Isokline, die in diesem Fall die ganze Fläche umfaßt, verschwindet und nur die Isochromaten übrig bleiben. Mit dem Drehrad belaste man dann die Probe zunehmend stärker. Durch Vergleich der Durchlaßfarben mit der beigegebenen Farbtabelle ermittele man den Gangunterschied Δ für verschiedene Längenänderungen Δl der Probe, die an der Meßuhr abgelesen werden. Für jede Meßreihe sind 10 bis 15 verschiedene Drucke einzustellen. Diese Meßreihen werden fünfmal wiederholt. Dabei soll ein Gangunterschied von 3λ nicht überschritten werden. Dann ist die Verformung linear elastisch, und es gilt das Hookesche Gesetz (siehe Versuch: "Mechanische Materialkonstanten") in skalarer Form: (15) σ= E ε ε= (Vorsicht: E ist hier der Elastizitätsmodul und nicht die elektrische Feldstärke!) Aus Gl. (14) folgt: (16) Δ = d K = d K E = d K E Δl λ σ x λ ε λ l 0 Trägt man den Gangunterschied Δ in Abhängigkeit von der Längenänderung Δl auf, so kann man aus der Steigung der dabei erhaltenen Geraden den Elastizitätsmodul E des Probenmaterials bestimmen. Dazu ist erforderlich, die Materialkonstante K zu kennen. K(Araldit)= 26. 10 17 m 3 N bei einer Bezugswellenlänge λ = 587. 3 nm. Die graphische Auftragung ist für jede der fünf Meßreihen getrennt vorzunehmen. Ermitteln Sie danach den Mittelwert der Steigungen und dessen Fehler und damit den Fehler des Mittelwertes des Elastizitätsmoduls. Δl l 0