Caring Community Neue Ansätze und Wege zu einer Sorgenden Kommune für alle Lebensalter

Ähnliche Dokumente
Älterwerden in Offenburg

Caring Community auf dem Weg zur sorgenden Gemeinde. Prof. Dr. Cornelia Kricheldorff.

Altern im Quartier Herausforderungen und Chancen. ZWAR Tagung in Hilden 19. April 2016 Prof. Dr. Cornelia Kricheldorff

Leben und Wohnen im Alter Wohnbedürfnisse, Wünsche und Realitäten. Prof. Dr. Cornelia Kricheldorff

Leben und Wohnen im Alter. 14. Mai 2013 Rotes Haus Waldkirch Prof. Dr. Cornelia Kricheldorff

Neues Leben und Wohnen im Quartier. 30. Juni 2014 Gemeinde Willstätt Prof. Dr. Cornelia Kricheldorff

Zukunft Altenhilfe - Entwicklungen und Trends

Bürgerschaftliches Engagement im Umfeld von Pflege Entwicklungen Herausforderungen Chancen. Prof. Dr. Cornelia Kricheldorff

Gemeinde Denzlingen WERKSTATT HAUPTSTRAßE. Anlage 24

Engagement und Teilhabe Trends und Herausforderungen in der Pflege

Zwischen Autonomie und Verbundenheit Neue Wohnformen für Alt und Jung. Prof. Dr. Cornelia Kricheldorff

Phänomene gesellschaftlicher Pluralität und Diversität

Fachtagung der AOK Baden-Württemberg 2016

Ich für uns Dorothee Perrine Caring Community Seniorennetzwerk Heidenheim

Caring Community und der Siebte Altenbericht

Pflegestrukturplanung. im Landkreis Cochem-Zell

Neue Wohnformen neue Nachbarschaften

Bürgerschaftliches Engagement und Selbsthilfe als wichtige Bestandteile im Hilfemix

Quartiersentwicklung Gestaltung lebendiger Nachbarschaft als kommunale Querschnittsaufgabe

Prof. Dr. Sigrid Leitner: BEDARFE UND RESSOURCEN EINER ALTERNDEN GESELLSCHAFT: PERSPEKTIVEN FÜR DIE SOZIALE ARBEIT

Gemeinde Bernstadt Alb-Donau-Kreis. Bernstadt - SORGENDE GEMEINSCHAFT im DIALOG mit der ZUKUNFT

Caring Communities Vom Leitbild zu Handlungsansätzen

Workshop 2 Welche Möglichkeiten zur Entwicklung der Versorgungsstrukturen bieten sich auf der Grundlage des SGB XI? Nürnberg, 4.

Aufgabenspektrum, Aktivitäten und Planungen für ein eigenständiges Leben im Alter

DV Podium Altenhilfe 2017 Alter braucht Kooperation

Quartier 2020 Gemeinsam.Gestalten. Pflege und Wohnen im Quartier. Ministerium für Soziales und Integration

2. Fachtagung der Engagementwerkstatt Berlin Freiwilligendienste und Pflege

Teilhabe ermöglichen, Vernetzung organisieren und Sorgestrukturen mitgestalten Zentrale Botschaften des Siebten Altenberichts

Der Siebte Altenbericht der Bundesregierung

Fachtagung. Des einen Freud, des anderen Aufgabe. Forum Oktober 2016 Berlin

Auf dem Weg zu einer sorgenden Kommune

Vortrag der Litzelstetter Nachbarschaftshilfe e.v.

Seniorengerechte Stadtentwicklung Bruchsal

Aufbau von Nachbarschaftshilfen - gewusst wie!

Zuhause im Alter Soziales Wohnen Programme zum Wohnen im Alter

Zu Hause daheim - der bayerische Weg Berlin, 28. August 2013

Wir leben in einer alternden Gesellschaft Zunahme der Lebenserwartung

Aktuelle Herausforderungen und Reformen im Bereich der Pflege und Betreuung zu Hause Deutschland

Erfahrungen und Erkenntnisse Bürgerschaftliches Engagement im Umfeld von Pflege

(Neu)Land gestalten!

Wohnen bleiben möglich machen

1. Zukunftskongress Soziale Infrastrukturen 1. Juni 2017, Berlin Dr. Daniela Neumann

Bayern. Puchheimer Fachforum Alt werden im Quartier aber wie? Herausforderungen für die Altenarbeit im Gemeinwesen

Die Landesstrategie Quartier 2020 Gemeinsam.Gestalten. Ein Leuchtturmprojekt des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg

Sorgende Gemeinschaften - Überblick

Impulse zur Lebendigen Nachbarschaftsarbeit - Projektideen entwickeln und gestalten -

Bürgerschaftliches Engagement und demografische Herausforderungen in ländlichen Strukturen

Caring Communities und personalisierte Medizin

Zusammenarbeit in der Versorgung

Prof. Dr. Elisabeth Bubolz-Lutz, Projektleitung

Preisträger Robert Jungk Preis für zukunftsweisende Seniorenarbeit

Beratung von Gemeinden und Institutionen. Kanton Zürich

Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die öffentliche Planung und Steuerung Carsten Große Starmann

Pflegestärkungsgesetz III. Die neue Rolle der Kommune in der Pflege

Der Siebte Altenbericht der Bundesregierung - Ein Werkstattbericht -

Arnsberg eine Stadt des langen und guten Lebens! Eine neue kommunale Gestaltungsaufgabe!

Profil Stadtteilarbeit. Stand Juni 2016

Impuls: Marita Gerwin - Dipl. Sozialpädagogin 3. Norddeutscher Fachtag Demenz Teilhabe und Impulse in der IHK zu Schwerin am Freitag, 9.

Gesund alt werden in Bruchsal Eine Herausforderung für die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger

Zukunft Quartier Lebensraum für alte Menschen

Nachbarschaft gestalten Quartiersprojekte der Samariterstiftung. PAULA in Pfullingen mit Partnern im Quartier

Kommunale und interkommunale Vernetzung

17. BaS Fachtagung Bremen

DIE BEDEUTUNG DER QUARTIERENTWICKLUNG IM KONTEXT DES DEMOGRAFISCHEN WANDELS

Älterwerden in der Grafschaft mitgestalten

Innovative Wohnformen für Ältere als Bestandteil einer zukunftsorientierten Seniorenpolitik

Thomas Pfundstein Kommunale Pflegestrukturplanung und Sozialraumentwicklung Perspektiven für die Zukunft. 9. April 2013

Bürgerbeteiligung und Bürgerengagement aus Sicht des Lüner Dialogs

Zukunft Quartier Älter werden im Wohnviertel

Das Umland ist dabei: Neue Wohnformen in kleineren Städten und Gemeinden

Ältere Migrantinnen und Migranten Handlungsfeld für Kommunen

Herausforderung Pflege Pflegebedarf in Brandenburg sowie Grenzen der traditionellen Versorgungslandschaft

Gut Älterwerden im vertrauten Wohnumfeld. Ein Förderaufruf für Impulse im Quartier. Hendrik Nolde Kongress Armut und Gesundheit 2017

Sozialplanung zwischen Erkenntnis und Wirksamkeit

Aktiv im Alter in der

Caring Communities Den Demografischen Wandel gestalten

Erfolgsfaktoren kommunaler Integrationskonzepte

Vielfalt im Ländlichen Raum Plädoyer für eine neue Willkommenskultur

Vielfaltstrategien in Kommunen des ländlichen Raums

Freiwillig im Landkreis

Zukunftsorientierte Seniorenpolitik als Querschnittaufgabe in Kommunen - Beteiligungsprozesse in Städten und ländlichen Regionen

Sorgende Gemeinschaft oder Sorgestrukturen?

Demographischer Wandel & Kultur Entwicklungstrends bis 2030 in OWL Petra Klug

Gemeinsam essen im Alter - Strukturen und Zusammenhalt in den Lebenswelten des Landes Brandenburg stärken

Öffentliche Beteiligung und freiwilliges Engagement in Deutschland im Trend

Konzept Stadtteilarbeit. Stadtteilzentren in Hamm

Generationenübergreifende Wohnformen. Dr. Michael Hübsch Leiter des Referats Generationenpolitik, Lebensbedingungen in den Regionen

Die generationengerechte Stadt eine kommunale Gestaltungsaufgabe

Fachstelle Altern und Pflege im Quartier im Land Brandenburg. Impulse, Ideen und Beratung rund ums Thema Älter werden im vertrauten Lebensumfeld

Was zählt vor Ort? Örtliche Pflegeinfrastruktur und regionale Bedarfslagen vor dem Hintergrund des Wandels in der Altenhilfe

11. Deutscher Seniorentag 2015 Selbstbestimmt leben können von der Zukunft der Pflege

50plus den demografischen Wandel im Quartier gestalten. BMBF-Forum für Nachhaltigkeit

Entwicklung des Fachkräftebedarfs in den sozialen Berufen

4. CBP Trägerforum Teilhabe im Alter

Demografische Entwicklung und Herausforderungen für Betreuung und Pflege Österreichischer Städtetag 2006 Arbeitskreis 3: Die älter werdende Stadt

Demografie und die Bürger/innen: Die Zukunft vor Ort. Landeshauptstadt Stuttgart , Iris Frank, Demografischer Wandel

Stand des Projektes und Ansätze für Nachhaltigkeit. Jahreskonferenz QuartiersNETZ November 2017, Gelsenkirchen

Mehrgenerationenhäuser Schaffung einer lokalen Infrastruktur zur Stärkung der Solidarität unter den Generationen

BAGSO-Bildungsangebot. Im Alter IN FORM Gesunde Lebensstile in Kommunen fördern

Transkript:

1 Caring Community Neue Ansätze und Wege zu einer Sorgenden Kommune für alle Lebensalter 6. November 2015 Landratsamt Ortenaukreis Prof. Dr. Cornelia Kricheldorff

2 Gliederung 1. Weniger älter bunter Facetten des demografischen Wandels 2. Gesellschaftliche Veränderungen und demografischer Wandel 3. Neue Ansätze und Wege zu einer Sorgenden Kommune für alle Lebensalter

1. weniger älter bunter Facetten des demografischen Wandels 3

weniger älter - bunter

Demografische Trendaussagen Die Zahl hochaltriger Menschen steigt eine umfassende gesellschaftliche Herausforderung: bei den + 80jährigen wird eine Zunahme von 2,9 Mio (2000) auf 8 Mio (2050) prognostiziert. Die Zahl jüngerer Menschen geht deutlich zurück: während die Altenbevölkerung (65+) bis 2050 um 6,4 Millionen zunehmen wird, ist bei den Jüngeren (bis 65 Jahre) ein Rückgang um 18,7 Millionen zu erwarten Die mittlere Generation gewinnt trotz zahlenmässiger Abnahme relativ an Bedeutung Sandwich-Generation Die Bevölkerung in Deutschland wird insgesamt schrumpfen Aber aktuell: Wie wird sich die derzeitige Flüchtlings- und Einwanderungswelle langfristig auf die demografische Entwicklung in Deutschland auswirken? Werden damit demografische Trendaussagen relativiert?

Bevölkerungsentwicklung im Ortenaukreis 2012-2030 6

7 Indikatoren Geburten und Sterbefälle Indikatoren Wanderungen bis 2030 Wegweiser Kommune Prognose 2012-2030

Indikatoren Alterung Wegweiser Kommune Prognose 2012-2030

Pflegebedarf in Deutschland: Szenarien 2050 ** gleich bleibender Gesundheitsstatus verbesserter Gesundheitsstatus 4,35 Mill. 3,5 Mill. 2030 3,36 Mill. 2020 * 2,91 Mill. 2007 * 2,25 Mill. 2005 2,13 Mill. Quellen : *Backes/ Clemens, Lebensphase Alter, 2008, ** Sachverständigenrat 2009

Weichenstellungen für Pflegeszenarien

Pflegeszenarien Stand November 2012 Legende Angehörigenpflege Ambulante Pflege Stationäre Pflege Szenario 1 (Status quo): Es werden die Anteile der Pflegebedürftigen in den jeweiligen Versorgungsarten je Alter, Geschlecht und Region fortgeschrieben. Szenario 2 (formelle Pflege nimmt zu): Die Bereitschaft oder Möglichkeit zur Pflege durch Angehörige sinkt, wodurch der Bedarf an formeller Pflege steigt. Dieses Szenario schreibt damit bestehende Trends fort. Szenario 3 (häusliche Versorgungsformen werden gestärkt): Es wird unterstellt, dass Versorgungsformen und Unterstützungen installiert werden, die dazu beitragen, die häusliche Pflege so weit zu stärken, dass das Volumen der stationären Pflege auf Bundesebene konstant gehalten werden kann. Dieses Szenario ist damit ein Wunschszenario, das den in 3 SGB XI normierten Vorrang der häuslichen Pflege umsetzt, das aber auch mit der Schaffung neuer Wohnformen und Pflegesettings einher geht. 12

Pflegeszenarien November 2012 Legende Angehörigenpflege Ambulante Pflege Stationäre Pflege Szenario 1 (Status quo): Es werden die Anteile der Pflegebedürftigen in den jeweiligen Versorgungsarten je Alter, Geschlecht und Region fortgeschrieben. Pflegeprognose für den Ortenaukreis

Pflegeszenarien November 2012 Szenario 2 (formelle Pflege nimmt zu): Legende Angehörigenpflege Ambulante Pflege Stationäre Pflege Bereitschaft oder Möglichkeit zur Pflege durch Angehörige sinkt, wodurch der Bedarf an formeller Pflege steigt. Dieses Szenario schreibt damit bestehende Trends fort. Die Pflegeprognose für den Ortenaukreis

Pflegeszenarien November 2012 Legende Angehörigenpflege Ambulante Pflege Stationäre Pflege Szenario 3 (häusliche Versorgungsformen werden gestärkt): Es wird unterstellt, dass Versorgungsformen und Unterstützungen installiert werden, die dazu beitragen, die häusliche Pflege so weit zu stärken, dass das Volumen der stationären Pflege auf Bundesebene konstant gehalten werden kann. Dieses Szenario ist damit ein Wunschszenario, das den in 3 SGB XI normierten Vorrang der häuslichen Pflege umsetzt, das aber auch mit der Schaffung neuer Wohnformen und Pflegesettings einher geht. Pflegeprognose für den Ortenaukreis

Legende ambulante Pflege stationäre Pflege Pflegeprognose für den Ortenaukreis 16

von 2007 2013 ein Anstieg pflegebedürftiger Menschen um 350.000 Personen häusliche Pflege weitgehend stabil (schon seit 1999) mehr als 2 Drittel Angehörigenpflege zunehmend in neuen Ausprägungen und Pflegesettings

Zwischenfazit 1 Immer mehr Menschen werden immer älter auch im Ortenaukreis. Das zahlenmäßige Verhältnis der Generationen verschiebt sich und die Zahl hochaltriger Menschen nimmt deutlich zu im Ortenaukreis deutlich über dem Landesdurchschnitt. Der Hilfe- und Pflegebedarf wird insgesamt steigen das Ausmaß ist dabei noch unklar. Die Auseinandersetzung mit diesem Phänomen stellt neue Fragen im Hinblick auf Ausrichtung und Konzeption von bedarfsgerechten Angeboten zur Unterstützung und Pflege. Trotz zahlenmäßiger Abnahme steigen die Belastungen der mittleren Generationen, die die Verantwortung für Kinder und Jugendliche, aber auch für die große Zahl der Älteren zu tragen haben. In einer Gesellschaft des langen Lebens wird deshalb die Schaffung von Strukturen immer notwendiger, die die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf möglich machen. In diesem Kontext geht es auch um spezifische Angebote zur Unterstützung pflegebedürftiger Menschen im sozialen Nahraum und um neue Formen von nachbarschaftlicher Solidarität. 18

3 Handlungsempfehlungen an die Enquete Pflege in Baden- Württemberg zukunftsorientiert und generationengerecht gestalten Bevölkerungswachstum bei gleichzeitigem Anstieg des Durchschnittsalters Trotz eines weiter moderaten Bevölkerungswachstums in Baden-Württemberg führen der prognostizierte Rückgang der 20 bis 59jährigen und der überproportionale Zuwachs der ab 80jährigen insgesamt zu einem erwartbar deutlichen Anstieg der Zahl pflegebedürftiger Menschen, bei einem gleichzeitigen Rückgang des benötigten Pflege- und Unterstützungspotenzials. Eine Zukunftsaufgabe wird also darin bestehen, trotz dieser Herausforderungen eine gute Pflege für eine wachsende Zahl von Menschen zu gewährleisten. Neben der Gewinnung von Nachwuchs in der Pflege und von unterschiedlichen Akteuren, die den Pflegeprozess im Sinne eines Pflegemix gestalten können, werden auch neue Konzepte gebraucht, die die bisherige Logik von ambulant versus stationär durchlässiger gestaltet. Die geschilderten Herausforderungen sind mit einem einfachen Mehr vom immer Gleichen nicht zu bewältigen.

Unterschiedliche Entwicklungen im Stadt-Land-Vergleich Die Unterschiede zwischen Stadt und Land nehmen zu - das gilt auch für die Bedarfe und Bedingungen in der Pflege. Die Tatsache, dass die Städte und städtischen Regionen weiter wachsen werden, während ländliche Kommunen schrumpfen, führt zu einem starken Handlungsdruck in einigen Regionen. Im Bereich der Versorgung von Menschen mit Pflegebedarf zeigen sich deutliche Muster, die für regionale Besonderheiten stehen. So ist beispielsweise die stationäre Pflegequote in den Stadtkreisen deutlich höher als in den Regionen mit ländlichen Siedlungsstrukturen. Dies spricht dafür, in der Pflegepolitik spezifische regionale Bedürfnisse stärker zu beachten und die Zuständigkeiten von Kommunen für die Sicherung der Pflege zu stärken.

Weichenstellungen in die Zukunft Orientierung an Szenarien Die vorgestellten Szenarien für die Zukunft der Pflege machen deutlich, dass diese nicht nur einen prognostisch-beschreibenden Charakter haben, sondern auch Modelle für eine bewusste Orientierung in der Pflegepolitik sind. Die Entscheidung für ein Szenario II, wie es die Bertelsmann Stiftung skizziert, würde zu einer Ausweitung der Platzzahl in der stationären Pflege führen, damit aber andere Entwicklungen in Richtung Szenario III eher blockieren bzw. verhindern. Das bedeutet, dass hier augenblicklich Weichen für die Zukunft gestellt werden. Untrennbar damit verknüpft ist die zentrale Frage, wie die sich abzeichnenden Versorgungslücken geschlossen werden können und wie das, je nach Szenario unterschiedlich benötigte, zusätzliche Personal gewonnen werden soll. Vor diesem Hintergrund muss heute entschieden werden, wohin sich Kommunen und Landkreise im Bereich der Pflege künftig entwickeln wollen, was also ihr Leitbild in der Pflegepolitik ist. Damit verknüpft sind die notwendigen politischen Rahmensetzung und die entsprechende Förder- und Familienpolitik.

2. Gesellschaftliche Veränderungen und demografischer Wandel 22

Wandel der familiären Lebensformen Zunahme von Alleinstehenden und Alleinerziehenden Patchwork-Familien Oft große räumliche Entfernungen zwischen den Generationen multilokale Mehrgenerationenfamilien (Bertram 2000) Erwerbstätigkeit von Männern und Frauen Auswirkungen auf familiäre Pflege und Betreuungsnotwendigkeiten für Kinder Hohe Erwartungen an die älteren Generationen

24

25

Wandel der Lebensbedingungen älterer Menschen Der Gesundheitszustand älterer Menschen hat sich in den letzten Lebensjahrzehnten stetig verbessert Die durchschnittliche Lebensdauer steigt seit 30 Jahren jährlich um 3 Monate Die materielle Situation hat sich stark verändert (ältere Menschen als wichtige Konsumentengruppe) aber: wieder wachsende Relevanz des Themas Altersarmut! Neue Bedürfnisse, neue Lebensformen ( aktive Senioren ) Leitbild des aktiven Alters active aging

Gesellschaftlicher Wandel und Generationen Gesellschaftliche Wandlungsprozesse bewirken auch einen kulturellen Wandel Generationengrenzen verschieben sich Lebensstile und entwürfe sind nicht länger eindeutig bestimmten Generationen zuzuordnen Neue Generationen entstehen - Hochaltrigkeit Generation der Urgroßeltern - Sandwichgeneration

Zwischenfazit 2 Familiäre Bindungen verändern sich, werden brüchiger oder sind mit der wachsenden Zahl von Singlehaushalten gar nicht erst vorhanden Soziale Angebote müssen also für alle Generationen die zunehmend fehlenden Ressourcen im sozialen Nahraum substituieren Die wachsende Zahl von Trennungen, neue Paar- und Familienbeziehungen führen verstärkt zum Phänomen der Patchworkfamilien Daraus ergibt sich die zentrale Frage, wer für den wachsenden Bedarf an Pflege und Unterstützung künftig zuständig sein wird, vor allem im Hinblick auf Aspekte der intergenerationellen Solidarität Oft große räumliche Entfernungen zwischen den Generationen als Ergebnis von wachsender Mobilität und als Tribut an die Anforderungen der Arbeitswelt Multilokale Mehrgenerationen-Familien (H. Bertram) haben spezifische Unterstützungs- und Entlastungsbedarfe Beispiel Long- Distance-Caregiving Notwendig werden damit auch Formen von Wahlverwandtschaften 28

3. Neue Ansätze und Wege zu einer Sorgenden Kommune für alle Lebensalter 29

Ausgangshypothesen Der demografische Wandel bietet für bürgerschaftliche und für nachbarschaftliche Beteiligung viele Ansatzpunkte und Herausforderungen. Damit bietet sich auch die Chance auf eine veränderte Gesellschaft, die getragen ist von Solidarität und gesellschaftlicher Mitverantwortung der einzelnen Bürgerinnen und Bürger. Dabei geht es vor allem um eine Solidarität im Nahraum, um ermöglichende Strukturen für nachbarschaftliche Netzwerke, denn die Zukunft für gelingendes Altern liegt im Quartier oder in der Gemeinde.

31 Mittlerweile existiert eine große Bandbreite und Vielzahl an formellen und bürgerschaftlich organisierten Unterstützungs- und Hilfsangeboten, die ein gelingendes Altern im Quartier/ in der Gemeinde möglich machen. Die Angebotsvielfalt garantiert jedoch nicht, dass diese Hilfe- und Unterstützungsstrukturen für den Bürger zugänglich sind und Hand in Hand gehen zum Wohl des einzelnen alten Menschen. Stattdessen gibt es unterschiedliche Zugangsbarrieren - formelle und bürgerschaftlich organisierte Angebote bestehen eher unverbunden nebeneinander und folgen verschiedenen Logiken, die sich gegenseitig oft eher behindern. Eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe findet kaum statt. Dadurch werden viele Ressourcen nicht so genutzt wie es sinnvoll und notwendig wäre.

VEGA im Freiburger Osten Stadt Freiburg (Seniorenbüro), Heiliggeistspitalstiftung Freiburg und Katholische Hochschule Freiburg als Impulsgeber seit 2010 Modellhafte Entwicklung, exemplarische Erprobung und Evaluation des Konzepts der Lokalen Verantwortungsgemeinschaft Förderliche Kommunikations-, Kooperations- und Aktionsformen Fragestellung: Welche Form ist hierfür geeignet? Wie kann diese Form aussehen? Wie kann sie entstehen? 32

Übergreifende Ziele Vermeidung von Doppelstrukturen und kostspieligen Reibungsverlusten, Förderung der Übersichtlichkeit des Hilfesystems, Abbau von Zugangsbarrieren und Schaffung von Partizipationsmöglichkeiten für alle Akteure im Quartier Förderung von Generationensolidarität

Es geht also darum, förderliche Kommunikations-, Kooperations- und Aktionsformen zu identifizieren und in einem Konzept zusammenzuführen, das die Entstehung Lokaler Verantwortungsgemeinschaften im Quartier/ in der Gemeinde möglich macht. Dieser Ansatz geht zunächst von der Lebensphase Alter aus, nimmt aber die ganze Gemeinde/ das ganze Quartier und damit auch Jung und Alt gleichermaßen in den Blick.

Methodisches Vorgehen / Projektverlauf Erhebung und Analyse der strukturellen Bedingungen und bestehenden Netzwerke Erarbeitung des Konzeptes Projektpartner: Stadt Freiburg / Seniorenbüro und Heiliggeistspitalstiftung Bürgernahe Umsetzung des Konzeptes in den beiden Stadtteilen Evaluation der exemplarischen Erprobung 35

36 Analysen auf kleinräumiger Ebene Alter, Geschlecht, Haushalt, Migrationskontext, Erwerbstätigkeit, Transferleistungen, Wanderungsbewegung Sozial- struktur Baustruktur Bauliche Nutzungsformen, Alter und Struktur, Historie, Bauliche Maßnahmen, Mietspiegel, Dichte, öffentliche Flächen Sozialraum Netzwerk Aktivitäten und Aktionsräume Informelle und formelle Netzwerke, lokale Akteure

37 Studentisches Projekt: Sozialraumorientierung Stadtteilbegehung und Kartierung Interviews mit Stadtteil- Experten Diskussion der Ergebnisse/ Workshops im Rahmen einer Quartierstagung Stadtteilspaziergang mit BürgerInnen zu wichtigen Orten Abschlusspräsentation

38 Mix von Aktionsformen als Schlüssel zur Beteiligung von Profis und Freiwilligen 1. Tagung im Quartier Mischung von informativen Vorträgen und partizipativem Visions-Café konsequent in ZUGEHENDER Form. 2. daran anschließend und Fragestellungen und Bedürfnisse aufgreifen: Workshop zum Thema Gelingendes Altern im Quartier was bedeutet das für MICH (Diskussions- und Austauschbedürfnis) 3. Einrichtung einer Homepage (Informationsbedürfnis) Engagierte BürgerInnen und Profis entwickeln gemeinsam Vorstellungen, was für sie gelingendes Altern in ihrem Quartier bedeutet.

Bündelung von Ergebnissen und Erkenntnisse Sozialstrukturanalyse: z.b. alternde Bevölkerung bei gleichzeitigem Zuzug junger Familien intergenerationelle Erneuerung : Generationenmix gestalten? Alleinlebende ältere Frauen Positives Klima der Engagementbereitschaft (Milieu, Stadtteilidentität).. Baustrukturanalyse: Fehlende zentrale Plätze Hanglagen abgeschnitten Sozialraumanalyse: Mangel an Orten der Alltags-begegnung (kleinräumige und verbindende Treffpunkte) und des thematischen Austauschs Mangel an koordinierenden Schnittstellen Gute Rahmenbedingungen.. Netzwerkanalyse: Unkenntnis über Angebote/Institutionen Vernetzung kaum vorhanden Segmentorientierte Tätigkeit der Akteure 39

40 Chance für die modellhafte Initiierung und Begleitung von Prozessen! Baustein 1 Konzeption Bürgertreffs Baustein 2 VEGA-mobil Baustein 3 Generationenspielplatz Laubenhof

41

42 Chance für die modellhafte Initiierung und Begleitung von Prozessen! Baustein 1 Konzeption Bürgertreffs Baustein 2 VEGA-mobil Baustein 3 Generationenspielplatz Laubenhof PLUS: Start 2013: Pflegemix in Lokalen Veranwortungsgemeinschaften

Landesmodellprojekt Pflegemix in Lokalen Verantwortungsgemeinschaften Freiburg Umkirch Gutach Denzlingen Entwicklung, Erprobung und Evaluation eines neuen Konzepts in 4 Modellkommunen in Baden-Württemberg (städtisch, stadtnah, ländlicher Raum) Lokale Verantwortungsgemeinschaften im Pflegemix Handbuch für Kommunen

44

Pflegemix ein integratives Konzept Aufgabenteilungen der Akteure im Pflegemix Ziel: Gemeinsame Verantwortlichkeit Vision: Caring Community Professionelles System Semi-professionelles System Pflege Ambulante, stationäre und teilstationäre Pflege Pflegende Angehörige und nahe stehende Menschen Hilfen zur Alltagsbewältigung Ambulante Dienste Stationäre Versorgung Pflegebedürftiger Mensch Hilfen zur Alltagsbewältigung Nachbarschaftshilfe Gesetzliche Betreuer Beratungsstellen Soz. Beratung / Begleitung Ehrenamtliche Betreuer Besuchsdienste Semi-professionelles System (vgl. Bubolz-Lutz & Kricheldorff 2006, S. 26) Informelles System

Auf dem Weg zu einer Caring Community Ausgangslage Zunahme älterer, pflegebedürftiger Menschen sich wandelnde Familienstrukturen Stärkere Bedeutung des Wohnumfeldes und neuer Pflegesettings Vision Soziale Verbundenheit, Teilhabe, Mitwirkung Initiierung und Stärkung lebendiger Nachbarschaften Aufbau generationenübergreifender und personenbezogener Netzwerke Voraus- setzungen Motivierung zu Bürgerengagement und Mitverantwortung Aktivierung zu Eigeninitiative und Förderung von Selbsthilfepotentialen Öffnung der Träger und Institutionen für neue Pflegesettings und -formen

Caring Community Engagement Mitwirkung & Mitgestaltung Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung Öffnung und neue Profilierung der Einrichtungen und Träger Kooperation und Vernetzung Freiwillige Professionelle Akteure VERNETZUNG Bürger/ innen Politik/ Kommunen Begleitung Unterstützung mehr Lebensqualität Sicherung der Pflege Übernahme kommunaler Verantwortung Schaffung ermöglichender Strukturen

Ähnliche Ansätze und Orientierungen Quartier Solidaire Mehr-Generationen-Quartier Sorgende Gemeinschaft Quartiershäuser Sorgende Kommune

Leitbild Bürgerkommune 49

50 Partizipation als Schlüssel Schaffung von Bürgerbeteiligung und -engagement Themenwerkstätten Workshops Zukunftswerkstätten Zukunftskonferenz Open Space Planungszellen Aktivierende Befragung Fokusgruppen offene Versammlungen Runder Tisch Visionscafés

Landesmodellprogramm BEST Bürgerengagement sichert Teilhabe 51

Evaluationsbausteine & Thematische Schwerpunkte Baustein I Netzwerkentwicklung - Akteure, Initiativen, Kommune, Kooperation, Stärken, Lücken, aktueller Stand, Voraus-Schau, Entwicklungspotenzial, Wünsche und Vorstellungeny Baustein II Quartier - Aktuelle Einbindung, Kennen und Gekanntwerden, Verankerung, Öffentlichkeitsarbeit, Identifikation, Bedarfsadäquatheit partizipativ erarbeiten Verläufe aufzeigen Entlang der Projektbeschreibung (projektspezifisch): - Ausgangslage - Beteiligte Skizze Struktur - Anbindung Träger bzw. Kommune (Verortung) - Chancen, Stolpersteine, Herausforderungen aus Sicht der Beteiligten partizipativ erarbeiten Entwicklungen sichtbar machen Baustein III Haupt- und Ehrenamt im Pflegemix/Wohlfahrtsmix - Rahmenbedingungen, Struktur, Beteiligungsformen, Kommunikation, Augenhöhe, Rollen, Aufgaben, Balance, Qualifizierung Baustein IV (Neue) Zielgruppen - Wen warum wie erreichen? Hürden und Zugänge - Akzeptanz Baustein V - Monetarisierung

15 Standorte 3 typische Ausprägungen Typ 1 Trägerorientierte Freiwilligengruppen eher traditionelles Ehrenamt starke Identifikation mit dem Träger deutliche Hierarchie zwischen Hauptamtlichen und Freiwilligen deutliche Aufgabentrennung und -profile Typ 2 Zusammenschlüsse von Freiwilligen mit kommunaler Steuerung Typ 3 Lokale Netzwerke mit informeller Steuerung Freiwillige eher im kommunalen Auftrag tätig lokale Führungspersonen (z.b. Bürgermeister) treten dominant in Erscheinung Hauptamtliche werden nicht fachlich, sondern vor allem koordinativ tätig Fragen zur Qualifizierung und fachlichen Begleitung der Freiwilligen stellen sich deutlich hohes Maß an Selbstorganisation bei den Freiwilligen keine sichtbare Steuerung Frage der Zuständigkeiten für Qualifizierung und Begleitung HA & EA kaum unterscheidbar

Zentrale Herausforderungen und Entwicklungsbedarfe im Bereich zivilgesellschaftlicher Beteiligung Zentrale Erkenntnisse aus dem Projektkontext BesT Kooperation und Koproduktion Sozialraum/ Quartier Erreichbarkeit neuer Zielgruppen Nachhaltigkeit/ Kontinuität

Traditionelle Profile und Konzepte Sozialer Einrichtungen müssen sich in diesem Kontext verändern Beispiel: Der eher gesellige Charakter von Seniorenbegegnungsstätten muss sich verändern - sie werden damit zu zentralen Kontakt-, Beratungsund Vermittlungsstellen Angeboten werden in diesem Rahmen dann auch Serviceleistungen, wie Wohnberatung, Vermittlung von Nachbarschaftshilfen etc. Im Kontext der neuen Aufgaben in der Pflegeberatung entstehen zusätzliche Aufgabenfelder (Pflegestützpunkte) Begegnungsstätten können sich so auch in Mehr-Generationen- Häuser oder Bürgerzentren wandeln, die für alle Bürger im Stadtteil oder Quartier offen sind. Von der Altenbegegnungsstätte zum Zentrum für bürgerschaftliche Beteiligung in einer Lokalen Verantwortungsgemeinschaft oder Sorgenden Kommune

Neue Profile und Konzepte werden gebraucht Ältere Migranten/innen sind nach aktuellen Bevölkerungsprognosen in den nächsten Jahren die am stärksten steigende Bevölkerungsgruppe In den Lebenslagen von Migranten/innen zeigen sich kumuliert typische Benachteiligungsfaktoren (materielle Benachteiligung, Zugangsbarrieren zu sozialen Diensten und Angeboten) Medikalisierung psychosozialer Probleme!!! Vor diesem Hintergrund müssen veränderte Profile und Konzepte für Bürgertreffs und Begegnungsstätten verstärkt auf eine kulturelle Vielfalt und Öffnung setzen, im Sinne Lokaler Verantwortungsgemeinschaften.

Veränderte Profile und Konzepte Ein großer Vorteil besteht in der Erweiterung und Erneuerung des Profils bestehender Einrichtungen ein wichtiger Aspekt in Zeiten knapper öffentlicher Kassen. Es werden erkennbare neue Bedarfe aufgegriffen, die sich aus gesellschaftlichen Wandlungsprozessen und einem sich verändernden Altersbild ergeben. Sie werden damit zu lebendigen Zentren im Stadtteil, im Quartier oder in der Gemeinde und sind an der Strukturbildung und Gestaltung aktiv beteiligt, im Sinne der Förderung Lokaler Verantwortungsgemeinschaften.

Strukturelle Voraussetzungen Begegnungsstätten und Bürgertreffs müssen, um die skizzierte Wirkung im Wohnquartier entfalten zu können, kleinräumig geplant werden, d.h. als wohnortnahe Kommunikations- und Begegnungsräume. Dafür notwendige strukturelle Voraussetzungen und konzeptionelle Orientierungen sind: die Schaffung von Strukturen, in denen Mitbestimmung und Mitverantwortung tragende Elemente sind die Initiierung von Selbstorganisations- und Selbstlernprozessen

59

60

Vielen Dank!