Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung



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Transkript:

Rheinische Friedrich-Wilhelms- Universität Bonn Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung Umsetzung der 5 und 6 des Arbeitsschutzgesetzes und des 3 der Betriebssicherheitsverordnung Herausgeben von: Universität Bonn Abteilung 4.2 - Sicherheitswesen/Umweltschutz Dipl.-Ing. Anja Jubelius Regina-Pacis-Weg 3 53113 Bonn Stand: Januar 2005 0228 / 73-5992 0228 / 73-3319 a.jubelius@uni-bonn.de a_text

INHALTSVERZEICHNIS 1 Grundlegende Hinweise zur vorliegenden Handlungsanleitung 1.1 Vorbemerkung 1.2 Einleitung 1.3 Nachvollziehbarkeit 1.4 Navigator 2 Tätigkeits- und arbeitsplatzbezogene Gefährdungsbeurteilung 2.1 Allgemeines 2.2 Wer führt die Gefährdungsbeurteilung durch? 2.3 Bögen zur Gefährdungsbeurteilung 2.3.1 Beurteilungsbögen 2.3.2 Dokumentationsbogen 2.4 Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung, Stand Januar 2005 2.5 Abschluss der Gefährdungsbeurteilung 2.6 Zusätzliche Informationen 2.7 Beurteilungsbögen für typisierte Arbeitsplätze / Tätigkeiten 2.8 Klassifikation der Gefährdungsfaktoren 3 Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsmittel, Mindestanforderungen für die Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln 3.1 Begriffsbestimmungen 3.1.1 Arbeitsmittel 3.1.2 Bereitstellung 3.1.3 Benutzung 3.2 Bogen zur Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsmittel 3.2.1 Nutzungsbezogene Anforderungen, Teil A 3.2.2 Stichtagregelung, Technische Anforderungen, Teil B 3.2.3 Zusätzliche Anforderungen für spezielle Arbeitsmittel, Teil C 3.2.4 Gefährdungsbeurteilung für selbst gefertigte Arbeitsmittel, Teil D 3.3 Anwendungsbeispiele 4 Prüfung von Arbeitsmitteln 4.1 Begriffsbestimmung Befähigte Personen 4.1.1 Benutzer (Befähigungsgrad 1) 4.1.2 Benutzer mit speziellen Kenntnissen (Befähigungsgrad 2) 4.1.3 Anerkannter Sachverständiger (Befähigungsgrad 3) 4.1.4 Besondere Befähigte Personen 4.1.5 Befähigungsnachweis externer befähigter Personen 4.2 Prüfung der Arbeitsmittel und Dokumentation 4.2.1 Pflichten des Fachverantwortlichen 4.2.2 Regelmäßige Prüfung von Arbeitsmitteln und Anlagen 4.2.3 Dokumentation der Prüfergebnisse 5 Explosionsgefährdete Bereiche 5.1 Rechtsgrundlage 5.1.1 Explosionsfähige Atmosphäre gemäß 2 Betriebssicherheitsverordnung 5.1.2 Explosionsschutzdokument gemäß 6 Betriebssicherheitsverordnung 5.2 Beauftragte Personen 5.3 Betrachtung von Laboratorien 5.4 Orientierungshilfen für die Praxis 6 Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen 6.1 Rechtsgrundlage 6.2 Orientierungshilfe für die Praxis Anhang 1 Bögen zur Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsplätzen bzw. Tätigkeiten Anhang 2 Bogen zur Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsmittel Anhang 3 Liste Prüfpflichtige Arbeitsmittel und sonstige Einrichtungen Kataster Regelmäßige Prüfungen von Arbeitsmitteln Anhang 4 Explosionsschutzdokument 2

1. Grundlegende Hinweise zur vorliegenden Handlungsanleitung 1.1 Vorbemerkung Diese Handlungsanleitung wurde in einer Arbeitgruppe entwickelt, die sich im Rahmen des 17. Bonner Sicherheitsseminars im Februar 2003 zusammengefunden hat. Für die konzeptionelle Gestaltung und die Struktur dieser vorliegenden Handlungsanleitung zeichnen verantwortlich: Dipl.-Ing. Anja Jubelius Dipl.-Ing. Henriette Lersch- Krotoszinski Dr. Peter Neurieder Dipl.-Ing. Dietrich Reichard Dr. Annette Ahrens-Moritz Dr. Michael Seppi Dipl.-Ing. Falk Claßen Dipl.-Chem. Oliver Fahr Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Abteilung 4.2 - Sicherheitswesen/Umweltschutz Tel.: 0228/73-5992, a.jubelius@uni-bonn.de Fachhochschule Münster Arbeits-, Umwelt- und Gesundheitsschutz, Chemikalienlager Tel.: 02551/962-20, lersch@fh-muenster.de Max-Planck-Gesellschaft Gefahrgut-, Umwelt- und Sicherheitsbeauftragter Tel. 089/2108 1652, neurieder@mpg-gv.mpg.de Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Abteilung 4.2 - Sicherheitswesen/Umweltschutz Tel.: 0228/73-7098, d.reichard@uni-bonn.de Universität zu Köln Bereich 02.2 Arbeits- und Umweltschutz Tel.: 0221/470-2874, a.ahrens-moritz@verw.uni-koeln.de Westfälische Wilhelms-Universität Münster Organisch-Chemisches Institut Tel.: 0251/83-33244; seppi@uni-muenster.de Rheinisch Westfälische Technische Hochschule Aachen Dezernat 11.0 Arbeits- und Umweltschutz Abteilung 11.1 Sicherheitswesen Tel.: 0241/80-94247, Falk.Classen@zhv.rwth-aachen.de Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Stabsstelle Arbeits- und Umweltschutz Tel.: 0211/81-13456, fahr@uni-duesseldorf.de Der leichteren Lesbarkeit und Verständlichkeit halber haben wir im Text ausschließlich die neutrale bzw. männliche Bezeichnung verwendet. Selbstverständlich schließt diese Formulierung sowohl die weibliche als auch die männliche Form ein. 1.2 Einleitung Die am 27.09.2002 erlassene Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, über Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes, kurz Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), stellt einen vorläufigen Abschluss der gesetzlichen Arbeitsschutzregeln dar. Die vier Hauptziele der Betriebssicherheitsverordnung sind: Die Umsetzung mehrerer EG-Richtlinien in deutsches Recht. Die Schaffung eines einheitlichen betrieblichen Anlagerechts (mit einer klaren Trennung von Beschaffenheit und Betrieb sowie einer Neuordnung der Betriebsvorschriften im Bereich überwachungsbedürftiger Anlagen). Die Vermeidung von Doppelregelungen in staatlichem und berufsgenossenschaftlichem Recht. Eine Verbesserung der Anwendungsfreundlichkeit und Durchsetzbarkeit des Arbeitsmittelrechts. 3

Dabei ist hervorzuheben, dass die Regelungsinhalte der BetrSichV nicht alle neu völlig sind; sie stellten größtenteils bereits vor dem 27.09.2002 gültiges Recht in Deutschland dar. So finden wir in der BetrSichV u.a. wieder: die alte Arbeitsmittelbenutzungsverordnung mit Erweiterung um die Punkte: Prüfung bestimmter Arbeitsmittel, Betrieblicher Explosionsschutz, hochgelegene Arbeitsplätze 8 Verordnungen nach 11 GSG: DampfkV, DruckbehV, AufzV, AcetV, ElexV, VbF, GashochdruckleitungsV Konsequenterweise traten die hier aufgeführten Rechtsvorschriften spätestens zum 01.01.2003 außer Kraft und wurden weitgehend entweder durch die BetrSichV oder z.t. durch Verordnungen zum Gerätesicherheitsgesetz ersetzt. Zu beachten ist allerdings, dass die entsprechenden Technischen Regeln (TRD, TRB, TRR, TRA, TRAC, TRbF, TRGL) bis zur Definition neuer technischer Standards noch weiterhin gültig bleiben. Vorschrift außer Kraft gültig bis abgelöst durch weiterhin gültig! DruckBehV 31. 12. 2002 BetrSichV 14. GSGV TRB, TRR VbF 31. 12. 2002 BetrSichV GefStoffV TRbF ElexV 31. 12. 2002 BetrSichV 11. GSGV _ AufzV 31. 12. 2002 BetrSichV 12. GSGV TRA DampfkV 31. 12. 2002 BetrSichV TRD AcetV 31. 12. 2002 BetrSichV TRAC GasleitV 02. 10. 2002 BetrSichV, Rohrfernleitungsanlagenverordnung TRGL Die BetrSichV regelt nunmehr, zusammen mit dem seit 1996 gültigen Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), umfassend den Umgang mit Gefährdungen am Arbeitsplatz, bei der Benutzung von Arbeitsmitteln, bei evtl. Wechselwirkungen unter anderem mit Gefahrstoffen, sowie in überwachungsbedürftigen Anlagen. Dabei wird auch ein allgemeiner Trend sichtbar: Die Regulierungsdichte sinkt, während die Arbeitgeber- bzw. Betreiberverantwortung steigt. Diese Handlungsanleitung soll eine Hilfestellung zur inhaltlichen Gestaltung des betrieblichen Arbeitsschutzes geben. Soweit in dieser Handlungsanleitung konkrete Organisationsbeispiele aufgeführt sind (kursiv gedruckt), gelten sie für den Bereich der Universität Bonn. Im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung sind Belange des Strahlen- und Röntgenschutzes sowie des Schutzes beim Umgang mit Lasern integraler Bestandteil. Soweit diese Organisationshilfe in anderen Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen Anwendung finden, sind sie den örtlichen Gegebenheiten entsprechend anzupassen. Ein wesentliches Element des betrieblichen Arbeitsschutzes ist die Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung (Gefährdungsbeurteilung), mit deren Hilfe ermittelt wird, welche konkreten Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Kapitel 2 enthält dazu Informationen zur arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogenen Gefährdungsbeurteilung. Ergänzt werden diese Gefährdungsbeurteilungen durch die Anforderungen an die Beschaffenheit, Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln. Kapitel 3 enthält dazu die Mindestanforderungen, die bei der Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln zu beachten sind. In Zusammenhang mit der Gefährdungsbeurteilung sind Art, Umfang und Fristen der erforderlichen Prüfungen von Arbeitsmitteln zu ermitteln. Ferner sind die notwendigen Voraussetzungen für diese Prüfungen festzulegen, welche die Personen erfüllen müssen, die mit der Prüfung von Arbeitsmitteln zu beauftragen sind. In Kapitel 4 wird der Begriff Befähigte Personen definiert sowie Ablauf und Dokumentation der Prüfungen konkretisiert. Außerdem enthält dieses Kapitel als weitere konkrete Arbeitshilfe ein umfassendes, aber nicht abschließendes Liste Prüfpflichtige Arbeitsmittel und sonstige Einrichtungen. 4

Spezielle Aspekte des Explosionsschutzes werden in Kapitel 5 (inkl. Muster- Explosionsschutzdokumente), für überwachungsbedürftige Anlagen in Kapitel 6 behandelt. Vervollständigt wird diese Handlungsanleitung durch Anhänge mit Bögen zur Gefährdungsbeurteilung sowie exemplarische Unterlagen zum Explosionsschutz. 1.3 Nachvollziehbarkeit Im Hinblick auf die mit der Betriebssicherheitsverordnung vorgegebene Zielsetzung sind Ablauf, Organisation und inhaltliche Gestaltung nachvollziehbar zu gestalten. Aus diesem Grund wurden die Pflichten im Arbeits- und Umweltschutz im Oktober 2004 im Rahmen der Dienstanweisung Pflichten und Rechte im Arbeits- und Umweltschutz schriftlich auf den jeweiligen Fachverantwortlichen übertragen. Ob die Fachverantwortlichen der Verpflichtung zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung nachkommen, wird im Rahmen sog. Überprüfungen von Sicherheitsstandards und/oder bei Begehungen durch die Abteilung 4.2 - Sicherheitswesen/Umweltschutz vor Ort überprüft. 1.4 Navigator Zur besseren Orientierung wurde der Ablauf der Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsmittel in einem Fließbild dargestellt. 5

Umgang mit Überwachungsbedürftigen Arbeitsmitteln Tätigkeits-/Arbeitsplatzbezogene Gefährdungsbeurteilung Arbeiten in explosionsgefährdeten Bereichen Bereitstellung/Nutzung von Arbeitsmitteln (AM) Sichtprüfung erfolgt? Nein Sichtprüfung vornehmen, Benutzer muss ggf. Mängel beseitigen Ja Nein AM gefährlich bei der Benutzung? Ja Selbst gefertigtes AM? AM erstmals vor 03.10.2002 zur Benutzung bereitgestellt? AM erstmals nach 03.10.2002 zur Benutzung bereitgestellt? Nein AM = Sicherheitseinrichtung Gefährdungsbeurteilung durchgeführt? Gefährdungsbeurteilung durchführen Ja Ist eine regelmäßige Prüfung überflüssig? Nein Prüffristen festlegen Befähigte Person benennen Prüfung durchführen/dokumentieren ggf. Mängel beheben Ja Betriebsanweisung erstellt? Nein Betriebsanweisungen erstellen Ja Unterweisung erhalten, noch aktuell? Nein Unterweisung durchführen und dokumentieren Ja Arbeitsmittel zur Benutzung freigeben

2. Tätigkeits- und arbeitsplatzbezogene Gefährdungsbeurteilung 2.1 Allgemeines Der Fachverantwortliche hat durch eine Beurteilung die für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zu sichern und zu verbessern. Dabei handelt es sich um technische, organisatorische und personenbezogene Maßnahmen. Die in 5 Arbeitsschutzgesetz geforderte Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen und die Ermittlung der erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen durch den Arbeitgeber ist eine schon durch viele andere Rechtsnormen geforderte Pflicht. Hiermit geht auch eine Dokumentationspflicht einher ( 6 Arbeitsschutzgesetz). Im Rahmen eines gemeinsamen Projektes der Universitäten Bonn und Hamburg wurden 1997 Handlungsanleitungen entwickelt, mit deren Hilfe die Fachverantwortlichen ihren Arbeitgeberpflichten nach den 5 und 6 Arbeitsschutzgesetz nachkommen können. Neben den Pflichten nach Arbeitsschutzgesetz bestehen auch Pflichten, die sich aus der Betriebssicherheitsverordnung ergeben. Diese Handlungsanleitung (Stand Januar 2005) wurde daraufhin den Anforderungen aus der Betriebssicherheitsverordnung angepasst. 2.2 Wer führt die Gefährdungsbeurteilung durch? Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet den Arbeitgeber zur Beurteilung und Dokumentation der Arbeitsbedingungen. Es obliegt den jeweiligen Fachverantwortlichen, die in ihrem Zuständigkeitsbereich vorhandenen Arbeitsplätze gemäß den Forderungen des Arbeitsschutzgesetzes zu beurteilen und zu dokumentieren. Diese Pflicht wurde im Rahmen der Dienstanweisung Pflichten und Rechte im Arbeits- und Umweltschutz schriftlich auf den jeweiligen Fachverantwortlichen übertragen. Die vorliegenden Beurteilungsbögen sind so aufgebaut, dass sowohl der Fachverantwortliche als auch jeder Mitarbeiter den Arbeitsplatz und die möglichen Gefährdungen beurteilen kann. Sinnvoll ist es, die Mitarbeiter bei der Gefährdungsbeurteilung zu beteiligen. 2.3 Bögen zur Gefährdungsbeurteilung 2.3.1 Beurteilungsbögen Die Beurteilung der Arbeitsbedingungen erfolgt zum einen tätigkeitsbezogen, zum anderen gefährdungsbezogen. Da es ausreichend ist, bei gleichartigen Arbeitsbedingungen einen Arbeitsplatz oder eine Tätigkeit zu beurteilen, wurden Beurteilungsbögen typisierter Arbeitsplätze entwickelt (s. 2.7). Diesen Bögen liegt eine Unterteilung in acht Gefährdungsklassen zugrunde, die Überbegriffe zu konkreten Gefährdungen darstellen (s. 2.8). Zunächst wird ermittelt und durch Ankreuzen dokumentiert, welche Gefährdungen vorliegen. Danach wird überprüft, ob die zur Beseitigung der Gefährdung vorgeschlagenen Maßnahmen erfüllt, nicht erfüllt sind oder entfallen können. Die in den Bögen aufgelisteten Schutzmaßnahmen sind als Beispiele anzusehen und erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Es ist deshalb genügend Platz für Ergänzungen weiterer Schutzmaßnahmen gegeben. Sollten im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung Abweichungen zwischen dem Soll- und dem Ist-Zustand auftreten und damit Gefährdungen verbunden sein, werden entsprechende Maßnahmen vom Fachverantwortlichen eingeleitet. Die einzuleitenden Maßnahmen sind abhängig von Gefährdungsgrad. Dieser ist vom Fachverantwortlichen zu ermitteln. Ggf. ist eine Nutzung unzulässig oder nur noch eingeschränkt möglich. Der Fachverantwortliche ist verpflichtet, die Versicherten über die eingeleiteten Maßnahmen zu informieren. Dies ist vom Fachverantwortlichen in geeigneter Weise zu dokumentieren sowie die Einhaltung der getroffenen Maßnahmen zu überprüfen.

Folgende Fachabteilungen bieten Hilfestellung an: Fragen bezüglich baulicher Maßnahmen: Abteilung 4.5 - Bau- und Liegenschaftsangelegenheiten Fragen im Bereich Strahlenschutz: Abteilung 4.4 - Allgemeiner Strahlenschutz Fragen bezüglich technischer Maßnahmen: Abteilung 4.3 - Betriebstechnik/Energieversorgung Fragen bezüglich organisatorischer oder personenbezogener Maßnahmen sowie allgemeine Fragen des Arbeitsschutzes: Abteilung 4.2-Sicherheitswesen/Umweltschutz. Zwingende Anlässe einer erneuten Gefährdungsbeurteilung sind: Änderung der Arbeitsorganisation, Anschaffung neuer Maschinen oder sonstiger beurteilungsrelevanter Gerätschaften, Arbeitsunfälle, das Auftreten arbeitsbedingter, gesundheitlicher Beeinträchtigungen in dem jeweiligen Arbeitsbereich, Mängel an Sicherheitseinrichtungen und damit verbundene Gefährdungen. Unabhängig von diesen zwingenden Anlässen wird den Fachverantwortlichen jedoch empfohlen, die Gefährdungsbeurteilung regelmäßig (z.b. jährlich) zu überprüfen. 2.3.2 Dokumentationsbogen Im Dokumentationsbogen wird der Bezug zwischen der Gefährdungsbeurteilung und dem Ort der Tätigkeit hergestellt. Durch dieses Verfahren ist gewährleistet, dass alle Arbeitsplätze erfasst werden, ohne dass für jeden Arbeitsplatz bzw. Raum ein eigener Gefährdungsbogen ausgefüllt werden muss. Dieser Bezug ist jedoch nur möglich, wenn die Arbeitsplätze bzw. Tätigkeiten sowie die damit verbundenen Gefährdungen und Schutzmaßnahmen vergleichbar sind. 2.4 Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung, Stand Januar 2005 Wurden bisher bestimmte Standards vorausgesetzt, so muss nunmehr vom Fachverantwortlichen dokumentiert werden, dass folgende Grundsätze eingehalten werden: 1. Grundsätzliches erfüllt Es werden alle notwendigen Maßnahmen für die sichere Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln getroffen. Diese Maßnahmen werden im Bogen Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsmittel dokumentiert. Die Arbeitsmittel werden geprüft. Diese Prüfungen werden mindestens im Kataster Regelmäßige Prüfungen von Arbeitsmitteln dokumentiert. Es finden regelmäßige Unterweisungen statt (inklusive Dokumentation). Folgende Unterlagen sind vorhanden: Allgemeine Laborordnung Betriebsanweisungen für Gefahrstoffe Betriebsanweisungen für Arbeitsmittel, bei deren Bereitstellung / Benutzung eine Gefährdung für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten verbunden ist. Regeln für bestimmte Arbeitsbereiche und Arbeitstechniken Im Laborbereich werden Schutzbrille, Kittel und geschlossenes, trittsicheres Schuhwerk getragen. Besondere Maßnahmen für Jugendliche Besondere Maßnahmen für werdende oder stillende Mütter In Laboratorien sind das Essen, Trinken, Rauchen, Schnupfen und Schminken untersagt. Pflichten des Fachverantwortlichen: Es werden Maßnahmen eingeleitet, um Abweichungen zwischen dem Soll- und dem Ist-Zustand und damit verbundene Gefährdungen zu verhindern. Die Art der einzuleitenden Maßnahmen ist abhängig vom ermittelten Gefährdungsgrad. Ggf. ist eine Nutzung unzulässig oder nur noch eingeschränkt möglich. Die Beschäftigen werden über die eingeleiteten Maßnahmen informiert. Die getroffenen Maßnahmen werden in geeigneter Weise dokumentiert und deren Einhaltung entsprechend kontrolliert. ja nein Entfällt 8

Im Dokumentationsbogen wurde Folgendes ergänzt: Ich bestätige, dass eine erneute Beurteilung bei Änderung der Arbeitsorganisation, Anschaffung neuer Maschinen oder sonstiger beurteilungsrelevanter Gerätschaften, Arbeitsunfällen, Auftreten arbeitsbedingter, gesundheitlicher Beeinträchtigungen in dem jeweiligen Arbeitsbereich, Mängel an Sicherheitseinrichtungen und damit verbundenen Gefährdungen durchgeführt wird. 2.5 Abschluss der Gefährdungsbeurteilung Die Beurteilungs- und Dokumentationsbögen sind an zentraler Stelle im Verantwortungsbereich so aufzubewahren, dass sie von den Mitarbeitern und den zuständigen Behörden auf Verlangen eingesehen werden können. Unter Hinweis auf die Organisations- und Kontrollverantwortung des Kanzlers hat die Abteilung 4.2 - Sicherheitswesen/Umweltschutz das Recht, die Gefährdungsbeurteilungen vor Ort im Institut einzusehen. Es ist nicht mehr erforderlich, eine Kopie der Beurteilungsbögen an die Abteilung 4.2 - Sicherheitswesen/Umweltschutz zu schicken! Ob die Fachverantwortlichen der Verpflichtung zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung nachkommen, wird im Rahmen sog. Überprüfungen von Sicherheitsstandards und/oder bei Begehungen durch die Abteilung 4.2 - Sicherheitswesen/Umweltschutz vor Ort überprüft. 2.6 Zusätzliche Informationen Sollten beim Ausfüllen der Bögen Unklarheiten aufgetreten sein, steht Ihnen die Abteilung 4.2 - Sicherheitswesen/Umweltschutz beratend zur Verfügung. Frau A. Jubelius, Tel.: 0228/73-5992, a.jubelius@uni-bonn.de Herr D. Reichard, Tel.:0228/73-7098, d.reichard@uni-bonn.de 2.7 Beurteilungsbögen für typisierte Arbeitsplätze/Tätigkeiten 1.0 Experimentelle Arbeitsbereiche 1.2 Arbeitsplätze in physikalisch orientierten Laboratorien 1.1 Arbeitsplätze in chemisch orientierten Laboratorien 1.3 Arbeitsplätze in biologisch orientierten Laboratorien 1.4 Photolaboratorien 1.5 Arbeitsplätze nach Strahlenschutz- und Röntgenverordnung 2.0 Werkstätten 2.1 Arbeitsplätze in Elektro- und Elektronikwerkstätten 2.2 Arbeitsplätze in mechanischen oder feinmechanischen Werkstätten 2.3 Arbeitsplätze in Holzwerkstätten 2.4 Glasinstrumentebau 3.0 Büroarbeitsplätze 3.1 Bildschirmarbeitsplätze 4.0 Allgemeine Dienstleistungen 4.1 Arbeitsplätze in der Druckerei 4.2 Reinigungsarbeitsplätze 4.3 Hausmeistertätigkeiten 4.4 Arbeitsplätze in Gefahrstofflagern 4.5 Arbeitsplätze in der Abfallentsorgung 5.0 Arbeitsplätze in der Landwirtschaft 5.1 Arbeitsplätze in Gärten (Gewächshäusern, Freiland) und der Landwirtschaft 5.2 Arbeitsplätze in der Tierhaltung (Versuchsgüter) 5.3 Arbeitsplätze in der Tierhaltung (Aquarien und Käfighaltung) Falls es Arbeitsplätze gibt, die nicht anhand eines der o.g. Bögen beurteilt werden können, bietet die Abteilung 4.2 - Sicherheitswesen/Umweltschutz Hilfestellung an. 9

2.8 Klassifikation der Gefährdungsfaktoren Gefahrstoffe Brand- und Explosionsgefährdungen Biologische Gefährdungen Elektrische Gefährdungen Mechanische Gefährdungen Physikalische Gefährdungen Physische Gefährdungen Sonstige Gefährdungen Schwebstoffe (Nebel, Rauche, Gase Stäube, Partikel, Dämpfe) leichtentzündliche Feststoffe, Flüssigkeiten, Gase Allergene, toxische Stoffe von Mikroorganismen GVO u.ä., Infektionsgefahr Elektrische Anlagen und Betriebsmittel Ungeschützte bewegte Maschinenteile Ionisierende Strahlung (Röntgenstrahlen, Radioaktivität) Einseitige dynamische Arbeit Flüssigkeiten, Feststoffe, KMR-Stoffe Brandfördernde Stoffe Gefährdung durch Tiere oder Pflanzen Gefährliche Körperströme Bewegte Transportmittel, bewegte Arbeitsmittel Nichtionisierende Strahlung (UV, IR, Laser, sichtbares Licht) Schwere dynamische Arbeit ergonomische Gestaltung Lichtbögen Unkontrolliert bewegte Teile Lärm Haltungsund / oder Haltearbeit Sturz, Absturz, Ausrutschen Hautgefährdung Explosivstoffe Explosionsgefährdung durch Stäube, Dämpfe, Gase Arbeiten in engen Räumen oder Behältern Elektrostatische Aufladung Teile mit gefährlichen Oberflächen Hitze, Kälte, Feuchte Herabfallende, umstürzende Gegenstände Druckbehälter scharfe und spitze Gegenstände 10

www.sichtech.uni-bonn.de Arbeitsschutz 1. Allgemeiner Teil Gefährdungsbeurteilung, Stand Januar 2005 Dokument1

3. Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsmittel, Mindestanforderungen für die Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln Ein wesentliches Element des betrieblichen Arbeitsschutzes ist die Beurteilung, der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen (Gefährdungsbeurteilung), mit deren Hilfe ermittelt wird, welche konkreten Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. In Kapitel 2 wurde hierzu das Beurteilungs- und Dokumentationsverfahren für die Arbeitsplätze bzw. Tätigkeiten beschrieben. Ergänzt werden diese Gefährdungsbeurteilungen durch die Anforderungen an die Beschaffenheit, Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln. In diesem Kapitel werden dazu die Mindestanforderungen, die bei der Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln zu beachten sind, beschrieben. Die Vorgaben gelten grundsätzlich unabhängig davon, wann die Arbeitsmittel erstmals bereitgestellt wurden. Der Beurteilungsbogen (s. Anhang 2) dient dazu, Gefährdungen zu beurteilen, die durch Arbeitsmittel entstehen können, und vereint alle Anforderungen bzgl. der Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln der Anhänge 1 und 2 der Betriebssicherheitsverordnung. 3.1 Begriffsbestimmungen 3.1.1 Arbeitsmittel Arbeitsmittel sind Werkzeuge, Geräte, Maschinen oder Anlagen. Anlagen setzen sich aus mehreren Funktionseinheiten zusammen, die zueinander in Wechselwirkung stehen und deren sicherer Betrieb wesentlich von diesen Wechselwirkungen bestimmt wird; hierzu gehören insbesondere überwachungsbedürftige Anlagen. Dies schließt auch Arbeitsmittel ein, die selbst hergestellt oder nachträglich wesentlich verändert wurden. Anlagen i. d. S. sind auch Versuchsaufbauten zur längerfristigen Nutzung. Aufgrund dieser umfassenden Definition gilt die Verpflichtung, Gefährdungen beim Umgang mit Arbeitsmitteln zu beurteilen, grundsätzlich für die Bereitstellung als auch für die Benutzung aller Arbeitsmittel, d.h. sowohl für den Hammer als auch für den Druckbehälter (der u.u. eine überwachungsbedürftige Anlage darstellt!). Allerdings wird diese grundsätzliche Verpflichtung dadurch eingeschränkt, dass einen systematische Beurteilung der Arbeitsmittel anhand des Bogens nur dann durchzuführen ist, wenn mit der Benutzung des betreffenden Arbeitsmittels eine Gefährdung für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten verbunden ist. Liegt keine Gefährdung vor, entfällt die Gefährdungsbeurteilung. Um entscheiden zu können, ob ein Arbeitsmittel als gefährlich einzustufen ist oder nicht sind folgende Überlegungen zu beachten: Können Arbeitsmittel z.b. Maschinen, Maschineteile, Werkstücke Anlagen oder Transportmittel zwangsgeführte oder unkontrollierte Bewegung ausführen, die das Personal gefährden? Können durch die Bewegung eines Menschen Gefahren entstehen? Unzureichende Trittsicherheit? Können Kontakte mit einer gefährlichen Oberfläche stattfinden? Können unter Spannung stehende Teile berührt werden Muss in der Nähe von Hochspannung gearbeitet werden Kann elektrostatische Aufladung entstehen Werden gesundheitgefährdende, explosions- und brandgefährdene Stoffe eingesetzt oder können sie emittiert werden? Wird mit heißen oder kalten Medien umgegangen? Können Berührungen damit stattfinden? Ist eine hohe Lärmemission vorhanden ( >75 dba) oder treten hochfrequente Töne, kratzende Geräusche auf, können Schalltraumata entstehen? Werden Schwingung auf Menschen übertragen? Wird Strahlung emittiert? 11

Sind die grundlegenden ergonomische Voraussetzungen gegeben? ( Körperhaltung, schwere Arbeiten, Signal, Sichtanzeigen, Verwechselung bei der Bedienung möglich, sichere Griffe usw.) Ist eine Sicherung gegen unbeabsichtiges Anlaufen vorhanden? Kann das Arbeitsmittel stillgesetzt werden? Werden derartige Gefahren festgestellt, ist eine umfassende Gefährdungsbeurteilung erforderlich. 3.1.2 Bereitstellung Bereitstellung umfasst alle Maßnahmen, die der Arbeitgeber zu treffen hat, damit den Beschäftigten nur solche Arbeitsmittel bereitgestellt werden, die für die am Arbeitsplatz gegebenen Bedingungen und Anforderungen geeignet sind. Bereitstellung umfasst auch Montagearbeiten wie den Zusammenbau eines Arbeitsmittels einschließlich der für die sichere Benutzung erforderlichen Installationsarbeiten. 3.1.3 Benutzung Benutzung umfasst alle ein Arbeitsmittel betreffenden Maßnahmen wie Erprobung, Ingangsetzen, Stillsetzen, Gebrauch, Wartung und Instandsetzung, Prüfung, Sicherheitsmaßnahmen bei Betriebsstörung, Um- und Abbau und Transport. 3.2 Bogen zur Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsmittel Der Bogen unterteilt sich in folgende Abschnitte: Teil A nutzungsbezogene Anforderungen (beinhaltet Anhang 1 BetrSichV) Teil B technische Anforderungen (beinhaltet Anhang 1 BetrSichV) Teil C zusätzliche Anforderungen für spezielle Arbeitsmittel (beinhaltet Anhang 2 BetrSichV) mobile selbstfahrende und nichtselbstfahrende Arbeitsmittel Arbeitsmittel zum Heben von Lasten und Heben von nichtgeführten Lasten Arbeitsmittel für zeitweilige Arbeiten an hoch gelegenen Arbeitsplätzen Teil D Gefährdungsbeurteilung für selbst gefertigte Arbeitsmittel 3.2.1 Nutzungsbezogene Anforderungen, Teil A Diese Mindestanforderungen sind bei der Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln zu beachten, und zwar für alle Arbeitsmittel, d.h. auch für solche, die bereits eingesetzt werden. Der Bogen ist dann auszufüllen, wenn mit der Benutzung des betreffenden Arbeitsmittels eine Gefährdung für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten verbunden ist. Im Sinne der erforderlichen ganzheitlichen Betrachtung ist es jedoch nicht ausreichend, lediglich das Arbeitsmittel zu betrachten. Aus diesem Grund gilt dieser Bogen ausschließlich in Verbindung mit den arbeitsplatz- bzw. tätigkeitsbezogenen Gefährdungsbeurteilungen gemäß Arbeitsschutzgesetz. Bei neu zu beschaffenden Arbeitsmittel ist es sinnvoll, diese nutzugsbezogenen Anforderungen bereits in die Entscheidung, welches Arbeitsmittel gekauft werden soll, mit einzubeziehen. Dies hilft u. U. dabei, bereits vor der Bereitstellung angemessene Maßnahmen festzulegen und umzusetzen. 3.2.2 Stichtag-Regelung, Technische Anforderungen, Teil B Im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung gelten die technischen Anforderungen im Teil B des Bogens erst einmal für Arbeitsmittel, die vor dem 03.10.2002 erstmalig bereitgestellt wurden, jedoch nicht den zu diesem Datum gültigen Rechtsvorschriften entsprachen (z.b. auch keine CE-Kennzeichnung haben). Teil B entspricht dem Anhang 1 der Betriebssicherheitsverordnung. Für Arbeitsmittel, die selbst gefertigt werden, gelten diese Anforderungen unabhängig vom Fertigungsdatum. Teil B gilt auch für Arbeitsmittel, die vor dem 03.10.2002 erstmalig bereitgestellt wurden, allerdings nachträglich wesentlich verändert wurden (s. Interpretationspapier des BMA und der Länder zum Thema "Wesentliche Veränderung von Maschinen" Gerätesicherheitsgesetz /9. GSGV, Bek. des BMA vom 7. September 2000 - IIIc 3-39607-3 -(BArbBl. 11/2000 S. 35)). 12

3.2.3 Zusätzliche Anforderungen für spezielle Arbeitsmittel, Teil C Diese Anforderungen sind neben Teil A und B für spezielle Arbeitsmittel bei der Bereitstellung und Benutzung zu beachten. Dies gilt unabhängig davon, ob das Arbeitsmittel bereits eingesetzt wird oder erst zukünftig bereitgestellt werden soll. Teil C entspricht dem Anhang 2 der Betriebssicherheitsverordnung. 3.2.4 Gefährdungsbeurteilung für selbst gefertigte Arbeitsmittel Neben dem Teil A und B muss für selbst gefertigte Arbeitsmittel zusätzlich eine spezielle Gefährdungsbeurteilung (Teil D) durchgeführt werden. Diese Gefährdungsbeurteilung ist angelehnt an die Risikoanalyse nach DIN 1050, Sicherheit von Maschinen - Leitsätze zur Risikobeurteilung, an. Diese Gefährdungsbeurteilung ist durchzuführen in Werkstätten, sofern dort ein Arbeitsmittel (Gerät) für ein wissenschaftliches Projekt konstruiert wird, für Versuchsanlagen in Laboratorien, Messräumen oder Technika (Destillationsanlagen, Messanordnungen im Physikalischen Labor), die über einen längeren Zeitraum betrieben werden. Es empfiehlt sich, den Teil D des Bogens vor Teil A und B auszufüllen. 3.3 Anwendungsbeispiele Beispiel 1: Eine Werkstatt betreibt eine Drehmaschine, Baujahr 1970. Zum Zeitpunkt der Bereitstellung entsprach die Drehmaschine den geltenden Rechtsvorschriften. Da diese Drehbank jedoch erstmals vor dem 3.10.2003 bereitgestellt wurde, muss der Werkstattleiter als Fachverantwortlicher nun prüfen, ob diese Drehmaschine mindestens dem Teil B, technische Anforderungen, genügt, und ggf. Nachrüstungen vornehmen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Drehmaschine den grundlegenden Anforderungen einer neuen Drehmaschine entsprechen muss, sofern die Nachrüstungen wirksam sind und trotz einer evtl. Abweichung der Schutz der Beschäftigten gewährleistet ist. Beispiel 2: Da die Umrüstung der Drehmaschine nicht möglich ist, soll eine neue Drehmaschine angeschafft werden. Die Betriebssicherheitsverordnung ist in folgenden Punkten zu beachten: Der Werkstattleiter kauft bei einem Hersteller eine neue Drehmaschine inkl. Konformitätserklärung. Damit ist dokumentiert, dass das Arbeitsmittel den Rechtsvorschriften entspricht. Der Werkstattleiter muss lediglich die Anforderungen des Teils A des Bogens erfüllen. Der Werkstattleiter kauft eine gebrauchte Drehmaschine (Baujahr 2003) aus einer Firmenauflösung. Eine Konformitätserklärung kann die Firma nicht vorlegen; Anfragen beim Hersteller sind erfolglos. Der Werkstattleiter hat vor Bereitstellung der Drehbank zusätzlich zum Teil A auch anhand Teil B, technische Anforderungen, zu prüfen, ob die Drehmaschine die allgemeinen Mindestvorschriften erfüllt. Beispiel 3: Eine Werkstatt konstruiert ein Arbeitsmittel (Gerät) für ein wissenschaftliches Projekt. Für dieses Gerät ist der Bogen Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsmittel, Teil A, B und D (ggf. auch Teil C) anzuwenden. Beispiel 4: Für Versuchsanlagen in Laboratorien, Messräumen oder Technika (Destillationsanlagen, Messanordnungen im Physikalischen Labor), die über einen längeren Zeitraum betrieben werden, müssen Gefährdungsbeurteilungen nach Teil A, B und D des Bogens Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsmittel durchgeführt werden. 4. Prüfung von Arbeitsmitteln In Zusammenhang mit der Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsmittel sind Art, Umfang und Fristen der erforderlichen Prüfung von Arbeitsmitteln zu ermitteln. Ferner sind die notwendigen Voraussetzungen für diese Prüfungen festzulegen, welche die Personen erfüllen müssen, die mit der Prüfung von Arbeitsmitteln zu beauftragen sind. 13

Im Kapitel 5 wird der Begriff Befähigte Personen definiert sowie Ablauf und Dokumentation der Prüfungen konkretisiert. Außerdem enthält dieses Kapitel als weitere konkrete Arbeitshilfe ein umfassendes, aber nicht abschließendes Kataster Prüfpflichtige und überwachungsbedürftige Arbeitsmittel und Anlagen. Wichtig ist es, zwischen einer Prüfung und einer sog. Sichtprüfung im Sinne einer in Augenscheinnahme zu unterscheiden. Jeder Versicherte ist verpflichtet, sich vor Benutzung eines Arbeitsmittels vom ordnungsgemäßen Zustand zu überzeugen. Beispiel: Ein Hammer unterliegt einer regelmäßigen Sichtprüfung durch den Benutzer. Eine weitere, regelmäßige Prüfung ist nicht erforderlich. Eine Bohrmaschine unterliegt ebenfalls einer regelmäßigen Sichtprüfung durch den Benutzer; sie muss zusätzlich jedoch einmal pro Jahr bzgl. ihrer elektrischen Sicherheit überprüft werden. Die Prüfung auf elektrische Sicherheit darf jedoch nur von einer befähigten Person erfolgen. 4.1 Begriffsbestimmung Befähigte Personen Die Betriebssicherheitsverordnung führt im Zusammenhang mit der Prüfung von Arbeitsmitteln den Begriff der befähigten Person ein. Befähigt ist jemand, der durch Berufsausbildung, Berufserfahrung und zeitnahe, berufliche Tätigkeiten die erforderlichen Fachkenntnisse zur Prüfung der Arbeitsmittel besitzt. (s. auch Technischen Regel für Betriebssicherheit (TRBS) 1203, Befähigte Personen, Allgemeine Anforderungen). Konkretisierung: Zeitnahe berufliche Tätigkeit bedeutet, dass die Person innerhalb der letzten 5 Jahre mindestens 3 Jahre im Arbeitsbereich tätig war. Diese Anforderungen an die befähigten Personen ist insbesondere von der Art der durchzuführenden Prüfungen abhängig und greift in der Regel erst für die Befähigungsgrade 2 und 3. Fachliche Ausbildung und Erfahrung bedeutet im Zusammenhang der Befähigungsgrade 2 und 3, dass die befähigte Person durch eine berufsbildende Qualifikation oder durch inner- oder außerbetriebliche Fortbildung sowie durch das Anwenden dieses Wissens in der betrieblichen Praxis unter dem Prüfauftrag gleichen oder ähnlichen Bedingungen die für die Prüfung des infrage stehenden Arbeitsmittels nötigen Voraussetzungen beherrscht. Die Begriffe Sachkundiger und Sachverständiger haben keinen Bestand mehr. Gleichwohl werden die Begriffe derzeit noch verwendet, um die Abstufungen der Befähigungsgrade besser zu verdeutlichen. Je nach Art der Prüfaufgabe werden nunmehr unterschiedliche Anforderungen an die sog. befähigte Person gestellt. Hier bedarf es einer Präzisierung, wer in Abhängigkeit von der Prüfaufgabe die Prüfung durchführen kann. Die Anforderungen werden in sog. Befähigungsgraden definiert. Um auszuschließen, dass das Prüfergebnis beeinflusst wird, ist als Grundvoraussetzung sicherzustellen, dass die beauftragte befähigte Person hinsichtlich der Prüftätigkeit keinen fachlichen Weisungen unterliegen darf! Dies betrifft sowohl Mitarbeiter der Universität als auch externe Prüfer. Sollten sich aus der Übertragung von Prüfaufgaben personal- und / oder tarifrechtliche Konsequenzen ergeben, so wird darauf hingewiesen, dass der Fachverantwortliche das Dezernat 3 - Personalwesen hierüber in Kenntnis zu setzen hat. Außerdem darf der Mitarbeiter durch die Ausführung von Prüfaufgaben nicht benachteiligt werden. 14

4.1.1 Benutzer (Befähigungsgrad 1) Die Person muss so weit mit der Prüfung vertraut sein, dass die übertragene Prüfaufgabe durchgeführt und beurteilt werden kann. Der Prüfumfang muss in einer Einweisung vermittelt werden. Der Fachverantwortliche hat sich in geeigneter Weise davon zu überzeugen, dass die Person die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt und die Prüfaufgabe durchführen sowie das Ergebnis beurteilen kann. In der Regel ist dies der Benutzer des Arbeitsmittels, d.h. Labor- und / oder Werkstattpersonal. 4.1.2 Benutzer mit speziellen Kenntnissen (Befähigungsgrad 2) Es müssen eine fachliche Ausbildung sowie Erfahrungen und ausreichende Kenntnisse auf dem Gebiet der zu prüfenden Arbeitsmittel vorhanden sein (ehemaliger Sachkundiger). Die befähigte Person muss mit den jeweils für das Arbeitsmittel anzuwendenden einschlägigen staatlichen Arbeitsschutzvorschriften, berufsgenossenschaftlichen Vorschriften und allgemein anerkannten Regeln der Technik soweit vertraut sein, dass sie den arbeitssicheren Zustand des Arbeitsmittels beurteilen kann. Ggf. sind diese Sachkenntnisse, die für eine Beurteilung des arbeitssicheren Zustandes der zu prüfenden Anlagen und Betriebsmittel notwendig sind, theoretisch und praktisch durch Schulungen zu vermitteln. Der Fachverantwortliche darf nur solche Personen mit diesen Prüfungen beauftragen, die die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen und nachweislich die Anforderungen erfüllen. 4.1.3 Anerkannte Sachverständige (Befähigungsgrad 3) Die befähigte Person muss aufgrund ihrer fachlichen Ausbildung und Erfahrung besondere Kenntnisse auf dem Gebiet des zu prüfenden Arbeitsmittels besitzen und mit den einschlägigen staatlichen Arbeitsschutzvorschriften, berufsgenossenschaftlichen Vorschriften und allgemein anerkannten Regeln der Technik vertraut sein. Die befähigte Person muss regelmäßig Arbeitsmittel entsprechender Bauart und Bestimmung prüfen und gutachterlich beurteilen sowie in der Lage sein, deren Prüfart, Prüfumfang, Prüftiefe und Prüffristen zu ermitteln. Dieser Befähigungsgrad wird in der Regel für Prüfungen an besonders überwachungsbedürftigen Anlagen gefordert. 4.1.4 Besondere Befähigte Personen Die Technischen Regel für Betriebssicherheit (TRBS) 1203, Befähigte Personen, definiert außerdem folgende Personen: Befähigte Personen für den Explosionsschutz (Teil 1) Befähigte Personen für Prüfungen zum Schutz vor Druckgefährdungen (Teil 2) Bei der Benennung von Personen, die in diesen Bereichen Prüfungen ausführen, sind diese Anforderungen zu beachten und anzuwenden. 4.1.5 Befähigungsnachweis externer befähigter Personen Die Beauftragung externer Dritter entbindet den Auftraggeber, d. h. den Fachverantwortlichen, nicht von seiner Verantwortung der sachgerechten Prüfung. Bei der Beauftragung muss der Auftraggeber die entsprechende Qualifikation (möglichst unter Bezugnahme auf die Betriebssicherheitsverordnung), sowie den Prüfinhalt und Prüfumfang abfordern. In der Regel kann der Auftraggeber darauf vertrauen, dass die Leistung erbracht wird. Je komplizierter das Arbeitsmittel jedoch ist, desto sorgfältiger sollten bei der Auftragsvergabe die Anforderungen, die an die befähigte Person gestellt werden, formuliert werden. Im Einzelfall kann es notwendig sein, entsprechende Nachweise einzufordern. Bei zugelassenen Überwachungsstellen (ZÜS) ist das Fachpersonal auf dem von der Zulassung betroffenen Sachgebiet als befähigt anzusehen. 15

4.2 Prüfung der Arbeitsmittel und Dokumentation Die Prüfung der Arbeitsmittel nimmt einen wichtigen Stellenwert ein. In den Bögen zu Kapitel 4 wird beschrieben, wie Arbeitsmittel zu prüfen sind, und ein Vorschlag für eine nachvollziehbare Dokumentation der Prüfung unterbreitet. 4.2.1 Pflichten des Fachverantwortlichen 1. Der Fachverantwortliche hat sicherzustellen, dass die Arbeitsmittel, deren Sicherheit von den Montagebedingungen abhängt, nach der Montage und vor der ersten Inbetriebnahme sowie nach jeder Montage auf einer neuen Baustelle oder an einem neuen Standort geprüft werden. Die Prüfung hat den Zweck, sich von der ordnungsgemäßen Montage und der sicheren Funktion dieser Arbeitsmittel zu überzeugen. Die Prüfung darf nur von hierzu befähigten Personen durchgeführt werden. 2. Unterliegen Arbeitsmittel Schäden verursachenden Einflüssen, die zu gefährlichen Situationen führen können, hat der Fachverantwortliche die Arbeitsmittel entsprechend den ermittelten Fristen durch hierzu befähigte Personen überprüfen und erforderlichenfalls erproben zu lassen. Der Fachverantwortliche hat Arbeitsmittel einer außerordentlichen Überprüfung durch hierzu befähigte Personen unverzüglich zu unterziehen, wenn außergewöhnliche Ereignisse stattgefunden haben, die schädigende Auswirkungen auf die Sicherheit des Arbeitsmittels haben können. Außergewöhnliche Ereignisse können insbesondere Unfälle, Veränderungen an den Arbeitsmitteln, längere Zeiträume der Nichtbenutzung der Arbeitsmittel oder Naturereignisse sein. Die Maßnahmen sind mit dem Ziel durchzuführen, Schäden rechtzeitig zu entdecken und zu beheben sowie die Einhaltung des sicheren Betriebs zu gewährleisten. 3. Der Fachverantwortliche hat sicherzustellen, dass Arbeitsmittel nach Instandsetzungsarbeiten, welche die Sicherheit der Arbeitsmittel beeinträchtigen können, durch befähigte Personen auf ihren sicheren Betrieb geprüft werden. 4. Der Fachverantwortliche hat sicherzustellen, dass die Prüfungen auch den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung genügen. 4.2.2 Regelmäßige Prüfung von Arbeitsmitteln und Anlagen Welche Arbeitsmittel in welchem Umfang prüfpflichtig sind, legt der Fachverantwortliche im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung für jedes Arbeitsmittel fest und dokumentiert dies in dem jeweiligen Beurteilungsbogen zum Arbeitsmittel. Analog zu Arbeitsplatz-/Tätigkeitsbezogenen Gefährdungsbeurteilungen müssen auch Gefährdungsbeurteilungen für Arbeitsmittel überprüft und ggf. aktualisiert werden. Der Zeitraum der Aktualisierung wird entsprechend der Gefährdungsbeurteilung und den Begebenheiten im jeweiligen Zuständigkeitsbereich vom Fachverantwortlichen festgelegt. Die Aktualisierung erfolgt jedoch mindestens bei Veränderungen (Zuweisung von Prüfaufgaben, neue Prüfobjekte, Benennung neuer Personen, die die Prüfungen durchführen). Zusätzlich steht als Hilfsmittel die Liste Prüfpflichtige Arbeitsmittel und sonstige Einrichtungen, Stand August 2004, Bogen anh3a.xls, zur Verfügung. Grundlage für die Liste war u.a. das Kataster Prüfpflichtige und überwachungsbedürftige Arbeitsmittel und Anlagen des TÜV Rheinland Berlin-Brandenburg und die Liste Prüfpflichtige Anlagen der Landesunfallkasse Hamburg. Allerdings erhebt diese Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit und dient lediglich als Nachschlagewerk. Diese Liste entbindet nicht davon, für die dort aufgeführten Arbeitsmittel eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Diese in der Liste genannten Prüffristen können als Orientierung weiterhin angewendet werden. Es ist jedoch zu beachten, dass sich die dort genannten gesetzlichen Vorgaben der die Vorgaben aus Unfallverhütungsvorschriften einem Wandel unterliegen. Seitens der Arbeitsgruppe, die diese Liste zusammengestellt hat, erfolgt keine weitere Aktualisierung. 16

Veränderung gesetzlich vorgegebener Prüffristen Eine Verkürzung der Prüffristen ist jederzeit möglich bzw. notwendig, wenn sich dies aufgrund der Gefährdungsbeurteilung oder z.b. immer wieder auftretender Störungen ergibt. Der Fachverantwortliche kann die Prüffristen auch verlängern, wenn dies anhand der Gefährdungsbeurteilung zu belegen ist und Ergebnisse bisheriger Prüfungen dem nicht entgegen sprechen. Von einer Inanspruchnahme dieser Möglichkeit ist jedoch derzeit noch abzuraten bzw. es wird empfohlen, dies über die Abteilung 4.2 - Sicherheitswesen/Umweltschutz mit den Ämtern für Arbeitsschutz und/oder der zuständigen Berufsgenossenschaft im Einzelfall abzustimmen. Konkretisierungen wird es auch seitens des Ausschusses für Betriebssicherheit geben. Kataster "Regelmäßige Prüfungen von Arbeitsmitteln und Sicherheitseinrichtungen" Aus Gründen der Nachvollziehbarkeit empfiehlt es sich, die Daten bzgl. der Prüfungen je Verantwortungsbereich in einem Kataster Regelmäßige Prüfungen von Arbeitsmitteln festzuhalten. Hierzu steht eine Liste (s. Bogen anh3b.xls ) zur Verfügung. Kopf Hier werden der Name des Instituts / Arbeitskreises sowie der Aktualisierungszeitraum eingetragen. 1 Arbeitsmittel, Inventarnummer bzw. genaue Bezeichnung 2 Prüfobjekt (gesamtes Arbeitsmittel oder bestimmte Teile des Arbeitsmittel, Sicherheitseinrichtung) Hier werden die Prüfobjekte aufgeführt. Dabei sollten aus Gründen der Vollständigkeit nicht nur die beurteilten Arbeitsmittel im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung aufgeführt werden, sondern z.b. auch Sicherheitseinrichtungen wie spezielle Absaugungen, Notduschen etc. 3 Hier ist die Art der Prüfung zu beschreiben, z.b. Sichtprüfung auf sicheren Zustand (gilt grundsätzlich für alle Arbeitsmittel) Funktionsprüfung Sicherheitsüberprüfung (bei Bauteilen, die ausschließlich der Sicherheit diesen) Prüfungen im Rahmen von Wartungen/Instandhaltung 4 Informationen zur Prüfung, Prüfstandard Hier werden nähere Angaben zur Prüfung gemacht. Teilweise bestehen Prüfstandard aufgrund rechtlicher Vorgaben (s. auch Kataster Prüfpflichtige Arbeitsmittel), aus Erfahrungen beim Umgang mit dem Arbeitsmittel, aufgrund von Herstellervorgaben und aufgrund von o.g. Sicherheitsinformationen der Abteilung 4.2 - Sicherheitswesen/Umweltschutz. 5 Hier sind die ermittelten Prüffristen einzutragen. Sollten noch rechtliche Grundlagen für Prüffristen bestehen (Unfallverhütungsvorschriften oder anderen Rechtsquellen), können diese dort angenommen werden, sofern diese auch der Gefährdungsbeurteilung genügen. 6 Bewertung der Prüffrist: ausreichend ja/nein 7 Hier ist zu ermitteln, welche Anforderungen je nach Art des Arbeitsmittels an die Person gestellt werden, die die Prüfung durchführen (Befähigungsgrad, s. Kapitel 3). 8 Namentliche Benennung der Person, die die Prüfung durchführt 9 Dokumentation der Prüfergebnisse z.b. Protokoll, Plakette, Liste 17

4.2.3 Dokumentation der Prüfergebnisse Die Aufzeichnung müssen für das zu prüfende Arbeitsmittel angemessen und nachvollziehbar sein, d.h. je nach Art steigen die Anforderungen an die Dokumentation. Nachvollziehbar bedeutet auch, dass die Anforderungen und die Qualifikation der befähigten Person im Rahmen der Dokumentation nochmals dargestellt werden. Beispiele: 1. Bei Feuerlöschern sind Prüfplaketten ausreichend. 2. Bei Notduschen sollte eine Liste geführt werden, in der vermerkt wird, wer wann welche Notdusche mit welchem Ergebnis geprüft hat. 3. Laborabzüge: Neben der Prüfplakette, die nach Möglichkeit farbig anzeigen sollte, mit welchem Ergebnis die Prüfung abgeschlossen hat (rot: nicht funktionsfähig, grün: funktionsfähig) empfiehlt es sich, die Messdaten bzgl. der Luftleistung sowie sonstige Daten (z.b. mechanische Sicherheit) in einem Protokoll festzuhalten. 4. Eine umfangreiche Dokumentation muss bei der Prüfung überwachungsbedürftiger Anlagen erfolgen. Diese Dokumentation enthält in der Regel folgende Angaben: Datum der Prüfung Art der Prüfung Prüfgrundlagen Was wurde im einzelnen geprüft Ergebnis der Prüfung Mängel und deren Bewertung Aussagen zum Weiterbetrieb Termin der nächsten Prüfung (z. B. nach Mängelbeseitigung, wiederkehrende Prüfung) Name und Bezeichnung des Prüfers Der Fachverantwortliche hat sicherzustellen, dass die Dokumentationen, sei es bei Prüfungen durch Mitarbeiter der Universität oder durch externe Organisationen, vorliegen. 5. Explosionsgefährdete Bereiche 5.1 Rechtsgrundlage 5.1.1 Explosionsfähige Atmosphäre gemäß 2 Betriebssicherheitsverordnung Explosionsfähige Atmosphäre im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung ist ein Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen, Nebeln oder Stäuben unter atmosphärischen Bedingungen, in dem sich der Verbrennungsvorgang nach erfolgter Entzündung auf das gesamte unverbrannte Gemisch überträgt. Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre ist eine explosionsfähige Atmosphäre, die in einer solchen Menge (gefahrdrohende Menge) auftritt, dass besondere Schutzmaßnahmen für die Aufrechterhaltung des Schutzes von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer oder Anderer erforderlich werden. Explosionsgefährdeter Bereich im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung ist ein Bereich, in dem gefährliche explosionsfähige Atmosphäre auftreten kann. Ein Bereich, in dem explosionsfähige Atmosphäre nicht in einer solchen Menge zu erwarten ist, dass besondere Schutzmaßnahmen erforderlich werden, gilt nicht als explosionsgefährdeter Bereich. 5.1.2 Explosionsschutzdokument gemäß 6 Betriebssicherheitsverordnung (1) Der Arbeitgeber hat unabhängig von der Zahl der Beschäftigten im Rahmen seiner Pflichten nach 3 sicherzustellen, dass ein Dokument (Explosionsschutzdokument) erstellt und auf dem letzten Stand gehalten wird. (2) Aus dem Explosionsschutzdokument muss insbesondere hervorgehen, 1. dass die Explosionsgefährdungen ermittelt und einer Bewertung unterzogen worden sind, 2. dass angemessene Vorkehrungen getroffen wurden, um die Ziele des Explosionsschutzes zu erreichen, 3. welche Bereiche entsprechend Anhang 3 in Zonen eingeteilt wurden und 4. für welche Bereiche die Mindestvorschriften gemäß Anhang 4 gelten. 18

(3) Das Explosionsschutzdokument ist vor Aufnahme der Arbeit zu erstellen. Es ist zu ü- berarbeiten, wenn Veränderungen, Erweiterungen oder Umgestaltungen der Arbeitsmittel oder des Arbeitsablaufes vorgenommen werden. (4) Unbeschadet der Einzelverantwortung jedes Arbeitgebers nach dem Arbeitsschutzgesetz und 16 der Gefahrstoffverordnung koordiniert der Arbeitgeber, der die Verantwortung für die Bereitstellung und Benutzung der Arbeitsmittel trägt, die Durchführung aller die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten betreffenden Maßnahmen und macht in seinem Explosionsschutzdokument genauere Angaben über das Ziel, die Maßnahmen und die Bedingungen der Durchführung dieser Koordinierung. 5.2 Beauftragte Personen Die Anforderungen der Technische Regeln für Betriebssicherheit, TRBS 1203 Teil 1, Befähigte Personen - Besondere Anforderungen - Explosionsgefährdungen sind zu beachten und anzuwenden. 5.3 Betrachtung von Laboratorien Sofern Laboratorien mit einer mechanische Be- und Entlüftung (Abluftrate 25m 3 m -2 h -1 ) nach Stand der Technik betrieben und gemäß TRGS 526 Laboratorien genutzt werden (bestimmungsgemäßer Gebrauch der Gefahrstoffe in laborüblichen Mengen durch unterwiesenes Personal), ist ein Explosionsschutzdokument grundsätzlich nicht erforderlich, da die nach dem Stand der Technik installierte und betriebene Lüftungstechnik als Maßnahme im Sinne eines primären Explosionsschutzes anzusehen ist. 5.4 Orientierungshilfen für die Praxis Der Explosionsschutz stellt ein sehr spezielles und durch die Betriebssicherheitsverordnung auch sehr umfangreich zu betrachtendes Sachgebiet dar. Als Hilfestellung werden im Anhang 4 Explosionsschutzdokumente für folgende Bereiche vorgestellt: 1. Chemikalienlager der Universität Bonn 2. Sicherheitsschränke für brennbare Flüssigkeiten (Fa. Düperthal, Fa. Envibow) 6. Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen 6.1 Rechtsgrundlage Die Betriebssicherheitsverordnung regelt u.a. die Überprüfung überwachungsbedürftiger Anlagen. 1 Anwendungsbereich Sie gilt auch für überwachungsbedürftige Anlagen im Sinne des 2 Abs. 2a des Gerätesicherheitsgesetzes, soweit es sich handelt um 1. a) Dampfkesselanlagen, b) Druckbehälteranlagen außer Dampfkesseln, c) Füllanlagen, d) Leitungen unter innerem Überdruck für entzündliche, leichtentzündliche, hochentzündliche, ätzende oder giftige Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten, die aa) Druckgeräte im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 97/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Mai 1997 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Druckgeräte (ABl. EG Nr. L 181 S.1) mit Ausnahme der Druckgeräte im Sinne des Artikels 3 Abs. 3 dieser Richtlinie, bb) innerbetrieblich eingesetzte ortsbewegliche Druckgeräte im Sinne des Artikels 1 Abs. 3 Nr. 3.19 der Richtlinie 97/23/EG oder 19