Risikoadjustierte Daten der Prävalenzmessung Dekubitus Kinder 2013. Dirk Richter



Ähnliche Dokumente
Genussvoll essen bedarfsgerecht ernähren

Arbeit zu ungewöhnlichen Zeiten Arbeit mit erhöhtem Risiko für Sicherheit und Gesundheit?

Interdisziplinäre Alkoholprävention bei Patient/innen mit Alkoholproblemen im Akutspital

Ergänzungsbericht zum Tätigkeitsbericht 2013 über die Ergebnisse der externen vergleichenden Qualitätssicherung

AWO-Qualitätsbericht. stationär

Wie ist das Wissen von Jugendlichen über Verhütungsmethoden?

QM: Prüfen -1- KN

Diese Broschüre fasst die wichtigsten Informationen zusammen, damit Sie einen Entscheid treffen können.

Screening Das Programm. zur Früherkennung von Brustkrebs

Teambildung. 1 Einleitung. 2 Messen der Produktivität

Zahlen gemeinsam zum Sprechen bringen: Qualitätsanalyse in Teamarbeit als Erfolgsfaktor für Qualitätsverbesserung

Thema: Kundenzufriedenheit

Auswertung des Jahresabschlusses Bilanzanalyse 2

Was sind die Gründe, warum die Frau, der Mann, das Paar die Beratungsstelle aufsucht?

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

15.3 Bedingte Wahrscheinlichkeit und Unabhängigkeit

Publikationskonzept Prävalenzmessung Sturz & Dekubitus

Risikomanagement bei PPP Projekten: Erfahrungen aus Deutschland

Sobotta Atlas der Anatomie des Menschen

Die Abbildung von Pflegebedürftigkeit im NBA und ihre Bedeutung für die Weiterentwicklung der Pflege

Medizinische Rehabilitation bei Epilepsie

Qualität im Gesundheitswesen

Installationsanleitung FRITZ!BOX Fon 7270

So geht s Schritt-für-Schritt-Anleitung

A-CERT ADVANCED pdf-signaturprüfung einrichten 2008

Gibt es einen Geschmacksunterschied zwischen Coca Cola und Cola Zero?

1. In welchen Prozess soll LPA eingeführt werden und warum? (Auslöser und Prozess)

Gratwanderung zwischen Ökonomie und Qualität

Die Invaliden-Versicherung ändert sich

Würfelt man dabei je genau 10 - mal eine 1, 2, 3, 4, 5 und 6, so beträgt die Anzahl. der verschiedenen Reihenfolgen, in denen man dies tun kann, 60!.

Integrierte Dienstleistungen regionaler Netzwerke für Lebenslanges Lernen zur Vertiefung des Programms. Lernende Regionen Förderung von Netzwerken

PRÜFBERICHT ERSTELLT FÜR:

Vorstellung des BMBF-Projektes FluSs aus Sicht eines Endanwenders. Düsseldorf Maritim-Hotel, 09. Juli 2013 Mark Zwirner

IBM SPSS Statistics Version 23. Einführung in Installation und Lizenzierung


Information zum Projekt. Mitwirkung von Menschen mit Demenz in ihrem Stadtteil oder Quartier

o Patentrecherche für die

Pflegerisiko und Pflegeversicherung Status und Potenziale aus Sicht von Versicherungsmaklern und Verbrauchern

CKL Bewertung PLUS. für Microsoft Dynamics NAV. AugenbliCKLlich Durchblick: Die Bewertung zum Bilanzstichtag. Software, die sich rechnet.

Praktische Beispiele für die positiven Auswirkungen des QM in AWO-Wohn- und Pflegeheimen

Widerstand gegen Entwicklung

AIDE-MOI Entwicklung eines Sturzsensors. Projekt zur Früherkennung und Meldung von Sturz. Information für Seniorinnen und Senioren

FH-SY Chapter Version 3 - FH-SY.NET - FAQ -

Die Tabellenvorlage im Katalog für Tabellen speichern... 2 Weiteres zu Schnellbausteinkatalogen EDV + Didaktik - Dr. Viola Vockrodt-Scholz

Forschungsstatistik I

FIW Forschungs-Institut Würtenberger Fragebogen Hauptbefragung bodylife Award bodylife AWARD Fragebogen. 0 Ja, sofort 0 Ja, später 0 Nein

Die Bedeutung von Breitband als Standortfaktor für Unternehmen

WEGWEISER ZUR EINLAGERUNG VON NABELSCHNURBLUT UND -GEWEBE

SEMINARREIHE MEDIZINETHIK

Die Gesundheit ist zwar nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.

Statistische Auswertung:

Befragung der Mannschaftsführer und des Vorstands zum Matchtiebreak und weiteren Themen

Geyer & Weinig: Service Level Management in neuer Qualität.

Herzlich Willkommen zur Präsentation von. Erfahren Sie alles über Ihre Chancen als GDA. (c) by HaWo Holding Inc., 2015, All rights reserved

Inhouse-Schulung For tbildung.mal-alt-werden.de

Zeichen bei Zahlen entschlüsseln

NEET - Jugendliche: Problemausmaß, Charakteristika und Handlungsstrategien

Zurück zur Zeugungsfähigkeit (Refertilisierung)

Implantate. Modernste Zahnmedizin für perfekte Ästhetik. Lust auf schöne Zähne

Die Lieferantenbewertung Geschäftspartner finden und fördern Autor: Jürgen P. Bläsing

Datenschutz im Alters- und Pflegeheim

D a s P r i n z i p V o r s p r u n g. Anleitung. - & SMS-Versand mit SSL (ab CHARLY 8.11 Windows)

Weiterbildende Masterstudiengänge in Deutschland

Ambulant betreutes Wohnen eine Chance!

s Bundesgesetz über die Krankenversicherung. Teilrevision. Spitalfinanzierung

OECD Programme for International Student Assessment PISA Lösungen der Beispielaufgaben aus dem Mathematiktest. Deutschland

Verordnung über die Kostenermittlung und die Leistungserfassung durch Spitäler und Pflegeheime in der Krankenversicherung

Erfolgreiches Call Center Wie gut sind meine Agenten?

SST: - In Kraft - Ab 2011 verbindlich - Modellabhängig

Weiterbildungen 2014/15

Corporate Actions in epoca

Bernadette Büsgen HR-Consulting

Lehrer: Einschreibemethoden

Glaube an die Existenz von Regeln für Vergleiche und Kenntnis der Regeln

Internet- und -Überwachung in Unternehmen und Organisationen

Demographiebericht. Ein Baustein des Wegweisers Kommune. wegweiser-kommune.de. Gundelfingen

micura Pflegedienste Köln

Pflegespiegel Auszug

Webcontrolling Umsetzung in die Praxis. Toll, und wie ist es wirklich?

Sind wir attraktiv für Mitarbeiter? Employer Branding für Unternehmen auf Wachstumskurs.

ecaros2 Installer procar informatik AG 1 Stand: FS 09/2012 Eschenweg Weiterstadt

Hautkrebsscreening. 49 Prozent meinen, Hautkrebs sei kein Thema, das sie besorgt. Thema Hautkrebs. Ist Hautkrebs für Sie ein Thema, das Sie besorgt?

7.3 Einrichtung 13. Monatslohn. Auszahlung Ende Jahr / Ende der Beschäftigung

Selbsttest Prozessmanagement

Im Fragebogen wird häufiger nach pflegenden Angehörigen gefragt. Wir verstehen in diesem Kontext unter pflegenden Angehörigen Personen, die

Die Internet-Schnittstelle im Verfahren

Einfache Varianzanalyse für abhängige

Stand 15. Oktober Fragen und Antworten

Meldeverfahren. Inhaltsübersicht. Schenk Roland MWST Experte FH MWST Berater / Dozent. Grundlagen zum Meldeverfahren

Gesundheitliche Risiken bei dänischen und türkischen Studierenden und ihr Interesse an universitärer Gesundheitsförderung

Sehr geehrter Herr Pfarrer, sehr geehrte pastorale Mitarbeiterin, sehr geehrter pastoraler Mitarbeiter!

Anleitung auf SEITE 2

Kinderhaus Westendstraße Westendstr. 8 a Bad Aibling Tel.: 08061/5839 (Hort/Leitung) 08061/3126 (Kindergarten)

Wege zur Patientensicherheit - Fragebogen zum Lernzielkatalog für Kompetenzen in der Patientensicherheit

Datenexport aus JS - Software

Deutliche Mehrheit der Bevölkerung für aktive Sterbehilfe

10 IDG (Gesetz über die Information und den Datenschutz, LS 170.4) 24 IDV (Verordnung über die Information und den Datenschutz, LS 170.

Resultate GfS-Umfrage November Wie bekannt ist das Phänomen Illettrismus bei der Schweizer Bevölkerung?

Einfache statistische Auswertungen mit dem TI-Nspire

Transkript:

Risikoadjustierte Daten der Prävalenzmessung Dekubitus Kinder 2013 Dirk Richter Berner Angewandte Fachhochschule Forschung Haute & Entwicklung/ école spécialisée Dienstleistung bernoise Pflege, Bern University Leitung Prof. Applied Dr. Sabine Sciences Hahn t

Was erwartet Sie in den nächsten Minuten? Risikoadjustierung Hintergrund Funnel Plots Hintergrund und Aufbau Risikoadjustierung in der ANQ Dekubitus Kinder Messung Schritt für Schritt Risikomerkmale für Dekubitus Kategorie 1-4 und Kategorie 2-4 Funnel Plots Dekubitus Kategorie 1-4 und Kategorie 2-4 Diskussion und Ausblick

Hintergrund Risikoadjustierung Vergleiche von Einzelpersonen und Institutionen im Gesundheitswesen werden in vielen Ländern vorgenommen In verschiedenen Ländern werden Finanzströme über Provider Profiling zumindest teilweise gesteuert Es existieren zahlreiche statistische Methoden zur Adjustierung von Patientenrisiken und zum Vergleich von Leistungsanbietern Ziel ist die adäquate Ermittlung von Ausreissern, die gute oder weniger gute Qualität repräsentieren

Risikoadjustierung in der nationalen Prävalenzmessung Sturz und Dekubitus Sturz und Dekubitus Erwachsene: Hierarchische Lineare Modelle Dekubitus Kinder (seit 2013): Funnel Plots Der Grund für die Anwendung des Funnel Plot- Verfahrens in der Kinder-Messung liegt in der relativ kleinen Stichprobe pro Spital sowie in der Tatsache, das viele Spitäler keine Dekubitus gemeldet haben (0)

Funnel Plot Funnel Plots sind Weiterentwicklungen der so gennanten Regelkarten (engl. Quality Control Charts) des Qualitätsmanagements Ziel von Regelkarten ist die Darstellung von abweichenden Prozesswerten bei Funnel Plots geht es um die Ermittlung von so genannten Ausreissern Vorteile: ein explizites Ranking wird vermieden; Einrichtungen unterschiedlicher Grösse können fair verglichen werden Nachteile: die Berechnung und die Darstellung ist für Laien oft schwer verständlich

Funnel Plot-Verfahren Im Funnel Plot (Trichter-)-Verfahren werden erwartete und beobachtete Häufigkeiten in ein Verhältnis gesetzt Beobachtete Anzahl ---------------------------- x Nicht-adjustierte Gesamtprävalenz Erwartete Anzahl Erwartete Häufigkeiten werden über eine logistische Regression berechnet (Aufsummierung des individuellen Dekubitus-Risikos) Funnel Plots bilden die statistische Unsicherheit bezüglich der Fallzahlen ab kleinere Fallzahl entspricht grösserer Unsicherheit

Risikoadjustierung: Werden die Dekubitusraten durch Patient/innen oder durch Spitäler bestimmt? Spital 1 Spital 2 Spital 3 Pat.1 Pat.2 Pat.3 Pat.4 Pat.5 Pat.6 Pat.7 Pat.8 ohne Risiko mit Risiko mit Risiko ohne Risiko 7

Risikoadjustierung: Schritt für Schritt 1. Einfache logistische Regression für jede Outcomevariable Eine logistische Regression ist ein statistisches Verfahren zur Ermittlung von Einflussfaktoren auf eine binäre Zielvariable (z.b. Dekubitus ja/nein) Unsere Fragestellung: Welche Patientenmerkmale stellen Risiken für einen Dekubitus für die Kategorien 1-4 sowie 2-4 dar? Kennzahl ist das Odds Ratio (OR) relative Chance (Wahrscheinlichkeit) eines Zusammenhangs Auswertung für Spitalgruppe vs. Gesamtstichprobe Angesichts der kleinen Fallzahl wurde für die Gesamtstichprobe ausgewertet 8

Risikoadjustierung: Schritt für Schritt 2. Selektion von Risikovariablen Reduktion des logistischen Modells aufgrund von statistischen Kriterien Rückwärts-Selektion AIC (Akaike Information Criterium) 9

Risikoadjustierung: Auswahl der Risikomerkmale Spital 1 Spital 2 Spital 3 Pat.1 Pat.2 Pat.3 Pat.4 Pat.5 Pat.6 Pat.7 Pat.8 Alter, Geschlecht, Krankheitsbilder, Risikoeinschätzung, Aufenthaltsdauer, Operation etc. Alter, Operation, Krankheitsbilder, Risikoscores, etc.

Berechnung des individuellen Dekubitusrisikos Kinder Alter in Monaten Reibe- /Scher Diagnose CVA Subj. Dekubitus -risiko Risiko Kat. 1-4 Risiko Kat. 2-4 Kind 1 20 1 0 1.1286118.0084771 Kind 2 25 1 0 0.0340618.0015269 Kind 3 2 0 1 0.0531233.0326644 Kind 4 1 1 1 1.4582992.1588073 Werte zwischen 0 (ganz sicher kein Risiko) und 1 (ganz sicher ein Risiko)

Risikoadjustierung: Schritt für Schritt 3. Berechnung der standardisierte Prävalenz pro Spital Aufsummierung der individuellen Risiken (erwartete Anzahl) Verhältnis zwischen beobachteter und erwarteter Anzahl Multiplikation des Quotienten mit der Gesamtprävalenz standardisierte Prävalenz des Spitals 12

Berechnung des standardisierten Spitalwerts Spitäler Anzahl Teilnehmende Beobachtet Erwartet Quotient Beobachtet/ Quotient * Erwartet Gesamtprävalenz Spital 1 2 0 0,04 0 0 Spital 2 25 4 4,37 0,91 13,77 Spital 3 14 0 1,61 0 0 Spital 4 60 3 8,45 0,35 5,34 Spital 5 12 0 1,31 0 0 Summe der individuellen Risikoscores (Kind 1 + Kind 2 + Kind n)

Funnel Plot Spital mit Prävalenz ausserhalb des 99.8%-Konfidenzintervalls Gesamtprävalenz über alle Spitäler Spital mit Prävalenz innerhalb des 95%-Konfidenzintervalls

Risikomerkmale für einen nosokomialen Dekubitus ab Kategorie 1 OR Standard -Fehler p-wert OR 95%- Konfidenzintervall Alter 1 J. 2.67 0.98 0.007 1.31 5.48 Alter > 1J. - 4 J. 1.68 0.81 0.282 0.65 4.33 Alter > 4J. - 8 J. 1.05 0.56 0.933 0.36 3.01 Alter > 8J. - 16 J. Referenz Komplett immobil (Braden-Skala) (1/0) 3.95 1.83 0.003 1.59 9.77 Problem Reibe-/Scherkräfte mind. potenziell (Braden-Skala) (1/0) 2.00 0.51 0.006 1.22 3.29 Dekubitusgefährdung (subjektive, klinische Einschätzung) (1/0) 4.19 1.33 0.000 2.24 7.81 CVA/ Hemiparese (1/0) 6.65 4.35 0.004 1.85 23.95 Krankheiten Atmungssystem (1/0) 0.61 0.20 0.121 0.32 1.14 Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett (1/0) 1.80 0.50 0.035 1.04 3.10 Äussere Ursachen von Morbidität (1/0) 10.11 8.38 0.005 1.99 51.35

Standardisierte nosokomiale Dekubitus- Prävalenz Kategorie 1-4

Risikomerkmale für einen nosokomialen Dekubitus ab Kategorie 2 OR Standard -Fehler p-wert OR 95%- Konfidenzintervall Aufenthaltsdauer 0-7 Tg. Referenz Aufenthaltsdauer 8-14 Tg. 0.85 0.75 0.858 0.15 4.78 Aufenthaltsdauer 15-28 Tg. 4.07 3.08 0.064 0.92 17.95 Aufenthaltsdauer 29 und mehr Tg. 4.22 2.78 0.029 1.16 15.37 Ernährung mässig/schlecht (1/0) 2.92 1.66 0.059 0.96 8.87 Dekubitusgefährdung (Subjektive klinische Einschätzung) (1/0) 5.59 4.34 0.027 1.22 25.59 Krankheiten Kreislaufsystems (1/0) 0.22 0.24 0.164 0.02 1.87 CVA/ Hemiparese (1/0) 10.99 8.79 0.003 2.29 52.66 Operativer Eingriff (1/0) 5.23 2.90 0.003 1.76 15.51

Standardisierte nosokomiale Dekubitus- Prävalenz Kategorie 2-4

Diskussion und Ausblick Der Qualitätsvergleich von Spitälern ist methodisch höchst anspruchsvoll Die besondere methodische Herausforderung in der Schweiz für den Vergleich von Dekubitusraten liegt in der geringen Anzahl kleiner Spitäler Funnel Plots sind angesichts der Daten-Voraussetzungen die Methode der Wahl zur Darstellung verschiedener Spitäler

Diskussion und Ausblick wenn Dekubitus bei Kindern auftreten, dann fast ausschliesslich im Spital die Prävalenzraten der Kategorien 2-4 lassen auf eine hohe Pflegequalität in der Schweiz schliessen die Auswirkungen der Messung auf die Qualität lässt sich erst über einen mehrjährigen Zeitraum abschätzen bei der Bewertung der Kategorie 1 als Ergebnisindikator sollte berücksichtigt werden, dass nebst den "klassischen Dekubitus" vorwiegend auch populationsspezifische Hautläsionen (etwa durch medizinische Installationen) vorhanden sind

Fragen/Diskussion?

Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit Dirk Richter, Dozent, dirk.richter@bfh.ch Angewandte Berner Fachhochschule Forschung & Haute Entwicklung/ école spécialisée Dienstleistung bernoise Pflege, Bern Leitung University Prof. of Dr. Applied Sabine Sciences Hahn sabine.hahn@bfh.ch