Location Based Services in der Mobilkommunikation



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Technische Universität Ilmenau Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik Institut für Informationstechnik Fachgebiet Kommunikationsnetze Prof. Dr. rer. nat. (habil.) Jochen Seitz Projektarbeit Location Based Services in der Mobilkommunikation Betreuer: Dipl.-Ing. Maik Debes Bearbeiter: Wilhelm Dietz Matrikelnummer: 29780 Studiengang: Wirtschaftsinformatik Abgabetermin: 22. September 2005

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1 EINLEITUNG... 1 1.1 Gegenstand der Arbeit... 1 1.2 Aufbau der Arbeit... 1 2 GRUNDLAGEN ZU LOCATION BASED SERVICES (LBS)... 2 2.1 Definition Location Based Services... 2 2.2 Bedeutung von Location Based Services... 2 2.3 Allgemeine Architektur für LBS... 3 2.3.1 Die Systemarchitektur von LBS... 3 2.3.2 Der Workflow von LBS... 4 3 MOBILE DATENÜBERTRAGUNGSTECHNIKEN... 7 3.1 Mobile Datenübertragung... 7 3.2 Technologien der 2. Generation (2G)... 9 3.2.1 Global System for Mobile Communication - GSM... 9 3.2.2 High Speed Circuit Switched Data - HSCSD... 10 3.3 Technologien der 2,5. Generation (2,5G)... 10 3.3.1 General Packet Radio Service - GPRS... 10 3.3.2 Enhanced Data Rates for GSM Evolution - EDGE... 11 3.4 Technologien der 3. Generation (3G)... 12 3.4.1 Universal Mobile Telecommunications System - UMTS... 12 3.4.2 Wideband Code Division Multiple Access - WCDMA... 13 3.4.3 Der entscheidende Unterschied zwischen der GSM- und der UMTS-Technologie... 14 3.5 Weitere drahtlose Datenübertragungstechniken... 15 3.5.1 Bluetooth... 15 3.5.2 Digital Enhanced Cordless Telecommunication - DECT... 16 3.5.3 Wireless-Local Area Network - W-LAN... 16 3.5.4 W-LAN als Konkurrenz zu UMTS?... 16 3.6 Drahtlose Datenübertragungstechniken im Vergleich... 18 4 LOKALISIERUNGSSYSTEME... 20 4.1 Netzwerkgestützte bzw. endgerätebasierte Positionsbestimmungstechnologien... 21 4.1.1 Cell-ID-Verfahren bzw. Cell of Origin - COO... 22 4.1.2 Angle of Arrival - AOA... 23 4.1.3 Time Difference of Arrival - TDOA... 25 4.1.4 Time of Arrival - TOA... 26 4.1.5 Enhanced Observed Time Difference - E-OTD... 26 4.2 Satellitengestützte Lokalisierungssysteme... 28 4.2.1 Global Positioning System - GPS... 28 4.2.2 Global Navigation Satellite System - GLONASS... 34 Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation I

Inhaltsverzeichnis 4.2.3 GALILEO... 34 4.2.4 Global Navigation Satellite System - GNSS... 35 4.3 Indoor Lokalisierungssysteme... 36 4.3.1 Active Badge System... 36 4.3.2 Active Bat System... 37 4.3.3 Cricket... 38 4.3.4 RADAR... 39 4.3.5 Smart Floor... 40 4.4 Kombinierte / Hybride Systeme zur Positionsbestimmung... 41 4.4.1 Assisted-GPS - A-GPS... 41 4.4.2 Differential GPS - D-GPS... 42 4.4.3 Wide Area Augmentation System - WAAS... 43 4.4.4 European Geostationary Navigation Overlay Service - EGNOS... 44 4.4.5 Bluetooth oder W-LAN & GPS... 44 4.4.6 GPS & Messinstrumente... 44 4.5 Zusammenfassender Vergleich aller Lokalisierungsverfahren... 45 5 ENDGERÄTE FÜR LOCATION BASED SERVICES... 48 5.1 Allgemeine Klassifizierung von mobilen Endgeräten... 48 5.1.1 WAP-fähige Mobiltelefone... 48 5.1.2 Low-end Smart Phones... 49 5.1.3 Personal Digital Assistants (PDAs)... 50 5.1.4 High-end Smartphones... 51 5.1.5 Handheld PCs... 51 5.1.6 Tablet PCs... 51 5.1.7 Notebooks... 52 5.1.8 Bordcomputer... 52 5.2 Relevante mobile Endgeräte für LBS... 52 5.3 Weitere wichtige Eigenschaften von mobilen Endgeräten... 53 5.3.1 Gerätebeschaffenheit... 54 5.3.2 Eingabeschnittstellen... 54 5.3.3 Ausgabeschnittstellen... 54 5.3.4 Rechenleistung der mobilen Endgeräte... 55 5.4 Relevante Endgerätekomponenten für LBS... 55 5.4.1 GPS-Empfänger... 56 5.4.2 Low Cost GSM-Ortung mit dem GSM-Celltrack... 56 5.4.3 Bluetooth-Komponenten... 57 5.4.4 Kombinierte Endgerätekomponenten...58 5.4.5 Komponenten für den automobilen Einsatzbereich... 59 5.5 Zusammenfassung zu den mobilen Endgeräten... 60 6 ANWENDUNGEN FÜR LOCATION BASED SERVICES... 61 6.1 Systematik der Anwendungsfelder standortbasierter Dienste... 61 6.1.1 Unterscheidung nach inhaltlicher Ausrichtung:... 61 6.1.2 Unterscheidung nach Push-oder Pullbasierten Diensten:... 62 6.1.3 Unterscheidung nach den beteiligten Instanzen... 64 6.1.4 Unterscheidung nach Position der beteiligten Instanzen... 65 6.2 Von Mobilfunknetz-Betreibern angebotene LBS... 67 Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation II

Inhaltsverzeichnis 6.2.1 D1 T-Mobile... 67 6.2.2 D2-Vodafone... 67 6.2.3 O2... 67 6.3 Ausgewählte Fallbeispiele... 68 6.3.1 Güterverfolgung... 68 6.3.2 Kundenmanagement (CRM)... 69 6.3.3 Restaurant-Szenario... 70 6.3.4 Mobiles Fußball-Informationssystem... 73 6.3.5 DRK-MobilRuf... 73 6.3.6 Ortungsgerät "Senior Track" - Senioren Handy... 74 6.3.7 Tracking Solutions von Siemens... 75 6.3.8 Track your child mit Phonetracker.de... 76 6.3.9 Per Handy und LBS zum W-LAN-Hotspot finden... 77 6.3.10 Weitere Anwendungsbeispiele... 77 6.4 Anwendungen im Automotiv-Bereich... 78 6.4.1 Fuhrparkmanagement (datafactory AG)... 79 6.4.2 Fahrerunterstützung (ADAS)... 80 6.4.3 Vehicle Tracking... 81 6.4.4 Parkinformationssysteme... 81 7 ABSCHÄTZUNG DER ZUKÜNFTIGEN ENTWICKLUNGEN... 83 7.1 Die Zukunft - kontextsensitive Dienste... 83 7.2 LBS - Prognosen... 83 7.3 Anforderungen und Voraussetzungen... 84 7.3.1 Anforderungen an die Netzbetreiber... 84 7.3.2 Anforderungen bezüglich der Genauigkeit... 85 7.3.3 Mobilität und Roaming zwischen den Netzen... 86 7.4 Die Entwicklung der Satellitenbasierten Ortung (Schwerpunkt GALILEO)... 86 7.5 Zukunftsträchtige Content-Dienste... 89 7.5.1 LBS-Dating... 89 7.5.2 LBS-Gaming... 89 7.5.3 Kneipen-Happy-Hour-Finder... 89 7.5.4 Premiumdienste wie Wetter etc... 89 7.6 Kritik an Yellow Pages... 90 8 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK... 92 ABBILDUNGSVERZEICHNIS... 94 TABELLENVERZEICHNIS... 95 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS... 96 LITERATURVERZEICHNIS... 98 Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation III

Einleitung 1 Einleitung 1.1 Gegenstand der Arbeit Die vorliegende Projektarbeit beschäftigt sich mit den zugrunde liegenden Technologien, den Lokalisierungssystemen, mobilen Endgeräten, sowie mit Anwendungsfeldern standortbasierter Dienste in der Mobilkommunikation. Des Weiteren wird eine Abschätzung der zukünftigen Entwicklung gegeben. 1.2 Aufbau der Arbeit Nach dieser Einleitung und einer anfänglichen inhaltlichen Klärung des Begriffes Location Based Services (LBS), wird in Kapitel 2 zunächst eine allgemeine Systemarchitektur standortbezogener Dienste vorgestellt. Darauf folgend werden in Kapitel 3 die heute vorherrschenden mobilen Datenübertragungstechniken in chronologischer Reihenfolge vorgestellt. Im Anschluss daran wird ein Überblick und Vergleich zu verschiedenen Lokalisierungssystemen in Kapitel 4 gegeben, untergliedert in netzwerkgestützte, satellitengestützte, indoorund hybride Ortungsverfahren. In Kapitel 5 sollen die für Location Based Services in Frage kommenden mobilen Endgeräte klassifiziert und gegenübergestellt werden. Auch werden einige für LBS relevante Endgerätekomponenten und -module vorgestellt. Danach werden differenziert nach verschiedenen Systematiken verschiedene Anwendungs- Szenarien vorgestellt werden. Speziell soll es in diesem 6. Kapitel um Anwendungen im Automotiv-Bereich gehen. Schließlich, im 7. Kapitel werden noch einige Prognosen und Abschätzungen der zukünftigen Entwicklung von ortsbasierten Diensten vorgenommen, bevor in Kapitel 8 eine Zusammenfassung mit Ausblick folgt. Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 1

Grundlagen zu Location Based Services (LBS) 2 Grundlagen zu Location Based Services (LBS) 2.1 Definition Location Based Services Unter Location Based Services (LBS) versteht man im Allgemeinen eine Vermittlung von Diensten, Informationen oder Anwendungen, und zwar maßgeschneidert auf den Benutzer, dessen aktuellen Aufenthaltsort oder gewünschten Zielort. Die Informationen über den aktuellen Standort müssen nicht manuell in das mobile Endgerät eingegeben werden, da jeder Mobilfunkteilnehmer durch spezielle Technologien, die später noch näher beschrieben werden, bis auf wenige Meter genau geortet werden kann. Die georteten Koordinaten werden dann durch die LBS-Anbieter genutzt, um die personenbezogenen Dienste dem Nutzer zu offerieren. Sie stellen aktuell und ortsbezogen Informationen und Dienstleistungen für mobile Nutzer bereit. (vgl. [1]) So können Nutzer beispielsweise einen nächstgelegenen Point-of-Interest (POI) finden, wie die nächste Tankstelle, das nächste Hotel, aber auch den nächsten Chatpartner. Also kann man kurz sagen: Unter Location Based Services versteht man standortbasierte, d.h. auf Grundlage des Standortes eines Nutzers angebotene Mehrwertdienste im Mobilfunk, die über mobile Endgeräte abgewickelt werden. LBS umfassen immer die folgenden drei Aktivitäten: -die Bestimmung des Standortes des Nutzers, -die Generierung eines Dienstes auf Grundlage der bestimmten Position und -die Bereitstellung dieses Mehrwertdienstes auf dem mobilen Endgerät des Nutzers. (vgl. [2]) 2.2 Bedeutung von Location Based Services Auf den Standort eines mobilen Internetnutzers zugeschnittene Dienstleistungen, so genannte Location Based Services, werden dem M-Commerce zum Durchbruch verhelfen. Zu diesem Ergebnis kommt eine von der MediaTransfer AG Netresearch & Consulting durchgeführte, europaweite Umfrage unter mehr als 8.000 Internetnutzern. (vgl. [3]) Knapp 75 Prozent der Befragten geben an, Auskunftsdienste wie z. B. Fahrpläne oder touristische Informationen für den aktuellen Standort nutzen zu wollen. Navigationshilfen, die dem Nutzer vor Ort durch einen passenden Kartenausschnitt die Orientierung erleichtern, sind genauso attraktiv. Das Marktforschungsinstitut Mori (vgl. [4]) bezeichnet die Location Based Services als Killerapplikation des Mobile Commerce. Sie sagen den Netzbetreibern ein immenses jährliches Marktpotential voraus. Gemäß ihrer Studie ist ein Großteil der Verbraucher dazu bereit, für Location Based Services zusätzlich zu bezahlen. (vgl. [1]) Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 2

Grundlagen zu Location Based Services (LBS) 2.3 Allgemeine Architektur für LBS 2.3.1 Die Systemarchitektur von LBS Zur Vorbereitung der folgenden Kapitel soll zuerst eine Architektur für die positionsabhängige Diensterbringung durch Location Based Services vorgestellt werden. Die allgemeine Infrastruktur eines LBS besteht demnach aus mehreren Grundbausteinen. Datenübertragungstechnologien (siehe Kapitel 3) Techniken zur Standortbestimmung (siehe Kapitel 4) Mobile Endgeräte (siehe Kapitel 5) Räumliche geokodierte Datenbanken (Straßenkarten/Points of Interest/YellowMaps, nicht direkt behandelt in dieser Arbeit) Ergänzend: Offene Standards zur Datenbeschreibung und bearbeitung (XML, Java, nicht direkt behandelt in dieser Arbeit) Durch die Bereitstellung der Informationen auf einem zentralen Server, kann der Dienst gleichzeitig von vielen Nutzern verwendet werden. Des Weiteren ist es dadurch möglich den Dienst für die Endgeräte ressourcenschonend anzubieten. Die Verwendung Standards wie XML ermöglicht es, die Daten und die verwendeten Endgeräte zu entkoppeln und die Kommunikation zwischen den verwendeten Programmen auf eine einheitliche Basis zu stellen. Abbildung 1: Allgemeine Architektur von LBS Webserver Zugriff Datenbanken Internet XML-Anfrage XML-Antwort Location Server Zugriff Karte o.ä. Anfrage Map-Server Zugriff Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an [41] Abbildung 1 macht deutlich, dass LBS sowohl von mobilen Endgeräten, als auch direkt aus dem Internet abrufbar sind. Wir konzentrieren uns in dieser Arbeit aber auf Anwendungen von LBS in der Mobilkommunikation. Die Server, auf denen die Datenbanken zur Speiche- Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 3

Grundlagen zu Location Based Services (LBS) rung der Informationen liegen (oft Geodatenbanken, da ortsbezogene Daten benötigt sind), in Verbindung mit Geoinformationssystemen (GIS), kommunizieren mit dem mobilen Endgerät des Clients/Nutzers heutzutage netzwerkbasiert, also über das Netz der Mobilfunkanbieter. 2.3.2 Der Workflow von LBS Location Based Services bestehen also genau genommen aus drei Komponenten, 1. einem Server, 2. einem Client in Form eines mobilen Endgerätes, wie einem Smartphone, Personal Digital Assistant (PDA) oder Mobiltelefon, 3. sowie dem Übertragungsweg, Internet oder Mobilfunknetz (Wireless Application Protocol (WAP), GSM, GPRS). Wie Client und Server miteinander verbunden werden zeigt folgende Abbildung: Abbildung 2: Workflow von Location Based Services 1. Positionierung Mobilfunknetz 10. Web-Browser Client 2. Anfrage Internet 9. Grafik 3. Web-Server 4. Web-Map-Server 7. 5. Zugriff (Geo)-Datenbank 8. 6. Server Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an[40] Der typische Workflow eines LBS läuft folgendermaßen ab: 1. Positionierung (in Deutschland mittels Funkzellenortung, Handeingabe oder GPS) 2. Anfrage des Clients an den Server über WAP, GSM, GPRS, UMTS 3. Weiterleitung der Anfrage über eine Internet-Web-Server-Schnittstelle 4. Verarbeitung der Anfrage im Web-Map-Server 5. Zugriff auf die Geo-Datenbank 6. Abgabe des Ergebnisses des Zugriffs von der Datenbank an den Web-Map-Server 7. Erzeugung einer Karte bzw. von Sachdaten als Reaktion auf die Antwort der Datenbank Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 4

Grundlagen zu Location Based Services (LBS) 8. Abgabe der Karte an den Internet-Web-Server über eine Schnittstelle 9. Versand der Karte oder sonstiger Dienste an den Browser des Clients 10. Graphische Darstellung auf dem Bildschirm des Benutzers (vgl. [40]) Dieser Ablauf zeigt, dass je nachdem, welchen ortsabhängigen Dienst der Benutzer anfordert, eine mehr oder weniger präzise Positionsbestimmung nötig ist. Auch spielt die Aktualität der Einträge in den Geo- bzw. Point-of-Interest-Datenbanken eine entscheidende Rolle bei der Qualität des LBS-Ergebnisses beim Kunden. So sollte die Information über eine Apotheke in der Nähe des Benutzers nicht nur den genauen Ort, sondern auch die Öffnungszeiten enthalten. Nachdem nun eine kurze Einführung in das Thema Location Based Services gemacht wurde, wird es in den nächsten Kapiteln detaillierter um die technologischen Grundlagen gehen. Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 5

Mobile Datenübertragungstechniken 3 Mobile Datenübertragungstechniken Das erste Mobilfunknetz in Deutschland war das 1958 eingeführte und inzwischen eingestellte A-Netz. Es wurde in den 70er Jahren durch das B-Netz abgelöst, dem in den 80er Jahren das C-Netz folgte. Auch dieses, Ende 2000 eingestellte analoge Netz der Deutschen Telekom zählt noch zur ersten Generation des Mobilfunks. Die zweite Generation sind die derzeitigen, auf dem GSM-Standard basierenden, digitalen D- und E-Netze, die auch nach Einführung des UMTS-Standards zunächst bis 2009 in Betrieb bleiben. T-Mobile und Vodafone haben allerdings schon jetzt angekündigt, dass sie eine Verlängerung ihrer derzeitigen GSM-Lizenzen anstreben. Eine Entscheidung hierüber ist noch nicht gefallen. UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) wird auch als die dritte Generation des Mobilfunks (3G) bezeichnet. Die UMTS-Lizenzen haben in Deutschland eine Laufzeit von vorläufig 20 Jahren. Die entsprechenden Standards werden in den nächsten Unterkapiteln näher beschrieben, so dass auch die Abkürzungen klar werden. 3.1 Mobile Datenübertragung Eine wesentliche Rolle bei der Erbringung von mobilen Datendiensten spielt die Leistungsfähigkeit der Mobilfunknetze. Erst mit den entsprechenden Übertragungsverfahren und Systemen werden Datentransferraten erreicht, welche es erlauben, fortgeschrittene Location Based Services zu realisieren. Als Vergleich für mobile Datenübertragung wird aus Anwendersicht definitiv die Festnetzübertragung herangezogen. Diese ermöglicht heute schon die notwendigen Übertragungsraten in einem guten Preis-Leistungsverhältnis, allerdings bei einem Verzicht auf Mobilität. Mit 2,5G Datendiensten (GPRS) werden bereits die Datenraten langsamer Festnetzverbindungen erreicht, dies jedoch zu einem erheblich höheren Preis. Erst ab Einsatz von 3G-Technologien (UMTS) werden annähernd vergleichbare Übertragungsgeschwindigkeiten realisiert. Negativ auf das Preis-Leistungs-Verhältnis wirkt sich in der Einführungsphase jedoch der hohe Preis, im Vergleich zu Festsnetzverbindungen, aus. Dieser kann nur als eine Mobilitätsprämie akzeptiert werden und setzt eine entsprechend hohe Nutzeneinschätzung der Mobilität durch den Anwender voraus. Neben der Übertragungsgeschwindigkeit ist ganz wesentlich das Vermittlungsverfahren relevant. Dabei wird zwischen Leitungs- und Paketvermittlung unterschieden. (vgl. [9]) Leitungsvermittlung Von der Sprachkommunikation kommend, ist die traditionelle Form der Vermittlung die Leitungsvermittlung. Bei diesem Verfahren wird für die Dauer einer Verbindung eine sinnbildlich eigene Leitung zwischen Sender und Empfänger reserviert. Diese reservierte Leitung ist bei der analogen Festnetztelefonie tatsächlich vorhanden. Bei Mobilfunksystemen bilden reservierte Zeit- und Frequenzschlitze das Äquivalent zur Leitung. Der mit der Reservierung garantierte Datendurchsatz ist für Anwendungen, welche einen relativ konstanten Datenstrom erzeugen, hervorragend geeignet. Bei einer Vielzahl von Datendiensten unterliegt der Datenstrom jedoch deutlichen Schwankungen. Als Resultat wird ein wesentlicher Teil der Netzkapazität nicht genutzt. Abgerechnet wird jedoch, unabhängig vom Datenverkehr, nach der Zeitdauer der Verbindung. Hinzu kommt ein relativ langsamer Verbindungsaufbau. Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 6

Mobile Datenübertragungstechniken Paketvermittlung Für die häufige Übertragung von kleinen Datenmengen, wie dies bei Web- oder WAP- Seitenanfragen der Fall ist, oder gelegentlich mittleren Datenmengen, wie zum Beispiel Antworten von Servern, bietet sich ein anforderungs- und paketorientierter Dienst an. Bei paketvermittelten Diensten wird keine reservierte Ende-zu-Ende- Leitung mehr zur Verfügung gestellt, sondern Daten in einzelne Pakete unterteilt und zusammen mit anderen Daten verschickt. Dies geschieht bei verbindungsorientierten Diensten (Connection Oriented Network Service) über eine zuvor aufgebaute virtuelle Verbindung zwischen Sender und Empfänger, im Gegensatz zu verbindungslosen Diensten (Connectionless Network Service). Durch die gemeinsame Nutzung von geteilten Ressourcen ist es aufwendiger eine bestimmte Dienstgüte zu garantieren. Paketvermittelte Dienste werden weiteren wichtigen Anforderungen mobiler Datendienste gerecht: Sie ermöglichen die Abrechnung nach Datenvolumen, anstatt nach Verbindungszeit, und erlauben so die oft geforderte always-on -Verbindung. 3.2 Technologien der 2. Generation (2G) 3.2.1 Global System for Mobile Communication - GSM GSM stellt heute das weltweit erfolgreichste Mobilfunksystem dar. Das System wurde von der Groupe Spéciale Mobile (daher das ursprüngliche Akronym GSM) mit dem Ziel entwickelt europaweite Mobilität und Kompatibilität mit ISDN oder analogen Telefonnetzen zu ermöglichen. Heute wird GSM weltweit in über 135 Ländern eingesetzt und der Name wurde in Global System for Mobile Communication geändert. Länderabhängig werden zum Teil unterschiedliche Frequenzen genutzt und unter den Bezeichnungen Digital Cellular System (DCS) und Personal Communications Service (PCS) geführt. GSM wird als System der zweiten Generation (2G) bezeichnet. Zur ersten Generation (1G) zählten die analogen Mobilfunknetze, wie das C-Netz in Deutschland. Ein deutlicher Vorteil von GSM ist die weltweite Einsetzbarkeit unter derselben Telefonnummer. Hierbei ist die Nutzung von Netzen in- und ausländischer Betreiber möglich. Diese Fähigkeit, die einen Wechsel der Netze ohne Unterbrechung der Verbindung ermöglicht, wird als nationales bzw. internationales Roaming bezeichnet. Durch Roaming-Abkommen zwischen den Netzbetreibern ist in Deutschland eine hohe Abdeckung der relevanten Fläche durch GSM erreicht. (vgl. [9]) Bei der Konzeption von GSM wurde ein Schwerpunkt auf Sprachtelefonie gelegt. Datenübertragung ist in einer leistungsmäßig eingeschränkten Form möglich: Auf der untersten Ebene der GSM-Systemarchitektur werden Trägerdienste angeboten, welche eine synchrone oder asynchrone Datenübertragung zulassen. Damit wird eine Datenübertragung mit konstanter Verzögerung und konstantem Durchsatz ermöglicht. Es können Datenraten von bis zu 9,6 KBit/s angeboten werden. Das von GSM genutzte Verfahren teilt die einzelnen Funkfrequenzen in Zeitabschnitte ein und ermöglicht dadurch, dass bis zu acht Gespräche auf einer Frequenz gleichzeitig geführt werden können. Diese Frequenzteilung und der gleichzeitige Zugang von mehreren Teilnehmern geben diesem Verfahren auch den Namen Circuit Switched Data (CSD). Die volle Übertragungsrate eines GSM-Kanals beträgt theoretisch 22,8 KBit/s, also beachtlich mehr als die 9,6 KBit/s. Ein großer Teil muss aber für die Fehlervermeidung aufgewendet werden. Bei einfachen Telefonaten müssen von den 22,8 KBit/s ungefähr 9,8 KBit/s für die Sicherheit verwendet. Bei der Übertragung von Daten muss der Sicherungsanteil sogar noch auf 13,2 KBit/s vergrößert werden. Dadurch entsteht die relativ niedrige Datenübertragungsrate von GSM. Aufgrund der zu geringen Datenübertragungsrate ist GSM für mobiles Surfen zu langsam und zu teuer und für den always on -Betrieb nicht geeignet. Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 7

Mobile Datenübertragungstechniken 3.2.2 High Speed Circuit Switched Data - HSCSD Der normale verbindungsorientierte Datendienst CSD in GSM-Netzen wurde um einen leistungsfähigeren Modus High Speed Circuit Switched Data (HSCSD) erweitert. Er wird von E- Plus seit November 1999 und von Vodafone seit Oktober 2000 angeboten. HSCSD ist in der Lage höhere Datenraten zu erzielen, indem man nicht wie bei CSD nur einen, sondern mehrere Zeitschlitze nutzt. Diese Kanalbündelung kann asymmetrisch sein, d.h. es können unterschiedlich viele Zeitschlitze für die Aufwärts- und die Abwärtsrichtung verwendet werden. In der Praxis ist die Anzahl der nutzbaren Zeitschlitze auf vier je Richtung beschränkt. Bei Verwendung von vier Kanälen á 14,4 KBit/s ist somit theoretisch eine Datenrate von bis zu 57,6 KBit/s erreichbar. In der Praxis leisten die von Netzbetreibern angebotenen HSCSD-Dienste Datenraten bis 38,4 KBit/s. Während sich die Datenübertragungsrate mit HSCSD gegenüber CSD deutlich verbessert hat, sind jedoch die Beschränkungen der Leitungsvermittlung weiterhin vorhanden. Diese machen HSCSD eher für das Download von Dateien geeignet, welches im Idealfall die gesamte verfügbare Bandbreite vorübergehend voll ausschöpft und damit die Reservierung mehrerer Kanäle rechtfertigt. Für Anwendungsfälle mit stark schwankender Last, wie Web- oder WAP-Seitenabrufe ist HSCSD aber ein sehr ineffizientes und damit teures Verfahren, weil der Nutzer alle simultan verwendeteten Kanäle auch bezahlen muss, um eine Übertragungsrate von 57,6KBit/s zu erreichen. HSCSD kann auf Netzseite relativ kostengünstig softwareseitig implementiert werden, benötigt aber neue Endgeräte. Das Verfahren ist nicht paketorientiert, so dass auch hier ein always-on -Betrieb unsinnig ist. Der Hauptnachteil von HSCSD ist, dass alle Kanäle belegt bleiben, so lange das HSCSD-Handy "online" ist, auch dann, wenn der Nutzer am anderen Ende gerade keine Daten überträgt, zum Beispiel, weil er eine E-Mail oder eine Webseite liest. (vgl. [9]) 3.3 Technologien der 2,5. Generation (2,5G) 3.3.1 General Packet Radio Service - GPRS Die GPRS-Technologie nutzt die Vorteile der paketorientierten Datenübertragung und der Kanalbündelung. Bei höchstem Datendurchsatz von 21,4 KBit/s pro Kanal ergibt sich bei Bündelung der acht GSM-Kanäle eine maximale Datenübertragungs-Kapazität von 171,2 KBit/s. Aber: Diese Übertragungsrate ist nur ein theoretisch erreichbarer Wert. Praktisch beschränken sich die Netzbetreiber auf 53,6 KBit/s (52,8 KBit/s bei o2). GPRS liegt mit seinen Fähigkeiten zwischen den leitungsvermittelten GSM Datendiensten und UMTS. Daher wird für GPRS-aufgerüstete GSM Netze öfters die Bezeichnung 2,5G- Netze (Netze der 2½. Generation) verwendet. Mit der in GSM-Netzen üblichen Zeitmultiplex-Technik (Time Division Multiple Access - TDMA) können mehrere Teilnehmer auf einer einzigen Frequenz senden und empfangen. Die Daten werden in Paketen immer dann übertragen, wenn Netzkapazitäten frei sind. Damit wird das Netz nicht zusätzlich belastet, jedoch bedeutet dies auch, dass bei einem ausgelasteten Netz nur sehr wenige Datenpakete versendet werden können. Hier ist GPRS gegenüber HSCSD klar im Nachteil. Die paketorientierte Vermittlung hat aber auch Vorteile: GPRS ermöglichte erstmals die Tarifierung nach übermitteltem Datenvolumen. Das heißt: Sie zahlen nach Menge und nicht, wie bisher, nach Zeit. Anwendungen wie WAP sind damit deutlich preiswerter, da hier nur wenige Daten übertragen werden. Die Nutzung von Internetradio oder gar Videostreams (siehe Abbildung 3) bereitet dagegen wenig Freude, da keine kontinuierliche Datenrate zur Verfügung steht. GPRS macht zudem ein bislang noch nicht da gewesenes Feature möglich: Die Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 8

Mobile Datenübertragungstechniken Always-On-Funktionalität. Die lästige und zeitraubende Einwahlprozedur in das mobile Funknetz entfällt - die Verbindung ist immer "online". Damit sind auch aus dem Internet bekannte Instant-Messaging-Dienste wie I seek you (ICQ) oder AOL Instant Messenger (AIM) auf mobilen Endgeräten möglich. Gab es anfangs nur ein Handy, das Motorola Timeport 260, welches für GPRS gerüstet war, bieten nun alle Handyhersteller GPRS-fähige Endgeräte an. (vgl. [10]) 3.3.2 Enhanced Data Rates for GSM Evolution - EDGE In die 2,5G Gruppe fällt auch die oft zitierte EDGE-Technologie. Ähnlich wie GPRS, baut EDGE auf GSM auf, verwendet aber ein leistungsfähigeres Modulationsverfahren, bei dem pro GSM-Kanal eine Übertragungsrate von bis zu 48 KBit/s möglich ist. Außerdem ist es möglich bis zu 8 Kanäle gleichzeitig zu nutzen. Dadurch wird eine theoretische Übertragungsrate von 8* 48 KBit/s = 384 KBit/s möglich. Für die Einführung von EDGE müssen die wesentlichen Teile der Netzinfrastruktur ausgewechselt werden. Ebenfalls sind neue Endgeräte erforderlich, die das neue Modulationsverfahren unterstützen. Aufgrund der Leistungsmerkmale der Technologie gehen Experten davon aus, dass sich diese Technologie längerfristig durchsetzen kann und von Netzbetreibern in dünner besiedelten Regionen als preisgünstige Alternative zu UMTS genutzt werden wird. Auch könnte EDGE eine interessante Nische für Anbieter darstellen, die bei der Versteigung der UMTS Lizenzen leer ausgegangen sind. In Deutschland spielt EDGE derzeit jedoch keine praxisrelevante Rolle, aber auf dem amerikanischen Markt wird EDGE eine bedeutende Rolle spielen. Abbildung 3: Anforderungen an die Datenraten durch verschiedene Datentypen KBit/s 2G (GSM) 2,5G (GPRS) 3G (UMTS) 2.000 1.000 Video 100 20 10 0 Text Standbilder, Audio 1999 2001 2003 2005 Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an [9] Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 9

Mobile Datenübertragungstechniken 3.4 Technologien der 3. Generation (3G) 3.4.1 Universal Mobile Telecommunications System - UMTS Unter UMTS versteht man den Mobilfunk-Standard der dritten Generation (3G). Der hauptsächliche Unterschied von UMTS zu seinen Vorgängern ist die deutlich höhere Datenübertragungsrate. UMTS ermöglicht Übertragungsraten von - theoretisch - bis zu 2 MBit/s. Das ist die 31-fache Geschwindigkeit von ISDN-Geräten im Festnetz. Schneller Internet-Zugang, mobile multimediale Video- und Daten-Anwendungen, mobile Bildtelefonie, Börsengeschäfte oder Online-Reisebuchung jederzeit und überall - all das soll der Mobilfunkstandard der dritten Generation ermöglichen. (siehe Abbildung 3) Die ersten UMTS-Netze boten mit 384 KBit/s immerhin schon die Performance von DSL- Light-Anschlüssen. Mit der Einführung der High-Speed-Downlink-Packet-Access (HSDPA) Technologie wird es künftig möglich sein, so schnell wie mit DSL Daten zu übertragen und im Internet oder in den mobilen Portalen zu surfen. Zunächst sollen Geschwindigkeiten von rund 1 MBit/s erreicht werden, mittelfristig soll die Übertragungsrate auf 2 MBit/s gesteigert werden. Später wird HSDPA unter optimalen Bedingungen bis zu 10 MBit/s in einer Zelle ermöglichen. Dieses wird durch eine Reihe von Maßnahmen erreicht, wie etwa besseren Modulationsverfahren und einer adaptiven Fehlerkorrektur. Letzteres bedeutet, dass sich Sender und Empfänger dauernd über die Qualität des Übertragungskanals verständigen. Ist dieser gut oder sehr gut, verwendet der Sender entsprechend weniger Korrekturbits, so dass mehr Platz für echte Nutzdaten bleibt. In der zweiten Phase soll durch aktive Strahlformung die Effizienz weiter gesteigert werden, so dass faktisch bis zu 20 MBit/s pro Zelle möglich werden. Zu einem späteren Zeitpunkt wird abermals die Modulation verbessert, so dass Datenübertragungsraten von bis zu 50 MBit/s in einer Zelle möglich sein werden. Vodafone führte HSDPA erstmals auf der CeBIT 2005 der Öffentlichkeit vor. Deutschlands zweitgrößter Mobilfunk-Netzbetreiber rechnet mit der Markteinführung des neuen Datenturbos schon Anfang 2006, zumal hierfür keine neuen Netze errichtet werden müssen, sondern lediglich die bestehende Infrastruktur angepasst werden muss. Der Aufbau der 3G-Netze schreitet in Deutschland kontinuierlich voran. Den in den Lizenzbedingungen vorgegebenen Wert einer 25- prozentigen Netzabdeckung zum Jahresende 2003 haben alle vier Netzbetreiber geschafft. Im Februar 2004 startete Vodafone als erstes Unternehmen mit dem kommerziellen Betrieb. T- Mobile und o2 folgten im April des gleichen Jahres, während es bei E-Plus erst im Juni 2004 mit der neuen Mobilfunktechnik losging. Nachdem zunächst die größten Städte Deutschlands an die Mobilfunk-Zukunft angeschlossen wurden, versorgen die Netzbetreiber inzwischen auch Kleinstädte und Verbindungsstraßen. In den Ballungsgebieten bauen die Netzbetreiber nun das Netz auch in der Fläche aus. (vgl. [10]) 3.4.2 Wideband Code Division Multiple Access - WCDMA UMTS basiert auf dem so genannten WCDMA-Verfahren, das sich stark vom bisher eingesetzten Zeitmultiplex-Verfahren (TDMA) unterscheidet. Bei WCDMA werden alle Daten innerhalb einer Funkzelle auf derselben Frequenz und zum gleichen Zeitpunkt übertragen. Auseinander gehalten werden die Daten durch Codes, welche durch Sender und Empfänger ausgehandelt wurden. Ähnlich wie bei GPRS teilen sich die Teilnehmer dynamisch, das heißt automatisch angepasst, die insgesamt zur Verfügung stehende Bandbreite der Funkzelle. Damit lässt sich die Übertragungsgeschwindigkeit erhöhen und die Netzressourcen können optimal genutzt werden. Weiterer Pluspunkt des Verfahrens: Der Teilnehmer ist immer online, Informationen sind jederzeit verfügbar und müssen nicht erst abgerufen werden. Nachteil des Verfahrens: Die maximale Übertragungsrate sinkt mit dem Abstand des Handys zum Funk- Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 10

Mobile Datenübertragungstechniken mast und mit der Geschwindigkeit, mit welcher das Handy (zum Beispiel im Auto oder Zug) bewegt wird. WCDMA weist Ähnlichkeiten zur Technologie EDGE auf. Abbildung 4 zeigt noch mal die Entwicklung der gängigsten Datenübertragungstechniken im Laufe der Zeit. Auffällig ist, dass sich eine paketorientierte Datenübertragung durchzusetzen scheint. Abbildung 4: Entwicklung der Datenübertragungstechniken 3. Generation paketorientiert UMTS/ bis zu 2 MBit/s 2.5. Generation verbindungsorientiert GPRS bis 171,2 KBit/s EDGE 48,8-384 KBit/s HSCSD 14,4-57,6 KBit/s 2. Generation GSM 9,6-14,4 KBit/s 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an [9] 3.4.3 Der entscheidende Unterschied zwischen der GSM- und der UMTS-Technologie Dieser liegt in der Bandbreite der genutzten Frequenzen. In den D-und E-Netzen beträgt die Bandbreite etwa 200 khz. Bei UMTS hingegen sind es 5 MHz - das ist der 25fache Wert. Nur diese großen Frequenzspektren ermöglichen die schnellen Datenübertragungsraten bei UMTS. Zudem zeichnen sich UMTS-Netze durch eine neuartige Zellenstruktur aus. Die kleinste Zelle ist die Picozelle mit einem Durchmesser von unter hundert Metern. Mit Picozellen werden so genannte Hotspots, Bürogebäude, Hotels, Flughäfen, Messen u.ä, versorgt. Die Mikrozelle mit einer Ausdehnung von bis zu mehreren Kilometern versorgt ganze Stadtbereiche. Für Vororte gibt es die Makrozelle mit einer Reichweite von über 20 Kilometern. Hyper- und Umbrella-Zellen, die im globalen Konzept von UMTS auch als Weltzellen bezeichnet werden, haben eine Ausdehnung von bis zu mehreren hundert Kilometern. (siehe Abbildung 5) Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 11

Mobile Datenübertragungstechniken Abbildung 5: UMTS-Zellhierarchie Hyper-Zelle (bis mehrere 100 km) Makro-Zelle (über 20 km) Mikro-Zelle (bis wenige km) Pico-Zelle (bis 100 m) Quelle: eigene Darstellung 3.5 Weitere drahtlose Datenübertragungstechniken 3.5.1 Bluetooth Bluetooth verbindet Handys z. B. mit Headsets, PDAs oder Freisprecheinrichtungen im Kraftfahrzeug, Notebooks mit DSL-Modems oder Tastaturen, Mäuse oder Digitalkameras mit dem PC. Mit der neuen Spezifikation 2.0+ Enhanced Data Rate (EDR) ist es möglich, die Übertragungsrate einer Bluetooth-Verbindung zu verdreifachen. Bislang erreichte der, hauptsächlich zur Kommunikation zwischen Handys und anderen Geräten, benutzte Standard eine Übertragungsrate von 1 MBit/s, künftig werden es dann 3 MBit/s sein. Mit EDR können dann 240 KByte/s zwischen zwei Geräten übertragen werden (bisher 80 KByte/s). (vgl. [10]) Weiterhin gehen EDR-Geräte noch sparsamer mit Energie um, weil deren schnelle Transceiver zwei- bis dreimal so schnell mit der Übertragung der gleichen Datenmenge fertig sind wie ihre Vorläufer. Also können sie eher den Schongang einschalten. Die Reichweite ist mit bis zu max. 100m nur für kurze bis mittlere Distanzen geeignet. Diesem Nachteil stehen die Vorteile der geringen Kosten, des hohen Verbreitungsgrades und eines fast einheitlichen Standards gegenüber. (vgl. [15]) 3.5.2 Digital Enhanced Cordless Telecommunication - DECT DECT ermöglicht mobile Telefonie und Internetzugang oder den Betrieb mobiler Eingabegeräte. So können mit entsprechenden auf DECT basierenden Endgeräten zwei serielle Schnittstellen drahtlos mit bis zu 552 KBit / s über eine Entfernung inhouse von bis zu 50 Metern, im Freien bis zu 300 Metern überbrückt werden. Das kann man zur PC-PC-Kopplung nutzen, oder zur Überbrückung der Strecke zwischen ISDN- oder Modem-Schnittstelle und PC. (vgl. [15]) Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 12

Mobile Datenübertragungstechniken 3.5.3 Wireless-Local Area Network - W-LAN Galt Surfen via W-LAN bis vor kurzem noch als Hobby für Technik-Freaks, so ist es inzwischen selbstverständlich geworden: Für viele Nutzer gehört das mobile Internet heute genauso zum Alltag wie E-Mail oder Handy. An zahlreichen Hotspots in Kneipen und Cafés, am Flughafen und am Bahnhof, in Universitäten und im Hotel kann man sich immer und überall mit seinem Laptop oder Organizer ins Internet einwählen. Und das hat viel Vorteile, denn W- LAN ist noch wesentlich schneller und preisgünstiger als UMTS. (vgl. [10]) 3.5.4 W-LAN als Konkurrenz zu UMTS? Eine echte Konkurrenz für die UMTS-Betreiber ist die Turbo-Technik allerdings nicht, denn W-LAN ist ein reiner Kurzstrecken-Aktivist. Die Reichweite für mobile Surfer geht selten weiter als einen Kilometer. Der bis vor kurzem gebräuchlichere Standard 802.11b arbeitet im 2,4 GHz Band mit einer durchschnittlichen Verbindungsrate von 11 MBit/s. Inzwischen hat man die Datenübertragungsrate von 11 MBit/s ein wenig getuned herausgekommen ist der ebenfalls auf 2,4 GHz sendende und inzwischen weit verbreitete W-LAN-Standard 802.11g. Interessant ist auch der bereits angekündigte 802.11n-Standard, mit dem bis zu 540 MBit/s übertragen werden können. Doch es wird nicht nur an der Schnelligkeit, sondern auch am Schutz der W-LANs gearbeitet. Mit dem 802.11i-Standard sollen die Funknetze sicherer werden. Außerhalb des Wirkungsfeldes von W-LAN-Hotspots muss man für die drahtlose Kommunikation nach wie vor auf GPRS oder UMTS zurückgreifen. Doch die Techniken wachsen zusammen: Laptop-Karten, die beide Übertragungstechniken vereinen, sind bereits auf dem Markt. So kann man kombinierte W-LAN/UMTS-Karten für Notebooks zum Beispiel bei Vodafone oder T-Mobile erstehen. Der Vorteil: Die Karte sucht sich immer die schnellste Verbindung und stellt automatisch von UMTS auf W-LAN um, sobald sich ein Hotspot in der Nähe befindet. Prima für die Geschwindigkeit und befriedigend bei der Kostenabrechnung. Mit Unlicensed Mobile Access (UMA) wurde auch schon ein eigener Standard geschaffen, der die drei Übertragungstechniken GSM, W-LAN und Bluetooth spricht. UMTS ist leider noch eine Fremdsprache im UMA-Verbund. (vgl. [10]) Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 13

Mobile Datenübertragungstechniken 3.6 Drahtlose Datenübertragungstechniken im Vergleich In Tabelle 1 werden noch einmal die oben vorgestellten Verfahren zur drahtlosen Kommunikation bezüglich Übertragungsrate, Verbindungsart und maximaler Entfernung, sowie Frequenzbereich gezeigt. Tabelle 1: Drahtlose Übertragungstechiken im Vergleich Techniken Übertragungsrate Verbindung/Entfernung Frequenzbereich Bluetooth mit EDR DECT W-LAN GPRS UMTS max. 3 MBit/s 552 KBit/s max. bis 540 MBit/s max. bis 171,2 KBit/s max. bis 2 MBit/s Personal Area Network: Broadcast oder Punkt-zu-Punkt bis zu 100 m Punkt-zu-Punkt Fixed Part-Portable Part bis zu max. 300 m Broadcast oder Punkt-zu-Punkt bis zu max. 500 m Punkt-zu-Punkt, Mehrpunkt ohne Entfernungseinschränkung Punkt-zu-Punkt, Mehrpunkt ohne Entfernungseinschränkung Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an [15] 2,4 GHz in Europa 1900 MHz g-standard: 2,4 GHz a-standard: 5 GHz GSM-Bereich 2 GHz Bedeutung der Mobilfunkübertragungsstandards für LBS GSM als leitungsvermittelter Mobilfunkübertragungsstandard wird nach Zeit tarifiert und ermöglicht nur relativ niedrige Übertragungsraten. Damit ist es für einfache LBS- Anwendungen, bei denen der Nutzer nur kurze Informationen bezüglich seines Standortes benötigt (z.b. Fahrpläne oder Wetterinfos in SMS-Form) ausreichend. Für aufwendigere LBS mit höherem Bandbreitenbedarf (z.b. grafische Navigation) ist jedoch das paketvermittelte GPRS nötig. Hinzu kommt, dass der Nutzer beim Senden von Anforderungen oder Erhalten von aktualisierten Informationen bezüglich seines Standortes aus Kostengründen nicht ständig Verbindungen auf- und abbauen muss, da nicht nach Zeit sondern nach übertragenem Datenvolumen abgerechnet wird. Damit können auch Push-Dienste sinnvoll genutzt werden, wie z.b. im 5-Minutentakt aktualisierte Staukarten oder ortsabhängige Veranstaltungskalender. UMTS ermöglicht mit noch höheren Datenübertragungsraten und verbesserten Endgeräten qualitativ hochwertige, schnelle Location Based Services, hat aber auch Implikationen bezüglich eingesetzter Ortungsverfahren. Außerdem arbeitet UMTS mit noch geringeren Sendeleistungen, sodass es Probleme bei der Lokalisierung (z.b. nach dem Time Difference Of Arrival (TDOA)-Verfahren) geben kann. Bis zur vollständigen Einführung von UMTS spielt also GPRS eine wichtige Rolle für standortbasierte Dienste. Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 14

Lokalisierungssysteme 4 Lokalisierungssysteme In diesem Kapitel wird ein Überblick über bestehende Lokalisierungssysteme vermittelt. Diese Systeme verfolgen verschiedene Ansätze und haben unterschiedliche Eigenschaften. Wie bereits erwähnt, bedarf es zur Ausführung einer ortsbezogenen Dienstleistung der Kenntnis der genauen Position des Benutzers. Die einfachste Möglichkeit, diese Information dem System mitzuteilen, ist die manuelle Eingabe durch den Benutzer. Dieses Vorgehen mag für einige Dienste genügen, doch kann der Benutzer nicht auf den Dienst zugreifen, wenn er seinen Aufenthaltsort gar nicht, oder nur ungenau kennt. Eine bessere Möglichkeit ist also jene, bei der die Position des Benutzers automatisch ermittelt wird. Die gegenwärtige Position, d.h. den Ort, des Endgerätes bzw. des Nutzers herauszufinden, gestaltet sich schwieriger als man zunächst annehmen möchte, da alle Verfahren gravierende Nachteile in einzelnen Teilbereichen haben. So findet sich beispielsweise kein Verfahren das im Innen- und Außenbereich gleichzeitig ausreichend genau und zuverlässig funktioniert. Will man ein Endgerät also universell nutzen können, so muss man mehrere Methoden integrieren. Wir folgen hier der Unterscheidung in Lokalisierungsverfahren für satellitenbasierte Ortung, netzwerkgestützte Ortung, sowie Verfahren für die Positionsbestimmung im Innenbereich. Des Weiteren gliedern sich die Lokalisierungsverfahren noch in Hybride Systeme, die Kombinationen aus den vorher genannten Verfahren darstellen. Wir wollen aus jedem Bereich zwei bis drei näher betrachten. Netzwerkgestützte Verfahren gibt es dabei für den Innen- und Außenbereich, während die Satellitennavigation im Allgemeinen nur außerhalb geschlossener Gebäude funktioniert. Abbildung 6: Gliederung der Lokalisierungsverfahren Positionsbestimmung Satellitennavigation Netzwerkgestützt Innerhalb von Gebäuden Hybride Systeme Cell-ID AOA TDOA TOA E-OTD bzw. OTDOA GPS GLONASS GALILEO Active Badge Active Bat Cricket RADAR Smart Floor A-GPS D-GPS WAAS EGNOS WLAN&GPS Quelle: eigene Darstellung Im Folgenden werden die heute bestehenden Positionierungssysteme einzeln vorgestellt. Sie unterscheiden sich in der Genauigkeit der Standortbestimmung, der Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit der Ortung und in den anfallenden Kosten für Netzbetreiber und Endnutzer, sowie in der Verfügbarkeit in verschiedenen geographischen Gegebenheiten. Hier sollen die einzelnen Verfahren hinsichtlich ihrer Funktionsweise, Einsatzgebiete und der wesentlichen Vor- und Nachteile charakterisiert werden. Abschließend werden sie tabellarisch und grafisch miteinander verglichen. Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 15

Lokalisierungssysteme 4.1 Netzwerkgestützte bzw. endgerätebasierte Positionsbestimmungstechnologien Für die Telefongesellschaften ist es möglich, den Aufenthaltsort eines Mobiltelefons festzustellen, da diese eine Verbindung zu den Sendestationen aufbauen müssen. Es gibt verschiedene Mobilfunknetze. Die wichtigsten sind das GSM, das in Europa eingesetzt wird, das auf GSM basierende System GPRS und UMTS, welches eine deutlich erhöhte Datenübertragungsrate aufweist. Mit Unterstützung dieser Mobilfunknetz-Übertragungstechniken können verschiedene Lokalisierungstechniken realisiert werden, die in diesem Kapitel beschrieben werden. Als netzwerkgestützte Lösungen sind insbesondere Cell of Origin (COO), Angle of Arrival (AOA), Time Difference of Arrival (TDOA) und Time of Arrival (TOA) zu nennen. Die Positionsbestimmung geschieht hier im Wesentlichen durch die Netzwerkinfrastruktur. Zu den endgerätebasierten Methoden zählt vor allem Enhanced Observed Time Difference (E- OTD) bzw. das Observed Time Difference of Arrival (OTDOA) für UMTS. Bei diesen Methoden wird die Positionsbestimmung durch das Endgerät selbst durchgeführt. 4.1.1 Cell-ID-Verfahren bzw. Cell of Origin - COO Dieses Verfahren basiert auf der Identifikation der Funkzellennummer (Cell-ID), in der das Endgerät des Mobilfunkteilnehmers gerade angemeldet ist. Dabei wird der entsprechenden Cell-ID eine Geokoordinate (Zellmittelpunkt) zugeordnet, über die dann Aussagen zur aktuellen Position des Endgeräts getroffen werden können. (vgl. [2]) Die Geokoordinaten der Funkzellen werden dann durch die LBS-Anbieter genutzt, um dem Nutzer personenbezogene Dienste anzubieten. Da es für dieses Lokalisierungsverfahren wesentlich ist, in welcher Zelle sich das mobile Endgerät befindet, kommt der Verbindungsübergabe zwischen den Zellen, also dem Handover, eine wichtige Rolle zu. Wenn mit der aktuellen Basisstation keine ausreichende Kommunikation mehr möglich ist, versucht das mobile Endgerät ein Handover zu einer anderen Basisstation durchzuführen. Falls dies nicht möglich ist, kann es zu einem Verbindungsabbruch kommen. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, auch wenn die Verbindung noch stark genug ist, eine Basisstation mit höherer Signalstärke zu wählen. Bei sich schnell bewegenden Endgeräten kann so die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Verbindungsabbruch kommt, gesenkt werden. Abbildung 7: Das Cell-ID bzw. Cell of Origin (COO)-Verfahren Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an [38] Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 16

Lokalisierungssysteme Die Vorteile dieses Verfahrens liegen darin, dass keine Modifikation der Endgeräte erfolgen muss (netzwerkbasierte Lösung) und die Investitionskosten für Netzbetreiber gering gehalten werden, da die Cell-ID Bestimmung ohnehin für den Mobilfunkbetrieb durchgeführt werden muss. Weiterhin beträgt die Lokalisierungsgeschwindigkeit nur etwa 3 s. Aus der Funktionsweise des Verfahrens resultiert aber auch, dass die Lokalisierungsgenauigkeit von der Größe der Funkzelle abhängt und damit in ländlichen Gebieten bis zu 30 km, in Städten bis zu 100 m betragen kann. Das lässt sich damit erklären, dass in dichtbesiedelten Gebieten wesentlich mehr Funkzellen zur Verfügung stehen als im ländlichen Bereich. (vgl. [1]) Auch die Funkzellenanordnung spielt eine gewisse Rolle bei der Genauigkeit der Standortbestimmung. Hierbei sollte eine möglichst flächendeckende Versorgung gewährleistet sein. Dann sollten die einzelnen Funkzellen sich möglichst wenig überschneiden, damit die Bereiche, die von den einzelnen Basisstationen (BS) abgedeckt werden, möglichst eindeutig voneinander getrennt werden können. Weiterhin zu beachten ist noch, dass bei einer Verminderung der Anzahl der Basisstationen die Belastung des Netzes und der Vermittlungsstellen ansteigen würde. (vgl. [7]) Die Genauigkeit und die Netzkapazitäten sind für eine Vielzahl von Anwendungen wie z.b. Verkehrsnachrichten, Wetterinfos oder Fahrpläne jedoch völlig ausreichend. Durch den neuen Mobilfunkstandard UMTS werden kleinere Zelltypen mit einem Radius von unter 100 Metern definiert, die in Ballungsgebieten die Genauigkeit des Verfahrens erheblich erhöhen. (vgl. [20]) Vorteile von COO: Verwendet das existierende Netzwerk (Investitionskosten für Netzbetreiber gering) Keine Modifikation am Endgerät nötig Direkter Sichtkontakt ist nicht erforderlich Genauigkeit kann durch Anzahl der Funkzellen bestimmt werden Lokalisierungsgeschwindigkeit nur ca. 3 Sekunden Indoor-Einsatz möglich Nachteile von COO: Positionsbestimmung oft zu ungenau (abhängig von Zellgröße) Aktuelle Zelle muss nicht die nächste Zelle sein 4.1.2 Angle of Arrival - AOA Bei dieser Methode erfolgt die Standortbestimmung durch Kreuzpeilung in einem Antennenfeld. Die Richtung des vom Endgerät ankommenden Signals wird, wie in Abbildung 8 dargestellt, von mindestens zwei auf den Basisstationen installierten Antennen, welche alle in die gleiche Himmelsrichtung zeigen, gemessen. Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 17

Lokalisierungssysteme Abbildung 8: Das Angle of Arrival (AOA) - Verfahren β Bezugsrichtung α BS BS Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an [38] Da die Position der Antennen bekannt ist, kann auf diese Weise das Endgerät relativ dazu lokalisiert werden. Eine Modifikation des Endgeräts ist nicht notwendig. Allerdings wird die Ortungsgenauigkeit von der Entfernung zur BS sowie durch Reflexion von Funkwellen z.b. an Bergen oder Gebäuden beeinflusst. (vgl. [2]) Vorteile von AOA: Keine Modifikation am Endgerät nötig Nachteile von AOA: Teuere Basisstationen und Netzwerkmodifikationen nötig Sichtkontakt nötig Geringe Genauigkeit 4.1.3 Time Difference of Arrival - TDOA Der Laufzeitunterschied des Funksignals vom Endgerät zu mehreren BS wird bei diesem Verfahren zur Standortbestimmung genutzt. Die von mindestens drei BS gemessenen Laufzeiten werden an das Mobile Location Center weitergeleitet. Dort wird dann unter Berücksichtigung der Funksignalgeschwindigkeit sowie der Zeitdifferenzen der Standort der mobilen Einheit berechnet. Dazu kann mit Hilfe des Laufzeitunterschieds zwischen zwei Basisstationen eine Hyperbel um die Basisstation gelegt werden, bei der das Signal zuerst ankommt. Wird dies für drei Basisstationen jeweils paarweise durchgeführt, ergibt sich der Standort des mobilen Endgeräts, wie in Abbildung 9 dargestellt, aus dem Schnittpunkt der Hyperbeln. Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 18

Lokalisierungssysteme Abbildung 9: Das Time Difference of Arrival (TDOA) - Verfahren BS A BS B Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an [38] Die Endgeräte können bei TDOA weiterbenutzt werden. Für eine präzise Ermittlung der Laufzeitunterschiede ist jedoch eine zeitliche Synchronisation der BS notwendig. Außerdem beträgt die Messdauer zur Positionsbestimmung etwa 10 s. Anders als bei Angle of Arrival (AOA) hängt die Lokalisierungsgenauigkeit nicht von der Entfernung zwischen Endgerät und BS ab. (vgl. [2]) Vorteile von TDOA: Keine Modifikation an Endgeräten nötig Nachteile von TDOA: Lokalisierungsgeschwindigkeit ca.10 s Synchronisierung notwendig BS C 4.1.4 Time of Arrival - TOA TOA nutzt im Gegensatz zu TDOA nicht die Laufzeitunterschiede sondern die Laufzeiten zur Ermittlung der Position. Wie bei TDOA ist eine zeitliche Synchronisation der BS erforderlich. Mit TOA kann der Standort schon mit einer Genauigkeit von 270 bis 380 m bei GSM und 19 bis 26 m bei UMTS lokalisiert werden. (vgl. [7]) Größere Netzwerkmodifikationen an den Basisstationen, vor allem die Installation so genannter Location Measurement Units (LMU), zur Messung der Signallaufzeiten zu den mobilen Endgeräten, führen dazu, dass diese Methode höhere Investitionskosten verursacht als TDOA. (vgl. [2]) Diese Mehrkosten werden höchstwahrscheinlich auf die Kunden umgewälzt. Vorteile von TOA: Relativ hohe Genauigkeit Keine neuen Endgeräte nötig Nachteile von TOA: Netzwerkmodifikation nötig Kostengünstig nur bei homogener Netzwerkinfrastruktur Wilhelm Dietz Location Based Services in der Mobilkommunikation 19