Formelsammlung Physikalische Chemie 3



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Transkript:

Formelsammlung Physikalische Chemie 3 Sommersemester 2006 Werner Schwalbach Teilweise korrigierte zweite Fassung (mit genügend Tippfehlern) 9. Juli 2006 Werner Schwalbach schwalbach@chemie-mainz.de http://www.chemie-mainz.de Dieses Dokument darf ohne das Einverständnis des Autors nicht auf anderen Seiten veröffentlicht oder gegen Bezahlung verbreitet werden. Der Autor übernimmt keine Garantie dafür, dass dieses Dokument fehlerfrei ist und ist für Verbesserungsvorschläge und Korrekturhinweise dankbar.

Inhaltsverzeichnis Einleitung........................................ 5 Formelzeichen................................... 5 1 Thermodynamik 6 1.1 Eigenschaften der Gase.............................. 6 1.1.1 Makroskopische Systeme und ihre Umgebung.............. 6 1.1.2 Das ideale Gas.............................. 6 1.1.3 Kinetische Gastheorie.......................... 7 1.1.4 Reale Gase................................ 8 1.1.5 Zustandsfunktionen und Zustandsgrößen................ 8 1.2 Erster Hauptsatz der Thermodynamik...................... 10 1.2.1 Arbeit und Wärme............................ 10 1.2.2 Erster Hauptsatz............................. 10 1.2.3 Isotherme und adiabatische Zustandsänderung............. 10 1.2.4 Versuche von Gay-Lussac und Joule-Thomson............. 11 1.2.5 Reaktionswärme, Thermochemie.................... 11 1.2.6 Verdampfungs- und Schmelzenthalpien................. 12 1.3 Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik..................... 13 1.3.1 Definition der Entropie.......................... 13 1.3.2 Kreisprozesse............................... 13 1.3.3 Die Entropie als Zustandsfunktion.................... 13 1.3.4 Dritter Hauptsatz der Thermodynamik.................. 14 1.3.5 Freie Energie, Freie Enthalpie...................... 14 1.3.6 Das chemische Potential......................... 15 1.3.7 Zusammenfassung der Thermodynamischen Potentiale......... 15 1.3.8 Thermodynamisches Gleichgewicht................... 15 1.3.9 Homogene Phasen............................ 16 1.3.10 Chemisches Potential idealer und realer Gase.............. 16 1.4 Mischungen.................................... 17 1.4.1 Ideale Mischungen von Gasen...................... 17 1.4.2 Partielles Volumen............................ 17 1.4.3 Mischungen von Flüssigkeiten...................... 18 1.4.4 Lösungen................................. 18 1.4.5 Kolligative Eigenschaften........................ 18 1.5 Phasengleichgewichte und Phasenübergänge................... 20 1.5.1 Einkomponentensysteme......................... 20 1.5.2 Mehrkomponentensysteme........................ 21

Inhaltsverzeichnis 1.6 Das chemische Gleichgewicht.......................... 23 1.6.1 Freie Reaktionsenthalpie, Reaktionslaufzahl............... 23 1.6.2 Die Gleichgewichtskonstante K..................... 23 1.6.3 Homogene und heterogene Gleichgewichte............... 23 1.6.4 Temperatur- und Druckabhängigkeit der Gleichgewichtskonstanten.. 24 1.6.5 Experimentelle Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten...... 24 1.6.6 Zusammenfassung der Gleichgewichtskonstanten............ 24 2 Elektrochemie 26 2.1 Grundbegriffe................................... 26 2.1.1 Elektrizität................................ 26 2.1.2 Begriffe der Elektrochemie........................ 26 2.2 Elektrolytlösungen................................ 27 2.2.1 Die Faradayschen Gesetze........................ 27 2.2.2 Molare Leitfähigkeit........................... 27 2.2.3 Schwache Elektrolyte........................... 27 2.2.4 Starke Elektrolyte............................. 28 2.3 Einzelne Ionen.................................. 29 2.3.1 Grenzleitfähigkeit der Ionen....................... 29 2.3.2 Ionenbeweglichkeit............................ 30 2.3.3 Hittorfsche Überführungszahlen..................... 31 2.3.4 Beweglichkeit von Hydroxonium- und Hydroxidionen......... 31 2.3.5 Thermodynamik von Ionen in Lösung.................. 31 2.4 Elektrochemische Zellen............................. 32 2.4.1 Die Daniell-Zelle............................. 32 2.4.2 Elektrochemische Halbzellen....................... 32 2.4.3 Elektrodenpotentiale........................... 32 2.4.4 Thermodynamik der elektrochemischen Zelle.............. 33 2.4.5 Die Nernst-Gleichung.......................... 33 2.4.6 Die Gleichgewichts-Galvanispannung einzelner Elektroden...... 34 2.4.7 Diffusionspotential............................ 35 2.4.8 Membranpotentiale............................ 35 2.5 Anwendungen................................... 36 2.5.1 Glaselektrode zur ph-messung...................... 36 2.5.2 Batterien................................. 37 2.5.3 Korrosion................................. 38 2.5.4 Schmelzflusselektrolyse......................... 38 3 Kinetik 39 A Anhänge 40 A.1 Kreisprozesse................................... 40 A.1.1 Herleitung: Adiabatengleichung..................... 40 A.1.2 Herleitung: Isobare Volumenarbeit.................... 41 3

Inhaltsverzeichnis A.1.3 Carnot Kreisprozess........................... 42 A.1.4 Stirling Kreisprozess........................... 44 A.1.5 Diesel Kreisprozess............................ 46 A.1.6 Otto Kreisprozess............................. 48 A.1.7 Joule Kreisprozess............................ 50 Zusammenfassung wichtiger Gleichungen.................... 52 A.2 Thermodynamisches Viereck........................... 53 A.2.1 Ableitung von Zustandsvariablen.................... 53 A.2.2 Ableitung des Maxwellschen Gleichungen............... 54 A.2.3 Ableitung von differentiellen Beziehungen............... 55 4

Einleitung Einleitung Diese Formelsammlung baut auf der Vorlesung»Physikalische Chemie 3«aus dem Sommersemester 2006 (gehalten von Professor Banhart und Professor Gutmann) und aus dem Sommersemester 2005 (gehalten von Professor Banhart) auf. Die Gliederung orientiert sich an der von Professor Banhart vorgenommenen. Formelzeichen Folgende Formelzeichen und ihre Bedeutung wurden in dieser Formelsammlung verwendet. Änderungen der Bedeutung werden an entsprechender Stelle vermerkt. Dichte ϱ Druck p Masse m Molare Masse M (In der Vorlesung wurde m m verwendet) Stoffmenge n Temperatur T Volumen V Flüssig (l), (l) Gasförmig (g) fest (s) 5

1 Thermodynamik 1.1 Eigenschaften der Gase 1.1.1 Makroskopische Systeme und ihre Umgebung System und Umgebung: Ein begrenzter Teil einer Gesamtheit, wie zum Beispiel ein Reaktionsgefäß, wird als System bezeichnet, alles außerhalb eines Systems als Umgebung. Ist das System offen, so kann sowohl Materie- als auch Energieaustausch mit der Umgebung stattfinden. Ist das System geschlossen, so ist nur ein Energieaustausch mit der Umgebung möglich. Ist das System isoliert, so können weder Energie- noch Materieaustausch mit der Umgebung statfinden. Phase: Eine Phase ist ein einheitlicher Teil eines Systems. In ihr erfolgt keine räumliche Änderung einer physikalischen Eigenschaft. Ein homogenes System enthält nur eine Phase, ein heterogenes System enthält mehrere, durch Grenzflächen getrennte, Phasen. Zustand eines Systems: Der Zustand eines Systems wird durch Zustandsgrößen (= Varibalen) wie T, p, etc. bestimmt. Extensive Variablen (n, V ) sind von der Systemgröße abhängig, intensive Variablen (p, T ) sind von der Systemgröße unabhängig. Merkhilfe: Man nehme ein Glas Wasser. Das Wasser hat eine bestimmes Volumen, eine bestimmte Temperatur, eine bestimmte Sotffmenge und ist einem bestimmten Druck ausgesetzt. Gebe ich ein identisches Glas Wasser hinzu, so verdoppelt sich das Volumen und die Stoffmenge, nicht aber die Temperatur und der Druck. 1.1.2 Das ideale Gas Vorraussetzungen für ein ideales Gas sind: Die Teilchen wechselwirken nicht miteinander. Es finden nur elastische Stöße zwischen den Teilchen statt. Die Teilchen haben kein Eigenvolumen. Die Geschwindigkeiten sind gleichverteilt. Dalton: Der Gesamtdruck p ist gleich der Summe der Partialdrücke p i aller Komponenten: p = N i=1 p i = RT V N n i (1.1) i=1

Teil 1: Thermodynamik Molenbruch: Der Molenbruch ist definiert als die Stoffmenge einer Komponente n i bezogen auf die Gesamtstoffmenge n: χ i = n i n mit n = N n i (1.2) i=1 1.1.3 Kinetische Gastheorie Druck: Der Druck p entsteht durch den Impulsübertrag der Teilchen auf die Wände. Temperatur: Die Temperatur T steigt mit der mittleren Geschwindigkeit der Teilchen. Es wird von einem Gas, das aus punktförmigen Teilchen besteht, in einem Volumen V ausgegangen. Für die kinetische Energie der Teilchen gilt: E kin = 3 2 R N A T = 3 2 k B T (1.3) Es ist k B = 1, 3806505 10 23 J/K die Boltzmannkonstante. Kinetische Energie pro Freiheitsgrad: Die kinetische Energie pro Freiheitsgrad eines Teilchens ist: E kin = 1 2 k B T (1.4) Es sind die Freiheitsgrade der Rotation und der Translation zu betrachten. Neben diese existieren noch die Schwingungsfreiheitsgrade. Mittlere Translationsgeschwindigkeit: Die mittlere Translationsgeschwindigkeit der Teilchen ist: v 2 = 3k BT m = 3RT 3RT M c rms = (1.5) M Bei zunehmender Temperatur und abnehmender Teilchenmasse steigt die Geschwindigkeit v. MAXWELLsche Geschwindigkeitsverteilung: Nicht alle Teilchen haben in einem Gas die gleiche Geschwindigkeit. Die Gschwindigkeitsverteilung wird durch die von MAX- WELL gefundene Beziehung beschrieben: ( ) 3 ( ) M 2 Mv 2 f(v) = 4π v2 exp 2πRT 2RT (1.6) 7

Teil 1: Thermodynamik 1.1.4 Reale Gase Wechselwirkungen: Attraktive Wechselwirkungen zwischen den Teilchen begünstigen die Kompression des Gases, abstoßende Wechselwirkungen die Expansion. Kompressionsfaktor: z = p V m R T ideales Gas: z = 1; reales Gas z 1. Virialgleichung: Zustandgleichung für reale Gase. ist eine mathematische Näherung: ( pv m = RT 1 + B + C ) V m V 2 +... (1.7) m 1 = Virialkoeffizient 1. Ordnung, B = Virialkoeffizient 2. Ordnung, etc. Da das molare Volumen in immer höherer Potenz in den späteren Termen einfließt, können diese oft vernachlässigt werden. Die Viralkoeffizienten sind T -abhängig. Boyle-Temperatur T B : Temperatur bei nahezu idealem Verhalten. Bei T B sind die Virialkoeffizienten ungefähr null. van-der-waals Gas: Das Eigenvolumen und der durch Wechselwirkungen reduzierte Druck werden berücksichtigt: p = RT a V m b V } {{ } 2 m }{{} Eigenvolumen Druckterm (1.8) Bei sehr hohem Druck versagt die vdw-gleichung. Durch zweimaliges Ableiten der vdw- Gleichung und Nullsetzen der beiden Ableitungen (Die kritische Isotherme enthält einen Wendepunkt und dieser muss diese beiden Bedingungen erfüllen) lassen sich die Koeffizienten a und b bestimmen: a = 9 8 RT kv m,k und b = 1 3 V m,k (1.9) p-v -Diagramm realer Gase: Es ist ein physikalisch unsinniges Verhalten (Volumenzunahme bei Druckerhöhung) sichtbar (blaue Isotherme). Aus diesem Grund wird der Prozess idealisiert (grüne Linie). Weiterhin hat die kritische Isotherme (rote Isotherme) einen Sattelpunkt. 1.1.5 Zustandsfunktionen und Zustandsgrößen Zustandsvariablen: Ein Zustand wird durch Zustandsvariablen wie p, V, T und n beschrieben. Zustandsfunktion: Eine Zustandsfunktion, die allgemein geschrieben werden kann als x 0 = x 0 (x 1, x 2, x 3,...), kann nach den Zustandsgrößen aufgelöst werden. Eine differentielle Änderung wird allgemein beschrieben durch: ( ) ( ) x0 x0 dx 0 = dx 1 +... + dx n (1.10) x 1 x 1,...,x 2 x n x 1,...,x n 1 8

Teil 1: Thermodynamik Abbildung 1.1: Phasendiagramm eines realen Gases (Quelle: Grundpraktikum Physikalische Chemie, Scriptum für das Sommersemester 2006, S.71) Es ist x 0 eine Zustandsgröße, wenn das Integral B A dx 0 wegunabhänig ist, oder dx 0 = 0 oder wenn x 0 ein totales Differntial ist. Satz von Schwarz: Ist der Satz von Schwarz erfüllt, so kann die zweite Ableitung ausgetauscht werden: a k = a ( ) i V z.b. = ( ) V (1.11) x i x k p T p T p T Indikatordiagramm: Auftragung von zwei Zustandavariablen gegeneinander. Bei Isothermen nimmt die Temperatur mit der Steigung zu, bei Isochoren nimmt das Volumen mit der Steigung ab und bei Isobaren nimmt der Druck mit der Steigung ab. Ausdehnungskoeffizient: α = ( ) V entspricht der Steigung der Isobaren V T p,n Spannungskoeffizient: β = ( ) p entspricht der Steigung der Isochoren p T isotherme Kompressibilität: entspricht der Steigung der Isothermen V,n κ = V ( V p ) T,n 9

Teil 1: Thermodynamik 1.2 Erster Hauptsatz der Thermodynamik 1.2.1 Arbeit und Wärme Volumenarbeit: δw Volumen = pdv. Die Volumenarbeit ist keine Zustandsgröße. Wärme: δq = CdT. Die Wärmekapazität C ist stoffabhängig. Die spezifische Wärmekapazität ist bezogen auf die Masse m: C spez = C/m 1.2.2 Erster Hauptsatz Aussage: Die Energie eines abgeschlossenen Systems ist konstant (Energieerhaltung). Innere Energie: du = δw δq. Es ist δw die am System geleistete Arbeit und δq die dem System zugeführte Wärme. Bei isochoren Vorgängen ist δw = pdv = 0 und demnach du = δq. Somit ist die innere Energie eine»praktische«größe bei isochoren Vorgängen. Enthalpie: H = U + pv dh = δq pdv + pdv + V dp dh = δq + V dp. Für isobare Vorgänge ist dp = 0 und somit gilt dh = δq. Somit ist H eine»sinnvolle«zustandsgröße bei isobaren Systemen, denn dann gibt dh nur die Wärme an. ( ) U Wärmekapazität bei konstantem Volumen: C V = δq = C V dt T V ( ) H Wärmekapazität bei konstantem Druck: C p = δq = C p dt T p Molwärme: C p,m = C p n, C V,m = C V n Zusammenhang zwischen C p und C V : Beim idealen Gas gilt C p C V = nr. Bei einem idealen einatomigen Gas ist C V = 3/2nR Bei einem idealen zweiatomigen Gas ist C V = 5/2nR Allgemein gilt für reale Gase (und Flüssigkeiten, Festkörper): C p,m C V,m = T V m α2 κ (1.12) 1.2.3 Isotherme und adiabatische Zustandsänderung isotherm: System steht im Wärmekontakt mit der Umgebung, aber dt = 0 adiabatisch: System ist wärmeisoliert und daher ist δq = 0. isotherme und adiabatische Expansion: siehe Vorlesung oder Atkins Adiabatengleichung: pv γ = const. mit dem Adiabatenkoeffizient γ = C p /C V. 10

Teil 1: Thermodynamik 1.2.4 Versuche von Gay-Lussac und Joule-Thomson ( ) ( ) U U Innere Energie: du = dt + dv. Der innere Druck eines Gases Π T T V V T } {{ } } {{ } C V Π T ist bei idealen Gasen gleich null. Versuch von Gay-Lussac: Es wird eine adiabatische (δq = 0) Expansion ins Vakuum p extern = 0 δw = 0) durchgeführt. Hierbei ist du = δq + δw = 0. Weiter wird ein ideales Gas betrachtet, so dass gilt pv = const. und Π T = 0. Damit folgt: ( U T ) V! = 0 = Π T (1.13) Damit ist die innere Energie eines idealen Gases nur von der Temperatur T abhängig: U(T ) = U 0 T T 0 ( ) U T dt = U 0 C V dt (1.14) T V T 0 Bei realen Gasen ist die innere Energie auf Grund der Wechselwirkungen zwischen den Teilchen auch abhängig von p, T. Joule-Thomson: siehe Übungsblatt ( 3, ) Aufgabe 2 T Joule-Thomson Koeffizient: = µ; ist null für ein ideales Gas p H Inversionstemperatur: Für reale Gase lässt sich aus dem Joule-Thomson-Koeffizienten für ein van-der-waals-gas über einen Virialansatz herleiten, dass gilt µ = 2a/ (RT i) b C p (1.15) Dieser Term ändert sein Vorzeichen bei 2a/ (RT i ) b = 0, woraus die Inversionstemperatur T i folgt: T i = 2a Rb (1.16) Für T < T i ist µ > 0 und es erfolgt eine Abkühlung bei Druckabnahme. Für T > T i ist µ < 0 und es erfolgt eine Erwärmung bei Druckabnahme. Dieser Effekt wird zur Verflüssigung von Gasen verwendet. 1.2.5 Reaktionswärme, Thermochemie Bildungsenthalpien: Bei Standardbedingungen (p = 1bar, T = 298K) wird die Standardbildungsenthalpie B H für reine Elemente willkürlich auf Null gesetzt: B H = 0. Diese können logischerweise nicht durch chemische Reaktionen aus anderen Stoffen gebildet werden. 11

Teil 1: Thermodynamik Reaktionsgleichung: ν k A k = 0 mit ν k als stöchometrische Koeffizienten und A k k als Komponenten der Reaktion. Für die Edukte gilt ν k < 0 und für die Produkte ν k > 0. Reaktionsenthalpie: R H = k ν k B H (A k ). Allgemein gesprochen wird zur Bestimmung der Standardreaktionsenthalpie die Differenz aus der Summe der Bildungsenthalpien aller Produkte und der Summe der Bildungsenthalpien aller Edukte (»Produkte minus Edukte«) gebildet. R H > 0: endotherme Reaktion R H < 0: exotherme Reaktion Satz von Hess: Die Reaktionsenthalpie einer Reaktion ist gleich der Summe der Reaktionsenthalpien der einzelnen Teilreaktionen, in die die Hauptreaktion zerlegt werden kann. Oder anders ausgedrückt: Eine Reaktion lässt sich in beliebig viele Teilschritte unterteilen, wobei die Reaktionsenthalpien der einzelnen Teilschritte sich zur Reaktionsenthalpie der Gesamtreaktion aufsummieren. Temperaturabhängigkeit der Reaktionsgleichung für isobare Prozesse: T2 H (T 2 ) = H (T 1 ) + C p (T )dt (1.17) T 1 Temperaturabhängigkeit der Reaktionsgleichung für isochore Prozesse: T2 H (T 2 ) = U (T 1 ) + C V (T )dt (1.18) T 1 1.2.6 Verdampfungs- und Schmelzenthalpien Verdampfungsenthalpien: Beim Verdampfen wird Arbeit gegen die Wechselwirkungen zwischen den Teilchen geleistet. Die Verdampfungsenthalpie wird mit einem V gekennzeichnet: V H. Pictet-Trouton-Regel: Es handelt sich um eine empirisch gefundene Näherung, die für viele, aber nicht alle, Flüssigkeiten gilt (mit T S = Siedetemperatur): V H J 88 T S Kmol (1.19) Schmelzenthalpien: Beim Schmelzen geht Ordnung»verloren«und die Entropie S nimmt zu. Die Verdampfungsenthalpie wird mit einem SM gekennzeichnet: SM H. 12

Teil 1: Thermodynamik 1.3 Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik 1.3.1 Definition der Entropie Die Entropie gibt die Richtung an, in die ein Prozess abläuft und qualitativ das Außmaß der Irrevisibilität eines Prozesses. Es wird gefordert: Im Gleichgewicht sei die Entropie S maximal. Die Entropie muss sich bei spontanen Prozessen ändern. Die Entropie muss bei reversiblen Prozessen konstant sein. Definition der Zustandsgröße Entropie: ds = δq reversibel T und ds > δq irreversibel T (1.20) Ein abgeschlossenes System strebt maximaler Entropie zu d.h. ein System strebt ins thermodynamische Gleichgewicht. Ein Prozess läuft spontan bei S > 0 ab. Die maximale Arbeit wird bei S = 0 gewonnen. Zustandsänderungen in abgeschlossenen System sind reversibel, wenn S = const.. 1.3.2 Kreisprozesse Carnot Prozess: Siehe Seite 42. Zweiter Hauptsatz: Es gibt keinen Kreisprozess mit einem Wirkungsgrad η > η Carnot, da alle Schritte reversibal sind. Alternativ:»Es gibt keinen zyklischen Prozess, der nur Wärme in Arbeit umwandelt, ohne dass Wärme von einem warmen in ein kaltes Reservoir fließt«. 1.3.3 Die Entropie als Zustandsfunktion ( ) S bei konstantem Volumen: = C V T V T ( ) S bei konstantem Druck: = C p T p T ( ) H isothermer Drosseleffekt: ε = = V T p Entropie des idealen Gases: T ( ) V T p S steigt mit zunehmendem Volumen mehr Bewegungsfreiheit S steigt mit zunehmender Temperatur mehr Fluktuationen S steigt mit anehmendem Druck 13

Teil 1: Thermodynamik 1.3.4 Dritter Hauptsatz der Thermodynamik Aussage: Der absolute Temperaturnullpunkt kann nicht erreicht werden. Für kristalline Stoffe ist definiert, dass S 0 für T 0 gilt. Erzeugung tiefer Temperaturen: Die Erzeugung tiefer Tmeperaturen ist auf folgenden Wegen möglich: Umgekehrt laufende Carnot Maschine (= Kältemaschine) Joule-Thomson-Effekt ermöglicht eine Abkühlung bis ca. 4K (Siedepunkt von Helium). Verdampfen von flüssigen Helium ermöglicht eine Abkühlung bis ca. 1K. Adiabatische Entmagnetisierung von Paramagneten (siehe unten). Adiabatische Entmagnetisierung von Paramagneten: In einem paramagnetischen Sotff haben die ungepaarten Elektronen keine Ordnung (S = groß). Wird ein Magnetfeld angelegt, so ordnen sich die magnetischen Momente (S = klein). Die magnetischen Momente koppeln an das (Kristall)gitter. Wärme führt zu Gitterschwingungen. Bei der adiabatischen Entmagnetisierung werden folgende Schritte ausgeführt: 1. Isotherm: Ablegen eines Feldes. Durch die Ausrichtung der magnetischen Momente wird Wärme abgegeben. 2. Adiabatisch: Reduzieren des Feldes. Die Temperatur nimmt ab. Der Grund für die Temperaturabnahme ist, dass die Gesamtsntropie des Systems konstant bleibt, aber am Ende der Feldreduzierung kleiner ist als zuvor. Damit muss auch die Temperatur niedriger sein. 3. Die beiden Schritte werden zyklisch wiederholt. 1.3.5 Freie Energie, Freie Enthalpie F = U T S. Ist sinnvoll bei isochoren Zustandsänderun- Freie (Helmholtz) Energie: gen. Freie Enthalpie (Gibbssche freie Energie): Zustandsänderungen. G = H T S. Ist sinnvoll bei isobaren maximale Volumenarbeit: δw = F ; Die maximale, vom System geleistete, Arbeit δw ist bei einer reversiblen Zustandsänderung gleich der Änderung der freien Energie F. F ist die Energie, die zur Umwandlung in Arbeit zur Verfügung steht. maximale Nicht-Volumenarbeit: δw e dg; die maximale Nicht-Volumenarbeit δw e ist kleiner gleich der freien Enthalpie dg, bei p, T = const. Sie ist wichtig bei elektrochemischen Prozessen. 14

Teil 1: Thermodynamik 1.3.6 Das chemische Potential Offene Systeme mit k Stoffen: In offenen Systemen kann ein Stoffautausch mit der Umgebung stattfinden. Für die freie Enthalpie gilt (mit n = n 1, n 2, n 3,...): ( ) ( ) G G N ( ) G G (p, T, n) dg = dp+ dt + dn i (1.21) p T,n T } {{ } p,n n } {{ } i=1 i p,t,n i j } {{ } =V = S =µ ( ) G Definition des chemischen Potential: µ i = n i p,t,n i j Gibbssche Fundamentalgleichung: dg = V dp SdT + i µ i dn i 1.3.7 Zusammenfassung der Thermodynamischen Potentiale Es sind die innere Energie U und die Entropie S durch den Ersten bzw. Zweiten Hauptsatz gegeben. Die übrigen Größen (Enthalpie H, freie Enthalpie G und freie Energie F ) sind nur definiert. Zustandsfunktion Gibbssche Fundamentalgleichung Variable k U du = T ds pdv + µ i dn i S, V, n i S ds = p T dv + 1 k T du + µ i T dn i i=1 V, U, n i k H = U + pv dh = T ds + V dp + µ i dn i S, p, n i F = U T S df = SdT pdv + G = H T S dg = SdT + V dp + i=1 i=1 k µ i dn i T, V, n i i=1 k µ i dn i T, p, n i i=1 1.3.8 Thermodynamisches Gleichgewicht Gleichgewichtsbedingung: Ein (abgeschlossenes) System ist im Gleichgewicht, wenn bei: U, V = const. S maximal T, V = const. F minimal T, p = const. G minimal chemisches Potential: Im Gleichgewicht gilt µ 1 = µ 2 15

Teil 1: Thermodynamik Maxwellsche Gleichungen: (siehe auch A.2.2 auf Seite 54) ( ) ( ) ( ) ( ) V T V S = ; = ; S p p S T p p T ( ) ( ) ( ) ( ) S p p T = = V T S V T ; V V S (1.22) 1.3.9 Homogene Phasen homogene Phasen: In homogenen Phasen gilt für S, U, V und n i, dass diese extensive Variablen (v.d. Systemgröße abhängig) sind, d.h. 1/2S (U, V, n i ) = S (1/2U, 1/2V, 1/2n i ). µ ist eine intensive (d.h. von der Systemgröße unabhängige) Variable. Es gilt: µ = ( ) G ; dg = n p,t k µ i dn i G = i=1 Für reine Phasen gilt G m = G/n = µ. k µ i n i p, T = const. (1.23) 1.3.10 Chemisches Potential idealer und realer Gase ( ) µ Druckabhängigkeit des chemischen Potentials: = V m mit dg m = dµ = p T V m dp S m dt. i=1 Druckabhängigkeit beim idealen Gas: ( ) p µ = µ 0 + RT ln p 0 Druckabhängigkeit beim realen Gas: ( ) f µ = µ + RT ln p (1.24) (1.25) f = Fugazität mit f = φ p mit φ = Fugazitätskoeffizient (=1 bei idealen Gasen). 16

Teil 1: Thermodynamik 1.4 Mischungen 1.4.1 Ideale Mischungen von Gasen Mischen idealer Gase: Beim Mischen idealer Gase ändern sich U und T nicht. Die Mischungsenthalpie m H = 0. freie Mischungsenthalpie: m G = G nacher G vorher = nrt (χ A ln (χ A ) + χ B ln (χ B )) Mischungsentropie: m S = nr (χ A ln (χ A ) + χ B ln (χ B )) 1.4.2 Partielles Volumen Molvolumen: Das Molvolumen einer reinen Phase ist nicht zwingend gleich dem Molvolumen in einer Mischung. Ein Beispiel hierfür ist Wasser in Ethanol. Reines Wasser hat ein Molvolumen von 18cm 3, in Ethanol sind es nur 14cm 3. Das Molvolumen hängt von der Zusammensetzung ab. Man definiert deshalb das partielle Molvolumen. ( ) V Definition des partiellen Molvolumen: V j = n j p,t,n i j partielles Molvolumen als totales Differential: ( ) ( ) V V dv = dn A + dn B = V A dn A + V B dn B (1.26) n A p,t,n } {{ B n B p,t,n } } {{ A } V A dn A V B dn B Gibbs-Duhem Beziehung: Betrachtet man das Gesamtvolumen als Funktion der Zusammensetzung, so ist die Steigung das partielle Molvolumen dv = d (V A n A + V B n B ) = n A dv A + n A dv } {{ B +V } A dn A + V B dn B = 0 (1.27) ( ) Term ( ) ist gleich null, was aus einem Koeffizientenvergleich mit dem totalen Differential zu ersehen ist. Diese Formulierung ist ein Speziallfall der Gibbs-Duhem Beziehung. Allgemein gilt (p, T = const.): N n i dµ i = 0 (1.28) i=1 Steigt das chemische Potential µ einer Komponente, so muss das chemische Potential der anderen Komponente abnehmen! 17

Teil 1: Thermodynamik 1.4.3 Mischungen von Flüssigkeiten Kennzeichnung reiner Stoffe: Reine Stoffe werden im Folgenden mit einem Stern gekennzeichnet. ( ) Chemisches Potential: µ A,l = µ pa A,l + RT ln Raoultsches Gesetz: p A = χ A p A. Beschreibt die Änderungen des Dampfdruckes beim Mischen vonn Flüssigkeiten (empirisch gefundenes Gesetz). Das Raoultsche Gesetz gilt gut für Mischungen mit chemisch ähnlichen Komponenten und hohen Konzentrationen von A (Lösungsmittel). Es gilt exakt für ideale Mischungen im gesamten Mischungsbereich. Henrysches Gesetz: p B = χ B k B mit der stoffspezifischen Konstante k B. Das Henrysche Gesetz gilt für Lösungen mit geringer Konzentration des gelösten (flüchtigen) Stoffes und wurde empirisch gefunden. Molenbruch der Dampfphase: y i = p i p p i j p. Für die Dampfphase sei das Symbol des Molenbruches ein y. Es ist p i der Partialdruck der Komponente i und p der Ge- j samtdruck. Zusammensetzung der Dampfphase: Aus dem Daltonschen Gesetz (p gesamt = p A + p B ) und dem Raoultschen Gesetz (p A = χ A p A ) folgt p = p A + p B = p B + (p A p B) χ A. Unter Verwendung des Molenbruch für die Dampfphase lässt sich daraus herleiten: p A y A = χ A p A p b + ( p A ) (1.29) p B χa 1.4.4 Lösungen Chemisches Potential des Lösungsmittels: bei idealem Verhalten: µ A,l = µ A,l + R ln ( pa p A ) = µ A,l + RT ln (χ A ) bei realem Verhalten: µ A,l = µ A,l + RT ln (a A ). Es ist a A die Aktivität des Stoffes A und es gilt a i = γ χ A mit dem Aktivitätskoeffizienten γ. Chemisches Potential des gelösten Stoffes: 1.4.5 Kolligative Eigenschaften Im Folgenden gehen wir bei Mischungen von nicht-füchtigen Komponenten aus! kolligativ: Es besteht nur eine Abhängigkeit von der Menge des gelösten Stoffes, nicht aber von seiner Art. Beispiel: Siedepunktserhöhung, Gefrierpunktserniedrigung, Dampfdruckerniedrigung, Osmose. 18

Teil 1: Thermodynamik Siedepunktserhöhung: T V R (T V ) 2 χ B V H m Molmassenbestimmung über die Siedepunktserhöhung: Setze χ B = n B M A m gesamt in die Siedepunktserhöhung-Gleichung ein und erhalte: n B n A + n B = R (T V ) 2 M A n B V H } {{ m m } gesamt } {{ } K e m B (1.30) Es ist K e die sogenannte ebullioskopische Konnstante. In obiger Gleichung ist m B die Molalität (mol/kg) von Stoff B. Die Molmassenbestimmung gelingt auch über die Gefrierpunktserniedrigung. Dabei wird die kryokopische an Stelle der ebullioskopischen Konstante eingesetzt. Gefrierpunktserniedrigung: T F R (T F ) 2 χ B F H m 19

Teil 1: Thermodynamik 1.5 Phasengleichgewichte und Phasenübergänge 1.5.1 Einkomponentensysteme Wichtige Größen in einem Einkomponenten-Phasendiagramm sind der Tripelpunkt T und der kritische Punkt K. Sei T V die Siedetemperatur und T K die kritische Temperatur. Sieden einer Flüssigkeit: Sei p = const. und T V die Siedetemperatur: (a) p = const. T < T V : p extern > p Dampf T = T V : p extern = p Dampf ; Wärmezufuhr, keine T -änderung. T > T V : p extern < p Dampf ; alles verdampft. (b) V = const. T > T V : nur Dampf, p = hoch T > T K : keine Phasenunterscheidung mehr (c) T = const. p > p V : nur Flüssigkeit p = p V : Flüssigkeit siedet p < p V : nur Gas Temperatuabhängigkeit des chemischen Potentials: ( ) µ T p = S m. Es gilt im Allgemeinen S m,s < S m,l < S m,g. ( ) µ Druckabhängigkeit des chemischen Potentials: = V m. Ist V m positiv, so p T nimmt µ mit p zu. Im allgemeinen (nicht ausschließlich) gilt V m,s < V m,l V m,g. Temperaturabhängigkeit des Dampfdruckes: Die Temperaturabhängigkeit des Dampfdruckes wird durch die Clausius-Clapeyron Gleichung beschrieben (mit V m,b als molares Volumen der Gasphase): dp dt V = VH m T V m,b (1.31) Für ein ideales Gas ist V m,b = RT/p und es folgt: 1 dp p dt V = VH m T 2 V (1.32) Für das Schmelzen gilt: dp dt S = SH m T S V m (1.33) 20

Teil 1: Thermodynamik Klassifikation der Phasenübergänge: Man betrachte Auftragungen von V, H, µ, S und C p gegen T : Phasenübergang 1. Ordnung: Beim Phasenübergang wird sogenannte»latente Wärme«frei. Es erfolgt eine sprunghafte Änderung von V m, H, S. C p weist eine Singularität und der Verlauf von µ einen Knick auf. Beispiele: Sieden, Schmelzen, Fest- Fest-Übergänge (Diamant/Graphit). Phasenübergang 2. Ordnung: Es wird keine Wärme beim Phasenübergang frei. V m, H, S haben einen Knick, µ einen Wendepunkt und C p hat einen Sprung, aber keine Singularität. Beispiele: Fest-Fest-Übergang zu energetisch gleichen Kristallstrukturen, Übergang normalleitend/supraleitend. Phasenübergang n-ter Ordnung: Unstetigkeit von µ(t ) in der n-ten Ableitung. 1.5.2 Mehrkomponentensysteme Wir gehen im folgenden nur von binären Systemen auf! Phase P: physikalisch/chemisch homogener Bereich. Kann mehrere Komponenten C enthalten. Beispiel für eine Phase sind fest, flüssig, gasförmig, eine Festphase wie z.b. Diamant, Lösung, Gasmischung, flüssige Mischung, Legierung mischbarer Metalle. Beispiele für zwei Phasen sind Eiswasser, Legierungen mit nicht mischbaren Metallen, Dispersionen. Komponente C: chemisch unabhängiger Bestandteil des Systems. Beispiel: H 2 O (l) H 2 O (s) : C=1; C 2 H 5 OH + H 2 O: C=2. Bei chemischen Reaktionen zwischen den Komponenten ist C die minimale Anzahl der Spezies mittels der man die Zusammensetzung aller Phasen beschreiben kann. Kann ein Bestandteil aus anderen gebildet werdne, so wird dieser getrichen. C beinhaltet nur die chemisch unabhängigen Bestandteile! Ohne Reaktion ist C gleich der Anzahl der Bestandteile, mit Reaktion ist C kleiner als die Anzahl der Bestandteile. Freiheitsgrade: Zahl der intensiven Zustandsvariablen, die unabhängig voneinander variiert werden können, ohne dass sich die Zahl der Phasen P ändert. Gibbssche Phasenregel: F = C P + 2 Druckabhängigkeit der Zusammensetzung in Zweikomponentensytemen: In der Flüssigkeit gilt der lineare Zusammenhang (Gerade im Phasendiagramm): p = p B = (p A p B) χ A (1.34) In der Gasphase ist die Zusammensetzung ungleich der in Zusammensetzung in flüssiger Phase. Die Konzentration der flüchtigeren Komponente ist höher. Es gilt: p = p A p B p A + ( p B ) (1.35) p A ya 21

Teil 1: Thermodynamik Die Zusammensetzung des Gesamtsystems ist gegeben durch: z A = n A,l + n A,g n A,l + n A,g + n B,l + n B,g (1.36) Dampfdruckdiagramm: Auftragung des Druckes gegen die Zusammensetzung. Zweiphasengebiet: Im Zweiphasengebiet (in einem Dampfdruckdiagramm) liegen flüssige und gasförmige Phase nebeneinander vor. Es ist P=2, F=1. Konnode: Horizontale Linie die Punkte gleichen Druckes an Phasengrenzen verbindet. Hebelgesetz: Die Zusammensetzung der Mischung im Zweiphasengebiet wird durch das Hebelgesetz ermittelt. Man wählt einen Punkt im Zweiphasengebiet und legt durch diesen eine Konnode. Es ergeben sich die Länge»linkes Ende des Zweiphasengebietes - gewählter Punkt«, die wir l α nennen und die Länge»gewählter Punkt - rechtes Ende des Zweiphasengebietes«, die wir l β nennen. Im linken Bereich außerhalb des Zweiphasengebietes befinde sich die Phase α, im rechten Teil die Phase β. Es gilt: n α l α = n β l β (1.37) Siedediagramm: Auftragung der Temperatur gegen die Zusammensetzung. Azeotrop: Bei realen Mischungen kommt des durch Wechselwirkungen zwischen den Komponenten zu Abweichungen vom idealen Verhalten. Es ist z.b. im Siedediagramm ein Maximum oder ein Minimum zu sehen, in dem Siedekurve und Kondensationskurve zusammenlaufen. Dieser Punkt wird als azeotroper Punkt bezeichnet und an ihm sind lässt sich eine Mischung durch Destillation nicht weiter auftrennen. Flüssig-Flüssig-Phasendiagramme: Im Zweiphasengebiet sind die Flüssigkeiten nicht vollständig mischbar. Die Zusammensetzung kann über das Hebel Gesetz bestimmt werden. Es herrscht Koexistenz von zwei teilweise ineinander gelösten Flüssigkeiten. Außerhalb besteht vollständige Mischbarkeit der Flüssigkeiten und es exisitiert nur eine Phase. Fest-Flüssig-Phasendiagramme: Diese Diagramme sind in der Regel sehr kompliziert und wir betrachten daher nur die Fälle für die gilt p = const.. Da es sich hierbei um komplexe Diagramme handelt: siehe Vorlesung! 22

Teil 1: Thermodynamik 1.6 Das chemische Gleichgewicht 1.6.1 Freie Reaktionsenthalpie, Reaktionslaufzahl Reaktionslaufzahl (Reaktionskoordinate): dξ = dn i. Die Reaktionslaufzahl gibt den ν i Ertrag einer Reaktion an. Es ist ν i der stöchometrische Koeffizient des Reaktionspartners i in der Reaktionsgleichung. ( ) G Freie Reaktionsenthalpie: = R G. Liegt das Gleichgewicht bei den Produkten, so ist G/ ξ < 0. Liegt das Gleichgewicht bei den Edukten, so ist G/ ξ > 0. ξ p,t Im Gleichgewicht ist G/ ξ = 0. Bedeutung der freien Reaktionsenthalpie: Ist R G < 0, so ist die Reaktion exergonisch (freiwillig ablaufend), ist R G > 0, so ist die Reaktion endergonisch (nicht freiwillig ablaufend). Ist R G = 0, so hat sich das chemische Gleichgewicht eingestellt und die Reaktion kommt zum Stillstand. 1.6.2 Die Gleichgewichtskonstante K Definition der thermodynamischen Gleichgewichtskonstante: K = i a ν i i Massenwirkungsgesetz: Sei die Reaktion A + B C + D gegeben, so lautet das zugehörige Massenwirkungsgesetz: K = aν C C a ν D D a ν A A a ν B B (1.38) Gleichgewichtskonstante und freie Standardreaktionsenthalpie: ln (K) = RG RT 1.6.3 Homogene und heterogene Gleichgewichte Homogene Gleichgewichte in Gasen: K = (p ) P i νi mit ( ) als Abweichung vom idealen Verhalten. Homogene Gleichgewichte in Lösungen: allgemein gilt Molarität (mol/l): K = (c ) P i νi i χ ν i i } {{ } K c i γ ν i i i p ν i i } {{ } K x K = i χ ν i i } {{ } K x i ϕ ν i i } {{ } ( ) i ; γ ν i i 23

Teil 1: Thermodynamik Molalität (mol/kg): K = (m ) P i νi i χ ν i i } {{ } K m Heterogene Gleichgewichte: Es liegen mehrere Phasen gleichzeitig vor. Wir definieren,d ass die Aktivität von reinen festen oder flüssigen Soffen a i = 1 ist. Damit erscheinen reine Stoffe nicht mehr im Massenwirkungsgesetz. 1.6.4 Temperatur- und Druckabhängigkeit der Gleichgewichtskonstanten van t Hoffsche Reaktionsisobare: ( ) ln (K) = RH T p RT 2 van t Hoffsche Reaktionsisochore: ( ) ln (K) = RH T RT 2 Betimmung der Abhängigkeit der Gleichgewichtskonstanten: Durch Integration der van t Hoffschen Gleichungen nach T kann die Temperaturabhängigkeit bestimmt werden. Prinzip des kleinsten Zwanges (le Chatelier):»Ein System im chemischen Gleichgewicht wicht einem äußeren Zwang so aus, dass durch Einstellen der Zustandsparameter der äußere Zwang vermindert wird.«exotherme Reaktion ( R H < 0): Durch Erhöhung von T nimmt K ab und das Gleichgewicht verschiebt sich in Richtung der Edukte. endotherme Reaktion ( R H > 0): Durch Erhöhung von T nimmt K zu und das Gleichgewicht verschiebt sich in Richtung der Produkte. ( ) ln (Kx ) Druckabhängigkeit der Gleichgewichtskonstanten: = RV p T RT Wird als Beispiel eine Reaktion mit Volumenzunahme betrachtet, so verschiebt sich das Gleichgewicht bei Druckerhöhung auf Seite dr Edukte, da K kleiner wird. 1.6.5 Experimentelle Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten Bei der Bestimmung von C i und p i darf kein Eingriff ins Gleichgewicht erfolgen, da es sonst zu einer Verschiebung von eben diesem kommen würde. Methoden sind daher Spektroskopie, Messung der elektrischen Leitfähigkeit unter Vermeidung von Elektrolyse, Messung der Wärmeleitfähigkeit, Messung des Gesamtdruckes bei Gasreaktionen oder Einfrieren des Gleichgewichtes, da bei sinkender Temperatur die Reaktionsgeschwindigkeit abnimmt. 1.6.6 Zusammenfassung der Gleichgewichtskonstanten V i γ ν i i Ideales Verhalten: Bei idealem Verhalten gilt: K x = χ ν i ; K p = p ν i ; K c = c ν i ; i i i K m = i m ν i 24

Teil 1: Thermodynamik Allgemeine druckunabhängigke Gleichgewichtskonstante: Zusammenhang von K, K p und K x : ln (K) = RG RT N ( ) p K = K x i=1 p K = K p (p ) N K p = K x (p) i=1 N i=1 ν i ν i ν i 25

2 Elektrochemie 2.1 Grundbegriffe 2.1.1 Elektrizität Coulomb-Gesetz: F = Q 1Q 2 4πε 0 r Elektrische Feldstärke: E = F/Q Elektrischer Fluss: Φ = E A; mit der Fläche A, durch die die elektrischen Feldlinien treten. Elektrostatisches Potential: U ϕ = E(r)dr = Q 4πε 0 r Elektrische Arbeit: W = QdU Kapazität: Q = C U 2.1.2 Begriffe der Elektrochemie Elektroden: Die positiv geladene Elektrode wird Anode genannt. Zu ihr wandern die negativ geladenen Anionen. Die negative Elektrode wird Kathode genannt. Zu ihr wandern die positiv geladenen Kationen. Ladungszahl: Die Ladungszahl z gibt an, wieviele Elementarladungen ein Ion trägt. So ist z(na + ) = 1 und z(ca 2+ ) = 2. Es steht Z + für die Ladungszahl von Kationen und z für die Ladungszahl von Anionen. Elektrolyt: Elektrolyte sind chemische Verbindungen, die in Lösungen in Ionen dissoziieren. Als Elektrolytlösung bezeichnet man eine Lösung aus Elektrolyt mitsamt Lösungsmittel. Äquivalentkonzentrationen: neutral sein müssen. z + n i V = z n i V besagt, dass Lösungen immer elektrisch

Teil 2: Elektrochemie 2.2 Elektrolytlösungen 2.2.1 Die Faradayschen Gesetze Aufbau: Zwei Elektroden werden in eine Elektrolytlösung getaucht und eine Spannung wird angelegt. 1. Faradaysches Gesetz: m Q = I t. Die Masse der an den Elektroden freigesetzen Substanzen ist proportional zur geflossenen Ladung. 2. Faradaysches Gesetz: Q = m + z + N A e = m z N A e. Die durch gleine Elektrizitätsmengen aus verschiedenen Stoffen abgeschiedene Masse verhält sich wie durch die M + M Ladungszahlen dividierte Molmasse. Es ist N A e = F die Faradaykonstante. Somit folgt m 1,+ = M 1,+/z 1,+ m 2,+ M 2,+ /z 2,+ 2.2.2 Molare Leitfähigkeit Dissoziationsgrad: n 0 α = n 0 n undissoziiert. Die Leitfähigkeit hängt vom Dissoziationsgrad α ab. Starke Elektrolyte wie NaCl dissoziieren follständig wohingegen schwache Elektrolyte wie Essigsäure nur teilweise dissoziieren. Es ist n dissoziiert = α n 0 und n undissoziiert = (1 α) n 0. Leitfähigkeit: G = 1 R = κ A. Die Leitfähigkeit G ist gleich dem reziproken ohmschen Widerstand der Lösung. Jede Lösung hat einen spezifischen Widerstand κ und eine l Zellkonstante A/l. Molare Leitfähigkeit: Λ = κ. Eigentlich sollte die molare Leitfähigkeit Λ unabhängig von der Konzentration sein, was auf Grund der interionischen Wechselwirkungen al- c lerdings nicht gegeben ist. Diese Wechselwirkungen haben eine Auswirkung auf die Beweglichkeit der Ionen und damit auch auf die Leitfähigkeit. 2.2.3 Schwache Elektrolyte Dissoziation eines schwachen Elektrolyten: Ein schwacher Elektrolyt AB dissoziiert zu A + und B. Für das Gleigewicht folgt unter Verwendung des Dissoziationsgrades (und c A + = c B ): K c = c c A + B = c2 0 α2 = c 0 α 2 c AB (1 α) c 0 1 α Dissoziationsgrad und molare Leitfähigkeit: α = Λ (c). Es ist Λ 0 die molare Grenzleitfähigkeit bei vollständiger Dissoziation d.h. bei unendlicher Verdünnung. Λ 0 27

Teil 2: Elektrochemie Ostwaldsches Verdünnungsgesetz: Aus dem Gleichgewicht folgt unter Verwendung der molaren leitfähigkeit das Ostwaldsche Verdünnungsgesetz: K c = c 0 α 2 1 α = Λ (c) 2 Λ 2 0 (1 Λ (c) /Λ 0) c = 2.2.4 Starke Elektrolyte Λ (c) 2 c Λ 0 (Λ 0 Λ (c)) Kohlrauschsches Quadratwurzelgesetz: Für die Leitfähigkeit starker Elektrolyten gilt das Kohlraussche Quadratwurzelgesetz: Λ (c) = Λ 0 A c Debye-Hückel Theorie: Bei starken Elektrolyten treten in Elektrolytlösungen Wechselwirkungen zwischen den Ionen auf, sodass sich um ein zentrales Ion eine Ionenwolke aus entgegengesetzt geladenen Ionen bildet. Diese Ionenwolke hat das Potential ϕ (r) W und den Radius 1/β. Folgende Annahmen werden in der Debye-Hückel Theorie gemacht: Starke Elektrolyte dissoziieren vollständig. Ionen sind Kugeln mit dem Radius a Die Ionen sind nicht polarisierbar. Es wird nur die Elektrostatik betrachtet. E Coulomb k B T Poisson-Gleichung: 1 r 2 ( r 2 r ) ϕ (r) = ϱ (r) r ε 0 ε r Ionenstärke: I = 1 2 N zi 2 c i i=1 Debye-Länge: ( 1 β = NA 2c 2 ) 1 2 1 (I) 2 ε 0 ε r k B T Potential und Ladungsdichte von Ionenwolke und Zentralatom: Das Poential von Zentraltom und Ionenwolke setzt sich zusammen aus dem Coulombpotential des Zentralions ϕ Z und dem Potential der Ionenwolke ϕ W : ϕ (r) = ϕ Z + ϕ W = z ie 4πε 0 ε r Die Ladungsdichte ist gegeben über: ϱ (r) = N A 2e 2 k B T I ϕ (r) ( exp (a/β) 1 + (a/β) ) exp ( r/β) r 28

Teil 2: Elektrochemie Interionische Wechselwirkungen: Es können (unter anderem) folgende interionische Wechselwirkungen auftreten (entnommen aus»scriptum zum Physikalisch Chemischen Grundpraktikum«, Sommersemester 2006, HD Dr. Michael Maskos): Relaxation der Elektronenwolke: Dadurch, dass Kationen und Anionen in entgegengesetzte Richtungen wandern, kommt es zu einer asymmetrischen Verzerrung der Ionenwolke. Der Neuaufbau der symmetrischen Ionenwolke kostet zusätzliche Energie und senkt somit die Leitfähigkeit. Alternativ lässt sich dieser Effekt auch so verstehen, dass das Zentralion sich vom Schwerpunkt der Ionenwolke entfernt, wodurch eine zusätzliche Coulombkraft auftritt, die das Ion zum Schwerpunkt zurückziehen will. Elektrophoretischer Effekt: Die hydrodynamische Reibung der Ionen F R = 6πηrv bei ihrer Wanderung wird dadurch verstärkt, dass ihre Hydrathüllen mit den Hydrathüllen der entgegengesetzt wandernden Ionenwolke wechselwirken. Als effektive Wanderungsgeschwindigkeit muss daher statt der Ionengeschwindigkeit v + die relative Geschwindigkeit v + + v betrachtet werden. Dies führt aber zu einer erhöhten Reibungskraft und somit zu einer verminderten Leitfähigkeit. Aktivität und Aktivitätskoeffizient: γ i der zugehörige Aktivitätskoeffizient. a i = c i γ i. Es ist a i die Aktivität des Ions i und Mittlerer Aktivitätskoeffizient: γ ± = ( γ ν + + γ ν ) 1/ν ; ν = ν+ + ν Mittler Aktivität: γ ± = ( a ν + + a ν ) 1/ν ; ν = ν+ + ν Mittlere Konzentration: c ± = ( ν ν + + ν ν ) 1/ν c; ν = ν+ + ν Chemisches Potential: Betrachtet man die Solvatations-freie-Enthalpie, so kann man sich diese als»freie Arbeit«vorszellen, die notwendig ist um ein Ion in einem (beliebigen) Medium zu erzeugen abzüglich der Arbeit die nötig wäre um das gleiche Ion im Vakuum zu erzeugen. Wird dies gemessen, so erhält man quasi ein gemitteltes chemisches Potential: µ ± = ν +µ + + ν µ ν + + ν Mit der Definition des chemischen Potentials µ = µ + RT ln (a) folgt (siehe Vorlesung für eine detailliertere Herleitung) für den mittleren Aktivitätskoeffizienten: ln (γ ± ) = (z ie) 2 ( ) 1 2ε 2 8πε 0 ε r k B T 2 0 I ε 0 ε r k B T 2.3 Einzelne Ionen 2.3.1 Grenzleitfähigkeit der Ionen Grenzleitfähigkeit: Die Grenzleitfähigkeit eines Sazes Λ 0 = Λ + 0 + Λ 0. 29

Teil 2: Elektrochemie Additivitätsgesetz: Die Grenzleitfähigkeit eines Verbindung kann aus den Grenzeitfähigkeiten der einzelnen Ionen, aus denen sich die Verbindung zusammensetzt, bestimmt werden. So lässt sich beispielsweise Λ 0 (HAc) aus den Grenzleitfähigkeiten von NaAc, NaCl und HCl bestimmen. Grenzleitfähigkeiten (für einzelne Ionen) sind tabelliert. 2.3.2 Ionenbeweglichkeit Kraftwirkungen aus ein Ion in einem elektrischen Feld: Wird an eine Elektrolytlösung eine Spannung angelegt, so erfahren die Ionen eine elektrische Kraftwirkung F el = z ee, der eine Reibungskraft (Stokessche Reibungskraft) F R = 6πηrv (η ist die Viskosität des Lösungsmittels, v die Wanderungsgeschwindigkeit des Ions und r der Ionenradius). Wanderungsgeschwindigkeit: Sind elektrische Kraft und Reibungskraft gleich, so ergibt sich für die Wanderungsgeschwindigkeit: v = ze 6πηr E Die Driftgeschwindigkeit ist demnach proportional zur elektrischen Feldstärke. Ionenbeweglichkeit: für die allgemein gilt: v + = u + E; v = u E. Hierbei ist u die Ionenbeweglichkeit, u = z e 6πηr Zusammenhang zwischen molarer Grenzleitfähigkeit und Ionenbeweglichkeit: Betrachten wir die Anzahl der Ladungen, die sich durch eine Fläche in einem bestimmten Zeitraum bewegen, so gilt: I = Q t = F A (ν + c + z + v + + ν c z v ) Das elektrische Feld E = U/l (l ist der Abstand zwischen zwei geladenen Platten). Weiterhin ist die Leitfähigkeit G = κ A/l. Damit folgt: I U = 1 R = G =FA (ν + c + z + v + + ν c z v ) U = F (ν + c + z + v + + ν c z v ) A } {{ E } l κ Betrachten wir nur die positiven Ionen. Die Ionenbeweglichkeit u + = v + /E. Die molare Grenzleitfähigkeit Λ + 0 = κ +/c +. Damit folgt: κ = F (v +c + z + ) E = Fu + c + z + Λ + 0 = u + (c 0) Fz + 30

Teil 2: Elektrochemie 2.3.3 Hittorfsche Überführungszahlen Bedeutung: Die Hittorfschen Überführungszahlen geben an, welcher Anteil des Stroms durch Kationen und Anionen getragen wird. Es ist t + der Anteil der Kationen und t der Anteil der Anionen. Damit gilt (I = Strom): t + = I + I + + I bzw. t = I I + + I Definition der Überfühungszahlen: Setzt man in obige Beziehung die Defintiond es Stromes I = A F v + c + z + ein, so folgt t + = u + u + + u = ν+ Λ + Λ In der Summe muss gelten t + + t = 1 Durchführung: Es wird die Wanderung farbiger Ionen beobachtet (Versuch 5.2 im PC Grundpraktikum) und das Verhältnis der Überführungszahle zueinander betrachtet. 2.3.4 Beweglichkeit von Hydroxonium- und Hydroxidionen Experimenteller Befund: Die Ionenbeweglichkeit u (H 3 O + ) und u (OH ) ist etwa 5-10 mal höher als die Leitfähigkeit anderer monovalenter Ionen. Weiterhin ist die Leitfähigkeit von Eis größer als die von Wasser. Grund hierfür ist, dass sich nicht die Ionen selbst, sondern nur Ladungen bewegen müssen. Es findet nur ein Protonen übertrag auf andere Wasserionen statt. Dieser gelingt nur in der richtigen Orientierung, weshalb Eis, bedingt durch sein Kristallgitter, besser leitet als flüssiges Wasser. Beweglichkeit anderer Ionen: Durch Bildung von Hydrathüllen wird die Beweglichkeit von Ionen verringert. So hat Li + zwar den kleinsten Ionenradius, aber die größte Hydrathülle. Daher nimmt die Beweglichkeit der Alkalimetalle in der 1. Hauptgruppe zu und der effektive Ionenradius in wässrigem Medium ab. Grund hierfür ist, dass bei kleinen Ionen die Ladung konzentrierter ist und dadurch ein größeres Feld erzeugt wird, was eine stärkere Hydratation bewirkt. 2.3.5 Thermodynamik von Ionen in Lösung Solvatationsenthalpie: Solv G = N A (z ±e) 2 ( ) 1 8πε 0 r 1. Die Solvatations.freie ε r Entahlpie ist die Differenz der Areit um das Ion im Medium und im Vakuum zu erzeugen. Wichtig ist die Enthalpiebetrachtung um den Transfer von Ionen durch Zellmembranen zu verstehen. 31

Teil 2: Elektrochemie 2.4 Elektrochemische Zellen 2.4.1 Die Daniell-Zelle Aufbau: Die Daniell-Zelle besteht aus einer Zink und einer Kupferelektrode, die entsprechend in eine ZnSO 4 bzw CuSO 4 Lösung getaucht sind. An der Kathode findet die Reduktion von Kupferionen statt und an der Anode die Oxidation von Zink. Es ist, da die Halbzellen gekoppelt sind, an einem angeschlossenen Amperemeter en Stromfluß zu beobachten. Die anehmbare Spannung wird als»klemmspannung«oder auch»elektromotorische Kraft«E 0 bezeichnet. Beim Daniell-Element ist E 0 = 1, 1V. Anlegen einer Spannung: Wird eine Spannung angelegt, so können folgende drei Fälle auftreten: U < E 0 G < 0: Galvanische Zelle U = E 0 G = 0: kein Stromfluss (Gleichgewichtszustand) U > E 0 G > 0: Elektrolyse 2.4.2 Elektrochemische Halbzellen Nomenklatur: Es kennzeichnet eine Phasengrenze (z.b. zwischen einer Lösung und einer festen Elektrode) und eine Salzbrücke. Gaselektroden: Eine inerte Metallelektrode wird mit einem Gas in einer Lösung umspült. Ein Beispiel hierfür ist die Standardwasserstoffelektrode Pt H 2,H + : H + + e 0,5 H 2. Redoxelektroden: Die (inerte) Elektrode taucht in einer Lösung aus zwei Stoffen, die durch Oxidation ineinander übergehen, wie zum Beispiel Pt Fe 3+,Fe 2+. Metallionen-Elektroden: Eine Metallelektrode taucht in eine Lösung ihres eigenen Salzes, wie zum Beispiel Ag Ag +. Elektoden 2. Art: Die Elektrode ist in Kontakt mit einem schwerlöslichen Salz, das wiederum in Kontakt mit dem Elektrolyten ist. Wichtige Beispiele sind die Silber-Silberchlorid Elektrode Ag AgCl Cl und die Kalomelelektrode Hg Hg 2 Cl 2 Cl. Verbindung zweier Halbzellen: Um zwei Halbzellen zu verbinden, können diese entweder in die gleiche, räumlich nicht getrennte, Elektrolytlösung getaucht oder über eine Salzbrücke verbunden werden. 2.4.3 Elektrodenpotentiale Elektrodenpotentiale: Werden zwei Halbzellen miteinander verbunden, so ist zwischen ihnen eine Potentialdifferenz messbar. Jeder Halbzelle ist eine reversible Zellspannung zugeordnet. Als Bezugspunkt zur Messung der Halbzellenpotentiale wurde die Standardwasserstoffelektrode verwendet, deren Potential willkürlich auf Null gesetzt wird. Die Potentialdifferenz zwischen beiden Halbzellen ergibt sich über E = E rechts E links. 32

Teil 2: Elektrochemie Spannungsreihe: Die tabellierten Halbzellenpotentiale werden als Spannungsreihe bezeichnet. Generell werden in der Elektrochemie alle Reaktionen als Reduktion formuliert. Je höher (positiver) das Halbzellen Potential ist, desto stärker ist die Oxidationskraft der Halbzelle und umgekehrt ist die Reduktionskraft umso größer je kleiner (negativer) das Potential wird. Die tabellierten Halbzellenpotentiale wurden bei Standardzustand bestimmt und werden aus diesem Grund auch als Standardpotentiale E bezeichnet. 2.4.4 Thermodynamik der elektrochemischen Zelle Elektrische Arbeit: W el = I U t = z F E. Es sind z die Anzahl der übertragenen Elektronen und E die Zellspannung (nicht das elektrische Feld!). Maximale Nicht-Volumenarbeit: G = zfe bzw. G = zfe Thermodynamik: Ist E positiv, so ist G negativ und die Reaktion läuft spontan ab. Ist E hingegen negativ, so wird G positiv und die Reaktion läuft nicht spontan ab. 2.4.5 Die Nernst-Gleichung Herleitung: Ausgehend von der Reaktion αa + βb γc + δd kann das Massenwirkungsgesetzt in folgender Form ausgestellt werden, wobei wir von dem Reaktionsquotienten Q sprechen, wenn das Gleichgewicht noch nicht eingestellt ist.: Q = i a ν i i = aγ C aδ D a α A aβ B Für die freie Rekationsenthalpie ist bekannt, dass gilt ( ) R G = R G + RT ln = R G + RT ln (Q) i a ν i i Unter Verwendung der Definiton der freien Reaktionsenthalpie R G = zfe folgt zfe = zfe + RT ln (Q) Daraus folgt die Nernstgleichung: E = E RT zf ln (Q) Anmerkungen: Folgende Punkte sind bei der Anwendung der Nernst-Gleichung zu beachten: 1. Es ist darauf zu achten, dass der Reaktionsquotient nur eingesetzt werden darf, wenn die Nernstgleichung mit einem Minus geschrieben wird. Ansonsten ist der reziproke (1/Q) Reaktionsquotient zu verwenden. 33