SUDAN SUDAN. Verfassung Kapitel 1, Artikel 1, 6 und 38.



Ähnliche Dokumente
Verband der TÜV e. V. STUDIE ZUM IMAGE DER MPU

Wir machen neue Politik für Baden-Württemberg

Persönliche Zukunftsplanung mit Menschen, denen nicht zugetraut wird, dass sie für sich selbst sprechen können Von Susanne Göbel und Josef Ströbl

Papa - was ist American Dream?

Meinungen der Bürgerinnen und Bürger in Hamburg und Berlin zu einer Bewerbung um die Austragung der Olympischen Spiele

Statuten in leichter Sprache

Qualität und Verlässlichkeit Das verstehen die Deutschen unter Geschäftsmoral!

Gutes Leben was ist das?

Welche Staatsangehörigkeit(en) haben Sie?... Mutter geboren?...

SOS-Kinderdorf im. Sudan Afrika. SOS-Archiv

der die und in den von zu das mit sich des auf für ist im dem nicht ein eine als auch es an werden aus er hat daß sie nach wird bei

Primzahlen und RSA-Verschlüsselung

Religionsfreiheit. Federal Ministry for Foreign Affairs of Austria

Allensbach: Das Elterngeld im Urteil der jungen Eltern

Das Frauenbild im Islam.Analyse und Vergleich von Koran und Bibel

Kulturelle Evolution 12

Unterrichtsreihe: Auf dem Amt

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

Mobile Intranet in Unternehmen

Kinderrechte. Homepage:

Christliche und jüdische Minderheiten in der Türkei - Bürger zweiter Klasse?

mehrmals mehrmals mehrmals alle seltener nie mindestens **) in der im Monat im Jahr 1 bis 2 alle 1 bis 2 Woche Jahre Jahre % % % % % % %

Deutliche Mehrheit der Bevölkerung für aktive Sterbehilfe

Deutsche ohne. Vorbehalt! Weg mit dem Optionszwang!

1. TEIL (3 5 Fragen) Freizeit, Unterhaltung 2,5 Min.

Elternzeit Was ist das?

Evangelisieren warum eigentlich?

Nicht kopieren. Der neue Report von: Stefan Ploberger. 1. Ausgabe 2003

Hinweise in Leichter Sprache zum Vertrag über das Betreute Wohnen

Darum geht es in diesem Heft

Deutschland-Check Nr. 34

Werte und Grundsätze des Berufskodexes für interkulturell Dolmetschende. Ethische Überlegungen: Was ist richtig? Wie soll ich mich verhalten?

Predigt Salvenmoser: Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe.

Mehr Geld verdienen! Lesen Sie... Peter von Karst. Ihre Leseprobe. der schlüssel zum leben. So gehen Sie konkret vor!

Glaube an die Existenz von Regeln für Vergleiche und Kenntnis der Regeln

expopharm 30. September 2015

Vertrauen in Medien und politische Kommunikation die Meinung der Bürger

Geld Verdienen im Internet leicht gemacht

allensbacher berichte

Bericht vom Fach-Tag: Schluss mit Sonderwelten

Eva Douma: Die Vorteile und Nachteile der Ökonomisierung in der Sozialen Arbeit

Was meinen die Leute eigentlich mit: Grexit?

Bitte beantworten Sie die nachfolgenden Verständnisfragen. Was bedeutet Mediation für Sie?

Wichtig ist die Originalsatzung. Nur was in der Originalsatzung steht, gilt. Denn nur die Originalsatzung wurde vom Gericht geprüft.

Häufig gestellte Fragen zum Thema Migration

Nicaragua. Wo die Menschen leben Mehr als die Hälfte der Menschen lebt in Städten. Denn auf dem Land gibt es wenig Arbeit.

Kreativ visualisieren

Der Aufenthalt der europäischen Klasse in Berlin

Arbeit zur Lebens-Geschichte mit Menschen mit Behinderung Ein Papier des Bundesverbands evangelische Behindertenhilfe e.v.

SEGEN. geschenkt. Kirchlich heiraten Hinweise und Hilfen zur Vorbereitung

2.1 Präsentieren wozu eigentlich?

Der Kampf zwischen Sunniten und Schiiten hat schon begonnen

Speak Up-Line Einführung für Hinweisgeber

Seit über. Jahren WIR SIND KARTZFEHN. Leitlinien zur Führung und Zusammenarbeit

Evangelisch-Lutherisches Pfarramt St. Christophorus Siegen Dienst am Wort. vor zwei Wochen habe ich euch schon gepredigt, dass das

a) Bis zu welchem Datum müssen sie spätestens ihre jetzigen Wohnungen gekündigt haben, wenn sie selber keine Nachmieter suchen wollen?

Vorsicht vor Schein- oder Zwangsbeziehungen!

Ethik im Netz. Hate Speech. Auftraggeber: Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM)

Schriftliche Opfererklärung und Rederecht

Um Ihre Ziele durchzusetzen! Um Beziehungen zu knüpfen und zu pflegen! Um in Begegnungen mit anderen Ihre Selbstachtung zu wahren!

Gemeinsame Erklärung zur inter-kulturellen Öffnung und zur kultur-sensiblen Arbeit für und mit Menschen mit Behinderung und Migrations-Hintergrund.

Newsletter 06/09. Liebe Freundinnen und Freunde,

Wir, gewählter Oberster Souverän von Gottes Gnaden, Treuhänder des

Fotos und Videos von Ihnen und von Ihren Kindern und Jugendlichen

Also heißt es einmal mehr, immer eine eigene Meinungen bilden, nicht beeinflussen lassen, niemals von anderen irgend eine Meinung aufdrängen lassen.

Welches Übersetzungsbüro passt zu mir?

Anleitung über den Umgang mit Schildern

15 Social-Media-Richtlinien für Unternehmen!

Adhara Fragenbogen. 1.) Vertrauen Sie darauf, vom Leben mit allem Notwendigen versorgt zu werden?

Jeder Mensch ist anders. Und alle gehören dazu!

Punkte Flensburg System: Punktesystem - Warum gibt es das Punktesystem?

Deutschland-Check Nr. 35

Südbaden-Cup. Ausstieg Champions

Zahlenwinkel: Forscherkarte 1. alleine. Zahlenwinkel: Forschertipp 1

Kleine Anfrage mit Antwort

Integrierte Dienstleistungen regionaler Netzwerke für Lebenslanges Lernen zur Vertiefung des Programms. Lernende Regionen Förderung von Netzwerken

Gemeinsam. Alters- und Pflegewohnheim Klinik Lindenegg

Im Folgenden werden einige typische Fallkonstellationen beschrieben, in denen das Gesetz den Betroffenen in der GKV hilft:

1 Mathematische Grundlagen

Dr. Hans-Ulrich Rülke. Der nächste Schritt für unser Land Das Kurz-Wahlprogramm in Leichter Sprache

Wichtige Parteien in Deutschland

DOWNLOAD. Wortfeld Recht. Fachausdrücke des Alltags verstehen und anwenden. Jens Eggert. Downloadauszug aus dem Originaltitel:

EARSandEYES-Studie: Elektronisches Bezahlen

ONLINE-AKADEMIE. "Diplomierter NLP Anwender für Schule und Unterricht" Ziele

Studie Windkraft und Tourismus 2003 bis 2009

Wohnort der Kinder (oder eines der Kinder)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Eltern, Freunde,

Information zum Projekt. Mitwirkung von Menschen mit Demenz in ihrem Stadtteil oder Quartier

Einzelvorsorge Schutz der Familie und der Geschäftspartner. Was immer das Leben bringt, Sie haben vorgesorgt

Wir machen uns stark! Parlament der Ausgegrenzten

DAVID: und David vom Deutschlandlabor. Wir beantworten Fragen zu Deutschland und den Deutschen.

Mehr Arbeits-Plätze für Menschen mit Behinderung auf dem 1. Arbeits-Markt

Stammtisch Recklinghausen. Datenschutz gestern heute - morgen. Mark Spangenberg mark.spangenberg@googl .com

Örtliche Angebots- und Teilhabeplanung im Landkreis Weilheim-Schongau

ES GEHT NICHTS ÜBER EX-AZUBIS, Leiter der Fertigung, Produktbereich Blech, bei

Was ist Sozial-Raum-Orientierung?

Stand: 1. Dezember 2014

- mit denen Sie Ihren Konfliktgegner in einen Lösungspartner verwandeln

Transkript:

SUDAN SUDAN Christen (5,4 %) Katholiken (3,0 %) Orthodoxe (0,3 %) Protestanten (2,1 %) Muslime (90,7 %) Sonstige Religionen (0,1 %) Traditionelle Religionen (2,8 %) Religionslose (1,0 %) Einwohner: 37.200.000 Fläche: 1.886.000 km 2 Flüchtlinge (int.)*: 155.910 Flüchtlinge (ext.)**: 632.014 Binnenflüchtlinge: 1.873.300 * Ausländische Flüchtlinge in diesem Land ** Ins Ausland geflohene Bürger dieses Landes Auch wenn die Nationale Übergangsverfassung des Sudan die Religionsfreiheit garantiert und die kulturelle und religiöse Pluralität des Landes berücksichtigt, 1 bestimmt sie die Scharia, das islamische Recht, als Quelle der nationalen Gesetzgebung. 2 Die Verfassung wurde 2005 verabschiedet, im Jahr der Unterzeichnung des Friedensabkommens zwischen der Regierung in Khartum und der Rebellenbewegung Sudan People s Liberation Army (SPLA), das einen über zwanzigjährigen Bürgerkrieg beendete. Der Verfassungstext spiegelt die damalige Öffnung und Bereitschaft wider, Minderheiten und Pluralität zu akzeptieren. Doch änderte sich die damalige Einstellung, als der Süden sich vom restlichen Sudan abspaltete und nach einem Referendum im Juli 2011 selbstständig wurde. Seither verwirft die Politik der sudanesischen Regierungspartei National Congress Party (NCP) religiöse Pluralität und religiöse Toleranz. 3 Die Regierung ist ein überzeugter Befürworter des politischen Islams. Sudans Staatspräsident Omar al-bashir, Vorsitzender der NCP, setzt sich für eine Rückkehr zum Islam und zu den politischen Positionen ein, welche die Regierung während des Bürgerkriegs eingenommen hatte. Die Regierung kündigte Pläne für eine neue nationale Verfassung an, die zu 1 Verfassung Kapitel 1, Artikel 1, 6 und 38. 2 Artikel 5 (1) Die auf Landesebene verabschiedeten Gesetze, die nur für die nördlichen Staaten Sudans gelten, haben als Rechtsquelle die islamische Scharia und den Konsens der Bevölkerung. 3 Die sudanesische Regierung spielt immer schon ein doppeltes Spiel einerseits diplomatischer Offenheit gegenüber internationalen Beobachtern und Organisationen und andererseits einer extrem beschränkten Ausübung der Freiheiten im Landesinneren. So betont beispielsweise ein Minister in einer offiziellen Erklärung an die Vertreter des WCC die Notwendigkeit, Kirchen zu bauen, doch sieht die Wirklichkeit vollkommen anders aus. Cf. http://www.oikoumene.org/en/press-centre/news/sudanese-churches-animportant-voice-in-rebuilding-nation

100 % islamisch sei. 4 Die Regierung erscheint bereit, zu repressiveren und intoleranten Verhaltensweisen gegenüber Gruppen zurückzukehren, die als anti-islamisch oder pro-westlich angesehen werden. Proteste seitens der Bevölkerung gegen diese Politik stießen auf einen kompromisslosen Widerstand seitens der Regierung. Die Diskriminierung gegenüber Nichtmuslimen und die Maßnahmen gegen die religiöse Pluralität gehen weiter und haben sich in einigen Fällen sogar verstärkt. Es gibt eine klare Ablehnung und Feindseligkeit gegenüber Menschen der südsudanesischen Ethnie, die noch im Sudan leben und sofort als Christen betrachtet werden. Da die Kirche zudem als Befürworterin der Abspaltung Südsudans gilt, wird ihre Einflussnahme auf das Land als negativ betrachtet. Der zahlenmäßige Rückgang der Christen wird jetzt von der Regierung genutzt, um eine Reduzierung der Geistlichen und des anderen kirchlichen Personals durchzusetzen. Außerdem ergreift sie Maßnahmen, um sich die Kirchengebäude und Grundstücke wieder anzueignen, die nicht mehr benutzt werden. 5 Auch hat die Regierung deutlich zu verstehen gegeben, dass keine Genehmigungen mehr für neue Kirchenbauten gewährt werden. Die Aktivitäten der christlichen Kirchen sind daher stark gefährdet; die Kirchen stehen unter ständiger Beobachtung und werden von den Sicherheitsbehörden gezielt überwacht. Diese greifen sofort ein, um Evangelisierung und Bildungsaktivitäten zu unterbrechen. 6 Die Unterdrückung der Christen durch die Zerstörung von Gotteshäusern und religiösen Materialien sowie durch die Drangsalierung der Menschen verursacht bei der kleinen christlichen Minderheit, die noch im Land lebt, große Angst und ein Gefühl der Verletzbarkeit. 7 Einige prominente Vertreter des radikaleren Islams fordern öffentlich die Regierung auf, mehr zu tun, um die Präsenz der Christen im Land zu reduzieren und Konvertiten oder Menschen, die missionarisch tätig sind, aufzudecken. 8 Ein demografisches Problem, das seit der Abspaltung des Süden im Jahre 2011 besteht, ist die große Zahl von (mehrheitlich christlichen) Südsudanesen, die keine Transportmöglichkeiten 4 Wir möchten eine Verfassung vorlegen, die als Vorgabe für die dient, die uns umgeben, und unsere Vorgabe ist klar, eine 100-prozentige islamische Verfassung, ohne Kommunismus oder Säkularismus oder westlichen [Einfluss], sagte Al Bashir. Siehe auch http://gulfnews.com/news/region/sudan/al-bashirsudan-statute-to-be-100-islamic-1.1046029 5 Es wurde beobachtet, dass einige korrupte Regierungsmitglieder Vorteile aus einigen Situationen ziehen, um vollkommen straffrei am Immobiliengeschäft zu verdienen. 6 Eine eingehende Beschreibung der aktuellen Situation der Christen findet sich unter http://in.reuters. com/article/2013/02/27/us-sudan-christians-idinbre91q0qq20130227 7 Cf. http://www.reuters.com/article/2013/02/27/us-sudan-christians-idusbre91q0qq20130227. Der US- Außenminister hat den Sudan bereits im August 2011 im International Religious Freedom Act (IRFA) als ein besonders besorgniserregendes Land beschrieben. 8 Cf. http://www.sudantribune.com/spip.php?article46577 und http://www.mnnonline.org/article/18571

finden konnten, um in ihr Ursprungsland zurückzukehren. Sie saßen daher in verschiedenen nördlichen Landesteilen fest und wurden plötzlich zu Flüchtlingen. 9 Das sudanesische Regime ist von interner Spaltung und politischer Uneinigkeit gekennzeichnet. Nicht alle sind mit der intoleranten Politik und dem Mangel an echter Freiheit für die Bürger einverstanden. Der Sicherheitsapparat überwacht umfassend jede Art von religiösen Bewegungen, die Regierungskritikern Unterschlupf gewähren, Kritik fördern oder verbreiten könnten. Auch Moscheen und religiöse Begegnungsstätten der Sufi- Bruderschaften werden von den Sicherheitskräften regelmäßig überwacht. Unter den Muslimen im Sudan gibt es eine antike Tradition sunnitischer Bruderschaften bzw. Sufi-Orden genannt. Diese werden bisweilen vom offiziellen Islam als Irrlehre angesehen, da sie den kompromisslosen politischen Islam nicht unterstützen, den Präsident Bashir und die nationale islamische Front vertreten. Bekehrungen vom Islam zum Christentum, vor allem seitens Menschen arabischer Abstammung, sind höchst umstritten und können ernste Folgen für die Betroffenen haben. Das bedeutet, dass sie gewaltsam aus dem Familien- und Freundeskreis ausgestoßen werden, den Eltern wird das Sorgerecht für die Kinder entzogen, es kommt zu Verhaftungen sowie zu physischer und psychischer Gewalt. Ein recht vages Apostasie- Gesetz schützt die Rechte der muslimischen Gläubigen und lässt die Tür für die Bestrafung der Konvertiten offen, einschließlich der Annullierung der Ehe in den Fällen, in denen ein Konvertit oder ein Christ eine Muslimin heiratet. Einige Konvertiten entscheiden sich daher, aus dem Land zu fliehen. 10 Die Bestimmungen hinsichtlich der Kleidung und des sittlichen Verhaltens (vor allem Artikel 152 der sudanesischen Verordnungen für die öffentliche Ordnung) wurden mit erneuter Kraft durchgesetzt. 11 Das führte zu einem steigenden Widerstand seitens oppositioneller Gruppen, auch über soziale Netzwerke. 9 Einige Initiativen wurden ergriffen, um die Öffentlichkeit auf ihre Situation aufmerksam zu machen und Mittel für ihren Transport in den Süden zu finden, vgl. http://www.canadafreepress.com/index.php/ article/51409 10 Vgl. einen Fall des Verlusts der Vormundschaft, http://www.persecution.org/2013/02/27/christianconvert-in-sudan-loses-right-to-see-children; Zwangsexil, http://www.persecution.org/2013/07/15/ christian-convert-in-sudan-flees-country-because-of-persecution; Gewalt gegen Konvertiten, http://morningstarnews.org/2013/09/sudanese-woman-faces-ordeal-as-convert-from-islam. Es gibt auch einen Aufruf islamischer Geistlicher, die eine Endlösung für die Christianisierung des Landes fordern, aufgrund der vielen Abfälle vom Islam, die vom Islamic Centre for Preaching and Comparative Studies registriert wurden, http://www.sudantribune.com/spip.php?article46577 11 http://www.huffingtonpost.com/2013/09/10/woman-sudan-hijab-flogging_n_3894950.html

Es gibt Gebiete im Land, die Anlass zu besonderer Sorge geben, wie die Nuba-Berge und die südliche Region des Blauen Nils. 12 In diesen Gebieten ist die humanitäre Lage sehr ernst, das Regime in Khartum führt einen Krieg niedriger Intensität gegen die lokalen Volksstämme, die angeklagt werden, gegen die zentrale Regierung zu rebellieren. Christen sind in zweifacher Hinsicht Zielscheibe von Verfolgung, erstens aufgrund ihrer ethnischen Abstammung und zweitens aufgrund ihres nichtmuslimischen Glaubens. 13 Der sudanesische Rat der Kirchen hat sich bemüht, die Ökumene zu fördern. 14 Die Tatsache, dass unterschiedliche Konfessionen und Glaubensgemeinden unter der gleichen Verfolgung und Diskriminierung leiden, fördert größere Einheit und Solidarität unter den verschiedenen christlichen Gruppen. Vorfälle religiöser Verfolgung, Bedrängnis und/oder Diskriminierung Im Dezember 2012 wurden zwei koptisch-orthodoxe Priester von der Polizei verhaftet, weil sie angeblich einer Frau (anscheinend die Tochter eines salafistischen Anführers) geholfen hatten, zum Christentum überzutreten. 15 Einer der Priester, der aus dem Gebiet der Nuba-Berge stammt, wurde psychisch misshandelt und zusammengeschlagen. Der andere, ägyptischer (arabischer) Abstammung, wurde verhaftet. 12 Daten der UNO zufolge waren 450.000 Menschen vom Konflikt im Southern Blue Nile und eine Million Menschen im Southern Kordofan (Nuba Mountains) betroffen. Es werden immer wieder Bombenangriffe, besonders in den Nuba Mountains, gemeldet http://www.amnesty.org/en/news/sudanindiscriminate-bombing-exacerbates-humanitarian-crisis-southern-kordofan-2013-04-17. Die Luftangriffe im Sudan und im Südsudan werden von der Satellitenüberwachung bestätigt, http://www.satsentinel.org. Eine Auflistung aller jüngsten Bombenangriffe bis September 2013 findet sich unter http://www.sudanbombing.org/reports/sept-13-bombing-update.docx 13 Der Sudanesische Rat der Kirchen zögerte nicht, die kontinuierlichen Militäreinsätze gegen die Zivilbevölkerung in Nuba Mountains als ethnische Säuberung zu bezeichnen, http://catholicradionetwork. org/?q=node/9480; http://www.canadafreepress.com/index.php/article/51409. Die Beschuldigung der ethnischen Säuberung wurde auch von nichtreligiösen Pressequellen bestätigt, http://gulfnews.com/ news/region/sudan/ethnic-cleansing-going-on-in-south-of-sudan-1.1134347 und http://allafrica.com/ stories/201301190002.html und http://www.independent.co.uk/news/world/sudan-accused-of-ethniccleansing-of-nuba-people-1473727.html 14 Am 27. Juli 2013, zwei Jahre nach der Unabhängigkeit des Südens, wurden zwei ökumenische Einrichtungen ins Leben gerufen, der Sudanesische Rat der Kirchen und der Südsudanesische Rat der Kirchen eine Entscheidung, die nach der 20. Versammlung der SCC getroffen wurde. Cf. http://www.oikoumene. org/en/press-centre/news/two-ecumenical-bodies-established-for-sudan-and-south-sudan 15 http://english.alarabiya.net/articles/2012/12/20/256122.html

Ein Kirchengebäude, das der sudanesischen pfingstkirchlichen Gemeinde in Soba Al Aradi, einem Vorort von Khartum, gehörte, wurde am 2. Januar 2013 von Vertretern des Ministeriums für Infrastrukturen, die von der Polizei begleitet waren, abgerissen. Der Abbruch erfolgte ohne Vorwarnung. Die Ministeriumsleute führten an, dass das Gebäude einer Kirche gehört, deren Angehörige Südsudanesen sind, also nicht mehr sudanesische Staatsbürger. Die Beamten rissen außerdem das nahegelegene Haus des Pastors der presbyterianischen Kirche nieder. Am 15. und 16. Januar 2013 wurden weitere sieben Gebäude in Khartum wie auch eine ärztliche Praxis, die vom sudanesischen Rat der Kirchen geführt wurde, niedergerissen. Auch in diesem Fall gab es die offizielle Erklärung, dass es sich bei Südsudanesen nicht länger um sudanesische Bürger handle. Die zerstörten Gebäude gehörten der Katholischen Kirche, der Presbyterianischen Kirche von Sudan, der Africa Inland Church, der Episcopal Church of Sudan, der Sudan Pentecostal Church und der Seven-Day Adventist Church. 16 Am 25. Februar 2013 beschlagnahmten Sicherheitskräfte Bücher in der Buchhandlung der anglikanischen Kirche in Bahri (Nord-Khartum) und schlossen das Zentrum in Central Khartum. Sie verhafteten außerdem Philemon Hassan, einen bekannten Sänger und Komponisten christlicher Lieder, der aus dem Gebiet der Nuba-Berge stammt. 17 Einige Tage vorher war Material des Evangelischen Literatur-Zentrums der sudanesischen presbyterianisch-evangelischen Kirche beschlagnahmt worden. Ein Kirchenvertreter wurde niedergeschlagen, als er Fotos machen wollte. 18 Die Menschenrechtsorganisation Christian Solidarity Worldwide berichtete im Februar 2013, dass die Sicherheitskräfte 55 Christen verhaftet hätten. Sie wurden nicht angeklagt, sondern zwei Wochen lang festgehalten. 19 Danach wurden sie beschuldigt, Geld aus dem Ausland zu erhalten, sogar aus Israel. Im April 2013 wurde ein katholischer Priester aus Südsudan, der für die Sudanesische Katholische Bischofskonferenz arbeitete, des Landes verwiesen 20, ebenso zwei De- La-Salle-Brüder der christlichen Schulen aus Frankreich bzw. Ägypten. Letzteren gab 16 Cf. http://us6.campaign-archive2.com/?u=7ec6d7eb2533a90581f839110&id=f53df08622&e=4dd4dd3 cf1 17 Cf. http://catholicradionetwork.org/?q=node/9463 18 Cf. http://us6.campaign-archive2.com/?u=7ec6d7eb2533a90581f839110&id=f53df08622&e=4dd4dd3 cf1 19 Cf. http://www.assistnews.net/stories/2013/s13020113.htm 20 Priestern südsudanesischer Abstammung, auch wenn sie in Sudan geboren wurden, wird die sudanesische Staatsbürgerschaft oder eine Aufenthaltsgenehmigung nicht gewährt; wenn sie das Land verlassen, können sie nicht zurückkommen.

man eine Frist von drei Tagen, um das Land zu verlassen. 21 Die Regierung behauptete, dass im Zentrum, in dem sie arbeiteten, illegale Aktivitäten durchgeführt würden: Das Gebäude war ursprünglich ein Sprachzentrum, in dem ausländische Missionare Arabisch lernten; doch da keine neuen Missionare einreisen dürfen, verwendeten die beiden Ordensbrüder das Zentrum, um Kindern zu helfen, sich auf die sudanesischen Schulprüfungen vorzubereiten. Vier Pastoren und Freiwillige der Sudan Presbyterian Evangelical Church (SPEX) wurden am 17. Juli 2013 in Khartum verhaftet. 22 Am 23. Februar 2014 drangen Beamte der sudanesischen Kriminalpolizei in das Gelände der Omdurman Evangelical Church ein und verhafteten den SPEX-Priester Rev. Yahya Abdelrahim Halu. Dies war Teil eines Plans der Regierung, das Eigentum der Kirche zu übernehmen. 23 Berichten zufolge versuchte das Bundesministerium für Religiöse Richtlinien und Stiftungsgelder, den Kirchenverantwortlichen und Moderator der SPEC-Synode, Rev. Halu mit einem staatlich bestellten Ausschuss zu ersetzen, der die Abtretung des SPEX-Eigentums an den Staat befürworten sollte. Rev. Halu wurde zwei Tage lang im Polizeirevier von Central Khartum festgehalten. Menschenrechtsorganisationen gaben Nachrichten weiter, wonach Ärzte in Sudan gezwungen würden, unmenschliche, auf der Scharia basierende Strafen an Häftlingen vorzunehmen, etwa kreuzweise Zwangsamputationen (der rechten Hand und des linken Fußes), die auf Anordnung der sudanesischen Regierung durchgeführt wurden. 24 Hohe Regierungsbeamte, vor allem der Minister für religiöse Richtlinien und Stiftungsgelder, erklärten offiziell, dass nach der Unabhängigkeit Südsudans keine neuen Kirchen in Sudan erforderlich sind. Er betonte, dass keine neuen Baugenehmigungen für Kirchen gewährt würden. 25 Außerdem sollen vertraulichen Berichten zufolge viele kircheneigene oder Pfarrschulen und kirchliche Bildungseinrichtungen in Omdurman, 21 Der Priester war Fr. Santino Maurino, Generalsekretär der Sudanesischen Katholischen Bischofskonferenz in Khartum. Cf. http://www.voanews.com/content/south-sudanese-priest-expelled-sudan/1642226. html 22 Berichte auf Arabisch unter http://www.hurriyatsudan.com/?p=117930 23 International Christian Concern report, 02.03.2014, http://www.persecution.org/2014/03/02/pastor-insudan-arrested-by-government-authorities/ 24 Cf. http://www.hrw.org/news/2013/02/27/sudan-doctors-perform-amputations-courts 25 Cf. http://www.wnd.com/2013/04/sudan-no-new-churches-necessary/ und http://www.charismanews. com/world/39178-amid-christian-persecution-sudan-government-proclaims-religious-freedom

Khartum Bahri und Central Khartum auf Anordnung der Regierung beschlagnahmt oder geschlossen worden sein. 26 Einreisevisa und Arbeits- bzw. Aufenthaltsgenehmigungen für kirchliche Mitarbeiter (Missionare, Entwicklungshelfer religiöser Organisationen, Freiwillige) werden kaum mehr gewährt. Dies folgt den Erklärungen der Regierung, es sei sinnlos, Arbeitsplätze für Lehrer und Seelsorger für Menschen südsudanesischer Abstammung beizubehalten, da diese das Land in großer Zahl verlassen würden. Es heißt, dass einige Missionare ohne die notwendigen Papiere arbeiten. Anderen, die jahrelang im Sudan gearbeitet haben, ist dagegen verwehrt worden, in das Land zurückzukehren. Vertreter der Kirchen, sogar Bischöfe, wurden von den Regierungsbehörden verhört und über ihre Aktivitäten befragt. Berichten zufolge wurden verschiedentlich Kirchen, Schulen und Kultstätten in den Nuba-Bergen durch Bombenabwürfe absichtlich zerstört. 27 Meriam Yahia Ibrahim Ishag, schwanger, wegen Abfall vom Islam zum Tode verurteilt Das gegen Meriam Yahia Ibrahim Ishag am 5. Mai 2014 in Sudan ausgesprochene Todesurteil löste eine Welle internationaler Entrüstung aus. Meriam war des Abfalls vom Islam für schuldig befunden worden, eines Vergehens, das nach der Scharia mit dem Tod bestraft wird. Meriam bestand darauf, dass sie von jeher Christin sei, wohingegen die Anklage argumentierte, dass sie dem Islam angehöre, der Religion ihres Vaters. In ihrer Verteidigung erklärte Meriam, dass ihr Vater die Familie schon früh verlassen habe und sie von ihrer äthiopisch-orthodoxen Mutter allein großgezogen worden sei. Sie legte Zeugnisse vor, um zu beweisen, dass sie einen Christen namens Daniel Wani in der katholischen Kathedrale von St Matthew in Khartum geheiratet habe. Der Richter gab Meriam drei Tage Zeit, um zum Islam zu konvertieren, doch sie lehnte ab und erklärte, dass sie ihrem Glauben nicht guten Gewissens entsagen könne. Sie kam in 26 Das bekannte Comboni Playground ist ein großes und sehr teures Grundstück im Zentrum von Khartum, das ohne schriftliche Anordnung geschlossen wurde, https://radiotamazuj.org/en/article/securityclose-comboni-fields-khartoum 27 Cf. http://www.christiantoday.com/article/christians.killed.in.sudan.bombing/31194.htm; http:// catholicradionetwork.org/?q=node/8582; http://catholicradionetwork.org/?q=node/9227; http://www. persecution.org/2012/12/15/sudans-christians-facing-bombings-arrests-starvation /; http://www.combonisouthsudan.org/index.php/428-khartoum-blasts-heiban-catholic-church; http://catholicradionetwork. org/?q=node/8473

das Omdurman Federal Women s Prison in der Nähe von Khartum, der sudanesischen Hauptstadt, zusammen mit ihrem 20 Monate alten Sohn Martin Wan. Dort brachte sie am 27. Mai 2014 ein Mädchen zur Welt. Die Behörden erklärten, dass das Todesurteil erst 2 Jahre nach der Geburt des Babys vollstreckt werde. Am 31. Mai teilten sudanesische Beamte zunächst der BBC mit, dass Merian freigelassen würde, doch wurde dies sofort dementiert. Ihr Ehemann, Ishag, verneinte, dass man ihm etwas über ihre Freilassung mitgeteilt habe. 28 In einem Brief an The Times von London vom 31. Mai 2014 bezeichnete John Pontifex von Kirche in Not die Behandlung von Meriam seitens der Gerichte als einen rechtzeitigen Weckruf für uns im Westen über das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen im Sudan. Er betonte, dass es fast so ist, als ob [Christen und andere Minderheiten] keine Menschen seien und überhaupt keine Rechte hätten. 29 Veränderungen hinsichtlich der Religionsfreiheit Das Szenario der Religionsfreiheit im Sudan nach der Unabhängigkeit des Südsudans ist überaus düster. Nach einigen Jahren der Toleranz (von der Unterzeichnung des Friedensabkommens im Jahre 2005 bis zur Unabhängigkeit des Südens im Jahre 2011) nahm die Regierung ihre Politik der Intoleranz niedriger Intensität gegenüber Menschen nichtislamischen Glaubens wieder auf. Das bedeutet, dass die Behörden nicht mit starker Hand oder Gewalt gegen religiöse Minderheiten vorgehen, sondern deren Aktivitäten langsam durch verschiedene administrative Maßnahmen oder Zwangsmittel zum Stillstand bringen. Die Sezession des Südsudans hat bei den sudanesischen Führern christenfeindliche Gefühle ausgelöst, vor allem bei den Islamisten. Die Christen werden nicht nur als Ungläubige gebrandmarkt, sondern man wirft ihnen auch vor, die Menschen ermutigt zu haben, zugunsten der südsudanesischen Unabhängigkeit zu stimmen. Die angespannte Lage hat zu beträchtlichen Einschränkungen in den Bürgerrechten der Minderheiten geführt. Im September 2013 brachen landesweite Straßenproteste und Revolten in allen größeren Städten aus, wurden aber von der Polizei brutal niedergeschlagen. 30 Die religiösen Minderheiten werden von der Regierung wie auch von den Sicherheitskräften bedrängt und beschuldigt, den Westen zu unterstützen. Gegenwärtige Entwicklungen deuten auf erhöhte Schwierigkeiten im Alltag vieler religiöser Minderheiten hin, die 28 BBC News, 1. Juni 2014. 29 The Times, 25. Juni 2014. 30 die zuverlässigsten Berichte melden an die 1.000 Verletzte oder Tote, über 1.000 wurden verhaftet das ist jedoch eine Zahl, die ständig und rasch wächst, Asharq Al-Awsat [Khartoum und London], 30. September 2013. Mehr unter http://allafrica.com/stories/201310020436.html?viewall=1

erneut drangsaliert, unterdrückt und in einigen Fällen offen verfolgt werden. Große Gruppen von Südsudanesen, die auf eine Abschiebung in ihre neue Heimat warten, leben unter schrecklichen humanitären Bedingungen, während die Regierung ihrer extremen Notlage gleichgültig gegenübersteht. Doch ist diese Situation nicht allein das Ergebnis religiösen Hasses. Spaltungen innerhalb der Regierung von Omar al-bashir sowie die Anklage des Internationalen Strafgerichtshofs gegen den Präsidenten wegen Kriegsverbrechen können die steigende Intoleranz der Regierung gegenüber Gruppen erklären, die als Bedrohung für das Regime angesehen werden. In naher Zukunft werden die gesellschaftliche Marginalisierung und die religiöse Diskriminierung der religiösen Minderheiten höchstwahrscheinlich weitergehen oder sogar zunehmen. Sonstige Kommentare Der Sudan befindet sich aus wirtschaftlichen, sozialen und politischen Gründen in einer Situation größter Zerrüttung. Der Fortbestand des Regimes von Präsident Omar al-bashir ist äußerst unsicher, seine Autorität wird offensichtlich nur durch die Unterdrückung seitens der Sicherheitskräfte und Polizei getragen und stützt sich nicht auf Zuspruch seitens der Bevölkerung. Nach einer verhältnismäßig kurzen Zeit von 2005 bis 2011 größerer Aufgeschlossenheit gegenüber den Southerners, den Menschen aus dem Süden, die mehrheitlich Christen sind, wird jetzt der Druck auf die Minderheiten immer stärker, nachdem die Regierung von Omar al-bashir beim Versuch versagt hat, deren Unterstützung für einen geeinten Sudan zu gewinnen. Traditionsgemäß waren die Sudanesen religiösen Minderheiten gegenüber immer sehr tolerant. Die Machtergreifung von Omar al-bashir 1989 führte zu einem radikalen Wechsel in der Regierungspolitik. In den folgenden Jahren griffen Sicherheitsdienste ungestraft auf Folter und außergerichtliche Hinrichtungen zurück. Die sudanesische Regierung war viel toleranter gegenüber religiösen Gruppen, die weder sozial noch missionarisch aktiv waren. Das Regime wollte, dass sich kirchliche Gruppen ausschließlich mit ihrer Kirchentätigkeit befassten und aus diesem Grund wurden orthodoxe und koptische Kirchengemeinden mit mehr Toleranz behandelt als die Katholiken oder Anglikaner. Für das Regime war die Religionsfreiheit auf liturgischer und spiritueller Ebene zu suchen; daher war es Glaubensgruppen gegenüber negativ eingestellt, die sich für Erziehung, Werke der Nächstenliebe, Sozialentwicklung und Bürgerbewusstsein aktiv einsetzten.

In der Vergangenheit hat die sudanische Regierung nicht davor zurückgeschreckt, extreme Gewalt gegen Gegner einzusetzen. Die Entscheidung der Regierung, die humanitäre Nothilfe ausländischer Organisationen für die Zivilbevölkerung der Regionen Süd-Kordofan, Nuba-Berge und Blauer Nil zu blockieren, zeigt, wie sehr das Regime noch heute bereit ist, das Leiden der Zivilbevölkerung hinzunehmen, um seine Ziele zu erreichen. So scheint es, dass das Regime auch in Zukunft nicht zögern wird, brutale Unterdrückung einzusetzen.