4. Durchführung der Unterrichtseinheit 4.1. Erste Unterrichtsstunde: Führungsstile Aufgrund der BSFU-Vorerfahrung der Klasse, erfolgte der Einstieg in die Unter- richtseinheit durch eine Wiederholung der grundlegenden Ziele, Vorteile und Prinzipien des BSFU in einem kurzen Lehrervortrag. Die Lehrperson stellte die Regeln für die nachfolgenden Unterrichtsstunden vor, und verwies auf das Prinzip der Fehlertoleranz sowie die Möglichkeit des code switchings. Den Schülern wurde versichert, dass zentrale prüfungsrelevante Themen ausreichend auf Deutsch ge- 17
sichert werden würden. Dies sollte die Motivation für den BSFU steigern und Befürchtungen der Schüler hinsichtlich nahender Abschlussprüfungen entkräften. 11 Der thematische Einstieg in die Unterrichtseinheit erfolgte durch die Vorstellung der Lernsituation in einem Lehrervortrag. Es wurde auf das Handlungsprodukt der Unterrichtseinheit, eine Executive Summary, verwiesen. Die folgende Erarbeitungsphase fand auf Englisch statt. Den Schülern wurde am OHP ein Reporting zur Mitarbeiterzufriedenheit und fluktuation bei dem übernommenen indischen Autozulieferer Bata vorgelegt. Fragend-entwickelnd wurde herausgearbeitet, dass sich die Mitarbeiterzufriedenheit seit der Übernahme, die mit einem Austausch der indischen durch deutsche Abteilungsleiter einhergegangen war, stetig verschlechtert und sich die Mitarbeiterfluktuation erhöht hatte. Eine falsche Personalführung und eine mangelnde Beachtung kultureller Aspekte durch die deutschen Manager wurden als potentielle Gründe identifiziert. 12 Danach benannte die Lehrperson das Thema der Unterrichtseinheit Personalführung (leadership) und definierte den Begriff an der Tafel. In einer Einzelarbeitsphase lasen die Schüler zunächst Leittexte über den autoritären, kooperativen und Laissez-faire Führungsstil. Das Einsetzen von Fachbegriffen in eine redundante grafische Illustration veranschaulichte das Thema und unterstützte die Informationsaufnahme und spätere Versprachlichung im Unterrichtsgespräch. 13 Auf Deutsch 14 wurden dann in Gruppen die Vor- und Nachteile der drei Führungsstile auf einer vorgedruckten OHP-Folie erarbeitet. Nach dieser fünfminütigen Erarbeitungsphase erfolgte die Sicherung durch drei Schülerpräsentationen; die Kontrollgruppen ergänzten. Aus Gründen der Zeiteffizienz wurden die präsentierten Folien von der Lehrkraft kopiert und an die Schüler in der Folgestun- 11 Am Ende des ersten bilingualen Unterrichtsmoduls im Juni 2012 hatte sich gezeigt, dass der Großteil der Klasse dem Konzept des BSFU generell sehr positiv und aufgeschlossen gegenüber steht und ihn als gewinnbringend für die Anforderungen im späteren Berufsleben sieht. Kritik wurde hauptsächlich hinsichtlich englischer Ergebnissicherungen geäußert, da die spätere Abschlussprüfung keine bilingualen Aufgabenstellungen enthält, benachteiligt zu werden. 12 So wurde bereits in der ersten Stunde das Thema Kultur aufgegriffen. Im Rahmen der Förderung der Interkulturellen Kompetenz wurde dem Thema Kultur interkulturelle Unterschiede in den Folgestunden dann erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt. 13 Im BSFU kommt bildlichen Darstellungen in Form von Schaubildern, Grafiken, Karikaturen, Organigrammen oder Schaubildern zum Ergänzen von Inhalten eine hohe Bedeutung zu, da sie die Anschaulichkeit und Authentizität erhöhen und die Informationsaufnahme und Behaltensleistung fördern. Zudem bereiten bildliche Darstellungen die mündliche oder schriftliche Versprachlichung effektiv vor (Krechel 2009:200; 208-209). 14 In der Vergangenheit mussten in Prüfungen schon häufig der autoritäre und der kooperative Führungsstil verglichen werden. Zu Beginn der Unterrichtseinheit waren die deutschen Anteile auch deshalb hoch, weil es sich insbesondere für bilinguale Unterrichtsmodule empfiehlt, die Schüler langsam an den Fremdsprachengebrauch heranzuführen und die sprachlichen Anforderungen im Verlauf der Unterrichtseinheit zu steigern, um Erfolgserlebnisse und Motivation bei den Schülern herzustellen und Überforderungen zu vermeiden (Coyle 2010:67-68). 18
de verteilt. An die Präsentation schloss sich die Lehrerfrage nach dem in den Ausbildungsbetrieben vorherrschenden Führungsstil an. Der kooperative Führungsstil dominierte. Danach wurde die Frage nach dem besten Führungsstil zur Diskussion gestellt. Die Schüler erkannten, dass Führungsstile situations- und kulturabhängig sind. Diese Erkenntnis wurde zum Stundenende durch eine Minimediation (Lehrerimpuls: How would you explain this to an English-speaking colleague? ) auf Englisch im Tafelbild ergänzt. 4.2. Zweite Unterrichtsstunde: Führungsmethoden und Kultur Die Lehrerfrage What tasks does a manager have?, markierte den Stundenbeginn. Die Schülerantworten wurden von der Lehrkraft in einer MindMap frontal an der Tafel gesammelt. Die Antwort delegating tasks ebnete den Übergang zum Stundenthema principles of leadership (Führungsmethoden). In Partnerarbeit wurden die Merkmale der Führungsmethoden sowie deren Vor- und Nachteile wahlweise auf Deutsch oder Englisch induktiv aus drei Beschreibungen der angewendeten Führungsmethoden bei der MG GmbH erarbeitet. 15 Zur bilingualen Sicherung der Fachbegriffe bot es sich an, die Schüler die englischen und deutschen Fachbegriffe den verschiedenen Beschreibungen zuordnen zu lassen. Die Ergebnissicherung erfolgte aus Gründen der Prüfungsrelevanz auf Deutsch. Mit der Frage Which principle of leadership does your boss use?, wurde ein code switching in die englische Sprache eingeleitet. Die Diskussionsfrage, Which principle should be used in the Indian subsidiary?, bildete die Überleitung zum zweiten Stundenthema Kultur. Im Klassengespräch mussten die Schüler das Eisbergmodell der Kultur beschreiben und interpretieren. Vom Eisbergmodell ausgehend, wurde gemeinsam eine Definition von Kultur 16 erarbeitet. Nachfolgend wurde das Problem des Zusammentreffens zweier Kulturen (Betrachtung der fremden Kultur aus der eigenen Sichtweise, woraus Meinungsverschiedenheiten und Konflikte resultieren) und dessen Lösung (interkulturell kompetente Manager) herausgearbeitet. Diese Lösung wurde auch als wichtiger Ansatzpunkt zur Problemlösung im Modellunternehmen herausgestellt. Eine kurze Definition der Interkulturellen Kompetenz an der Tafel bildete den Unterrichtsausstieg. 15 Aufgrund der hohen Prüfungsrelevanz des Themas fand hier eine Binnendifferenzierung statt. Leistungsbzw. sprachstarke Schüler konnten die Merkmale auf Englisch, die anderen Schüler auf Deutsch erfassen. 16 Da für den Begriff Kultur eine große Vielzahl von parallel gültigen Definitionen existiert, erschien es legitim die Schülermeinungen direkt in eine mögliche Kulturdefinition einfließen zu lassen. 19
4.3. Dritte bis vierte Unterrichtsstunde: Interkulturelle Mitarbeiterführung und Mitarbeiterspräche Die dritte bis vierte Unterrichtsstunde war handlungsorientiert ausgerichtet. Den Einstieg bildete die Vorstellung der Handlungssituation. Vor Beginn der Gruppenarbeit wurden die Schüler auf Texterschließungsstrategien, wie Scanning-, Skimming-, und Unterstreichungstechniken, hingewiesen. Für Vokabelfragen wurde auf die bereit gestellten Wörterbücher und die Lehrperson verwiesen. Die von der Lehrperson heterogen zusammen gesetzten Arbeitsgruppen bearbeiteten anhand des Hofstede Texts über die Kulturdimensionen, der, bis auf wenige Kürzungen und zwölf Vokabelannotationen 17, den Schülern als comprehensible input dargestellt wurde, die Critical Incidents. Die Schüler mussten einen Perspektivenwechsel zwischen der deutschen und indischen Sichtweise vollziehen. Aufgrund vergleichbarer betrieblicher Handlungssituationen und der hohen Sprachkomplexität erfolgten die Bearbeitung und die Ergebnispräsentation auf Deutsch. Die Folien der Schülerpräsentation wurden kopiert und in der Folgestunde zur Verfügung gestellt. An die Präsentation schloss sich eine, an der Tafel im Unterrichtsgespräch erarbeitete, tabellarische Gegenüberstellung der beiden Kulturen an. Die Schüler meditierten die aus den Critical Incidents herausgearbeiteten kulturellen Unterschiede von Deutsch auf Englisch und ergänzten weitere von Hofstede beschriebene Unterschiede. Mit der Frage What is the first step our German managers should do to solve the problems with the Indian staff?, wurde das Thema Mitarbeitergespräch (employee talk) eingeleitet. 18 Nach einer kurzen Definition des Mitarbeitergesprächs erhielten die Schüler den Arbeitsauftrag in Einzelarbeit Definitionen über die verschiedenen Mitarbeitergesprächsarten zu lesen. Danach ordneten die Schüler diesen Definitionen die entsprechenden deutschen und englischen Fachbegriffe der jeweiligen Gesprächsart zu. Durch diese Zuordnungsaufgabe sollte sichergestellt werden, dass die Schüler sowohl die deutschen und englischen Fachbegriffe beherrschen und den Stoff auf verschiedene Arten erschließen. Nach der anschließenden Ergebnissicherung, erläuterte die Lehrperson den idealtypischen Ablauf eines employee talks. Darauf folgten die Fragen Have you ever had an employee talk in 17 Da der sprachliche Schwierigkeitsgrad authentischer Texte das Leistungsniveau der Schüler zumeist übersteigt, müssen durch die Lehrperson Stützmaßnahmen angeboten werden. Hierbei bieten sich u.a. die Bereitstellung von zweisprachigen Wortschatzlisten, zweisprachigen Wörterbüchern, oder die freie bzw. bildgestützte Reaktivierung des sprachlichen Vorwissens durch Brainstorming-Verfahren oder Wortschatzübungen an (Krechel 2009:201-202). 18 Nach der Arbeit mit den Critical Incidents standen noch 20 Minuten der 4. Stunde zur Verfügung. 20
your company? If yes, which one?, Did the employee talk follow the three basic steps mentioned?. Die Diskussionsfrage What is the most difficult employee talk? Why?, bei der die Schüler für das Problemlösungsgespräch argumentierten, gehensweise befragt. Mündlich wurden aus den gewonnenen Erkenntnissen Opund die Frage What do managers at the company have to respect when talking to an Indian employee?, bei der sie das Beachten kultureller Unterschiede in der Interaktion herausstellten, bildeten den Ausstieg aus der Unterrichtsstunde. Für die Folgestunde erhielten die Schüler die vorbereitende Hausaufgabe auf Englisch eine Tabelle mit DO s und DONT s, welche die deutschen Führungskräfte in Interaktionssituationen mit den indischen Mitarbeitern beachten müssen, zusammenzustellen. 4.4. Fünfte Unterrichtsstunde: Interkulturelles Problemlösungsgespräch Die fünfte Stunde begann mit der Hausaufgabenbesprechung. Die Lehrkraft sammelte die von den Schülern recherchierten DO s und DONT s tabellarisch an der Tafel. In einer Diskussion wurden dann die DO s und DONT s mit dem größten Konfliktpotential für die deutschen Manager herausgestellt. Anschließend erhielten die Schüler den Handlungsauftrag ein Problemlösungsgespräch zwischen einem deutschen Manager und indischen Mitarbeiter zu simulieren. Den Gesprächsverlauf und das zu erwartende Verhalten des Managers und indischen Mitarbeiters bereiteten die Schüler in Gruppen vor. Vier der Gruppenarbeitsergebnisse wurden von je zwei Gruppenmitgliedern in Rollenspielen auf Englisch vor der Klasse präsentiert. Während des Rollenspiels untersuchte die Klasse das jeweils gezeigte Rollenspiel auf die Einhaltung des idealtypischen Gesprächsverlaufs, der DO s und DONT s, der deutlich werdenden interkulturellen Unterschiede, und den Gründen des Erfolgs bzw. Misserfolgs. In der anschließenden Reflexionsphase wurden zunächst die Vorspielenden zur ihrem Gefühl in der Rolle befragt. Danach wurden die Beobachtungen der Klasse vorgetragen. In einem Klassengespräch wurden die Gründe für das Verhalten der jeweiligen Personen diskutiert und die Gründe für den Erfolg bzw. Misserfolg des jeweiligen Gesprächs herausgearbeitet. Die nicht präsentierenden Gruppen wurden zum Vergleich zu ihrer geplanten Vor- timierungspotentiale für die Firma abgeleitet. 21
4.5. Sechste Stunde: Mitarbeitermotivation unter interkulturellen Aspekten Die Stunde begann mit der Reaktivierung des sprachlichen Vorwissens der Schüler (Wildhage 2009:100) durch die Frage What motivates you at work?. Die Lehrperson sammelte die Schülerantworten in einer MindMap an der Tafel. Auffällig war, dass die Schüler überwiegend extrinsische Motivationsfaktoren nannten. 19 Die Frage Which of these factors are most effective to motivate employees, leitete zu Herzbergs Zwei-Faktoren-Theorie über. Zunächst argumentierten die Schüler noch zugunsten der genannten extrinsischen Faktoren. In Einzelarbeit lasen die Schüler einen englischen Leittext zu Herzbergs Motivationstheorie, mit deren Hilfe sie eine Abbildung ergänzten. In der Abbildung mussten vorgegebene Beispielfaktoren als hygiene bzw. motivation factors benannt und deren Konsequenzen abgeleitet werden. Dieses redundante Vorgehen sollte die von Herzberg unterschiedenen Hygienefaktoren und Motivatoren verständlicher machen. Nach der Ergebnissicherung fand ein code switching ins Deutsche statt. In Partnerarbeit beurteilten die Schüler vorgegebene Motivationsgrundsätze der Firma hin- sichtlich Herzbergs Theorie; dann leiteten sie aus Herzbergs und Hofstedes Theorien idealtypische Maßnahmen zur Motivation indischer und deutscher Mitarbeiter ab. Die Lehrperson sammelte diese Ergebnisse in einem Klassengespräch an der Tafel. Zum Stundenende wurden die anfangs erarbeitete MindMap und die Maßnahmen der Ausbildungsunternehmen zur Erhöhung der Mitarbeitermotivation zur Diskussion gestellt. Eine kurze Diskussion über die Verwirklichung der Theorie Herzbergs in Schwellenländern, wie Indien, bildete den Ausstieg aus der Stunde. 4.6. Siebte Stunde: Lernerfolgssicherung Die letzte Stunde diente der Lernerfolgssicherung. Unter Rückgriff auf die Handlungssituation der ersten Unterrichtssequenz erhielten die Schüler in Gruppenarbeit den Handlungsauftrag die Personalverantwortliche Tina Müller mit einer Executive Summary 20 für die Geschäftsführungskonferenz zu unterstützen. Da die Executive Summary als Mediation angelegt war, mussten die Problemsituation, deren Gründe und Verbesserungsvorschläge, wie im normalen Geschäftsalltag, 19 Siehe Anhang für eine Skizze des erarbeiteten Tafelbilds. 20 In bilingualen Modulen gibt es zahlreiche Anwendungssituationen für die praxisorientierte Textproduktion, wie z.b. das Verfassen von Stellungnahmen, Zeitungsberichten oder Gutachtertexten (Krechel 2009:212). Auch das Verfassen der Executive Summary stellt eine derartige praxisorientierte Form der Textproduktion dar. 22
Reflexion und kritische Analyse der Unterrichtseinheit auf Englisch verfasst und präsentiert werden. Mit der Executive Summary wurde sichergestellt, dass sich die Gruppen nochmals mit den behandelten Themen auseinander setzten und eigene kreative Problemlösungsmöglichkeiten entwickelten. Während der Gruppenarbeitsphase stand die Lehrperson den Schülern, gerade auch für Vokabelfragen, als Coach zur Verfügung. Jeweils ein Schüler pro Gruppe präsentierte auf Englisch. Durch dieses redundante Vorgehen wurde sichergestellt, dass möglichst viele der behandelten Aspekte wiederholt wurden. Zum anderen sollte Raum für die kreativen Problemlösungsvorschläge der Schüler geschaffen werden. Nach den Schülerpräsentationen folgte eine Diskussion über die zur Problemlösung am bestgeeigneten Methode. Diese Diskussion bildete den Abschluss der Unterrichtseinheit. Zuletzt füllten die Schüler die Evaluationsbögen über die Unterrichtseinheit aus. 23