Unterstützung von Mikrokreditinitiativen durch die EU



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Transkript:

Unterstützung von Mikrokreditinitiativen durch die EU Spätestens seit der Verleihung des Friedensnobelpreises an Muhammad Yunus sind das Modell und der Erfolg der Mikrokreditfinanzierung bei der Armutsbekämpfung weltweit bekannt geworden. Waren Kleinst- und Mikrokredite zunächst vor allem ein Modell für die Entwicklungsländer, wird es heute auch in Europa diskutiert. Diese Entwicklung ist nicht zuletzt eine Konsequenz aus der wachsenden Ungleichheit zwischen Arm und Reich innerhalb der EU, insbesondere seit dem Beitritt der zehn osteuropäischen Staaten im Jahr 2004. Ein Grund für die steigenden sozio-ökonomischen Disparitäten ist der zum Teil mangelhafte Zugang zu elementaren Finanzdienstleistungen. Wie eine 2008 von der Europäischen Kommission vorgestellte Untersuchung 1 zeigt, haben in den alten Mitgliedstaaten 30 % der Menschen keine Sparrücklagen und 40 % keine Kreditmöglichkeiten. In den neuen Mitgliedstaaten ist ein Drittel der Bevölkerung finanziell ausgegrenzt; nahezu drei Viertel haben keinen direkten Zugang zu Krediten. In Deutschland sind 3 % der Bevölkerung finanziell ausgegrenzt; 46 % haben keinen Zugang zu Kontokorrentkrediten. Diese Erkenntnisse haben die Akteure der EU veranlasst, dem Instrument Mikrokredit verstärkte Aufmerksamkeit zu schenken. EU-Definition von Mirkokrediten Auf europäischer Ebene gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, was einen Mikrokredit auszeichnet. Die Europäische Kommission verwendet derzeit folgende Definition für Kleinstkredite und Kleinstunternehmen: Die Darlehenssumme für investive Maßnahmen ist kleiner als 25.000 Euro. Kreditnehmer sind Kleinstunternehmen. Diese weisen nach offizieller KMU Definition der EU aus dem Jahre 2003 2 folgende Merkmale auf: weniger als 10 Mitarbeiter, Jahresumsatz kleiner als 2 Mio. Euro, Bilanzsumme kleiner als 2 Mio. Euro Mikrokredite verfolgen die Zielsetzung, die Gründung oder den Ausbau von (Kleinst- )unternehmen zu stimulieren und damit eines der wesentlichen strategischen Ziele der EU umzusetzen: die Schaffung von Arbeitsplätzen. Adressaten von Mikrokrediten Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Mikrokreditnehmern unterschieden: Einerseits können sich Personen oder Kleinstunternehmen über den normalen Kreditmarkt bei Banken und Sparkassen versorgen, da sie über ausreichend Sicherheiten und Bonität verfügen (sog. bankable Persons ). In Deutschland wird diese Gruppe i. d. R. durch Geschäftsbanken und Sparkassen bedient. In Westeuropa stellt diese Gruppe nach wie vor den Großteil der Kreditnehmer dar. Bei der zweiten Kategorie handelt es sich um so genannte non-bankable Personen. Potentielle Mikrokreditnehmer weisen meist Merkmale sozialer Ausgrenzung auf, wie z. B. längere Arbeitslosigkeit, Angewiesenheit auf soziale Unterstützung oder einen Migrationshintergrund. Diesen Personengruppen ist es nur unzureichend möglich, Zugang zu klassi- 1 Vgl. Europäische Kommission: Financial services provision and prevention of financial exclusion, März 2008, im Internet: http://ec.europa.eu/employment_social/spsi/docs/social_inclusion/2008/financial_exclusion_study_en.p df (letzter Zugriff: 13.01.2009). 2 Europäische Kommission, Empfehlung der Kommission betreffend vom 06. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen, Amtsblatt der Europäischen Union, L 124/36, 20.05.2003.

schen Finanzierungsformen zu erhalten. Häufig werden sie von Geschäftsbanken nicht als Zielgruppe wahrgenommen, da standardisierte Bewertungsverfahren nicht dafür geeignet sind, das Risiko eines Kleinstkredits hinreichend einzuschätzen. Außerdem steigt durch die geringe Höhe des einzelnen Kredits der Fixkostenanteil, so dass es für klassische Finanzinstitute nur wenig rentabel ist, diese Kunden zu bedienen. Schließlich ist die Kundenbetreuung intensiver als bei traditionellen Unternehmenskrediten. Im Falle von Mikrofinanzierung ist es daher notwendig, dass sich die klassische Banktätigkeit mit sozialer Arbeit verbindet (so genannte social credits ). Von vorwiegend renditeorientierte Finanzinstituten ist diese zusätzliche Aufgabe kaum zu bewerkstelligen, da die Kosten für Abwicklung und Betreuung das Niveau des Marktzinses übersteigen. Von Seiten der Europäischen Union wurden daher Initiativen gestartet, um den Mikrokreditsektor insgesamt zu unterstützen und Synergieeffekte in dem Bereich auf europäischer Ebene zu nutzen. Traditionelles Bankgeschäft versus Mikrofinanzierung Traditionelles Bankgeschäft Zielsetzung gewinnorientiert Share-holder value Adressaten bankable Sicherheiten vorhanden gute Bonität Anbieter Geschäftsbanken Sparkassen Genossenschaftsbanken Kreditmerkmale individuelle Haftung klassische Besicherung Laufzeit und Höhe unbegrenzt Marktverzinsung Mikrofinanzierung soziale Ausrichtung im Vordergrund Stake-holder value non-bbankable Merkmale sozialer Ausgrenzung geringe Bonität Beratungsbedarf hoch spezialisierte Institutionen, die außerhalb des Bank agieren alternative Sicherheiten kurze Laufzeit max. 25.000 Euro Verzinsung über Marktzins U. a. aufgrund der heterogenen Finanzlandschaft innerhalb der EU (z. B. das Drei-Säulen- System in Deutschland) hat es lange Zeit an gemeinsamen Instrumenten im Bereich Mikrokredite gefehlt. Vielmehr besteht ein Flickenteppich aus unterschiedlichen Maßnahmen und Förderprogrammen, welche z. T. auch Kleinstunternehmern zu Gute kommen. Daher hat es von Seiten der Europäischen Institutionen in jüngerer Zeit Initiativen gegeben, die darauf abzielen, den Mikrofinanzsektor zu stärken und ein gemeinschaftliches Vorgehen in dem Bereich zu ermöglichen. Europäische Initiative zur Entwicklung von Kleinstkrediten Bereits im Dezember 2007 hat die Kommission eine Mitteilung vorgelegt, in der sie Vorschläge zur Stärkung des Mikrofinanzsektors in der Europäischen Union unterbreitet. 3 Die Kommission hebt in ihrer Mitteilung folgende Punkte hervor: Erstens sollen die einzelstaatlichen institutionellen, gesetzlichen und gewerblichen Rahmenbedingungen in den EU Mitgliedstaaten besser auf die Bedürfnisse von Kleinstunternehmen ausgerichtet werden. Hierunter fällt beispielsweise die Erleichterung des Marktzugangs von Mikrofinanzinstitutionen innerhalb und außerhalb des Bankensektors. Ferner 3 Europäische Kommission, Eine europäische Initiative zur Entwicklung von Kleinstkrediten für mehr Wachstum und Beschäftigung, Brüssel, 20.12.2007, KOM(2007) 708 endg.

wird vorgeschlagen, die nationalen Vorschriften der Beaufsichtigung an die Besonderheiten von Mikrofinanzinstitutionen anzupassen. Sie sollten zudem die Möglichkeit haben, auch transnational aktiv zu werden. Zweitens betont die Kommission, dass das Geschäftsklima für Kleinstunternehmen verbessert werden sollte, da es nach wie vor zu große Hindernisse auf dem Weg zur Unternehmensgründung gebe. 4 Auch sollten weit reichende Aufklärungskampagnen zum Thema Selbstständigkeit gestartet werden, sowie Jungunternehmern besondere Betreuungsmaßnahmen wie Schulungen, Mentoring oder Coaching zur Verfügung gestellt werden. Drittens werden der Ausbau und die Verbreitung von vorbildlichen Verfahren angeregt. Insbesondere sollte dabei die Zusammenarbeit zwischen Banken und Nicht-Banken verbessert werden. Dieser Wissensaustausch könnte dazu führen, dass bessere Verfahren der Risikobewertung entwickelt werden, welche den Kreditzugang erleichtern. Zudem sollte das Wissen aus dem Bereich Mikrofinanzierung zentral in einer Stelle gebündelt werden und nach Bedarf verschiedenen Akteuren zur Verfügung gestellt werden. Die Kommission schlägt dabei die Einrichtung einer Arbeitsgruppe bei der Europäischen Investitionsbank vor. Auch sollte ein eigenes Gütesiegel für Kleinstkredite geschaffen werden, um das Vertrauen der Bürger in alternative Anlageformen zu erhöhen. Viertens wird vorgeschlagen, zusätzliche Finanzmittel für Finanzinstitutionen außerhalb des Bankensektors bereitzustellen. Initiative JASMINE Basierend auf den geschilderten Empfehlungen, wurde im September 2008 im Rahmen einer Konferenz des Europäischen Netzwerkes für Kleinstkredite die Einrichtung eines neuen Instruments angekündigt. Die neue Initiative trägt die Abkürzung JASMINE (Joint Action to Support Micro-finance Institutions in Europe - Gemeinsame Aktion zur Förderung von Kleinstkreditinstituten in Europa) und wird gemeinsam von der Kommission und der EIB-Gruppe (bestehend aus Europäischer Investitionsbank und dem Europäischen Investitionsfonds) umgesetzt. JASMINE beinhaltet zwei Elemente: technische Unterstützung für Kleinstkreditinstitute; Bereitstellung von Finanzmitteln für Institute aus dem Nichtbankensektor. Das Projekt wurde Anfang 2009 mit einer zunächst dreijährigen Pilotphase eingeleitet und ist insgesamt mit etwa 40 bis 50 Mio. Euro ausgestattet. Diese Mittel werden im Rahmen der technischen Hilfe direkt von der Kommission, der Europäischen Investitionsbank (20 Mio.) sowie anderen Finanzierungspartnern wie Förderbanken bereitgestellt. Zur Betreuung und Umsetzung wird bei dem Europäischen Investitionsfonds die so genannte JASMINE- Gruppe eingerichtet. Die Mittel kommen dabei ausschließlich Mikrofinanzinstitutionen zu Gute. Die Förderung erfolgt nach dem Kofinanzierungsprinzip. Der Europäische Investitionsfonds übernimmt 50 Prozent, während die andere Hälfte von öffentlichen und privaten Banken sowie dem EU- ROFI-Netzwerk bereitgestellt wird. Im Rahmen von JASMINE werden etwa 10 bis 15 Pilot- Projekte vorwiegend in Osteuropa unterstützt. Neu: Mikrofinanzierungsfazilität PROGRESS In Ergänzung zu der JASMINE Pilotinitiative hat die Europäische Kommission im Juli 2009 ein neues Mikrofinanzierungsinstrument PROGRESS vorgeschlagen. Das Ziel der Initiative besteht darin, Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz verloren haben oder ihn zu verlieren 4 Vgl. dazu Europäische Kommission, Vorfahrt für KMU in Europa: Der Small Business Act für Europa, Brüssel, 19.06.2008, KOM(2008) 394.

drohen, zu helfen, Kredite für Unternehmensgründungen zu bekommen. Ökonomische und soziale Ausgrenzung soll dadurch verhindert bzw. bekämpft werden. Auch soll die Initiative dazu beitragen, die gegenwärtige Wirtschaftkrise abzuschwächen. Nach einigem Gezerre um die Finanzierung haben sich die Institutionen Anfang 2010 darauf verständigt, insgesamt 100 Mio. Euro bis Ende 2013 bereit zu stellen. Davon stammen 60 Mio. Euro aus dem seit langem bestehenden PROGRESS-Programm der EU sowie 40 Mio. Euro aus nicht zugewiesenen Haushaltsmitteln. Für 2010 beschlossen Rat und Parlament, 25 Mio. Euro aus eigenen Mitteln zur Verfügung zu stellen. Das Geld soll spätestens ab Juni 2010 bereit stehen. Das Mikrofinanzierungsinstrument soll sowohl öffentlichen als auch privaten Einrichtungen in den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, die Mikrokredite für Personen und Kleinstunternehmen anbieten. Die Mittel werden über die Europäische Investitionsbank (EIB) und den Europäischen Investitionsfonds (EIF) zur Verfügung gestellt. Die EIB wird 85 Mio. Euro zum Zwecke der direkten Refinanzierung von Mikrofinanzierern mit unzureichender Liquidität erhalten. 15 Mio. Euro stehen im Rahmen des EIF für die Übernahme von Garantien in Höhe von 75 % der Kreditbeträge eines Mikrofinanzierers zur Verfügung. Die EIF-Garantie und die Refinanzierung aus dem EIB-Fonds werden alternativ angeboten, d. h. ein Interessent kann nicht beide Förderungen gleichzeitig erhalten. Strukturfonds: JEREMIE-Initiative Die wesentliche Aufgabe von Europäischen Strukturfonds besteht darin, sozio-ökonomische Disparitäten innerhalb der EU abzubauen und die Beschäftigungsmöglichkeiten zu erhöhen. Dabei wird zwischen zwei Arten unterschieden: dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE). Mit Bezug auf Kleinstunternehmen und Unternehmensgründern besteht im Rahmen der EFRE-Programme seit Beginn der aktuellen Förderperiode (2007-2013) die Möglichkeit, ein neu geschaffenes Instrument einzusetzen, welches speziell auf den Bedarf von Kleinund Kleinstunternehmen ausgerichtet ist: JEREMIE - Gemeinsame europäische Mittel für kleinste und mittlere Unternehmen (Joint European Resources for Micro-to-Medium Enterprises). Ähnlich wie JASMINE wird das Instrument von der EU-Kommission und der EIB umgesetzt. Im Vergleich zu klassischer Unterstützung durch Strukturfondsmittel sind zwei wesentliche Neuerungen mit der JEREMIE Initiative eingeführt worden. Erstens erfolgt die Unterstützung nicht auf Basis von Zuschüssen, sondern die Mittel sind zurückzuzahlen. Zweitens kann ein Teil der Strukturmittel nun dazu genutzt werden, sog. Holding-Fonds, d. h. Fonds, die zum Zwecke der Anlage in mehreren Risikokapitalfonds, Garantiefonds, Darlehensfonds und Stadtentwicklungsfonds geschaffen wurden, einzurichten. Die Kommission empfiehlt, die EIB-Gruppe für einen solchen Holding-Fonds zu nutzen. JEREMIE bietet den EU- Mitgliedstaaten und ihren Regionen somit die Möglichkeit, einen Teil ihrer Strukturfondsmittel unter Zwischenschaltung des Europäischen Investitionsfonds (EIF) einzusetzen, um auf eine Palette von Finanzierungsprodukten zurückgreifen zu können, die speziell auf Kleinstsowie kleine und mittlere Unternehmen ausgerichtet sind. Anstelle einer unmittelbaren Verwendung der Zuschussmittel bietet sich die Möglichkeit, einen Teil davon in Finanzierungsprodukte umzuwandeln. Unabhängig davon, ob die Programmverantwortlichen in den europäischen Regionen von der Möglichkeit des Einsatzes dieses speziellen Instruments Gebrauch machen, stehen Fördermöglichkeiten für die Gründung von Kleinstunternehmen zur Verfügung. Nahezu jedes regionale Operationelle Programm sieht die Unterstützung von so genannten Grün-

derzentren vor. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass es sich dabei i. d. R. um Mittel handelt, die primär für innovative Projekte verwendet werden und damit weniger die soziale Eingliederung des Kreditnehmers als Zielsetzung verfolgen. Hierfür ist vielmehr der Europäische Sozialfonds zuständig, bei dem es ebenfalls interessante Entwicklungen im Bereich Mirkokredite gibt. Die Bundesregierung hat Anfang 2010 beschlossen, den Mikrofinanzfonds Deutschland, mit insgesamt 100 Mio. Euro zu unterstützen. Davon stammen 60 Mio. aus dem vom BMAS verwalteten Bundesprogramm des ESF. Im Kern ist der Mikrofinanzfonds Deutschland ein Haftungsfonds, der interessierten Banken gegen eine Gebühr das Ausfallrisiko aus der Mikrokreditvergabe abnimmt. Außerdem schüttet er an erfolgreiche Mikrofinanzinstitutionen Gratifikationen aus, um deren Arbeit zu unterstützen. Das mittel- und langfristige Ziel der Initiative besteht in der Entwicklung eines flächendeckenden Mikrokreditangebots in Deutschland. Strukturen der Mikrokreditvergabe sollen professionalisiert und die Betätigung als Mikrofinanzierer attraktiver gemacht werden. Die Zielgruppe von Mikrofinanzinstitutionen sind klassische non-bankables, also Personen, die von ihrer Hausbank unzureichend mit Krediten versorgt werden, weil sie z.b. über keine ausreichenden Sicherheiten verfügen. Das Fondsvermögen wird von der Investitions- und Förderbank Niedersachsen treuhänderisch verwaltet. Die Kreditvergabe erfolgt durch die GLS Bank in einem kooperativen Modell, d. h. auf Empfehlung von Mikrofinanzinstituten, aber auf eigene Rechnung. Der Mikrokreditfonds wiederum sichert gegenüber der GLS Bank die Kreditausfälle ab, weshalb sie keinerlei Risiko trägt. Die Mikrofinanzinstitute betreuen und beraten die Kreditnehmenden im persönlichen Kontakt und empfehlen der GLS Bank die Kreditvergabe. Die Kosten für Kredite mit einer maximalen Höhe von 20.000 Euro und einer Laufzeit von bis zu drei Jahren belaufen sich zunächst auf 7,5 % jährlich und liegen damit deutlich über klassischen Förderprogrammen wie dem StartGeld der KfW. Die Tilgung erfolgt monatlich oder bei Fälligkeit in einer Summe. Ausblick und weitere Informationen Die vorgestellten Maßnahmen und Initiativen befinden noch in einem Anfangsstadium, was nicht zuletzt auf die heterogene Problemsituation innerhalb der EU-27 zurückzuführen ist. In Deutschland gibt es z. B. derzeit relativ wenig Handlungsbedarf von Seiten der EU. Förderbanken und Sparkassen decken bereits einen großen Teil der Unternehmen ab, welche nach EU-Definition als Kleinstunternehmen bezeichnet werden. Dennoch zeichnet sich ab, dass auch in Deutschland der Anteil der non-bankables steigen wird. Hier können europäische Initiativen Anreize setzen, um der finanziellen Ausgrenzung benachteiligter Personen entgegen zu wirken. Die Entwicklungen machen deutlich, auch in den entwickelten Staaten intensiv diskutiert wird, wie der Kleinstkreditsektor einen Beitrag zur sozialen Integration leisten kann. Für die Akteure der Sozialwirtschaft ist es deshalb sinnvoll, die Entwicklungen nicht aus den Augen zu verlieren und über Möglichkeiten der Beteiligung nachzudenken. Autor: Tobias Groß, BFS-Europa-Büro, Brüssel, weitere Informationen: www.eufis.eu Dieser Beitrag wurde in leicht gekürzter Form veröffentlicht in der BFS-Info 5/2010