Evaluationsbericht für die einheitliche Behördenrufnummer 115



Ähnliche Dokumente
Deutliche Mehrheit der Bevölkerung für aktive Sterbehilfe

Allensbach: Das Elterngeld im Urteil der jungen Eltern

I N S T I T U T F Ü R D E M O S K O P I E A L L E N S B A C H

Fast jeder zweite Deutsche würde gerne abnehmen

allensbacher berichte

allensbacher berichte

Repräsentative Umfrage zur Beratungsqualität im deutschen Einzelhandel (Auszug)

Verband der TÜV e. V. STUDIE ZUM IMAGE DER MPU

Meinungen der Bürgerinnen und Bürger in Hamburg und Berlin zu einer Bewerbung um die Austragung der Olympischen Spiele

Informationen zum Ambulant Betreuten Wohnen in leichter Sprache

ONLINE-AKADEMIE. "Diplomierter NLP Anwender für Schule und Unterricht" Ziele

allensbacher berichte

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

B: bei mir war es ja die X, die hat schon lange probiert mich dahin zu kriegen, aber es hat eine Weile gedauert.

Persönliche Zukunftsplanung mit Menschen, denen nicht zugetraut wird, dass sie für sich selbst sprechen können Von Susanne Göbel und Josef Ströbl

allensbacher berichte

Hautkrebsscreening. 49 Prozent meinen, Hautkrebs sei kein Thema, das sie besorgt. Thema Hautkrebs. Ist Hautkrebs für Sie ein Thema, das Sie besorgt?

mehrmals mehrmals mehrmals alle seltener nie mindestens **) in der im Monat im Jahr 1 bis 2 alle 1 bis 2 Woche Jahre Jahre % % % % % % %

DAVID: und David vom Deutschlandlabor. Wir beantworten Fragen zu Deutschland und den Deutschen.

Befragt wurden Personen zwischen 14 und 75 Jahren von August bis September Einstellung zur Organ- und Gewebespende (Passive Akzeptanz)

Umfrage bei Menschen mit Behinderung über Sport in Leipzig Was kam bei der Umfrage heraus?

Schriftliche Auswertung der Selbstevaluation Rhythmisierung des Schultags am PGH

Deutschland-Check Nr. 34

Örtliche Angebots- und Teilhabeplanung im Landkreis Weilheim-Schongau

Die Bekanntheit der einheitlichen Behördenrufnummer 115

Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

Private Altersvorsorge

Stellenwert des Themas Flucht und Vertreibung ist gestiegen

allensbacher berichte

I N S T I T U T F Ü R D E M O S K O P I E A L L E N S B A C H

Qualität und Verlässlichkeit Das verstehen die Deutschen unter Geschäftsmoral!

Mobile Intranet in Unternehmen

allensbacher berichte

FAQs für beglaubigte Übersetzungen Francesca Tinnirello

Ohne den gewerkschaftlichen Rechtsschutz hätte ich meine Rechte nicht durchsetzen können.

EARSandEYES-Studie: Elektronisches Bezahlen

Leben im Alter im Erzbistum Köln Umfrage im Auftrag des Diözesan-Caritasverbandes für das Erzbistum Köln e.v.

Lernerfolge sichern - Ein wichtiger Beitrag zu mehr Motivation

Moni KielNET-Mailbox

Dann zahlt die Regierung einen Teil der Kosten oder alle Kosten für den Dolmetscher.

Umweltbewusstseinsstudie 2014 Fact Sheet

Flexibilität und Erreichbarkeit

Behördenauskunft ohne Worte: das -Gebärdentelefon

Ethik im Netz. Hate Speech. Auftraggeber: Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM)

Sehbehindertentag 6. Juni. Kontraste. helfen schwachen Augen

Wir machen uns stark! Parlament der Ausgegrenzten

Bürger legen Wert auf selbstbestimmtes Leben

Geld Verdienen im Internet leicht gemacht

Umgang mit Schaubildern am Beispiel Deutschland surft

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Bekanntheit, Kauf und Konsum von Alcopops in der Bundesrepublik Deutschland 2003

Einstellung!der!österreichischen!Bevölkerung! zum!rechtssystem:!imas"umfrage!2013!

Studienkolleg der TU- Berlin

Hinweise in Leichter Sprache zum Vertrag über das Betreute Wohnen

Meinungen zur Altersvorsorge

Pädagogische Hinweise B2 / 12

Statuten in leichter Sprache

allensbacher berichte

Presseinformation

Energie. Branchenreport 2003

Catherina Lange, Heimbeiräte und Werkstatträte-Tagung, November

Einstellungen der Deutschen gegenüber dem Beruf der Putzfrau

IMMER MEHR MITGLIEDER VON FACEBOOK & CO.

Das Persönliche Budget in verständlicher Sprache

Schnelle Antwort, gute klare Beratung. Ich bin wirklich sehr zufrieden. Auswertung der Mandantenbefragung 2007

Glaube an die Existenz von Regeln für Vergleiche und Kenntnis der Regeln

Projektmanagement in der Spieleentwicklung

Anleitung über den Umgang mit Schildern

Was tust du auf Suchmaschinen im Internet?

DAVID: und David vom Deutschlandlabor. Wir beantworten Fragen zu Deutschland und den Deutschen.

Was ist das Budget für Arbeit?

Resultate GfS-Umfrage November Wie bekannt ist das Phänomen Illettrismus bei der Schweizer Bevölkerung?

Es gibt nur eine Bilanz die zählt: Ihre Zufriedenheit.

Welche Bereiche gibt es auf der Internetseite vom Bundes-Aufsichtsamt für Flugsicherung?

Mehr Arbeits-Plätze für Menschen mit Behinderung auf dem 1. Arbeits-Markt

Gutes Leben was ist das?

allensbacher berichte

Pädagogik. Melanie Schewtschenko. Eingewöhnung und Übergang in die Kinderkrippe. Warum ist die Beteiligung der Eltern so wichtig?

INFORMATIONEN FÜR KUNDEN UND LIEFERANTEN VON GLAUCH REISEN

Deutschland-Check Nr. 35

Die sechs häufigsten Fehler

Anleitung. Empowerment-Fragebogen VrijBaan / AEIOU

VfW-Sachverständigenordnung

Schritt 1. Anmelden. Klicken Sie auf die Schaltfläche Anmelden

Selbstreflexion für Lehrpersonen Ich als Führungspersönlichkeit

1 MIO ÖSTERREICHISCHE SKIFAHRER SCHÜTZEN SICH BEREITS MIT HELM - UM MEHR ALS IM VORJAHR

Nicht kopieren. Der neue Report von: Stefan Ploberger. 1. Ausgabe 2003

allensbacher berichte

Elternzeit Was ist das?

Mind Mapping am PC. für Präsentationen, Vorträge, Selbstmanagement. von Isolde Kommer, Helmut Reinke. 1. Auflage. Hanser München 1999

rednut Navigator rednut softwareentwicklung rednut

Bekanntheit, Kauf und Konsum von Alcopops bei Jugendlichen 2003

Die Post hat eine Umfrage gemacht

SEK II. Auf den Punkt gebracht!

Informationen für: Partner Vereine Schulen Kitas. Das Bildungspaket. Mitmachen möglich machen

allensbacher berichte

Nicht über uns ohne uns

Reisekosten-Reform (Teil 1)

Reizdarmsyndrom lindern

Transkript:

I N S T I T U T F Ü R D E M O S K O P I E A L L E N S B A C H Evaluationsbericht für die einheitliche Behördenrufnummer 115 Ergebnisse repräsentativer Befragungen der Bevölkerung in den Pilotregionen und im übrigen Bundesgebiet sowie unter den Nutzern der 115 (September/Oktober 2009 und Januar/Februar 2011)

I N H A L T Seite VORBEMERKUNG...3 MANAGEMENT-SUMMARY UND SCHLUSSFOLGERUNGEN...9 HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN...16 1. DER KONTAKT DER BÜRGER ZU BEHÖRDEN...17 2. DER TELEFONISCHE KONTAKT MIT BEHÖRDEN...32 3. GROSSE AKZEPTANZ DER IDEE EINER EINHEITLICHEN BEHÖRDENRUFNUMMER...40 4. BEKANNTHEIT, REICHWEITE UND NUTZERPOTENTIALE DER 115...45 5. DIE STRUKTUR DER 115-NUTZER...62 6. WISSEN ÜBER DAS INFORMATIONSANGEBOT DER 115...68 7. POTENTIELLE HINDERUNGSGRÜNDE FÜR DIE NUTZUNG DER 115...76-1 -

8. ANLÄSSE FÜR DEN ANRUF BEI DER 115: PERSONEN- ANGELEGENHEITEN UND SOZIALES IM VORDERGRUND OFT ABER AUCH EINFACHE ORGANISATORISCHE FRAGEN...87 9. HOHE BEANTWORTUNGSQUOTE: FAST 90 PROZENT DER ANLIEGEN KÖNNEN GEKLÄRT WERDEN, ETWA ZWEI DRITTEL SOGAR DIREKT BEIM ERSTEN ANRUF...94 10. SEHR POSITIVE URTEILE ÜBER DIE 115: ZUFRIEDENHEIT, FREUNDLICHKEIT, ZEITERSPARNIS...97 11. DIE KOSTEN FÜR EINEN ANRUF BEI DER 115: DURCHAUS ANGEMESSEN, ABER ZU WENIG KLAR KOMMMUNIZIERT... 107 12. AUSBLICK: MÖGLICHE ZUSÄTZLICHE ANGEBOTE... 114 ANHANG Anhangschaubilder Anhangtabellen Untersuchungsdaten Originalfragebogen - 2 -

VORBEMERKUNG Im Rahmen der fortlaufenden Bemühungen um eine Verbesserung der Kommunikation zwischen öffentlicher Verwaltung und Bürgern wird seit einigen Jahren an der Einführung der einheitlichen Behördenrufnummer 115 gearbeitet. Ziel ist, dass Bürgerinnen und Bürger bundesweit einheitlich unter der Rufnummer 115 telefonisch Auskunft zu allen Behördenangelegenheiten bekommen können. Die Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, mit denen Anrufer der 115 verbunden werden, halten Informationen zu dem gesamten Spektrum behördlicher Anliegen bereit, sowohl zu Fragen der lokalen Verwaltung wie auch zu Fragen, die Behörden der Länder oder des Bundes betreffen. Wo es um spezielle Auskünfte zu Einzelfällen geht, sollen die Anrufer ohne längere Suche mit den zuständigen Ansprechpartnern in Ämtern und Behörden verbunden werden. Dieses Konzept wird seit März 2009 in einer Reihe von Pilotregionen erprobt. Schon zu Beginn des Pilotbetriebs beteiligten sich neben den größten deutschen Städten Berlin, Hamburg und Köln insbesondere große Teile Nordrhein-Westfalens sowie einzelne Kommunen aus Niedersachsen und Hessen. Inzwischen haben sich weitere Regionen dem Pilotbetrieb angeschlossen, darunter z.b. Frankfurt am Main, Dresden, Magdeburg und Kassel. Insgesamt leben in den derzeitigen Pilotregionen etwa 15 Millionen Menschen. Bedient werden die Anrufer in den Pilotregionen durch aktuell rund 20 regionale Servicecenter. Im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Angebots der 115 insbesondere vor dem Hintergrund des für den 1. April 2011 geplanten Übergangs zum Regelbetrieb hat das BUNDESMINISTERIUMS DES INNERN das INSTITUT FÜR DEMOSKOPIE ALLENSBACH mit zwei Evaluationsstudien beauftragt. In einer ersten Studie wurde im Herbst 2009 zum einen ein bevölkerungsrepräsentativer Querschnitt ab 18 Jahre telefonisch befragt, d.h. sowohl Bürgerinnen und Bürger in den Pilotregionen als auch im übrigen Bundesgebiet. Zum anderen wurden in einer zweiten Stichprobe gezielt Nutzer der 115 rekrutiert und ebenfalls telefonisch interviewt. - 3 -

Themen der bundesweiten bevölkerungsrepräsentativen Befragung waren die Bekanntheit und Nutzung der Rufnummer 115 sowie die Quellen, aus denen der einheitliche Behördenruf bekannt ist. Zudem wurden die Gewohnheiten und Präferenzen der Bevölkerung bei der Kommunikation mit Behörden ermittelt und das Interesse an entsprechenden Angeboten. In der Nutzer-Befragung ging es darüber hinaus auch um die konkreten Erfahrungen mit Anrufen bei der 115 und um Wünsche und Präferenzen der Nutzer. Im Rahmen der ersten Bevölkerungsbefragung wurden zwischen dem 16. September und dem 5. Oktober 2009 insgesamt 1.005 Personen ab 18 Jahre telefonisch durch die Allensbacher Telefoninterviewzentrale befragt (CATI). Da auch für die Pilotregionen vertiefende Analysen möglich sein sollten, wurde die Stichprobe gezielt disproportional so angelegt, dass auch für die Pilotregionen ausreichend große Fallzahlen zur Verfügung stehen. Für die Befragung der Nutzer wurden zwischen dem 24. September und dem 27. Oktober 2009 ebenfalls insgesamt 1.005 Personen, die zuvor bei der 115 angerufen hatten, telefonisch durch die Allensbacher Telefoninterviewzentrale befragt (CATI). Bei ihren Anrufen in den Servicecentern wurden die Nutzer gebeten, sich an der Umfrage zu beteiligen. Die Befragungen durch die Allensbacher Telefoninterviewer erfolgte in der Regel etwa einen Tag nach dem Anruf bei der 115. Die zweite Evaluationsstudie wurde Anfang 2011 durchgeführt. Basis war erneut die bundesweite Befragung einer bevölkerungsrepräsentativen Stichprobe ab 18 Jahre. Schon aus Gründen der Vergleichbarkeit mit der ersten Befragung wurde auch sie telefonisch durchgeführt. Zwischen dem 19. Januar und 16. Februar 2011 wurden dabei insgesamt 1.615 Personen durch Interviewerinnen und Interviewer der Allensbacher Telefoninterviewzentrale befragt (CATI). Zum einen wurde diese zweite Studie genutzt, um die erste Studie inhaltlich zu ergänzen. Hier ging es vor allem um die Kenntnisse über das Leistungsspektrum der 115 sowie um die Frage, welche zusätzlichen Angebote sich die Bevölkerung im Zusammenhang mit der 115 und auch darüber hinaus wünscht. Zum anderen diente die zweite Evaluationsstudie dazu, gezielt mögliche Unterschiede in den Urteilen und im Bedarf der Bevölkerung in städtischen und in ländlichen Gebieten zu beleuchten. Um dies zu ermöglichen, war eine komplexe Stichprobenanlage notwendig. - 4 -

Die Abgrenzung von städtischen und ländlichen Gebieten erfolgte auf Basis der von dem Unternehmen BIK Aschpurwis + Behrens GmbH entwickelten regionalen Gliederungssystematik ("BIK-Regionen"), einer Zuordnung aller Gemeinden der Bundesrepublik Deutschland zu verschiedenen Regions- und Strukturtypen (Schaubild 1). 1 1 Vgl. http://www.bik-gmbh.de/produkte/regionen/index.html - 5 -

Schaubild 1-6 -

Vier verschiedene Regionstypen definieren dabei unterschiedlich große Verflechtungsgebiete, d.h. Agglomerationen von zusammengehörigen Städten und Gemeinden, die jeweils auf ein gemeinsames Zentrum hin ausgerichtet sind. Innerhalb dieser Agglomerationen werden die Städte und Gemeinden in vier Strukturtypen nach Kern- und Randbereichen unterschieden. Die auf dieser Basis vorgenommene Abgrenzung von eindeutig städtischen und eindeutig ländlichen Gebieten ist auf dem nachfolgenden Schaubild 2 dargestellt. Schaubild 2 Abgrenzung von ländlichen und städtischen Gebieten Deutschland (Bevölkerung ab 14 Jahre) BIK-Strukturtypen BIK-Regionstypen Verdichtungsbereich Kernbereich Übergangs- bereich Peripherer Bereich Keine BIK- Region Ballungsräume Stadtregionen 44 % 26 % Mittelzentrengebiete Unterzentrengebiete 30 % Keine BIK-Region eindeutig städtische Gebiete übrige Gebiete eindeutig ländliche Gebiete BIK ASCHPURWIS + BEHRENS GMBH IfD-Allensbach - 7 -

In der Stichprobe wurden insgesamt 655 Interviews in in diesem Sinne eindeutig (groß-)städtischen Gebieten realisiert, 805 Interviews in eindeutig ländlichen Gebieten. Die restlichen Interviews wurden mit Bürgerinnen und Bürgern aus Gebieten durchgeführt, die auf Basis dieser Abgrenzung weder eindeutig städtisch noch eindeutig ländlich sind. Sie sind aber als Ergänzung notwendig, um ein repräsentatives Gesamtergebnis für die Bundesrepublik bzw. die Pilotregionen und das übrige Bundesgebiet ausweisen zu können. Obwohl die zum Zeitpunkt der Befragung am Pilotbetrieb der 115 beteiligten Regionen ganz überwiegend städtisch geprägt waren, wurde auch eine gesonderte Stichprobe in ländlichen Pilotregionen erhoben. Diese konnte sich allerdings nur auf Interviews mit Bürgerinnen und Bürgern aus Gemeinden von vier Landkreisen stützen 1. Mögliche regionale Besonderheiten können deshalb bei den gesondert ausgewiesenen Ergebnissen für die ländlichen Pilotregionen einen großen Einfluss haben. Das ist bei der Interpretation dieser Ergebnisse zu berücksichtigen. Für diese, wie auch die erste bevölkerungsrepräsentative Befragung stellt eine faktorielle Gewichtung aber in jedem Fall sicher, dass alle Interviews entsprechend der tatsächlichen regionalen Bevölkerungsverteilung in die Gesamtergebnisse eingehen. Diese sind damit sowohl repräsentativ für die Bevölkerung in den jeweiligen Teilgebieten als auch für die erwachsene deutsche Bevölkerung insgesamt. Die genauen Untersuchungsdaten aller Befragungsmodule sowie nähere Angaben zur Methode sind im Anhang dokumentiert. Der vorliegende Schlussbericht fasst die wichtigsten Befunde beider Evaluationsstudien, d.h. aller drei Befragungsmodule, zusammen. Er wird ergänzt durch entsprechende tabellarische Basisberichte, die die Antworten auf alle Fragen sowohl für die Befragten insgesamt als auch für verschiedene relevante Teilgruppen der einzelnen Befragungen ausweisen. Allensbach am Bodensee, am 31. März 2011 INSTITUT FÜR DEMOSKOPIE ALLENSBACH 1 Kreise Lippe, Trier-Saarburg sowie der Bodensee- und der Rhein-Erft-Kreis - 8 -

MANAGEMENT-SUMMARY UND SCHLUSSFOLGERUNGEN Der Kontakt mit Behörden: vielfach Verständnisprobleme für den Bürger Präferenzen für persönliche oder telefonische Kommunikation Bürgerinnen und Bürger haben eher selten Kontakt zu Behörden, mehrheitlich nicht häufiger als ein- oder zweimal im Jahr (62 Prozent). Auch deshalb bleibt die Logik behördlichen Handelns vielen offensichtlich fremd: Bürgerinnen und Bürger klagen im Kontakt mit Behörden vor allem über die Unverständlichkeit von Formularen bzw. den Papierkrieg, die vielen Unterlagen, die häufig notwendig sind jeweils rund die Hälfte der Bevölkerung hat sich darüber schon 'häufiger' geärgert (53 Prozent bzw. 50 Prozent). Dies unterstreicht die hohe Relevanz des Ziels der einheitlichen Behördenrufnummer, einen niederschwelligen Zugang zur Verwaltung zu schaffen, über den jeder verständliche Informationen erhält. Die verbreitet empfundene Unverständlichkeit im Zusammenhang mit behördlichem Handeln dürfte ein wesentlicher Grund für die im Vergleich zur schriftlichen Kommunikation starke Präferenz der Bürger für telefonische und persönliche Kontakte mit Behörden sein: Diese Form der Kommunikation ermöglicht direkte Rückfragen, insbesondere das persönliche Gespräch von Angesicht zu Angesicht bietet unter kommunikationstheoretischer Perspektive mehr Kommunikationskanäle, um Unsicherheiten zu beseitigen und Missverständnisse auszuschließen. Zudem sind die Anforderungen an die Formulierung der eigenen Anliegen niedriger als bei schriftlicher Kommunikation. 60 Prozent der Bevölkerung regeln ihre Behördenangelegenheiten in der Regel (auch) persönlich, 55 Prozent telefonisch. Dies entspricht im Wesentlichen auch den Wünschen der Bürger: 47 Prozent werden am liebsten persönlich vorstellig, wenn sie mit einer Behörde zu tun haben, 43 Prozent erledigen das bevorzugt am Telefon. Andere Zugangswege werden deutlich seltener favorisiert, sowohl elektronische (E-Mail: 12 Prozent; Internet: 9 Prozent) als auch die herkömmliche schriftliche Kommunikation per Post (4 Prozent). - 9 -

Der persönliche Kontakt mit der Behörde ist dabei für die Bürger mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden: Die lokale Behörde ist im Durchschnitt fast fünf Kilometer entfernt, der Zeitaufwand für Hin- und Rückweg beträgt rund 25 Minuten. Insbesondere in ländlichen Gebieten wird dafür vielfach das Auto genutzt. Die Vermeidung von Behördengängen, wie sie sich die 115 auf die Fahnen geschrieben hat, ist mit Blick auf die hier möglichen Einsparungen individuell wie volkswirtschaftlich insofern ein lohnendes Ziel. In diesem Zusammenhang könnte auch darüber nachgedacht werden, die Zahl der notwendigen Behördengänge für den Bürger in Zukunft z.b. durch rechtsverbindliche elektronische Unterschriften, weiter zu reduzieren. Telefonische Erreichbarkeit von Behörden auch im Internetzeitalter wichtig keine langen Warteschleifen, Freundlichkeit und schnelle, unbürokratische Hilfe besonders wichtig 83 Prozent der Erwachsenen finden es 'sehr wichtig' oder 'wichtig', dass man bei Behördenfragen auch telefonisch Auskunft erhalten kann. Gezielt danach gefragt, ob im Internetzeitalter eine telefonische Servicenummer wie die 115 überflüssig wird, widersprechen 85 Prozent, die eine solche Zugangsmöglichkeit auch dann für wichtig halten, wenn es viele Behördeninformationen im Internet gibt. Besonders wichtig ist den Bürgerinnen und Bürgern beim telefonischen Behördenkontakt, dass man in der Regel schnell jemanden erreicht, ohne lange Warteschleifen, dass die Mitarbeiter freundlich sind und schnell und unbürokratisch helfen jeweils einer deutlichen Mehrheit ist das 'sehr wichtig'. Dabei sind zwar schon 35 Prozent der Bürgerinnen und Bürger 'sehr zufrieden' mit der Freundlichkeit von Behördenmitarbeitern, wenn sie dort anrufen, von den Nutzern der 115 aber mit 78 Prozent ein noch deutlich höherer Anteil. - 10 -

Sehr große Zustimmung zum Konzept der 115, großes Nutzerpotential Die Idee einer einheitlichen Behördenrufnummer trifft in der Bevölkerung auf breite Zustimmung: 82 Prozent der Bevölkerung 'finden es gut', dass es eine einheitliche Behördenrufnummer wie die 115 gibt. Für rund zwei Drittel der Bevölkerung kommt eine Nutzung der 115 nach eigener Einschätzung in Frage. Rund zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger, die über den Leistungsumfang der 115 'gut' oder 'sehr gut' Bescheid wissen, sind überzeugt, dass sich damit der Service der öffentlichen Verwaltung für die Bevölkerung spürbar verbessern wird (67 Prozent). Die Bekanntheit der 115 ist noch ausbaufähig, insbesondere das Wissen um die konkrete Verfügbarkeit in den schon versorgten Gebieten und über den Leistungsumfang der 115 In den Pilotregionen ist bereits weiten Bevölkerungskreisen bekannt, dass es eine einheitliche Behördenrufnummer gibt: 51 Prozent haben bereits davon gehört, darunter 38 Prozent, die sich auf gezielte Nachfrage auch an die Nummer "115" erinnern (gestützte Bekanntheit). Insgesamt rund jeder Elfte kann die Nummer "115" spontan nennen, ohne dass ihm Vorgaben gemacht werden (9 Prozent, ungestützte Bekanntheit). Allerdings ist die Bekanntheit in den schon seit mindestens Herbst 2009 versorgten Gebieten nicht weiter gestiegen. Die Erinnerung an eine zur Einführung starke Medienpräsenz Medien sind mit Abstand die wichtigste Quelle für die Kenntnis der 115 scheint zu verblassen. Dafür hat ein zunehmend größerer Teil der Bevölkerung Kenntnis von der einheitlichen Behördenrufnummer durch die Behörden vor Ort, in Pilotregion insgesamt 11 Prozent derjenigen, denen die 115 bekannt ist. Viele Bürgerinnen und Bürger in den Pilotregionen, die von der 115 schon gehört haben, wissen nicht, dass man sie bei ihnen am Ort schon nutzen kann: Unter den - 11 -

38 Prozent, die die 115 in den Pilotregionen (gestützt) kennen, haben nur 18 Prozent Kenntnis davon, dass die Nutzung schon möglich ist. Generell ist die noch ausbaufähige Bekanntheit der 115, insbesondere das fehlende Wissen um ihre Verfügbarkeit, das zur Zeit größte Hindernis für einen weiteren Ausbau der Nutzerreichweite. Auch inhaltlich bestehen verbreitet Informationsdefizite in der Bevölkerung. Nur jeder fünfte Bürger ist überzeugt, dass man unter der 115 Antworten auf alle wichtigen behördlichen Fragen bekommen kann (20 Prozent), 56 Prozent haben weder gewusst, dass die 115 ebenenübergreifend Auskünfte erteilt, noch hätten sie das vermutet. Entsprechend schätzt eine deutliche Bevölkerungsmehrheit auch in den Pilotregionen die eigene Kenntnis vom Leistungsumfang der 115 als 'weniger gut' oder 'gar nicht gut' ein (88 Prozent bzw. 78 Prozent in den Pilotregionen). Das Interesse an weiteren Informationen ist groß: 41 Prozent würden sich mehr Informationen wünschen, allerdings nicht so groß, wie man es angesichts des schlechten Informationsstandes erwarten könnte. Wachsender Nutzerkreis der 115 Seit Herbst 2009 ist der Kreis der Nutzer in den damals schon versorgten Gebieten gewachsen, auch wenn er nach wie vor vergleichsweise klein ist (3 Prozent). Persönliche Bindungen an die lokale Behörde vor Ort stellen ein potentielles Hindernis für die weitere Ausweitung des Nutzerkreises der 115 dar, insbesondere auf dem Land: Über die Hälfte der Bürger in ländlichen Regionen kennt persönlich jemanden bei der Behörde vor Ort, an den er sich bei Fragen in der Regel wendet 83 Prozent dieser Gruppe ist diese Möglichkeit auch 'sehr wichtig' oder 'wichtig'. - 12 -

Die bisherigen Nutzer der 115: "Early Adopters" (Stand Herbst 2009) Die aktuellen Nutzer der 115 sind deutlich überdurchschnittlich telefonaffin: 71 Prozent erledigen Behördenangelegenheiten 'in der Regel' (auch) telefonisch, 66 Prozent am liebsten auf diesem Weg. Die gegenwärtigen Nutzer der 115 zeigen sich höher gebildet als der Bevölkerungsdurchschnitt; ein typisches Merkmal innovationsoffener "early adopters", den Vorreitern eines Innovationsprozesses. Ansonsten unterscheidet sich das demographische Profil der Nutzer insgesamt nicht wesentlich vom Profil der Gesamtbevölkerung. Etwas überdurchschnittlich häufig finden sich Personen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren unter den aktuellen Nutzern. Insgesamt ist die 115 kein Angebot, das selektiv nur von bestimmten Bevölkerungsgruppen genutzt wird. Die Anliegen der Nutzer hohe Beantwortungsquote (Stand Herbst 2009) Die Anliegen der Anrufer bei der 115 verteilen sich über die ganze Bandbreite behördlicher Fragen. Schwerpunkte gibt es kaum anders als bei persönlichen Besuchen in Behörden bei Personenangelegenheiten und Sozialem. Allerdings erfragen viele Anrufer auch nur Telefonnummern, Zuständigkeiten, Öffnungszeiten usw. Rund zwei Drittel der Anliegen können auf der ersten Ebene geklärt werden (65 Prozent). Diese Quote entspricht genau dem für Ende 2009 vorgegebenen Ziel. 1 Weitere 22 Prozent konnten bei Weiterleitungen oder Folgegesprächen geklärt werden. Unbefriedigte Anfragen finden sich am häufigsten in thematischen Randgebieten, zu denen die Anrufer nur selten Fragen stellen. Insgesamt erklären nur 18 Prozent der Anrufer, dass ihre Anfrage entweder nicht beantwortet werden konnte oder dass ihnen die Antwort nicht weiterhalf. 1 Vgl. "Das Projekt D115 Einheitliche Behördenrufnummer, Feinkonzept Management Summary", Seite 8. - 13 -

Sehr große Zufriedenheit der Nutzer (Stand Herbst 2009) Fast zwei Drittel der Anrufer bei der 115 sind mit der Auskunft, die sie bekommen haben, 'sehr zufrieden' (61 Prozent), weitere 25 Prozent 'zufrieden' vor dem Hintergrund der generell häufig monierten Unverständlichkeit von Behördenkommunikation ein sehr gutes Ergebnis. Die Zufriedenheit mit der Freundlichkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Behördentelefon ist noch größer: Zufrieden sind damit insgesamt 97 Prozent der Anrufer, darunter 78 Prozent 'sehr zufrieden' und 19 Prozent 'zufrieden'. Das im Konzept zum Pilotbetrieb der 115 formulierte Ziel "Freundlichkeit als wesentliches Qualitätsmerkmal" wird voll erreicht. 1 90 Prozent der Anrufer würden die Rufnummer 115 weiterempfehlen, 93 Prozent die Nummer auch bei künftigen Behördenanfragen nutzen. Rund die Hälfte der Nutzer ruft bereits zum wiederholten Mal an (Stand Herbst 2009) angesichts der eher seltenen Behördenkontakte ein bemerkenswert hoher Wert. Auch mit den Geschäftszeiten der 115 sind deutliche Mehrheiten von 66 Prozent der Bevölkerung und 71 Prozent der Nutzer zufrieden; die Minderheit der Unzufriedenen würde sich am ehesten eine Verlängerung am Abend wünschen (22 Prozent der Bevölkerung und 27 Prozent der Nutzer). Insgesamt bestätigt der Befund das Konzept der 115, das eine Erreichbarkeit von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr unter der Woche vorsieht. 2 Rund drei Viertel der Nutzer der 115 haben nach eigenem Eindruck durch ihren Anruf bei der einheitlichen Behördenrufnummer Zeit gespart (73 Prozent). Dies übertrifft die Erwartungen der übrigen Bevölkerung deutlich hier gehen lediglich 51 Prozent von einer Zeitersparnis durch die Nutzung der 115 aus. 1 Vgl. "Das Projekt D115 Einheitliche Behördenrufnummer, Feinkonzept Management Summary", Seite 8. 2 Vgl. "Das Projekt D115 Einheitliche Behördenrufnummer, Feinkonzept Management Summary", Seite 7. - 14 -

Die Kosten für einen Anruf sind wenig bekannt werden aber eher als zu hoch beurteilt (Stand Herbst 2009) Die Kosten eines Anrufes bei der 115 gelten 44 Prozent der Bevölkerung als zu hoch. Die Nutzer denken hier anders: Von ihnen finden lediglich 30 Prozent die Kosten zu hoch; 64 Prozent finden sie angemessen. Die Kosten sind allerdings kaum bekannt: Lediglich 25 Prozent der Nutzer waren über die Kosten für den Anruf im Bilde, 75 Prozent hörten im Interview zum ersten Mal davon. Die Kosten werden seltener als zu hoch bewertet, wenn zusätzlich zum Minutenpreis auch die Gesamtkosten für ein durchschnittliches Gespräch genannt werden. Breite Befürwortung zusätzlicher Angebote Mögliche Ausweitungen des Serviceangebots der 115 würden von großen Mehrheiten begrüßt: 73 Prozent der Bevölkerung fänden es 'wichtig', dass man bei der 115 auch Probleme melden kann, um die sich die Behörden kümmern sollen, wie z.b. Schlaglöcher oder nicht abgeholter Müll, 69 Prozent fänden es 'wichtig' unter der einheitlichen Behördennummer auch Hilfe beim Ausfüllen von Formularen zu bekommen ein Angebot, dass auch vor dem Hintergrund der häufig beklagten Unverständlichkeit von Behördenunterlagen (s.o.) sinnvoll scheint. Eine Internetseite, auf der man wie bei der 115 Auskunft zu allen wichtigen behördlichen Fragen bekommen kann, würde von rund drei Vierteln der Bevölkerung begrüßt (74 Prozent). Einen persönlichen Ansprechpartner in der Behörde vor Ort als "Fallmanager" würden 82 Prozent der Bürgerinnen und Bürger für 'sehr hilfreich' oder 'hilfreich' halten. Die Zustimmung zu einem solchen Zusatzangebot ist damit signifikant größer als zur Einrichtung von Servicebussen, die in Stadt- oder Gemeindeteile kommen, damit man dort seine Behördenangelegenheiten regeln kann. Das gilt auch für die ältere Bevölkerung und die Bevölkerung in ländlichen Gebieten. - 15 -

HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN Es gibt kaum inhaltliche Optimierungspotentiale bei den Leistungen der 115, allenfalls in thematischen Randbereichen. Wichtigstes Ziel muss die Steigerung der Bekanntheit der 115 sein, insbesondere müsste die konkrete Verfügbarkeit der 115 in den versorgten Gebieten stärker bekannt gemacht werden. Darauf aufbauend sollte auch über den inhaltlichen Serviceumfang informiert werden, d.h. die Überzeugung in der Bevölkerung gestärkt werden, dass man bei der 115 kompetent Auskunft zu allen wichtigen behördlichen Fragen erhalten kann, auch ebenenübergreifend. Bei der Kommunikation über die 115 sollten mögliche Befürchtungen der Bürgerinnen und Bürger vor langen Warteschleifen berücksichtigt werden. Wünschenswert wäre vor diesem Hintergrund eine Forcierung der Öffentlichkeitsarbeit, z.b. auch durch redaktionelle Berichterstattung in den regionalen und lokalen Medien. Daneben scheint die Ansprache der Bürgerinnen und Bürger über die lokalen Behörden vielversprechend. Hier belegen die Studienergebnisse offenbar erste Erfolge. Wegen der eher seltenen Kontakte der Bevölkerung mit Behörden kann allerdings nicht damit gerechnet werden, dass beim Aufbau der Nutzerreichweite schnelle Erfolge erzielt werden können. Vielmehr ist hier vermutlich geduldige Arbeit notwendig. Für die Ansprache besonders interessant scheinen mittlere Altersegmente und Berufstätige: Überdurchschnittlicher Zeitdruck und hohe Telefonaffinität dürften das Angebot der 115 für diese Gruppen besonders attraktiv machen. Die Bekanntheit der 115 ist in diesen Gruppen bislang allerdings eher unterdurchschnittlich. - 16 -

1. DER KONTAKT DER BÜRGER ZU BEHÖRDEN Die Bürger haben in der Regel nicht sehr häufig mit Behörden zu tun. So schätzt rund die Hälfte der Erwachsenen, im Verlaufe eines Jahres normalerweise nur einmal (28 Prozent) oder zweimal (24 Prozent) mit Behörden zu tun zu haben, weitere 10 Prozent noch seltener. Nur rund jeder Dritte geht von drei (14 Prozent) oder mehr Behördenkontakten im Jahr aus (24 Prozent, Schaubild 3). Anzahl jährliche Behördenkontakte Frage: " Einmal ganz allgemein gefragt: Wie häufig kommt es im Verlauf eines Jahres vor, dass Sie sich mit Fragen oder einem Anliegen an eine Behörde wenden, ich meine, egal ob persönlich, telefonisch, per E-Mail oder schriftlich? Würden Sie sagen, das kommt ungefähr..." Schaubild 3 einmal im Jahr vor Seltener, gar nicht 10 28% mehr als dreimal 24 24 zweimal 14 dreimal Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 18 Jahre Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 6207, Januar/Februar 2011 IfD-Allensbach - 17 -

Fragt man konkreter nach den vergangenen 12 Monaten, geben 71 Prozent der Bundesbürger Kontakte mit Behörden zu Protokoll, darunter 39 Prozent, die in diesem Zeitraum nur ein oder zweimal mit Behörden zu tun hatten. Anlässe hierfür waren häufig die Steuererklärung oder eine Ausweisverlängerung (vgl. Seite 88, Tabelle 4). Weitere 29 Prozent der Bevölkerung hatten in den zurückliegenden 12 Monaten gar keine derartigen Kontakte, und lediglich etwa ein Drittel der Bevölkerung kommunizierte dreimal oder öfter mit der öffentlichen Verwaltung. Von überdurchschnittlich häufigen Behördenkontakten berichten dabei Personen mit höherer Bildung und 45- bis 59-Jährige, Personen ab 60 Jahren bzw. mit einfacher Schulbildung deutlich unterdurchschnittlich häufig (Schaubild 4). Behördenkontakte der Bevölkerung Schaubild 4 Kontakte mit Behörden in den letzten 12 Monaten - Bevölkerung insgesamt keinmal 29 % ein-, zweimal 39 mehrmals 32 Männer Frauen 29 28 40 39 31 33 Altersgruppen 16-29 Jahre 30-44 Jahre 45-59 Jahre 60 und älter 19 27 21 42 46 38 41 36 35 35 38 22 Schulbildung einfache mittlere höhere 42 26 18 35 39 42 23 35 40 Berufstätig Nicht berufstätig 24 35 42 36 34 29 Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 18 Jahre Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 5269 IfD-Allensbach - 18 -

Für die Mehrheit der Bevölkerung sind solche Kontakte mithin vergleichsweise seltene Begegnungen mit Institutionen, deren Organisation und Vorgehensweise ihnen häufig weitgehend fremd sein dürften. Dabei die eigenen Anliegen und Ansprüche angemessen zu artikulieren sowie die Aussagen der Behördenmitarbeiter richtig zu verstehen, fällt vielen schwer. Entsprechend beklagen die Bürger als Ärgernis im Umgang mit Behörden am häufigsten die Unverständlichkeit von Formularen und Bescheiden. Mehr als jeder Zweite hat sich darüber schon 'häufiger geärgert' (53 Prozent), weitere 29 Prozent 'ab und zu'. Aber auch die vielen Unterlagen, die für bestimmte Anträge eingereicht werden müssen, war für die Hälfte der Bürger schon häufiger Anlass für Unmut (50 Prozent). Über die Wartezeiten in Behörden oder deren Öffnungszeiten hat sich rund jeder vierte Erwachsene bereits häufiger geärgert. Seltener sind dagegen die Klagen, wenn es um die Suche nach der zuständigen Stelle geht, um die Erreichbarkeit von Behördenmitarbeitern oder eine mangelnde Unterstützung durch diese (Schaubild 5). Größte Ärgernisse im Umgang mit Behörden: Unverständlichkeit und Papierkrieg Schaubild 5 Frage: " Wenn man mit Behörden zu tun hat, empfindet man ja manchmal einige Dinge als lästig. Ich lese Ihnen nun einige Dinge vor, und Sie sagen mir bitte jeweils, ob Sie sich im Umgang mit Behörden darüber schon häufiger geärgert haben, oder ab und zu, oder ob Sie sich darüber noch nie geärgert haben." Unentschieden, keine Angabe Im Umgang mit Behörden haben sich darüber häufiger geärgert ab und zu noch nie geärgert geärgert Die Unverständlichkeit von Dokumenten, z.b. von Formularen oder Bescheiden 53% 29 18 Wie viele Unterlagen man z.b. für einen Antrag einreichen muss 50 31 17 Das Warten auf eine Entscheidung der Behörde 30 39 28 Die Wartezeiten in der Behörde 27 37 34 x 2 3 2 Die Öffnungszeiten der Behörde 24 29 46 1 Die Suche nach der zuständigen Stelle 18 43 37 2 Die Erreichbarkeit der Behördenmitarbeiter Mangelnde Unterstützung durch die Behördenmitarbeiter x = Anteil unter 0,5 Prozent 16 12 37 37 45 49 2 2 Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 18 Jahre Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 6207, Januar/Februar 2011 IfD-Allensbach - 19 -

Generell klagen Berufstätige häufiger als Nichtberufstätige über die verschiedenen potentiellen Ärgernisse beim Kontakt mit Behörden. Besonders überdurchschnittlich häufig ärgert sich diese Bevölkerungsgruppe über die Öffnungszeiten und die Erreichbarkeit von Behördenmitarbeitern (Schaubild 6). Auch vor diesem Hintergrund dürften Berufstätige eine besonders interessante Zielgruppe für die einheitliche Behördenrufnummer 115 sein. Größere Unzufriedenheit Berufstätiger im Umgang mit Behörden Schaubild 6 Darüber haben sich im Umgang mit Behörden schon "häufiger" oder "ab und zu" geärgert Wie viele Unterlagen man z.b. für einen Antrag einreichen muss Die Unverständlichkeit von Dokumenten, z.b. von Formularen oder Bescheiden Das Warten auf eine Entscheidung der Behörde Die Wartezeiten in der Behörde Die Suche nach der zuständigen Stelle Die Öffnungszeiten der Behörde Die Erreichbarkeit der Behördenmitarbeiter Mangelnde Unterstützung durch die Behördenmitarbeiter Berufstätige 87% 83 77 69 66 64 60 53 Nichtberufstätige 72 81 59 56 55 37 43 46 Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 18 Jahre Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 6207, Januar/Februar 2011 IfD-Allensbach - 20 -

Im Vergleich der Aussagen von Bürgern aus (groß-)städtischen und ländlichen Gebieten fallen bei insgesamt begrenzten Unterschieden am ehesten die stärker empfundene Unübersichtlichkeit und der stärker verbreitete Ärger über Wartezeiten in der Stadt auf (Schaubild 7). Schaubild 7 Kontakt mit Behörden: Größere Unübersichtlichkeit und Schwierigkeiten bei der Kontaktaufnahme in der Stadt Darüber haben sich im Umgang mit Behörden schon "häufiger" oder "ab und zu" geärgert Bevölkerung in (groß-)städtischen Gebieten Bevölkerung in ländlichen Gebieten Die Wartezeiten in der Behörde 69% 60 Die Suche nach der zuständigen Stelle 67 55 Die Erreichbarkeit der Behördenmitarbeiter 55 50 Die Öffnungszeiten der Behörde 51 50 Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 18 Jahre Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 6207, Januar/Februar 2011 IfD-Allensbach - 21 -

Die Unverständlichkeit von Formularen und Bescheiden wird bemerkenswerterweise in hohem Anteil in allen Bildungsschichten beklagt, auch von Personen mit höherer Schulbildung (Schaubild 8). Für den Behördenruf 115 ergibt sich daraus die Aufgabe, auch "Übersetzungshilfe" zu leisten und auch weiterzuhelfen beim Verstehen amtlicher Texte und Formulare. Schaubild 8 Die Unverständlichkeit von Formularen und Bescheiden ist in allen Bildungsschichten ein Ärgernis Im Umgang mit Behörden haben sich über die Unverständlichkeit von Dokumenten, z.b. von Formularen oder Bescheiden häufiger geärgert ab und zu geärgert Unentschieden, keine Angabe noch nie geärgert Bevölkerung insgesamt 53% 29 18 x Personen mit einfacher Schulbildung 54 27 19 x mittlerer Schulbildung 58 26 16 x höherer Schulbildung 48 33 18 1 x = Anteil unter 0,5 Prozent Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 18 Jahre Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 6207, Januar/Februar 2011 IfD-Allensbach - 22 -

Vor dem Hintergrund der beklagten schweren Verständlichkeit behördlicher Dokumente ist zu vermuten, dass es vielen mindestens genauso schwer fallen dürfte, die eigenen Anliegen schriftlich zu artikulieren, d.h. in einer Weise zu formulieren, die den vermuteten Anforderungen an die Kommunikation mit Behörden genügt. Dies dürfte ein wesentlicher Grund dafür sein, dass die meisten bei behördlichen Kontakten das Gespräch mit Behördenmitarbeiterinnen und -mitarbeitern suchen, um ein Anliegen vorzutragen oder Fragen zu klären. So waren beim letzten Behördenkontakt fast zwei Drittel der Bevölkerung persönlich auf dem Amt (60 Prozent), weitere 34 Prozent haben das telefonisch erledigt. Dabei ist der Anteil derjenigen, die das Telefon genutzt haben, in ländlichen Gebieten mit 40 Prozent etwas höher als unter der (groß-)städtischen Bevölkerung (32 Prozent). Andere mögliche Wege wie E-Mail, Post oder das Kontaktformular einer Internetseite sind nur von kleinen Minderheiten genutzt worden (Schaubild 9). Behördenangelegenheiten werden vor allem persönlich oder telefonisch geklärt Schaubild 9 Frage: " Wie war das, als Sie sich das letzte Mal mit einem Anliegen an eine Behörde gewandt haben? Wie, auf welchem Weg haben Sie das getan? Persönlich bei der Behörde, per Telefon bei der Behörde, per Telefon bei der 115, per E-Mail, über eine Internetseite oder per Post?" Es haben sich beim letzten Mal an die Behörde gewandt über eine per Post Internetseite Keine Angabe per E-Mail 1 1 3 1 persönlich persönlich 61% 54% 34 per Telefon 60% per Telefon 32 40 Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 18 Jahre Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 6207, Januar/Februar 2011 auf anderem Weg 6 Keine Angabe 1 städtischen Gebieten 5 Bevölkerung in 1 ländlichen Gebieten IfD-Allensbach - 23 -

In mittleren Altersgruppen ist der Anteil derjenigen, die zuletzt telefonischen Kontakt mit der Behörde hatten, überdurchschnittlich groß, in der ganz jungen Bevölkerung sowie unter älteren Personen dagegen unterdurchschnittlich. Ebenso sind es in überdurchschnittlichem Anteil Berufstätige und Personen mit mittlerer oder höherer Schulbildung, die zuletzt die Möglichkeit des telefonischen Kontakts zur Behörde genutzt haben (Anhangtabelle 1). Wird allgemeiner danach gefragt, auf welchem Weg 'in der Regel' Kontakt zu Behörden aufgenommnen wird, nennt die Bevölkerung das Telefon deutlich häufiger als bei der konkreten Nachfrage nach dem letzten Behördenkontakt (s.o., Schaubild 9). Über die Hälfte der Bürger bringt Fragen und Anliegen bei Behörden gewohnheitsmäßig (auch) telefonisch vor (55 Prozent), und damit annähernd genauso viele wie dies auf persönlichem Wege tun (60 Prozent). Das Telefon gehört also mehrheitlich zum "Relevant Set" der Kommunikationskanäle für die Kontaktaufnahme mit Behörden. Briefe schreiben dagegen in der Regel nur 9 Prozent, ebensoviele wie inzwischen bereits E-Mails schicken. Internetformulare werden von 6 Prozent ausgefüllt. Im Vergleich zur Bevölkerung zeigen die Nutzer der 115 eine besondere Telefon- Affinität: Fast drei Viertel nehmen normalerweise auf diesem Weg den Behördenkontakt auf (71 Prozent, Schaubild 10), und damit deutlich mehr als dies persönlich tun. Auf diesen Befund wird an späterer Stelle noch zurückzukommen sein (vgl. Kapitel 5, Seite 62). - 24 -

Kontakt der Bevölkerung zu Behörden: in der Regel persönlich oder telefonisch - von Nutzern der 115 ganz überwiegend telefonisch Frage: Schaubild 10 "Wenn Sie eine Frage oder ein Anliegen an eine Behörde haben: wie, auf welchem Weg erledigen Sie das in der Regel: per Telefon, per E-Mail, über eine Internetseite, per Post oder persönlich bei der Behörde?" Nutzer der Behördenrufnummer Bevölkerung insgesamt 115 Persönlich bei Behörde 60 % 43 Per Telefon 55 71 Per E-Mail 9 12 Per Post 9 7 Über Internetseite 6 11 Unentschieden, keine Angabe 1 1 Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 18 Jahre bzw. Nutzer der Behördenrufnummer 115 Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 5269 IfD-Allensbach - 25 -

Berufstätige, Jüngere und Mittelalte sowie Personen mit höherer oder auch mittlerer Bildung melden sich dabei signifikant häufiger telefonisch bei den Behörden als Nichtberufstätige, Ältere oder Personen mit einfacher Bildung (Anhangtabelle 2). Da den telefonisch weniger versierten Bevölkerungsgruppen zudem auch die neuen Kommunikationswege per E-Mail oder Internet wenig vertraut sind, müssen sie deutlich häufiger persönlich in den Ämtern vorstellig werden. Mit nachlassender Mobilität kann daraus gerade für Ältere ein Problem entstehen. Gerade dieser Bevölkerungsgruppe die 115 als Möglichkeit eines einfachen Behördenzugangs nahezubringen, dürfte deshalb besondere Bedeutung haben. Interessanterweise unterscheidet sich die heute gemessene Struktur der Behördenkommunikation nur wenig von dem, was die Bevölkerung als ideal empfindet: 47 Prozent bringen ihre Anfragen und Anliegen am liebsten persönlich vor, 43 Prozent am liebsten telefonisch. Per E-Mail oder Internet würden sich am liebsten 12 bzw. 9 Prozent melden, postalisch nur 4 Prozent (Schaubild 11). Schaubild 11 Behördenangelegenheiten werden von der Bevölkerung am liebsten persönlich oder telefonisch erledigt - deutlich abweichende Präferenzen der Nutzer der 115 Frage: "Wie, auf welchem Weg würden Sie Behördenangelegenheiten am liebsten erledigen: per Telefon, per E-Mail, über eine Internetseite, per Post oder persönlich bei der Behörde?" Bevölkerung insgesamt Nutzer der Behördenrufnummer 115 Persönlich bei Behörde 47 % 23 Per Telefon 43 66 Per E-Mail 12 15 Über Internetseite 9 10 Per Post 4 4 Unentschieden, keine Angabe 1 2 Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 18 Jahre bzw. Nutzer der Behärdenrufnummer 115 Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 5269 IfD-Allensbach - 26 -

Im Vordergrund stehen also auch im Idealbild der Behördenkommunikation die persönlichen Besuche sowie die Telefongespräche. In allen größeren Bevölkerungsgruppen erledigen wenigstens etwa 40 Prozent ihre Behördenangelegenheiten am liebsten telefonisch. Selbst die eher computer- und internetaffinen jüngeren Leute präferieren das persönliche Gespräch und den Telefonanruf mehr als dreimal so häufig wie etwa Kontakte per E-Mail oder Internet, ähnliches gilt für Personen mit eigenem Internetanschluss im Haushalt (Anhangtabelle 3). Das ist insofern bemerkenswert, als den neuen Medien Internet und E-Mail von Fachleuten großes weiteres Entwicklungspotential zugesprochen wird. Zumindest bei der Behördenkommunikation dürfte nach diesen Befunden aber offenbar das Telefon zusammen mit dem persönlichen Gespräch auch weiterhin die dominierende Kommunikationsform bleiben. Selbst wenn Erkundigungen über Verkehrszeiten, Antragsunterlagen usw. in Zukunft oft durch einen Blick auf eine Internetseite eingeholt werden können, ändert das doch nichts daran, dass die Bevölkerung der persönlichen Information nach wie vor besonderen Wert zumisst. Veränderte Gewichte deuten sich hier lediglich im Hinblick auf die Formen der schriftlichen Kommunikation an. Von den verschiedenen Altersgruppen zeigen nur noch Personen ab 60 Jahre eine größere Affinität zum geschriebenen Brief im Vergleich zur elektronischen Übermittlung als E-Mail. Der Ausbau des "E-Governments" kommt mithin diesen veränderten Kommunikationsgewohnheiten entgegen, ändert jedoch zumindest bis jetzt nichts an der grundsätzlichen Präferenz für das Gespräch. - 27 -

Dass persönliche Besuche bei der Behörde so breit genutzt bzw. favorisiert werden, ist insofern erstaunlich, als diese für viele Bürger mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden sind. Zu der jeweiligen Behörde vor Ort benötigen die Bürger im Durchschnitt 12,4 Minuten, d.h. hin und zurück fast eine halbe Stunde. Die Entfernung liegt im Durchschnitt bei 4,7 Kilometern. Bürgerinnen und Bürger, die zuletzt persönlich bei einer Behörde vorstellig wurden, geben mit 12,1 Minuten Wegezeit bzw. 4,2 Kilometern Entfernung nur leicht unterdurchschnittliche Werte zu Protokoll (Schaubild 12). Schaubild 12 Entfernung zur örtlichen Behörde und Zeitaufwand Frage: " Was schätzen Sie: Wie weit ist es zu Ihrer Behörde? Wie viele hundert Meter bzw. Kilometer müssen Sie dafür ungefähr zurücklegen?" Frage: " Wie lange brauchen Sie dorthin ungefähr?" Bevölkerung insgesamt telefonisch insgesamt Letzter Kontakt zur Behörde war Auch wenn man in Rechnung stellt, dass sich manche Behördenkontakte wohl nur persönlich erledigen lassen etwa wenn eine Unterschrift geleistet oder Dokumente persönlich abgeholt werden müssen unterstreicht die hohe Affinität zum persönlichen Kontakt trotz des vielfach nicht unerheblichen Aufwandes die große psychologische Bedeutung des Gesprächs von Angesicht zu Angesicht. In kommunikations- persönlich Bevölkerung in städtischen Gebieten insgesamt Bevölkerung in ländlichen Gebieten insgesamt Durchschnittliche Entfernung zur Behörde 4,7 km 4,2 5,5 4,1 5,6 Durchschnittlicher Zeitaufwand 12,4 min 12,1 12,7 13,2 10,7 Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 18 Jahre Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 6207, Januar/Februar 2011 IfD-Allensbach - 28 -

theoretischer Perspektive eröffnet ein Kontakt von Angesicht zu Angesicht mehr Kommunikationskanäle, wodurch es einfacher wird, Unsicherheiten zu beseitigen und Missverständnisse auszuschließen. Darüber hinaus ist zu vermuten, dass ein solcher Kontakt subjektiv einen höheren Grad an Verbindlichkeit, Verlässlichkeit schafft als z.b. ein Telefonat: Man weiß genau, mit wem man gesprochen hat, hat dem Gegenüber in die Augen geschaut. Solche psychologischen Motive sollten beim Aufbau einer einheitlichen Behördenrufnummer beachtet werden. In ländlichen Gebieten ist die Entfernung zur lokalen Behörde durchschnittlich rund 1,5 Kilometer größer ist als in der (Groß-)Stadt, wobei der Zeitaufwand mit im Durchschnitt 10,7 Minuten geringer veranschlagt wird als in der Stadt (13,2 Minuten, s.o. Schaubild 12). Dies liegt offenbar vor allem daran, dass auf dem Land deutlich häufiger das Auto benutzt wird (64 Prozent), um zur lokalen Behörde zu gelangen, als in der Stadt (42 Prozent). Hier werden dafür vor allem öffentliche Verkehrsmittel häufiger genutzt (26 Prozent gegenüber 3 Prozent in ländlichen Gebieten, Schaubild 13). Die verbreitete Nutzung des Autos bedeutet für diejenigen, die eine Behörde persönlich aufsuchen, neben dem Zeitaufwand auch einen unmittelbaren finanziellen Aufwand, der in der Regel die Kosten für ein Telefonat weit übersteigen dürften. Um zur Behörde vor Ort zu gelangen, wird vor allem das Auto genutzt Schaubild 13 Frage: " Wie ist das, wenn Sie zu Ihrer Behörde vor Ort müssen, um z.b. den Personalausweis zu verlängern: Wie kommen Sie da in der Regel hin, welches Verkehrsmittel benutzen Sie, um zu Ihrer Behörde vor Ort zu kommen?" Auszug Bevölkerung in Bevölkerung insgesamt städtischen Gebieten ländlichen Gebieten Auto 51 % 42 64 Gehe zu Fuß 30 27 30 Bus, Bahn 14 26 3 Fahrrad 9 10 7 Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 18 Jahre Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 6207, Januar/Februar 2011 IfD-Allensbach - 29 -

Insgesamt lassen sich hinter der Präferenz für direkte Gespräche mit Behördenmitarbeitern, sei es telefonisch oder bei einem persönlichen Besuch, folgende wichtige Motive vermuten: - Telefonate bzw. persönliche Gespräche stellen niedrigere Anforderungen bei der Formulierung der eigenen Anliegen als die schriftliche Kommunikation, auch weil - Telefonate bzw. persönliche Gespräche das sofortige Nachfragen bei Unklarheiten zulassen, - Telefonate ermöglichen eine schnellere und weniger aufwändige Information als persönliches "Vorsprechen" bei der Behörde oder schriftliche Anfragen, bei denen Bearbeitungs- und Postlaufzeiten in der Regel einige Tage benötigen, - dennoch scheuen viele Bürgerinnen und Bürger den Aufwand nicht, persönlich bei einer Behörde vorstellig zu werden. Der Kontakt von Angesicht zu Angesicht hat für viele offensichtlich (noch) psychologische Vorteile, die den Mehraufwand kompensieren. Diese Motive sollten bei der Weiterentwicklung der einheitlichen Behördenrufnummer, aber auch bei der öffentlichen Kommunikation über die 115 berücksichtigt werden. Vor diesem Hintergrund wird aber auch verständlich, weshalb der Einsatz von Sprachcomputern von 78 Prozent der Gesamtbevölkerung und 62 Prozent der 115- Nutzer abgelehnt wird: Die Vermittlung der Anrufer über ein automatisiertes Auswahlmenü dürfte vielen als zeitaufwendig, komplex in der Bedienung und unpersönlich erscheinen d.h. viele Gründe, aus denen man lieber telefonisch als schriftlich mit einer Behörde kommuniziert, würden dadurch aufgehoben oder zumindest geschwächt (Schaubild 14). - 30 -

Schaubild 14 Die Einführung von Sprachcomputern und tastengesteuerter Menüführung bei der 115 wird von einer breiten Mehrheit der Nutzer wie der Bevölkerung abgelehnt Frage: "Wenn man heutzutage bei Servicenummern anruft, ist man ja häufig zunächst mit einem Sprachcomputer verbunden. Über die Tasten seines Telefons steuert man dann ein Auswahlmenü. Wie fänden Sie das für die Behördennummer 115: Fänden Sie das gut, weil man dann mit seinem Anliegen direkt zu einem spezialisierten Mitarbeiter weitergeleitet wird, oder fänden Sie das nicht gut, weil das zu unpersönlich ist?" Die Einführung eines Sprachcomputers bei der 115 fänden - Gut 16 % 34 Nicht gut 78 62 Bevölkerung insgesamt Nutzer der 115 Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 18 Jahre bzw. Nutzer der Behördenrufnummer 115 Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 5269 IfD-Allensbach - 31 -

2. DER TELEFONISCHE KONTAKT MIT BEHÖRDEN Stärker noch als im relativen Vergleich mit anderen Zugangswegen zeigt sich die große Bedeutung der telefonischen Erreichbarkeit von Behörden bei gezielter Nachfrage: Mehr als vier Fünftel der Bürgerinnen und Bürger erklären, es sei ihnen sehr wichtig (45 Prozent) oder wichtig (38 Prozent), bei Behördenfragen die Antwort auch telefonisch erhalten zu können. Nur etwa jede(r) Sechste findet den telefonischen Zugangsweg zu Behörden weniger (11 Prozent) oder gar nicht (5 Prozent) wichtig. Besonderes Gewicht legen dabei Personen im mittleren Alter zwischen 30 und 59 Jahren sowie die oft zeitknappen Berufstätigen auf die telefonische Erreichbarkeit der Behörden. Es ist zu vermuten, dass es diesen Gruppen auch darum geht, den mit einer Behördenfrage verbundenen Aufwand möglichst gering zu halten (Schaubild 15). - 32 -

Der Bevölkerung ist es (sehr) wichtig, bei Behördenfragen auch telefonisch Auskunft bekommen zu können Frage: "Wie wichtig ist es für Sie, dass Sie bei Behördenfragen die Auskunft auch telefonisch erhalten können? Ist das für Sie..." Schaubild 15 Sehr wichtig Unentschieden, keine Angabe Gar nicht wichtig Weniger Wichtig wichtig Bevölkerung insgesamt 45 % 38 11 5 1 Männer 39 41 15 5 x Frauen 50 35 8 6 1 Altersgruppen 16-29 Jahre 46 43 9 2x 30-44 Jahre 56 26 15 3 x 45-59 Jahre 53 34 9 3 1 60 Jahre und älter 29 47 12 11 1 Berufstätige 52 32 11 5 x Nichtberufstätige 35 46 11 7 1 Nutzer der 115 x = Anteil unter 0,5 Prozent 73 24 3 x Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 18 Jahre, Nutzer der Behördenrufnummer 115 Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 5269 IfD-Allensbach - 33 -

Besonders wichtig ist den Bürgerinnen und Bürgern beim telefonischen Kontakt mit Behörden, schnell jemanden zu erreichen und nicht lange in Warteschleifen festzuhängen (61 Prozent 'sehr wichtig'), freundliche Mitarbeiter (60 Prozent) sowie schnelle und unbürokratische Hilfe (58 Prozent). Vergleichsweise weniger wichtig ist dagegen, die benötigte Auskunft gleich vom ersten Ansprechpartner zu bekommen (30 Prozent) sowie die Sprechzeiten der Behörde (33 Prozent). Eine Mittelstellung nimmt die Forderung ein, beim ersten Anruf alle notwendigen Informationen zu erhalten und nicht später noch einmal anrufen zu müssen (47 Prozent, Schaubild 16). Die hier deutlich zu Tage tretende Angst vieler Anrufer vor Warteschleifen, die zu großen Teilen auf Erfahrungen z.b. mit Servicehotlines beruhen dürfte, ist für die Kommunikation der 115 ein wichtiger Befund. Denn es ist zu vermuten, dass Teile der Bevölkerung auch bei einer einheitlichen Behördenrufnummer solche Warteschleifen befürchten. Prioritäten bei telefonischem Behördenkontakt dass man in der Regel schnell jemanden erreicht, ohne lange Warteschleife Schaubild 16 Frage: " Wenn Sie sich wegen eines Anliegens telefonisch an eine Behörde wenden: Was erwarten Sie da: Was ist Ihnen wichtig? Ich lese Ihnen jetzt verschiedene Punkte vor, und Sie sagen mir bitte jeweils, ob das für Sie beim telefonischen Service einer Behörde sehr wichtig, wichtig, oder weniger wichtig ist." Unentschieden, keine Angabe Beim telefonischen Kontakt mit einer Behörde ist sehr wichtig 61% wichtig weniger wichtig 35 3 1 dass die Mitarbeiter freundlich sind 60 36 4 x dass man schnelle und unbürokratische Hilfe bekommt 58 40 1 1 dass man beim ersten Anruf alle Informationen bekommt, die man braucht, und sich später nicht noch an eine andere Stelle wenden oder noch mal anrufen muss 47 44 8 1 dass man unter der Woche den ganzen Tag über jemanden erreichen kann 33 50 16 1 dass man bei einem Anruf gleich vom ersten Ansprechpartner Auskunft erhält, ohne weiterverbunden zu werden 30 46 23 1 x = Anteil unter 0,5 Prozent Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 18 Jahre Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 6207, Januar/Februar 2011 IfD-Allensbach - 34 -

In einzelnen Teilgruppen der Bevölkerung unterscheiden sich die Prioritäten bei telefonischer Kommunikation mit Behörden zum Teil signifikant. So legen Ältere und Personen mit einfacher Schulbildung in überdurchschnittlichem Anteil hohen Wert auf die Freundlichkeit der Behördenmitarbeiter. Personen mit höherer Schulbildung, Berufstätigen sowie 30- bis 44-Jährigen sind dagegen Erreichbarkeit und schnelle, unbürokratische Hilfe besonders wichtig. Darauf, gleich beim ersten Anruf alle benötigten Informationen zu bekommen, legen besonders Unter-45-Jährige Wert (Tabelle 1). - 35 -

Tabelle 1 Bundesrepublik Deutschland Bevölkerung ab 18 Jahre Januar/Februar 2011 FRAGE: "Wenn Sie sich wegen eines Anliegens telefonisch an eine Behörde wenden: Was erwarten Sie da: Was ist Ihnen wichtig? Ich lese Ihnen jetzt verschiedene Punkte vor, und Sie sagen mir bitte jeweils, ob das für Sie beim telefonischen Service einer Behörde sehr wichtig, wichtig, oder weniger wichtig ist." Prioritäten beim telefonischen Behördenkontakt - 36 - Bevölke- Städti- Länd- Altersgruppen Schulbildung Berufs- Nichtrung ins- sche liche ------------------------------------------- ------------------------------------ tätige berufs- Es ist "sehr wichtig" gesamt Gebiete Gebiete 18-29 30-44 45-59 60 Jahre einfache mittlere höhere tätige Jahre Jahre Jahre und älter dass man in der Regel % % % % % % % % % % % % schnell jemanden erreicht, ohne lange Warteschleife... 61 65...60 67...70... 61...50 53...67...63 65...56 dass die Mitarbeiter freundlich sind... 60 58...61 56...60... 53...67 68...62...51 60...61 dass man schnelle und unbürokratische Hilfe bekommt... 58 57...55 52...70... 57...51 52...60...60 62...51 dass man beim ersten Anruf alle Informationen bekommt, die man braucht, und sich später nicht noch an eine andere Stelle wenden oder noch mal anrufen muss... 47 46...50 51...55... 45...40 48...48...46 49...46 dass man unter der Woche den ganzen Tag über jemanden erreichen kann... 33 33...33 40...45... 31...22 24...40...36 38...26 dass man bei einem Anruf gleich vom ersten Ansprechpartner Auskunft erhält, ohne weiterverbunden zu werden... 29 29... 32 25... 34... 25... 31 35... 35... 18 29... 30 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 QUELLE: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 6207