Technische Fachhochschule Berlin Fachbereich VI (Informatik und Medien) Manfred Ottens E I N F Ü H R U N G I N D I E R E G E L U N G S T E C H N I K



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Technische Fachhochschule Berlin Fachbereich VI (Informatik und Medien) Manfred Ottens E I N F Ü H R U N G I N D I E R E G E L U N G S T E C H N I K Skript zur Vorlesung Berlin, Sommersemester 2008

Inhaltsverzeichnis Aufbau und prinzipielle Wirkungsweise von Regelkreisen. Steuerung und Regelung.2 Die Grundstruktur und prinzipielle Wirkungsweise von Regelkreisen.3 Praktische Beispiele von Regelkreisen 2. Kontinuierliche Regelkreise 2. Bauglieder des Regelkreises 2.. Die Regelstrecke 2..2 Die Stelleinrichtung 2..3 Die Meßeinrichtung 2..4 Der Regler mit Vergleichseinrichtung 2.2 Struktureigenschaften von Regelkreisen 2.2. Die Übertragungsfunktion des offenen Regelkreises 2.2.2 Das Führungsverhalten eines Regelkreises 2.2.3 Das Störverhalten eines Regelkreises 2.2.4 Das Stellverhalten eines Regelkreises 2.2.5 Das statische Verhalten eines Regelkreises 2.2.6 Stabilität von Regelkreisen 2.3 Optimierung von Regelkreisen 2.3. Das Entwurfsprinzip des dominierenden Polpaares 2.3.2 Reglerentwurf im Bodediagramm des offenen Regelkreises 2.3.2. Entwurfsrichtlinien für P-, PI-, PD- und PID-Regler 2.3.2.2 Das Verfahren der Polkompensation 2.3.2.3 Eine Regleroptimierungsstrategie 2.3.3 Reglerentwurf mit der Wurzelortskurve 2.3.4 Ein Ausblick auf andere Regler-Entwurfsmethoden 3 Zeitdiskrete Regelkreise 3. Der Aufbau eines zeitdiskreten Regelkreises 3.2 Struktureigenschaften zeitdiskreter Regelkreise 3.3 Optimierung zeitdiskreter Regelkreise 3.3. Der quasikontinuierliche Reglerentwurf 3.3.2 Spezielle zeitdiskrete Entwurfsverfahren 3.3.2. Parameteroptimierung: Das Verfahren der transformierten Frequenzkennlinien 3.3.2.2 Strukturoptimierung: Das Polvorgabe-Verfahren 3.3.2.3 Das "Dead Beat"-Verfahren

4 Regelgüteverbesserung durch Erweiterung der Standard-Regelkreis-Struktur 4. Sörgrößen-Aufschaltung 4.. Störgrößenaufschaltung bei nicht meßbarer Störgröße und unbekanntem Störort 4.2 Vorsteuerung 4.3 Regelkreise mit Hilfsregelgröße 4.4 Kaskadenregelungen 4.5 Totzeitkompensation 4.6 Anti-Reset-Windup 4.7 Andere Verfahren Literatur Anhang A Regelungstechnik-spezifische Matlab-Programme und Simulink-Simulationsstrukturen.

Vorwort Die Regelungstechnik ist ein Untergebiet der Systemtheorie und bildet neben der Steuerungstechnik eine wesentliche Grundlage zur Automatisierung technischer Prozesse. Die Regelungstechnik hilft auch im nicht technischen Bereich, z.b. in der Physiologie und in der Wirtschaftswissenschaft, Regulationsvorgänge und Systeminteraktionen zu begreifen und gegebenenfalls auch zu beeinflussen. Obwohl die Regelungstechnik in diesem Sinne eine eigenständige Wissenschaft ist, soll sie in diesem Skript -etwas eingeengt- nur auf technische Problemstellungen angewendet werden. Um dies dennoch einheitlich und überschaubar machen zu können, wird einerseits auf abstrakte Beschreibungsformen, wie sie in // eingeführt und erläutert wurden, zurückgegriffen. Andererseits wird durch viele Beispiele auch intensiv ein Bezug zu praktischen Anwendungen hergestellt. Nach dem Motto, daß "weniger mehr sein kann", wird sich auf die Analyse und Synthese linearer, zeitinvarianter, kontinuierlicher und zeitdiskreter Regelkreise beschränkt. Dabei werden nur wenige grundlegende Verfahren, z.b. zum Reglerentwurf, beschrieben. Andere Verfahren werden erwähnt, zur Vertiefung wird auf die entsprechende Literatur verwiesen. Um den besprochenen Stoff ingenieurmäßig, d.h. mit angemessenem Aufwand auch praktisch nutzen zu können, wird konsequent auf das Programmsystem MATLAB, /3/ zurückgegriffen. Obwohl es Matalb erlaubt, Untersuchungen an Systemen im Zeitbereich vorzunehmen, die durch ihre Übertragungsfunktion beschrieben sind und umgekehrt an Systemen, die durch ihr Zustandsmodell darstellt sind, Frequenzganguntersuchungen durchzuführen, wird aus didaktischen Gründen auf die Benutzung solcher Befehle weitgehend verzichtet. Alle notwendigen Transformationen, die durch diese Befehle verdeckt würden, werden explizit durch Handrechnung oder entsprechende Matlab-Befehle vorgenommen. Dieses Skript setzt die Beherrschung systemtheoretischer Grundkenntnisse, wie sie in // vermittelt werden, voraus. Mit dem vorliegenden Skript und den in /2/ vorgestellten Methoden zur praktischen Systemidentifikation soll der Leser in die Lage versetzt werden, ohne Hinzuziehung weiterer Literatur, grundlegende regelungstechnische Problemstellungen in der Elektrotechnik, im Maschinenbau und in der Verfahrenstechnik selbständig lösen zu können. Berlin, Sommersemester 2004 M. Ottens

Aufbau und prinzipielle Wirkungsweise von Regelkreisen In diesem Kapitel sollen mit anschaulichen Beispielen die Grundlagen zum Verständnis von regelungstechnischen Problemen gelegt werden. Dazu wird zunächst der wesentliche Unterschied zwischen einer Steuerung und einer Regelung beschrieben. Anschließend wird gezeigt, daß sich alle Regelungen auf eine grundlegende Kreis-Struktur zurückführen lassen. An Hand einiger Beispiele praktisch realisierter Regelkreise wird diese Erkenntnis unterstützt.. Steuerung und Regelung Um die Raumtemperatur ϑ(t) eines Hauses trotzt schwankender Außentemperatur ϑ Z (t) konstant auf einem Wert zu halten, benutzt man häufig eine außentemperaturgesteuerte Heizung, wie sie in Bild.. dargestellt ist. Bild..: Außentemperaturgesteuerte Raumheizung Bei einer solchen Anlage wird die Außentemperatur ϑ Z (t) mittels eines Temperaturfühlers gemessen und einem Steuergerät zugeführt, das über eine Motor /Ventil Kombination den Fluß q(t) aufgeheizten Wassers durch den Heizkörper steuert. Das Steuergerät besitzt.

eine Steuerkennlinie, die den Fluß q(t) erhöht, wenn die Außentemperatur ϑ Z sinkt. Um die Raumtemperatur ϑ(t) dem individuellen Wärmeempfinden anpassen zu können, kann eine Heizkennlinie aus einer vorwählbaren Kennlinienschar, wie sie in Bild..2 dargestellt ist, ausgewählt werden. q(t) ϑ Wasser steigt 0 ϑ Z 20 C 0 C 20 C Bild..2 : Steuerkennlinienschar einer außentemperaturgeführten Heizung Diese Heizungssteuerung besitzt jedoch einen gravierenden Nachteil: eine durch das Öffnen eines Fensters hervorgerufene Änderung der Raumtemperatur wird vom Außenfühler nicht bemerkt und somit nicht über die Steuereinrichtung korrigiert. Steuereinrichtungen können i.a. nur Störgrößen entgegenwirken, auf die sie ausgelegt sind, andere Störeinflüsse können sie nicht beseitigen. Systemtheoretisch besteht eine Steuerung aus einer Reihenschaltung der beteiligten Wirkungselemente ("Steuerkette") Ganz anders dagegen wirkt eine Regelung, bei der die konstant zu haltende Raumtemperatur ϑ(t) mit einem Temperaturfühler gemessen und mit einem vorgebbaren Temperatursollwert ϑ w (t) (z.b. 22 C) verglichen wird. Bei einem solchen Vergleich werden selbstverständlich keine Temperaturen miteinander verglichen, sondern Abbildungsgrößen der Temperatur, die technisch gut miteinander vergleichbar sind. Schaltet man z.b. als Sensor einen temperaturabhängigen Widerstand mit einem ohmschen Widerstand als Spannungsteiler zusammen, kann man über einem der Widerstände eine der Temperatur proportionale Spannung u ϑ (t) messen (vergleiche Bild..3). Der Temperatursollwert u ϑw (t) kann leicht mit einem an Spannung liegenden Potentiometer erzeugt werden. Der Vergleich beider Signale erfolgt i.a. durch eine Differenzbildung zwischen dem Sollwert u ϑw (t) und dem Temperaturistwert u ϑ (t), z.b. durch eine elektronische Subtrahierschaltung (vergleiche Bild..3). Abhängig vom Ergebnis dieses Vergleiches e(t)=u ϑw (t) u ϑ (t) wird über eine nachfolgende sog. Regeleinrichtung, die im einfachsten Fall ein elektrischer Verstärker sein kann, der Wärmezufluß q(t) mit Hilfe einer Motor /Ventilkombination in dem Sinne verändert, daß.2

Bild..3 : Eine elektronische Temperatur-Vergleichseinrichtung sich die Raumtemperatur ϑ(t) dem eingestellten Sollwert ϑ w (t) nähert und letztlich gleich wird. Da die zu regelnde Raumtemperatur gemessen wird, werden sowohl Störungen durch eine sich ändernde Außentemperatur (die durch die Hauswände die Raumtemperatur beeinflußt), als auch Temperaturänderungen durch das geöffnete Fenster ausgeglichen. Regelungen bestehen systemtheoretisch aus einer Kreisstruktur, dem "Regelkreis". Sogar ein sich ändernder Heizwert des Heizmittels im Warmwasserbereiter würde von dieser Kreisstruktur dahingehend ausgeregelt, daß ϑ(t)=ϑ w (t) wieder erreicht wird. ϑ Z () t t ϑ(t) fühler ϑ () ϑ Z t Z Raumtemperatur - Sollwert einsteller Heizkörper 2 ϑ w () t qt () Regel einrichtung et () M ϑ Wasser Warmwasserbereiter Bild..4 : Geregelte Raumtemperaturheizung.3

Anschaulich liegt das "Geheimnis" dieser sehr umfassenden Störungsausregelung zu einem in der Tatsache, daß die zu regelnde Größe, die Raumtemperatur ϑ(t), direkt fortlaufend gemessen und mit dem gewünschten Sollwert ϑ w (t) verglichen wird. Zum anderen ruft die Vergleichseinrichtung in Form der Summationsstelle e(t) = u ϑw (t) u ϑ (t), eine zum Funktionieren des Regelkreises notwendige Wirkungsumkehr hervor: Ist die Raumtemperatur ϑ(t) geringer als der Sollwert ϑ w (t), ergibt sich als Vergleichsdifferenz e(t) = u ϑw (t) u ϑ (t) > 0, durch die über den Regler und die Motor /Ventilkombination mittels Erhöhung von q(t) die Raumtemperatur erhöht wird. Ist ϑ(t) größer als ϑ w (t) wird e(t)<0, so daß eine Aussteuerung von q(t) in dem Sinne erfolgt, daß q(t) geringer wird und somit die Raumtemperatur sinkt. Neben der Ausregelung von Störungen hat der Regelkreis weiterhin die Eigenschaft Sollwertänderungen zu folgen. Das heißt, wenn u ϑ w(t) z.b. vergrößert wird, entsteht eine Regeldifferenz e(t) = u ϑw (t) u ϑ (t) > 0, die q(t) erhöht und somit die Raumtemperatur erhöht, bis u ϑw (t) = u ϑ (t) wird. Entsprechendes gilt für eine Verringerung von u ϑw (t). Im systemtheoretischen Sinne ist die beschriebene Regelungsstruktur eine Kreis- Anordnung miteinander gekoppelter Übertragungssysteme. In der sog. Regelstrecke tritt die zu regelnde Größe auf (in unserem Falle die Raumtemperatur ϑ(t)), die wir zukünftig als Regelgröße bezeichnen wollen. Die Regelstrecke wird immer so mathematisch modelliert, daß die Regelgröße ihre Ausgangsgröße ist. Als physikalische Regelstrecke kann in unserem Beispiel der beheizte Raum aufgefaßt werden. Wichtiger jedoch ist die Eingangsgröße in die Strecke, die sog. Stellgröße. Sie muß die Regelgröße stellend beeinflussen (erhöhen, verringern) können. Wir wollen den Warmwasserstrom q(t) als Stellgröße auffassen. Damit bekommt unser Übertragungssystem Regelstrecke folgendes Aussehen: q(t) Regelstrecke ϑ (t). Mit Hilfe der sogenannten Meßeinrichtung, die nach Bild..3 die Raumtemperatur ϑ(t) auf eine Spannung u ϑ (t) abbildet ϑ (t) Meßeinrichtung u (t) ϑ,.4

wird eine der Raumtemperatur proportionale Spannung u ϑ (t) der Vergleichseinrichtung zugeführt. Diese stellt, wie schon erwähnt, im systemtheoretischen Sinne eine Summationsstelle folgender Form dar u (t) e(t) = u (t) - u (t) ϑw ϑ w ϑ u (t) ϑ, die die Differenz e(t) zwischen dem Istwert der Regelgröße u ϑ (t) und ihrem Sollwert u ϑw (t) bildet. Den Sollwert der Regelgröße werden wir zukünftig Führungsgröße nennen, weil mit ihr die Regelgröße auf unterschiedliche Werte geführt werden kann. Die aus der Vergleichseinrichtung austretende Differenz zwischen Führungs und Regelgröße wird als Regelabweichung, Regelfehler oder Regeldifferenz bezeichnet. Dies ist sinnvoll, da der Wert dieser Größe immer angibt, wie weit und in welche Richtung die Regelgröße von der Führungsgröße entfernt ist. Sind Regelgröße und Führungsgröße gleich was der Zweck der Regelung ist ist die Regelabweichung sinnvollerweise gleich Null. Mit der Regelabweichung e(t) wird die Regeleinrichtung angesteuert. Obwohl sie im Regelkreis eine herausragende Bedeutung hat, können wir ihr an dieser Stelle noch keine anschauliche funktionelle Bedeutung zuordnen. Wie wir später bei den theoretischen Untersuchungen sehen werden, stellt die Regeleinrichtung ein Rechengerät dar, das die Regelabweichung verstärkt, abschwächt, ggf. aufintegriert oder sogar differenziert und als Ausgangsgröße u(t) ausgibt. e(t) Regeleinrichtung u(t) Mit der richtigen Auswahl der notwendigen Rechenoperationen, was wir später Regleroptimierung nennen werden, wird es uns gelingen eine geforderte Regelgüte zu erreichen. Diese Begriffsbildungen werden im Folgenden noch ausführlich besprochen. Das Ausgangssignal u(t) der Regeleinrichtung steuert die sog. Stelleinrichtung an, deren Ausgangsgröße, die Stellgröße, wiederum die Regelstrecke ansteuert. Die Stelleinrichtung ist bei den meisten Regelkreisen im weitesten Sinne ein Leistungsverstärker in verschiedensten Ausführungsformen. Auch in unserem Beispiel werden mit der Motor /Ventilkombination mittels niederenergetischer elektrischer Steuersignale u(t) Heizenergieströme q(t) in die Regelstrecke geleitet u(t) Stelleinrichtung q(t)..5

Wenn wir diese Teilübertragungssysteme der Regelkreisstruktur im Sinne ihres funktionellen Zusammenspiels miteinander verknüpfen, erkennen wir deutlich die Kreisstruktur unseres Raumheizungsregelkreises: Bild..5 : Struktur eines Raumheizungsregelkreises In Bild..5 sind neben den vorangehend beschriebenen Signalen und Übertragungssystemen noch die beiden Störgrößen ϑ Z (t) und ϑ Z2 (t) eingezeichnet. Da sie direkt die Regelgröße ϑ(t) beeinflussen, können sie als additiv auf die Regelgröße einwirkend aufgefaßt werden..2 Die Grundstruktur und prinzipielle Wirkungsweise eines Regelkreises Obwohl die Regelkreisstruktur nach Bild..5 aus einem spezifischen Regelkreis, nämlich aus einem Raumheizungsregelkreis abgeleitet wurde, hat sie weitgehend eine Struktur, die allen Regelkreisen gemeinsam ist. Jeder Regelkreis, egal ob er aus elektrischen, elektronischen, mechanischen, pneumatischen, hydraulischen oder sogar biologischen Übertragungssystemen zusammengesetzt ist, besteht aus einer Regelstrecke einer Meßeinrichtung einer Vergleichseinrichtung einer Regeleinrichtung einer Stelleinrichtung (Strecke), (Meßglied), (Vergleicher), (Regler), (Stellglied). Diese Tatsache erlaubt es, tiefergehende Betrachtungen an Regelkreisen losgelöst von einem praktischen Beispiel durchführen zu können. Das Bild..6 zeigt die in diesem Zusammenhang allgemein gebräuchlichen Signalnamen und Signalkurzbezeichnungen..6

Regelabweichung Stellgröße e(t) u(t) w(t) Regler Stellglied Strecke - Führungsgröße Meßgröße y (t) M Meßeinrichtung Störgröße z(t) Regelgröße y(t) Bild..6 : Struktur eines einschleifigen Regelkreises mit allgemeinen Signalbezeichnungen Wie man erkennt, gibt es keinen geprägten allgemeinen Namen für das Signal zwischen Stellglied und Strecke. Dies liegt daran, daß es in den meisten praktischen Fällen nicht möglich ist, eine eindeutige Trennung zwischen Stellglied und Strecke vorzunehmen. In unserem Beispiel "Raumheizungsregelkreis" hatten wir als Stellgröße den Heizmittelfluß q(t) gewählt, genau so gut hätten wir auch den Ventilöffnungsquerschnitt a des Heizmittelventils oder die Motorsteuerspannung u(t) als Stellgröße bezeichnen können. Aus diesem Grunde faßt man bei theoretischen Betrachtungen häufig die Stelleinrichtung und die Regelstrecke zusammen und nennt diese Anordnung Regelstrecke. Schließlich wird die in den Regelkreis eingreifende Störung noch über ein fiktives Übertragungsglied ("Störungsfilter") auf den Ausgang der Strecke geleitet. Wie wir später noch sehen werden, ist es damit einfach möglich, Störangriffe, die nicht auf den Ausgang der Strecke wirken, so umzurechnen, daß sie als am Ausgang angreifend angesehen werden können. Die damit entstehende Struktur wollen wir Standard Regelkreis nennen. Er wird bei den folgenden Betrachtungen, falls nichts anderes gesagt wird, immer zugrunde gelegt. z(t) Störungsfilter w(t) - e(t) Regler u(t) Strecke y(t) y (t) M Meßeinrichtung w(t): Führungsgröße; e(t): Regelabweichung u(t): Stellgröße; z(t): Störgröße y(t): Regelgröße; y M (t): Meßgröße Bild..7 : Einschleifiger Standard Regelkreis.7

Unseren vorangehenden Ausführungen über eine Raumheizungsregelung haben wir entnommen, daß ein Regelkreis zwei Aufgaben erfüllen soll: Die Regelgröße y(t) hat einer Veränderung der Führungsgröße w(t) möglichst gut zu folgen, diese Eigenschaft wird als Führungsverhalten des Regelkreises bezeichnet. Der Regelkreis soll Störungen, die auf die Strecke einwirken, in dem Sinne optimal ausregeln, daß die Regelgröße auch bei permanenter Störungseinwirkung wieder den Wert der Führungsgröße annimmt. Diese Eigenschaft des Regelkreises wird als sein Störverhalten bezeichnet. Der Zustand "optimal" muß anhand der realen Aufgabenstellung definiert werden, theoretisch optimal wäre folgendes Verhalten: sofortiges Folgen der Regelgröße y(t) nach einer Führungsgrößenänderung w(t), sofortiges Ausregeln einer Störung z(t) ohne Beeinflusssung der Regelgröße y(t). w(t) z(t) t t y(t) sofortiges Ausregeln der Störung z(t) ohne Beeinflussung der Regegelgröße sofortiges Folgen der Führungsgröße w(t) t Bild..8 : Ideales Führungs und Störungsverhalten eines Regelkreises Wegen des nicht verzögerungsfreien Übertragungsverhaltens der Übertragungsglieder des Regelkreises, insbesondere der Regelstrecke, ist ein solches Führungs und Störverhalten nicht realisierbar. Bei einem realen Regelkreis ist das Übergangsverhalten von einem Systemzustand in den anderen (Stör oder Führungsgrößenänderung) durch Abweichungen der Regelgröße vom theoretisch optimalen Verlauf gekennzeichnet. Auch ist nicht bei jeder beliebigen Regelkreiskonfiguration sichergestellt, daß der stationäre Endwert der Regelgröße genau den Wert der Führungsgröße annimmt. Ein solcher Regelkreis arbeitet dann statisch ungenau, er besitzt eine bleibende Regelabweichung..8

w(t) z(t) t t y(t) t Bild..9 : Mögliches reales Führungs und Störungsverhalten eines Regelkreises Je nach Auswahl der Rechenfunktionen (bzw. genauer der Übertragungsfunktion) des Reglers ergibt sich ein mehr oder weniger stark schwingender oder aperiodischer Verlauf der Regelgröße. Wie bereits erwähnt, hängt es von der realen Problemstellung ab, welchen Einschwingvorgang man als optimal bezeichnet. Betrachtet man z.b. eine lagegeregelte Kopierfräsmaschine, bei der die Regelgröße die Position des Fräsers und die Führungsgröße die Position des Kopiertastkopfes darstellt, so soll der Fräser sicherlich schnell der Position des Tastkopfes nachfahren, darf aber nicht überschwingen, da sonst Ausschuß entsteht. Dagegen wird es bei einer Raumheizungsregelung nicht von besonderer Bedeutung sein, wenn z.b. bei einer Vergrößerung der Führungsgröße von 8 C auf 2 C die Regelgröße kurzfristig auf 24 C überschwingt, um dann den Wert der Führungsgröße anzunehmen. Wir können die in diesem Kapitel gewonnenen Erkenntnisse wie folgt zusammenfassen: Regelkreise besitzen alle eine einheitliche Grundstruktur, die in Bild..6 bzw. Bild..7 dargestellt ist. Das grundlegende Störungs und Führungsverhalten eines Regelkreises, d.h. das tendenzmäßige Ausregeln von Störungen und das Folgen einer Führungsgrößenänderung wird durch die Grundstruktur des Regelkreises erreicht: ständiges Messen der Regelgröße, Rückführung (Kreisstruktur) der gemessenen Regelgröße und Vergleich mit der Führungsgröße, Wirkungsumkehr in der Vergleichseinrichtung..9

Die Feinstruktur des Übergangsverhaltens von einem Systemzustand in den anderen bei einer Führungs oder Störgrößenänderung wird durch die Auswahl eines Reglers und die Wahl der Systemparameter seiner Übertragungsfunktion bestimmt. Beim Vorgang der Regelkreisoptimierung (Auswahl und Parametrierung des Reglers) müssen einige Randbedingungen eingehalten werden: Der Regelkreis soll stationär genau arbeiten oder eine vorher definierte stationäre Ungenauigkeit (bleibende Regelabweichung) nicht überschreiten. Da ein Regelkreis wegen seiner Kreisstruktur instabil werden kann, d.h. die Regelgröße nicht gegen einen stationären Endwert läuft, sondern Dauerschwingungen oder aufklingende Schwingungen erzeugt, ist das Hauptziel des Reglerentwurfs Stabilität des Regelkreises. Die Stellgröße u(t), also die Eingangsgröße in die Regelstrecke, kann bei überhöhten Forderungen an die Regelgüte (z.b. wenn gefordert wird, daß bei einer Raumheizung bei einer Führungsgrößenänderung von 20 C auf 25 C die Regelgröße nach unrealistischen 0 sek ihren neuen stationären Endwert erreichen soll) übersteuert werden. Übersteuerung bedeutet Nichtlinearität des Regelkreises, was zu einem nichtvorhersagbaren Verhalten des Kreises führen kann. Eine Randbedingung des Reglerentwurfs ist es daher, die Stellgröße nur innerhalb ihrer Begrenzungen auszusteuern. Mit den in // erworbenen systemtheoretischen Kenntnissen wird es uns in den folgenden Kapiteln möglich sein, den Reglerentwurf unter Erreichung von bestimmten Regelgüteforderungen und bei Einhaltung der obigen Randbedingungen systematisch durchzuführen..3 Praktische Beispiele von Regelkreisen Bevor wir uns der analytischen Durchdringung des Regelkreisverhaltens und der Regleroptimierung zuwenden, wollen wir uns in diesem Kapitel noch mit einigen Beispielregelkreisen beschäftigen, um insbesondere festzustellen, daß sich in ihnen immer die vorgestellte Regelkreisstruktur wiederfindet. Bild..0 zeigt einen Regelkreis zur Positionierung einer Teleskop Antenne. Mit Hilfe eines solchen Regelkreises kann die Antennenposition ϕ(t) einem beweglichen Objekt nachgeführt werden. Windbelastungen der Antenne, die die Position ϕ(t) verändern würden, werden ausgeregelt..0

Bild..0 : Positionsregelung einer Teleskop Antenne Regelgröße und damit Ausgangsgröße der Regelstrecke ist die Position ϕ(t) der Antenne. Wenn das Stellglied separat betrachtet werden soll, kann man ϕ (t), den Motordrehwinkel, als Streckeneingangsgröße betrachten. Das Stellgerät, bestehend aus Thyristor Steuersatz und Antriebsmotor, hat dann als Eingangsgröße die Reglerausgangsspannung u(t) und als Ausgangssignal den Motordrehwinkel ϕ (t). Regler und Vergleichseinrichtung mit ihren Eingangs und Ausgangssignalen sind dem Gerätebild des Regelkreises deutlich zu entnehmen. Das Potentiometer unter dem Getriebe stellt die Meßeinrichtung dar, die die Regelgröße Teleskopposition ϕ(t) auf eine ihr proportionale Spannung u ϕ (t) abbildet. Bild.. stellt eine Wirkungsanordnung zur Neutralisation einer Prozeßflüssigkeit dar, bildet also einen ph Wert Regelkreis. Die Prozeßflüssigkeit kann z.b. Abwasser mit zwischen sauer und basisch schwankendem ph Wert sein. Um diese Prozeßflüssigkeit biologisch klären zu können, muß sichergestellt sein, daß der ph Wert bei ca. 7 liegt. Eine so neutralisierte Prozeßflüssigkeit stellt das Überleben der Klärbakterien sicher. Regelgröße und Ausgangsgröße der Regelstrecke ist der ph Wert im Abfluß der Prozeßflüssigkeit aus dem Reaktor. Eingangsgrößen in die Regelstrecke sind die Neutralisationsflüssigkeits Ströme q b (t) und q s (t). Zwei verschiedene Stellgößen sind notwendig, wenn die Prozeßflüssigkeit sowohl sauer als auch basisch sein kann. Ventil und Ventilstellgerät sind die Stellglieder dieses Regelkreises. Regler, Vergleichs und Meßeinrichtung können dem Bild.. deutlich entnommen werden. Auszuregelnde Hauptstörgröße ist der schwankende ph Wert der Prozeßflüssigkeit, auch Inhomogenitäten in den Neutralisationsmittel Flüssen werden ausgeregelt..

Bild.. : ph Wert Regelung einer Prozeßflüssigkeit Auf dem folgenden Bild..2 ist eine Wirkungsanordnung dargestellt, die z.b. in einer Papiermaschine das Zerreißen des Fördergutes Papier beim Durchlauf durch Transport oder Bearbeitungswalzen (z.b. zur Trocknung) verhindert. Würde das Papier direkt vom linken Walzenpaar in das rechte geführt, wird bei einer Drehzahlsenkung des linken Paares, z.b. durch eine hier nicht dargestellte Lasterhöhung des Antriebsmotors, das Papier zwischen den beiden Walzenpaaren zerreißen. Um dies zu verhindern, wird über zwei Umlenkrollen zwischen den Walzenpaaren eine Papierschlaufe gebildet, in die eine senkrecht geführte Walze ("Tänzerwalze") eingelegt wird. Ändert sich nun die Drehzahl des linken Walzenpaares, wird bei Drehzahlerhöhung die Tänzerwalze nach unten und bei Drehzahlsenkung nach oben befördert. Der Zweck der Regelung besteht darin, durch Veränderung der Drehzahl des rechten Walzenpaares, die Lage s(t) der Tänzerwalze konstant bei s(t) = 0 zu halten und so indirekt ein Zerreißen des Papiers zu verhindern. Regelgröße und Ausgangsgröße der Regelstrecke ist die Lage der Tänzerwalze s(t), Eingangsgröße ω(t) die Drehzahl des Antriebsmotors des rechten Walzenpaares. Die Stelleinrichtung bildet wieder der Thyristorsteuersatz mit Antriebsmotor. Regler und Vergleichseinrichtung sowie deren Eingangs und Ausgangsgrößen sind deutlich dem Bild..2 zu entnehmen. Die Seilzug Lagemeßeinrichtung bildet die Regelgröße, den Bewegungsweg s(t) der Tänzerwalze, auf eine ihm proportionale Spannung u s (t) ab..2

Bild..2 : Regelung einer Tänzerwalze Der Regelkreis, der in Bild..3 dargestellt ist, wurde der Literaturstelle /5/ entnommen. Er stellt eine Vorlauftemperaturregelung zur Beheizung eines chemischen Reaktionsgefäßes dar. (Vorlauftemperatur ist ein Begriff aus der Heizungstechnik, er bezeichnet die Temperatur eines Heizmittels vor Eintritt in das zu beheizende System). Dieser Regelkreis unterscheidet sich von den vorangehend vorgestellten dadurch, daß er keine elektrischen Baukomponenten besitzt. Stellschraube Heizgas Heizmittel Vorlauftemperatur Reaktionsstoffe bewegliche Düse Ventil Reaktionskessel Heizkessel Druckluft Faltenbalg Zylinder-Kolbensystem Heizschlange Reaktionsprodukt Bild..3 : Regelung der Vorlauftemperatur eines Reaktionsgefäßes Die Regelgröße Vorlauftemperatur wird mit einem Ausdehnungsthermometer, das eine leicht siedende Flüssigkeit enthält, gemessen. Bei einer Temperaturerhöhung dehnt sich diese Flüssigkeit aus und dehnt den Faltenbalg, der daraufhin eine nach oben wirkende Kraft erzeugt. Die Kraft bewegt eine drehbar gelagerte Düse, so daß der größere.3

Luftstrom in das obere Rohr des Zylinder /Kolbensystems gepreßt wird. Dadurch verschiebt sich der Kolben nach rechts und verkleinert die Durchtrittsöffnung des Ventils für das Heizgas. Durch die geringer werdende Heizintensität sinkt die Vorlauftemperatur. Bei einer Temperatursenkung der Vorlauftemperatur kehrt sich leicht nachvollziehbar der Wirkungsvorgang um. Bei diesem Regelkreis wird auch sehr deutlich, daß keine eindeutige Abgrenzung zwischen Regler, Stelleinrichtung und Regelstrecke möglich ist. Als Eingangsgröße in die Regelstrecke könnte man den Ventilöffnungsquerschnitt des Heizgasventils festlegen, Ausgangsgröße ist die Regelgröße Vorlauftemperatur. Stellorgan, Regler und Teile der Vergleichseinrichtung befinden sich im Zylinder /Kolbensystem. Die Meßeinrichtung dagegen ist klar abgrenzbar: die Vorlauftemperatur wird auf eine Kraft abgebildet, die die bewegliche Düse in ihrer Stellung verändert. Die Vergleichseinrichtung führt bei diesem Regelkreis einen Kraftvergleich zwischen der Kraft des Faltenbalges und der Federkraft an der Stellschraube aus. Die Stellung der Stellschraube stellt ein Maß für die Vorlauftemperatur dar und ist damit die Führungsgröße. Die erforderliche Wirkungsumkehr innerhalb des Regelkreises wird durch die Anordnung des oberen Zuluftkanals vor dem Kolben und des unteren hinter dem Kolben bewirkt. Störgrößen, die die Vorlauftemperatur verändern können, sind Temperaturrückwirkungen aus dem Reaktionskessel, Veränderungen des Heizwertes des Heizgases und verschiedene Eintrittstemperaturen des Heizmittels in den Heizkessel..4

2. Kontinuierliche Regelkreise Wie im Vorwort bereits angedeutet, wollen wir uns mit kontinuierlichen und zeitdiskreten Regelkreisen auseinandersetzen. Da nahezu alle Regelstrecken kontinuierlicher Natur sind, besteht der Unterschied zwischen kontinuierlichen und zeitdiskreten Regelkreisen schlicht darin, daß im kontinuierlichen Falle der Regler kontinuierich arbeit (man spricht dann auch von analogen Reglern) und im zeitdiskreten Falle digital in Form einer Differenzengleichung auf einem Digitalrechner mit A/D- und D/A-Wandler realisiert wird. In diesem Kapitel wollen wir uns zunächst kontinuierlichen Regelkreisen widmen. 2. Die Bauglieder eines Regelkreises Bevor wir uns der analytischen Durchdringung eines kontinuierlichen Standard- Regelkreises zuwenden, soll in diesem Kapitel noch eine gewisse Systematik in die Vielfalt der praktisch auftretenden Regelkreisbauelemente gebracht und ihre Funktionen noch einmal an verschiedenen Beispielen verdeutlicht werden. Dabei werden abschließend besonders intensiv Regler betrachtet, weil sie die Bauglieder des Regelkreises sind, welche von Regelungstechniker ausgewählt und an die Problemstellung angepaßt werden müssen Die anderen Regelkreisbauelemente, insbesondere die Regelstrecke, sind im allgemeinen fest vorgegeben, um einen geplaten technisch/wirtschaftlichen Nutzen erbringen zu können. 2.. Die Regelstrecke Als Regelstrecke wird der Teil einer Anlage (oder eines Gerätes) bezeichnet, in der die durch den Regelkreis zu beeinflussende Regelgröße auftritt. Auf die Regelstrecke wirken Störgrößen ein, deren Größe, Zeitpunkt und Dauer des Auftretens nicht vorhersagbar sind und deren Einfluß auf die Regelgröße unterdrückt werden soll. Für die weiter hinten zu besprechenden Entwurfs- und Optimierungsverfahren für Regelkreise muß ein mathematisches Modell der dieser Regelstrecke bekannt sein. Das zu bildende Modell muß als Eingangsgröße die Stellgröße u(t) und als Ausgangsgröße die Regelgröße y(t) aufweisen. Regelstrecken haben in vielen Fällen nichtlineares Übertragungsverhalten. Da wir uns in dieser Einführung in die Regelungstechnik ausschließlich mit linearen Systemen und Systembeeinflussungsmechanismen (Reglern) auseinandersetzen, müssen die mathematischen Modelle solcher Regelstrecken linear sein. Dazu kann einerseits die in // beschriebene Methode der Linearisierung herangezogen werden, wenn ein Zustandsmodell, das aus einer physikalisch, 2.

mathematischen Modellbildung hervorgegengen ist, vorliegt. Falls das Modell aus einer meßtechnischen Systemerkennung, wie sie in /2/ beschrieben wird, hervorging und man die dort angegebnen Richtlinien zur Systemidentifikation berüchsichtigt, stellt das gewonennene Modell bereits eine lineare Aprroximation der realen Regelstrecke dar. Das gewonnene lineare Modell der Regelstrecke kann anschließend in Form von Zustandsmodellen, Übertragungsfunktionen oder Frequenzgängen dargestellt werden. Mit wenigen Ausnahmen lassen sich dann alle Regelstrecken entweder in die Kategorie global proportional oder global integral wirkend einordnen. Dieses Globalverhalten wird i.a. durch Verzögerungs und Vorhaltverhalten verschiedener Ordnung und ggf. Totzeiten überlagert. Bei der Beschreibung der folgenden typischen Regelstrecken orientieren wir uns an den Darstellungen von W. Oppelt. Die im folgenden stark zusammengefaßte Beschreibung wird in /3/ sehr breit anhand von Geräte und Anlageskizzen sowie Ansätzen zur theoretischen Modellbildung dargestellt. Stoffströme als Regelstrecke Stoffströme als Regelstrecken treten überall dort auf, wo Gas oder Flüssigkeitsströme, Papier, Kunsstoff oder Metallbahnen verarbeitet und transportiert werden müssen. Die bei diesen Vorgängen auftretenden Regelaufgaben sind z.b. die Beeinflussung von Druck und Durchflußmenge von Gas oder Flüssigkeitsströmen, das Konstanthalten eines Flüs-sigkeitsniveaus in einem Behälter, die Regelung der Materialstärke bei Walzvorgängen und die Regelung der Ausgangsproduktkonzentration bei Stoffmischvorgängen. Wärmeerzeugungsanlagen, Wärmetauscher Wärmeerzeugungsanlagen erzeugen durch Verbrennung, chemische Reaktionen, elektrische Einwirkung oder Kernspaltung Wärmeenergie, die weitergeleitet, gemischt oder ausgetauscht werden muß. Mögliche Regelungsziele sind z.b. Aufrechterhaltung des Wärmeerzeugungsprozesses (z.b. bei Kernreaktoren) oder die konstante Warmhaltung eines Prozesses (Temperofen). Dabei werden häufig Wärmetauscher, die Wärmetauschprozesse zwischen zwei getrennten Medien herstellen, eingesetzt. Chemische Reaktoren Chemische Reaktionen laufen i.a endo oder exotherm ab. Zur Aufrechterhaltung einer Reaktion muß daher häufig Wärme geregelt zu oder abgeführt werden. Andere Regelungsziele bei chemischen Reaktoren bestehen z. B. in der Erzeugung von Stoffen mit bestimmten Konzentrationen. 2.2

Kernreaktoren Beim Kernreaktor als Regelstrecke besteht die Hauptregelaufgabe in der Konstanthaltung des Kernspaltungsvorganges durch Regelung der Neutronengeschwindigkeit. Fahrzeuge als Regelstrecken Bei nichtspurgebundenen Fahrzeugen (Schiffen, Flugzeugen, Raketen) besteht ein Regelungsziel darin, einen vorgegebenen Kurs einzuhalten. Ein anderes Ziel kann z.b. eine konstante Fortbewegungsgeschwindigkeit sein. Auch die Regelung einer stabilen Fluglage bei Flugzeugen und Hubschraubern ist ein wichtiges Regelungsziel. Elektrische Maschinen In elektrischen Anlagen dienen Generatoren zur Aufbringung von Spannungen, um durch Verbraucher Ströme zu treiben. Als Motoren stellen rotierende Maschinen antreibende Bauglieder zum Bewegen und Verstellen von mechanischen Systemen dar. Beein-flussungsaufgaben in diesem Zusammenhang können z.b. Strom, Spannungs, Drehzahl und Drehmomentregelungen sein. Regelstrecken der Nachrichtentechnik Auch in nachrichtentechnischen Geräten treten Regelaufgaben auf. So ist die AFC (Automatic Frequency Control) bei UKW Rundfunkempfängern eine Einrichtung, die durch geregelte Veränderung der Empfangsfrequenz die Empfangsfeldstärke maximiert. In Fernsehgeräten heißt diese Einrichtung "getastete Regelung". Viele Fernsehgeräte besitzen auch eine Regelung, die den Bildkontrast an die Umgebungshelligkeit anpaßt. 2..2 Die Stelleinrichtung Die Stelleinrichtung erzeugt aus der Ausgangsgröße des Reglers ein Signal, mit dem die Regelstrecke angesteuert wird. In den meisten Fällen stellt die Stelleinrichtung im weitesten Sinne einen Leistungsverstärker dar. Während von der Meßeinrichtung über die Vergleichseinrichtung und den Regler nur niederenergetische Signale weitergeleitet werden, treibt das Stellglied sehr häufig Energie oder Stoffströme in die Regelstrecke, da in den meisten Fällen eine Veränderung der Regelgröße nur durch Aufbringung von Energie möglich ist (vergleiche die Beispielregelkreise in Bild..0,..2 und..3). 2.3

Energie- oder Stoffströme w(t) - Regler Stellglied Strecke Signale Meßeinrichtung Bild 2.. : Das Stellglied als Leistungsverstärker Stelleinrichtungen lassen sich grob in drei Klassen einteilen: Stelleinrichtungen für masselose (Elektro ) Energieströme (Transistor und Thyristor steller für die Elektroenergie und Antriebstechnik), Stelleinrichtungen für Stoffströme (Motorventil, Pumpen und Bänder), Stelleinrichtungen für Festkörperbewegungen (Elektromotoren, pneumatische oder hydraulische Stellzylinder). Stellgeräte haben entweder global proportionales oder integrales Wirkungsverhalten. Da primär proportionales Verhalten gewünscht wird, gibt es z.b. für integral wirkende Motor /Stellventil Kombinationen sog. Stellungsrückmelder, die der Kombination proportionales Verhalten (mit Verzögerung) aufprägen /3/. Stelleinrichtungen haben häufig nichtlineare statische Übertragungskennlinien, die i.a. bekannt und reproduzierbar sind. Daher ist es möglich insbesondere bei zeitdiskreten Regeleinrichtungen mit Digitalrechnern im Regler eine entgegengesetzt wirkende Kennlinie zu implementieren, so daß die Kombination Regler/Stellglied wieder lineares Übertragungsverhalten erhält. Stellglieder produzieren nicht immer kontinuierliche Stellsignale. In der modernen Regelungstechnik setzen sich wegen der einfacheren (und damit kostengünstigeren) technologischen Realisierbarkeit z.b. pulsmodulierte Stellgeräte zunehmend durch. Die verschiedenen Ausführungsformen von Stellgliedern, die in der Literatur auch als Aktoren oder Aktuatoren bezeichnet werden, sind in den Literaturstellen /3/ und /4/ sehr ausführlich dargestellt. 2.4

2..3 Die Meßeinrichtung Die Meßeinrichtung im Regelkreis dient zur fortwährenden Bestimmung des Regelgrößenistwertes und dessen Abbildung auf eine Größe, die innerhalb der Vergleichseinrichtung leicht mit der Führungsgröße vergleichbar ist. Meßeinrichtungen bestehen i.a. aus einer sog. Meßkette, die aus verschiedenen Gliedern bestehen kann. Das erste Glied in dieser Kette ist der Fühler oder Sensor, der die zu messende Größe in eine andere leichter verarbeitbare Größe wandelt. Nach einer Signalverstärkung, die wiederum mit einer Signalwandlung verbunden sein kann, liegt i.a. ein Normsignal vor, das zur Vergleichseinrichtung weitergeleitet wird. In /4/ wird beispielhaft für eine Meßkette folgende (Bodendruck ) Füllstandsmeßeinrichtung angegeben. Flüssigkeitsbehälter h(t) F(t) Differentialspule L Normstromwandler p(t) s(t) Spulenkern u (t) ~ i(t) Druckmeßdose ~ u(t) α (t) Anzeige Meßbrücke Bild 2..2 : Prinzipschaltbild der Meßkette einer Füllstandsmeßeinrichtung Normausgangssignale von Meßketten sind i.a. sog. eingeprägte Ströme von 0 20mA oder 4 20mA oder Spannungen im Bereich 0 0V oder ±0V. Falls das Signal über größere Strecken weitergeleitet werden soll, können noch andere Signalmanipulationen vorgenommen werden. Eine Meßkette hat im weitesten Sinne immer global proportionales Verhalten, wobei die statische Kennlinie häufig nichtlinear ist. Auch hier ist man im Falle der Nichtlinearität bestrebt, durch entgegengesetzt wirkende Kennlinien im Regler wieder ein lineares Gesamtübertragungsverhalten zwischen zu messender Regelgröße und Reglerausgangsgröße herzustellen /4/. Häufig werden auch so Hysterese und Schwelleneffekte kompensiert. Meßketten von Meßeinrichtungen in Regelkreisen werden, sofern es die physikalisch/chemischen Zusammenhänge erlauben, so konstruiert, daß das Zeitverhalten gegenüber der Regelstrecke vernachlässigbar ist (d.h die Verzörungszeitkonstanten der 2.5

Meßeinrichtung müssen klein gegenüber der der Regelstrecke sein). Alle Ansätze zur Regleroptimierung in den folgenden Kapiteln setzen diese Tatsache voraus. Obwohl auch noch Regeleinrichtungen (Meß, Vergleichs, Regel und Stelleinrichtungen) ohne jedes elektrische Signal existieren (z.b. eine pneumatische Servolenkung in einem LKW), setzen sich Systeme mit elektrischer Signalverarbeitung in zunehmendem Maße durch. Meßeinrichtungen werden damit, sofern keine elektrische Regelgröße vorliegt, primär Einrichtungen zur elektrischen Messung nichtelektrischer Größen sein. Folgende wichtige Regelgrößen müssen gemessen werden können /3/, /4/: Temperatur, Druck, Durchfluß, Volumen, Füllstand, Masse, Kraft, Moment, Dichte, Viskosität, Feuchte, ph Wert, Stoffkonzentration, Weg, Geschwindigkeit, Beschleunigung, Winkel, Winkelgeschwindigkeit, Drehzahl, Stückzahl. 2..4 Der Regler mit Vergleichseinrichtung Obwohl wir in Blockschaltbildern Vergleichseinrichtung und Regler als zwei getrennte Einheiten darstellen, sind sie in marktverfügbaren Reglern i.a. beide in einem Gerät integriert. w(t) y (t) M Regler w(t) y (t) M Regler Bild 2..3 : Gerätetechnische Anordnung der Vergleichseinrichtung im Regelgerät Die praktischen Realisierungsformen von Reglern kann man nach ihrem physikalisch/-technologischem Aufbau und nach ihrer systemtheoretischen Struktur unterscheiden. In Bezug auf den physikalisch/technologischen Aufbau von Reglern kann man diese wiederum in zwei Gruppen unterteilen: analogsignalverarbeitende Regler ("Kontinuierliche Regler")und algorithmisch realisierte Regler in Digitalrechnern ("Digitale oder zeitdiskrete Regler"). Die kontiunuierlichen Regler können noch in pneumatisch, hydraulisch, mechanisch und elektrisch/elektronisch arbeitende Regler oder Mischformen daraus unterschieden werden. Wegen der Vielzahl der konstruktiven Ausführungsformen nichtelektronischer Regler muß zu ihrem Kennenlernen auf die Literatur verwiesen werden. In /3/ werden eine Fülle, z.t. 2.6

sehr kunstvoll ausgeführter pneumatischer, hydraulischer und elektro-mechanischer Regler vorgestellt. Auf algorithmisch realisierte Regler, wie sie sich z.b. in "Speicherprogrammierbaren Steuerungen" (SPS) wiederfinden, wird ausführlich im Kapitel 3, auf einen mit Operationsverstärkern realisierten kontinuierlichen Regler wird noch in diesem Kapitel eingegangen. Zunächst wollen wir aber herleiten, welche Eigenschaften ein Regler besitzen muß, um die im Kapitel.2 angesprochenen Zielstellungen an einen Regelkreis erfüllen zu können. Während von der Vergleichseinrichtung die notwendige Wirkungsumkehr im Regelkreis herbeigeführt wird, hat der eigentliche Regler zwei weitere grundlegende Aufgaben: Sicherstellung der stabilen Arbeitsweise des Regelkreises, Herbeiführung der notwendigen statischen Regelgenauigkeit. Da alle Kreisstrukturen so auch der Regelkreis die Gefahr der Instabilität beinhalten, muß mit der Wahl der Übertragungsfunktion des Reglers dafür gesorgt werden, daß dieser Zustand nicht auftritt. Führt man sich vor Augen, daß die meisten Regelstrecken Tiefpaßcharakter haben, also aus PT n oder IT n Gliedern bestehen, die eine Phasendrehung des zu übertragenden Signals nach negativen Phasenwerten hin bewirken und auch die negative Rückführung der Regelgröße y(t) auf den Reglereingang eine negative Phasendrehung von 80 darstellt, kann für eine bestimmte Signalfrequenz die Rückkopplungsbedingung ϕ = 360 auftreten. D.h. das Ausgangssignal des Regelkreises wird dem Eingangssignal phasengleich überlagert. Tritt dabei innerhalb des Kreises für diese Signalfrequenz ein Verstärkungsfaktor auf, der größer als eins ist, führt dies zu (aufklingenden) Schwingungen der Regelkreissignale. Aus unseren Betrachtungen über das Wirkungsverhalten von Übertragungsgliedern wissen wir, daß Vorhaltglieder Signalphasendrehungen in positive Richtungen vornehmen (vergleiche //), also der Phasendrehrichtung der meisten Regelstrecken entgegenwirken. Eine Forderung zur Verhinderung der Schwingneigung von Regelkreisen wird es also sein, daß die Reglerübertragungsfunktion Vorhaltglieder enthält: G s = V + st + st. (2..) R 2 Die zweite Grundforderung nach statischer Regelgenauigkeit kann man erfüllen, wenn in den Regler ein integraler Wirkanteil implementiert wird. Wir zeigen diese Zusammenhänge an folgendem Beispiel. Beispiel 2..: Der folgende Regelkreis mit einer Regelstrecke mit PT Verhalten werde mit einem rein proportional wirkenden Regler betrieben. 2.7

w(t) _ V R VS + st y(t) Regler Strecke G (s) = M Bild 2..4 : Ein Regelkreis mit proportional wirkendem Regler an einer global proportional wirkenden Strecke Es soll festgestellt werden, ob bei einem Sprung der Führungsgröße w(t) = σ(t); w = die Regelgröße y(t) stationär (d.h. für t ) den Wert der Führungsgröße y( ) = w(t) = annimmt. Nach den Verknüpfungsgesetzen für gekoppelte Übertragungssysteme berechnet sich die Übertragungsfunktion der Kreisstruktur nach Bild 2..4 mit W(s) als Eingang und Y(s) als Ausgang zu Ys Ws V VR S = + st = VR V + S + st VR VS + st + V V R S. ( 22.. ) Zur Berechnung der Ausgangsgröße Y(s) in Abhängigkeit von der Eingangsgröße W(s) muß (2..2) entsprechend umgestellt werden VR VS Y(s) = W(s). ( 23.. ) + V V + st R S Da das Verhalten von y(t) auf einen Führungssprung w(t) = σ(t), w = studiert werden soll, muß für U(s) die Laplace Transformierte dieses Sprunges in (2..3) eingesetzt werden wt () = w σ() t = σ() t Ws =. ( 24.. ) s Damit ergibt sich als Sprungantwort im Laplace Bereich Y(s) = VR VS + V V + st R S. ( 25.. ) s 2.8

Dieser Ausdruck könnte nach einer Partialbruchzerlegung und Rücktransformation in den Zeitbereich für t betrachtet werden. Ein Vergleich zwischen y( ) und w(t) = σ(t) würde dann Auskunft über die stationäre Regelgenauigkeit (bleibende Regelabweichung) geben. Diesen Rücktransformationsvorgang kann man sich aber ersparen, da ja nur der Wert von y( ) interessiert. Auf diesen Wert gelangt man einfacher mit dem Endwertsatz der Laplace Transformation // lim y t = lim s Y s. (2..6) t s 0 Wenn man (2..5) in (2..6) einsetzt und den Grenzübergang vornimmt lim y(t) = y( ) = lim s Y(s) = lim t s 0 s 0 = VR VS VR VS lim =, ( 27.. ) 0 + V V + 2sT + V V s R S s VR VS + V V + st R R S S s erkennt man, daß y( ) den Wert V R V S /(+V R V S ) annimmt. Für endliche Werte von V R und V S wird y( ) nach (2..7) immer kleiner als eins sein und somit nicht den Wert der Führungsgröße w(t) = annehmen. Der Regelkreis arbeitet also statisch ungenau, er hat eine bleibende Regelabweichung. Verwendet man als Regler ein integral wirkendes Übertragungsglied, z.b. einen reinen Integrierer w(t) _ V R s VS + st y(t) Regler Strecke Bild 2..5 : Ein Regelkreis mit integral wirkendem Regler an einer global proportional wirkenden Strecke und führt nach Bildung der Übertragungsfunktion unter den gleichen Erregungs bedingungen 2.9

Ys Ws VR V S = s + st = VR V + S s( + st) VR VS s( + st) + V V R S Ys VR VS VR VS = Ws = ( 28.. ) s( + st) + V V s( + st) + V V s R S R S wieder den Grenzübergang durch s V R VS lim y(t) = y( ) = lim s Y(s) = lim s( + st) + V V s t s 0 s 0 V V V V = lim = =, (2..9) s 0 s(2 + 3Ts ) + V V R S R S 2 V R S RVS R S erkennt man, daß der Kreis statisch genau, d.h. ohne bleibende Regelabweichung arbeitet, da die Regelgröße y(t) stationär (t ) den Wert der Führungsgröße erreicht. Zur Erreichung der Grundforderungen Stabilität und hohe statische Regelgenauigkeit müßte der Regleransatz (2..) also noch um einen integralen Anteil erweitert werden: G R(s) = V ( + st) ( + st 2) L. (2..0) s Leider besitzt diese Reglerstruktur wesentliche Nachteile. Der gravierendste besteht darin, daß diese Übertragungsfunktion nicht gerätetechnisch realisierbar ist. Dies ist formal daran zu erkennen, daß der Zählergrad der Übertragungsfunktion größer ist als der Nennergrad. Realisierbare Systeme besitzen immer einen Zählergrad, der kleiner oder gleich dem Nennergrad ist. Aus unseren Betrachtungen zum Frequenzgang von Übertragungssystemen im // wissen wir weiterhin, daß durch den Anstieg der Betragskennlinie des Bodediagramms von Vorhaltgliedern nach hohen Frequenzen hin, hochfrequente Rauschsignale extrem verstärkt werden. Aus dem Katalog über die "Beschreibungsformen der wichtigsten Übertragungsglieder" im Kapitel.4 von // ist darüber hinaus zu entnehmen, daß schnelle Signaländerungen am Eingang von Vorhaltgliedern zu starken Aussteuerungsspitzen des Ausgangssignals führen. Da jedes reale Stellglied einen beschränkten Aussteuerungsbereich besitzt, würden diese Aussteuerungsspitzen zu häufigen Stellgliedübersteuerungen führen. Abhilfe bringt hier die Einführung sog. Realisierungs (Verzögerungs ) Zeitkonstanten bei den Vorhaltgliedern. Damit werden die Vorhaltglieder realisierbar, das Verstärkungsverhalten bei Hochfrequenz gedämpft und die Aussteuerungsspitzen gemindert. 2.0

In der ca. sechzigjährigen systematischen Entwicklungsgeschichte von Reglern hat es sich herausgestellt, daß mit einem Regler, der einen Proportionalanteil, einen Integralanteil und einen differentiellen (vorhaltenden) Anteil mit Realisierungszeitkonstante T besitzt VI VD s GR( s) = VRegler ( + + ), ( 2.. ) s + st P Anteil I Anteil D Anteil mit Realisierungs zeitkonstante in den meisten Fällen sehr gute Reglerergebnisse erzielt werden können. Neben den beiden Grundforderungen nach Stabilität und statischer Regelgenauigkeit lassen sich mit solchen Reglern noch speziellere Forderungen an die Regelgüte (die wir im Kapitel 2.3 definieren wollen) erfüllen. Wegen der drei in diesem Regler enthaltenen Wirkungselemente Proportional, Integral und Differentialanteil wird dieser Regler abgekürzt PID Regler genannt. Im Gegensatz zu den in (2..) eingeführten Parametern V I, V D und T haben sich in der Entwicklungs geschichte des PID Reglers andere Parameternamen bzw. Bezeichnungen etabliert, mit denen der PID Regler folgende Form bekommt U(s) stv G R(s) = =V R + +. (2..2) E(s) stn + str V R : Reglerverstärkungsfaktor T N : Nachstellzeit T V : Vorhaltzeit T : Realisierungszeitkonstante R Abhängig von diesen vier Parametern, die z.b. bei marktverfügbaren Reglern einstellbar sind, erhält der Regler ein bestimmtes Übertragungsverhalten, das das gesamte Übertragungsverhalten des Regelkreises beeinflußt. Die Findung dieser Einstellwerte wird Regelkreisoptimierung genannt, mit der wir uns in den Kapiteln 2.3 und 3.3 auseinandersetzen werden. Je nach Struktur der Regelstrecke oder den Ansprüchen an die Regelgüte kann man mit Reglern auskommen, die Teile der Eigenschaften eines PID Reglers haben. Wählt man in (2..2) T V = 0, erhält man den sog. Proportional Integral Regler (PI Regler) G R(s) = V R +, (2..3) stn wählt man in (2..2) T N, also sehr groß, ergibt sich der Proportional Differential 2.

Regler (PD Regler) stv G R(s) =V R +. (2..4) + str Bei einer Wahl von T V = 0 und T N erhält man schließlich den einfachsten Reglertyp, den Proportionalregler (P Regler) G ( s) = V. ( 2. 5. ) R R Nachdem wir uns mit den notwendigen Funktionselementen auseinandergesetzt haben, die ein Regler enthalten muß, wenn er die vorangehend beschriebenen Aufgaben bewältigen soll, wollen wir uns jetzt mit systemtheoretischen Aufbaustruktur solcher Regler beschäftigen. Vielen nichtelektrisch ausgeführten kontinuierlichen Reglern liegt eine Gegenkopplungsstruktur zu Grunde, wie sie imfolgenden Bild dargestellt ist. E(s) K U(s) G r (s) Regler Bild 2..6 : Realisierung eines Reglers mittels Gegenkopplung Dabei werden im Vorwärtszweig ein Proportionalverstärker mit sehr hohem Verstärkungsfaktor K und im Rückführzweig ein geeignetes Gegenkopplungsglied G r (s) eingesetzt. Als Reglerübertragungsfunktion ergibt sich dann G R ( s) = U(s) E(s) K = = + KG( s) r K + G r ( s) ( 26.. ) und mit K >> G r (s) G R ( s) = U(s) E(s) G ( s). ( 27.. ) r D.h. die Reglerübertragungsfunktion entspricht dem Kehrwert der Übertragungsfunktion der Rückführung. Wählt man als Rückführung ein Verzögerungsglied. Ordnung (PT Glied) 2.2

G r ( K r s ) = T ( 28 + s.. ) r erhält man mit (2..7) einen (scheinbar nicht realisierbaren) PD Regler mit V R =/K r und T V =T r : U(s) + T s + st G (s) = = = V ( + T s ) = V (2..9) r R r R E(s) Kr Kr Diese scheinbar Nichtrealisierbarkeit ist eine Folge der Annahme, daß K>> G r (s) und der daraus abgeleiteten Näherungsbeziehung (2..7). Praktisch stellt sich jedoch eine Realisierungs-zeitkonstante ein. Ihre Größe ist allerdings i.a. nicht vorgebbar. Ein Differenzierglied mit Verzögerung erster Ordnung (DT Glied) G r ( Ks r s ) = T ( 220 + s.. ) r als Rückführungsglied führt mit (2..7) auf + Trs Tr Tr G R(s) = = + = + = VR +, (2..2) Ks r Kr Ks r Kr Ts r Ts N einen PI Regler mit V R = T r /K r und T N = T r. Man kann weiterhin zeigen, daß eine Reihenschaltung eines PT und DT Gliedes als Rückführung auf einen PID Regler führt. Häufig bringt auch eine Vermischung verschiedener Ansätze (z.b. Rückkopplungsstrukturen innerhalb von Parallelschaltungs strukturen) Vorteile. Im Folgenden soll beispielhaft die Realisierung eines PID Reglers mit elektronischen Operationsverstärkern (OP) dargestellt werden. Grundlage dieser Reglerrealisierung ist der beschaltete gegengekoppelte Operationsverstärker ( vergleiche Bild 2..7). Ohne große Fehler zu machen, können zur Bestimmung des Wirkungsverhaltens dieser Schaltung folgende Annahmen gemacht werden: Wegen des hohen Eingangswiderstandes r e MΩ ist der Strom in dem OP i ee 0, damit wird i e + i u = 0, d.h. i e = i u. 2.3