Dr. Karl Kuhn Instrumente zum demographischen Wandel Einstieg Über die verschiedenen Dimensionen des demographischen Wandels und die Herausforderungen, die er an die Betriebe stellt, ist schon viel gesprochen worden. In dem neuen Demographie Netzwerk ddn, das Markus Müller auf dem Kongress vorgestellt hat, wollen Unternehmen diesen Herausforderungen gemeinsam begegnen. Instrumente und Konzepte zur Gestaltung des demographischen Wandels wurden auch an anderer Stelle entwickelt. Zu nennen sind hier insbesondere der Forschungsschwerpunkt Demografischer Wandel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und Projekte, die im Rahmen der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) entstanden sind. Den Forschungsschwerpunkt beim BMBF gibt es bereits seit 1989. Er wurde fortgeführt im Programm Innovative Arbeitsgestaltung Zukunft der Arbeit sowie im Transferverbund Öffentlichkeits- und Marketingstrategie demografischer Wandel, die beide eine deutliche Lösungsorientierung in den Vordergrund stellen (www.demotrans.de ). Werkzeuge für eine demographieorientierte Personalpolitik Werkzeuge sind Vorgehensweisen, Verfahren und Instrumente zur Analyse, Planung und Umsetzung von Personalmaßnahmen. Sie unterstützen aktiv Betriebe bei einer demographieorientierten Personalarbeit. Nur auf Grundlage einer sehr breiten und vielfältigen Wissens- und Erfahrungsbasis können überhaupt erst zielgerichtete und praxisorientierte Werkzeuge ausgewählt und bereitgestellt werden. Die drei vom BMBF geförderten Vorhaben zur Demografie-Initiative I unter Federführung des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronik-
industrie (ZVEI) sowie des Zentralverbandes Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) hatten als Ergebnisse über 100 betriebliche Anwendungsfälle aus Industriebetrieben aller Produktsparten und Größenklassen sowie aus Handwerksbetrieben. In diesen drei Vorhaben wurden zahlreiche Werkzeuge eingesetzt, die aus ganz unterschiedlichen Quellen entstammten. Die Werkzeuge sind in einem Werkzeugkasten verfügbar gemacht worden. Werkzeugkasten des BMBF Der Werkzeugkasten enthält vier Werkzeug-Typen: 1. Argumente und Gegenargumente im Betrieb Eine Auswahl an häufig vorgebrachten Argumenten zur betrieblichen Sensibilisierung. 2. Demographieorientierte Analyse und Planung Eine Auswahl an Werkzeugen, mit denen Betriebe ihren Personalbestand, ihre Personalpolitik und -maßnahmen umfassend auf Demographietauglichkeit analysieren können sei es als kurzer Überblick, sei es als Vorbereitung zu einer Personalplanung. 3. Unterstützung von Personalfunktionen Eine Auswahl an Werkzeugen zur Unterstützung von bestimmten Personalfunktionen wie Personalgewinnung, Personaleinsatz und ähnliches. 4. Unternehmenskultur Eine Auswahl an Werkzeugen zur Gestaltung eines fairen Betriebsklimas. Die zirka zwanzig Instrumente sind im Internet verfügbar: http://www.demowerkzeuge.de Online-Instrument zur Selbsteinschätzung Um den Folgen der demographischen Entwicklung gerecht werden zu können und das Gesund arbeiten bis ins Alter zu fördern, müssen Ar-
beitsbedingungen (technisch, organisatorisch, personenbezogen) angepasst und Mitarbeiterqualifikationen gefördert werden. Im eigenen Interesse müssen Betriebe Voraussetzungen schaffen, die geeignet sind, die Menschen langfristig im Erwerbsleben zu halten. Diese Ansätze müssen Anreize für die Beschäftigten sowie für die Arbeitgeber beinhalten, um das Älterwerden in Beschäftigung zu fördern. Viele Unternehmen sind sich der konkreten Auswirkungen der demographischen Entwicklung auf ihren Betrieb noch nicht bewusst. In dem von INQA geförderten Projekt DemoKomp wurde von der Gesellschaft für Arbeits-, Reorganisations- und ökologische Wirtschaftsberatung (ARÖW) ein Instrument zur Selbsteinschätzung entwickelt, das Betrieben insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen eine erste Bestandsaufnahme ihrer demographischen Situation ermöglicht. Dieses Instrument steht kostenfrei online zur Verfügung unter www.inqa-demographie-check.de Unternehmen können sich hier über die zentralen Handlungsfeldern der Demographie informieren und ausgewählte Themen eigeninitiativ weiterbearbeiten. Dazu erhalten Sie in den verschiedenen Modulen weitergehende Informationen zu den einzelnen Handlungsfeldern. Darüber hinaus finden Sie hier Hinweise auf Experten und Praxisbeispiele. Altersstrukturanalyse Unternehmen können von der demographischen Entwicklung in ganz unterschiedlichem Ausmaß betroffen sein. Deshalb ist es sinnvoll, zunächst eine genaue Analyse der demographischen Situation zum Beispiel mit Hilfe einer Alterstrukturanalyse durchzuführen, um festzustellen, ob und wo Handlungsbedarf besteht, und um zielgerichtet Maßnahmen ergreifen zu können. Typische Handlungsfelder zur Bewältigung des demographischen Wandels im Betrieb sind die Bereiche: Personalmanagement und Rekrutierungspolitik Arbeitsorganisation und Arbeitsgestaltung Qualifizierung und Kompetenzentwicklung Führung und Unternehmenskultur
Gesundheit und Arbeitsschutz Zu einer Definition der Handlungsfelder siehe auch das Memorandum Demographischer Wandel und Beschäftigung. Plädoyer für neue Unternehmensstrategien (Dortmund, 2 2005). Einen Überblick über die Handlungsfelder sowie Hinweise auf weitergehende Informationen erhalten Sie in den Informationsmodulen auf der INQA-Demographie Web-Seite (www.inqa-demographie.de). Mit Hilfe einer Altersstrukturanalyse können Betriebe frühzeitig herausfinden, inwieweit und in welchem Bereichen sie von den Auswirkungen der demographischen Entwicklung betroffen sind. Dazu wird die Zusammensetzung der Belegschaft hinsichtlich der Altersgruppen untersucht. In die Alterstrukturanalyse können weitere Kriterien einbezogen werden, wie zum Beispiel das Weiterbildungsverhalten der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Auf Basis einer Darstellung der aktuellen Situation des Betriebs ermöglicht die Alterstrukturanalyse einen Einblick in die Zukunft des Unternehmens und bietet Entscheidungsgrundlagen für personalpolitische Maßnahmen. Zur Unterstützung der Alterstrukturanalyse existieren verschiedene Programme unter anderem: ASA AltersStrukturAnalyse (Download unter www.mbs-essen.de), ASTRA Analyse von Altersstrukturen für die Entwicklung einer wettbewerbsfähigen Personalpolitik in Unternehmen (www.prospektiv.de). Regionale Unterstützungsangebote für die Bewältigung des demogra- phischen Wandels Einsatz des Online-Tool Tools zur Selbsteinschätzung Das bereits beschriebene Online-Tool ist seit Anfang November in einer ersten öffentlichen Version unter der Adresse www.inqa-demographiecheck.de im Internet abrufbar. Nach endgültiger Freigabe wird es der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) in sein Internet- Beratungs- und Informationssystem www.handwerk-bis.de einbinden. Darüber hinaus wird das Tool weiteren Handwerkskammern und Fachverbänden zur Einbindung in deren Homepages angeboten werden.
Problemorientierte Beratung In Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer Ostmecklenburg- Vorpommern und der Handwerkskammer Schwerin werden in sechs Handwerksbetrieben Demographie-Beratungen durchgeführt und die Beratungen dokumentiert. Bis Ende November sollen die Beratungen abgeschlossen sein. Bis Mitte Dezember werden die Beratungsdokumentationen in die INQA- Datenbank Gute Praxis (www.inqa.de) eingestellt werden. Qualifizierung von INQA Demographieberatern Ein Modellprojekt in Mecklenburg-Vorpommern bietet die Qualifizierung zum INQA-Demographieberater / zur INQA- Demographieberaterin an. Das Projekt soll kleine und mittlere Unternehmen gezielt dabei unterstützen, sich auf die Veränderungen durch den demographischen Wandel vorzubereiten. Im Juli und August 2005 hat die healthpro GmbH unter Mitwirkung der Handwerkskammer Schwerin und weiterer Kooperationspartner vier Zweitages- Qualifizierungs-Seminare durchgeführt. Von den beiden Handwerkskammern in Mecklenburg-Vorpommern wurden vier Betriebsberater qualifiziert. Ferner wurden elf so genannte Senior Trainer aus dem Programm Erfahrungswissen für Initiativen (BMFSFJ) qualifiziert, die ehrenamtlich Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern in Fragen des demographischen Wandels in der Arbeitswelt lotsen werden. Die kurz vorgestellten Werkzeuge sollen Betrieben helfen, einen Einstieg in ein Altersmanagement zu ermöglichen und systematisch einzelne Handlungsfelder im Betrieb zu bearbeiten. Sie können sicher auch für das neue Demographie Netzwerk ddn von großem Nutzen sein. Kontakt: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Friedrich-Henkel-Weg 1-25 441 49 Dortmund E-Mail: kuhn.karl@baua.bund.de Tel.: (0231) 9071-0