BESCHLUSS. des Bundesvorstandes der FDP, Berlin, 23. Januar 2012



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Transkript:

BESCHLUSS des Bundesvorstandes der FDP, Berlin, 23. Januar 2012 Der Bundesvorstand der Freien Demokratischen Partei hat auf seiner Sitzung am 23. Januar 2012 beschlossen: Mit Sicherheit für die Freiheit Für eine moderne Sicherheitsarchitektur in Deutschland 1. Einleitung Die Sicherheitsbehörden in Deutschland leisten tagtäglich einen herausragenden Beitrag zur Sicherung der Freiheit der Menschen und des Rechtsstaats in Deutschland. Vor allem Polizistinnen und Polizisten stehen wie kaum eine andere Berufsgruppe für Recht und Gesetz und geben dem Rechtsstaat ein Gesicht. Damit die hervorragende Arbeit der Polizei auch in Zukunft weitergeführt werden kann, braucht Deutschland eine vernünftige Sicherheitsarchitektur aus Behörden mit guter Ausstattung an Personal und Sachmitteln. Für die Bekämpfung der Kriminalität sind zunächst die Polizeibehörden der Länder zuständig. Zudem gibt es in eng begrenztem Rahmen sonderpolizeiliche Aufgaben des Bundes, die von Bundeskriminalamt, Bundespolizei und Zoll wahrgenommen werden. Die vielfältigen Zuständigkeiten führen zu Doppelarbeit und Reibungsverlusten. Eine effiziente Aufstellung der Sicherheitsbehörden ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Strafverfolgung und Gefahrenabwehr. Effiziente Sicherheitsstrukturen sind Grundlage einer erfolgreichen Terrorismusabwehr. Neuer Gesetze zur Terrorismusabwehr bedarf es nach Jahren intensiver Gesetzgebung nicht. Gleichwohl gilt es, Strukturänderungen zu befördern, um die Effizienz weiter zu erhöhen. Dazu ist eine ausreichende Ausstattung mit Personal und Sachmitteln erforderlich. Ebenso ist eine angemessene Ausstattung im IT-Bereich sowie eine Stärkung der IT-Kompetenz notwendig, um mit der Nutzung neuer technischer Möglichkeiten mitzuhalten. Zudem gewinnt die internationale Zusammenarbeit sowohl innerhalb der EU als auch mit Drittstaaten an Bedeutung; gerade, wenn es um grenzüberschreitende Kriminalität wie Organisierte Kriminalität oder internationalen Terrorismus geht. Mit EUROPOL und EUROJUST hat die EU Stellen zur Bekämpfung Organisierter und schwerer grenzüberschreitender Kriminalität geschaffen. Die internationale und europäische Zusammenarbeit ist ein wichtiger Baustein, um grenzüberschreitender Kriminalität zu begegnen. Dabei ist jedoch stets darauf zu achten, dass sensible personenbezogene Daten nur unter strikten Voraussetzungen mit anderen Staaten ausgetauscht werden und der Rechtsschutz gewährleistet ist. Im Innern muss 1

zugleich sichergestellt sein, dass die internationale Zusammenarbeit im föderalen System effizient funktioniert und dabei weder die verfassungsmäßige Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern noch die Trennung zwischen Polizei und Nachrichtendiensten verwischt werden. Die Ansiedlung eigener operativ tätiger Sicherheitsbehörden auf europäischer Ebene, wie eines europäischen FBI oder eines europäischen Nachrichtendienstes, ist abzulehnen. Schon aufgrund der unterschiedlichen Rechtstraditionen in den einzelnen Mitgliedstaaten, z.b. im Hinblick auf das Trennungsgebot oder auf paramilitärische Komponenten der Polizeikräfte, ist zu befürchten, dass eine EU-Polizeibehörde oder ein EU-Nachrichtendienst mit elementaren Prinzipien der deutschen Verfassung nicht in Einklang zu bringen wäre. Vielmehr muss das Augenmerk darauf gelegt werden, die deutschen Sicherheitsbehörden gut aufzustellen, damit sie vor dem Hintergrund sich stetig ändernder gesellschaftlicher und technologischer Entwicklungen im Inland wie auch in der Zusammenarbeit mit den europäischen und internationalen Partnern ihren Aufgaben gerecht werden können. Es ist die Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen für die Sicherheitsbehörden so zu setzen, dass Ressourcen effizient eingesetzt werden können und auch unter Berücksichtigung der knappen Haushaltsmittel die Sicherheitsarchitektur so gestaltet wird, dass Doppelarbeit und Reibungsverluste vermieden werden. Haushaltskonsolidierung ist dabei aber kein Selbstzweck und darf nicht zu Lasten der Sicherheit gehen, sondern muss darauf gerichtet sein, mit vorhandenen Mitteln das Beste zu erreichen. Nicht erst aufgrund der in allen Bereichen notwendigen Sparmaßnahmen ist es geboten, Reibungsverluste und Doppelarbeit zu vermeiden und so mit vorhandenen Ressourcen mehr zu erreichen. Daher hat sich die FDP bereits in den Koalitionsverhandlungen für eine Evaluierung der Sicherheitsarchitektur stark gemacht. 2. Polizei ist Ländersache Das föderale Prinzip bei der Polizei hat sich bewährt und ist nicht nur Verpflichtung aufgrund der historischen Erfahrung Deutschlands, sondern für die effektive Bewältigung der vielfältigen Aufgaben der Polizei sinnvoll und notwendig. Eine Zentralisierung von Polizeiaufgaben auf Bundesebene ist strikt abzulehnen. Bei länderübergreifenden Gefahrenlagen muss eine reibungslose Zusammenarbeit gewährleistet sein. In den vergangenen Jahren haben die Polizeien der Länder oftmals bewiesen, dass sie bei Großveranstaltungen wie der Fußball-Weltmeisterschaft gut zusammenarbeiten. Im Bereich der Bekämpfung von Organisierter Kriminalität oder internationalem Terrorismus pflegen die Polizeien der Länder ebenfalls eine gute Zusammenarbeit. Die Vernetzung untereinander wird u. a. durch die Zentralstellenfunktion des BKA gewährleistet. Die Länder dürfen an der Sicherheit ebensowenig sparen wie der Bund bei seinen Sicherheitsbehörden. Der Abbau von Stellen bei manchen Länderpolizeien gibt Anlass zur Sorge. Notwendig ist vielmehr, dass die Länder ihre Polizei mit Personal und Sachmitteln angemessen ausstatten und auch die Arbeitsbedingungen so gestalten, dass die Polizistinnen und Polizisten in ihrem Engagement unterstützt und motiviert werden. 2

3.. Polizeibehörden des Bundes Die Sicherheitsbehörden des Bundes wie das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei oder auch das Zollkriminalamt und der Zollfahndungsdienst sind immer nur dann und in den Spezialbereichen zuständig, wo dies ausdrücklich als Ausnahme von der Länderzuständigkeit vorgesehen ist. So heißt es in 1 Abs. 3 BKA-Gesetz etwa: Die Verfolgung sowie die Verhütung von Straftaten und die Aufgaben der sonstigen Gefahrenabwehr bleiben Sache der Länder, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. In 1 Abs. 7 des Bundespolizeigesetzes heißt es: Die Zuständigkeit der Polizei des Landes bleibt auch in den in Absatz 3 sowie in den in den 2 bis 5 bezeichneten räumlichen Zuständigkeitsbereichen der Bundespolizei unberührt. Bei der Neuorganisation ist zu bedenken, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 28. Januar 1998 zum Bundesgrenzschutz (BVerfGE 97, 198-228) deutlich gemacht hat: Der Bundesgrenzschutz darf nicht zu einer allgegenwärtigen, mit den Länderpolizeien konkurrierenden Bundespolizei ausgebaut werden und damit sein Gepräge als Polizei mit begrenzten Aufgaben verlieren. An diesen Grundsätzen ist nicht zu rütteln. Eine Reform der Sicherheitsbehörden des Bundes darf nicht dazu führen, dass die grundgesetzliche Kompetenzverteilung untergraben wird. Die Finanzverwaltung muss nach Art. 87 Abs. 1 und Art. 108 Abs. 1 des Grundgesetzes als bundeseigene Verwaltung, an deren Spitze gem. Art. 108 GG der Bundesfinanzminister zu stehen hat, geführt werden. Der Zoll als Teil der Bundesfinanzverwaltung nimmt jedoch in Form des Zollfahndungsdienstes und des Zollkriminalamts als Finanzpolizei auch die Annexkompetenz der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr im Bereich der Zuständigkeiten der Finanzverwaltung wahr, soweit ihr diese Aufgabe durch Gesetz übertragen wurde. Die Aufgaben und Befugnisse dieser Sonderpolizei des Bundes im Bereich der Fiskalkriminalität überschneiden sich dabei zum Teil mit denen der Polizeien der Länder sowie der anderen Sonderpolizeien des Bundes BKA und Bundespolizei. Da es sich bei den Aufgaben des Zollfahndungsdienstes und des Zollkriminalamts weniger um fiskalische Zuständigkeiten handelt, denn um einen Beitrag zur Inneren Sicherheit im Bereich der Bekämpfung von Verbrechen, sollten sie dem Bundesministerium des Innern unterstellt werden. Dies gilt umso mehr, als beim Zollkriminalamt und beim Zollfahndungsdienst umfassende Expertise im Hinblick auf die Sicherheit an Flughäfen und EU-Grenzen vorhanden ist. Personelle Ressourcen werden nicht sinnvoll und effektiv eingesetzt, wenn z.b. zur Kriminalitätsbekämpfung an den Grenzen neben der Landespolizei und der Bundespolizei auch der Zoll tätig wird. Soweit und sofern Aufgaben, die derzeit Zollkriminalamt und Zollfahndungsdienst wahrnehmen, zugleich Aufgaben anderer Sicherheitsbehörden sind, sollen zur Vermeidung von Doppelzuständigkeiten die Aufgaben künftig möglichst nur noch von einer Sicherheitsbehörde wahrgenommen werden. Etwa durch die Aufgabenreduzierung frei werdende Stellen beim Zollkriminalamt und Zollfahndungsdienst dürfen dabei aber nicht abgebaut werden, sondern die Beamten sollen dann mit ihrer Erfahrung und ihrer Expertise dort eingesetzt werden, wo künftig die Zuständigkeit für diese Aufgabe liegt. Zum Teil bietet sich hierfür im Bereich der Sicherheitsbehörden des Bundes die Bundespolizei an, insbesondere im Bereich der Luftsicherheit. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Bundespolizei verfassungsrechtlich keine Polizei sein kann, die allgemeine Aufgaben der Verbrechensbekämpfung im gesamten Bun- 3

desgebiet in eigener Kompetenz wahrnimmt. Als Nachfolgerin des Bundesgrenzschutzes nimmt die Bundespolizei grenzpolizeiliche Aufgaben wahr. Die Aufgaben der Bahnpolizei und der Luftsicherheit wurden ihr als Annexkompetenz der Zuständigkeit des Bundes für den Bahn- und Luftverkehr ebenfalls übertragen. Sie ist also eine Polizeibehörde mit speziellem und beschränktem Aufgabengebiet in Bereichen, für die nach dem Grundgesetz der Bund zuständig ist. Gleiches gilt für den Zollfahndungsdienst und das Zollkriminalamt, die als polizeiliche Behörde nur im Spezialgebiet der fiskalbezogenen Verbrechen tätig werden dürfen. Insoweit darf eine Umorganisation nicht dazu führen, dass eine Polizei des Bundes in Konkurrenz zu den verfassungsrechtlich zuständigen Länderpolizeien entsteht. Dies wäre auch verfassungsrechtlich nicht von der Kompetenz des Bundes gedeckt. Zudem muss bedacht werden, dass eine ausschließliche Aufgabenwahrnehmung an den Grenzen, beispielsweise im Bereich des Menschenhandels oder des Schmuggels, durch die Bundespolizei zu neuen Reibungsverlusten führen kann, wenn dann jenseits der Flughäfen oder der 30-km-Zone entlang der deutschen Außengrenzen wiederum eine andere Behörde zuständig sein muss. Daher ist die Aufgabenübertragung eng zu begrenzen. Vor allem ist es notwendig, zu prüfen, inwiefern Aufgaben auch auf die Landespolizei übertragen werden können, da diese sowohl an den Grenzen als auch auf dem übrigen Gebiet des jeweiligen Landes für die Verbrechensbekämpfung zuständig ist. Hier sind mit den Ländern gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, um Doppelkompetenzen zu vermeiden. Im Bereich der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ergeben sich insbesondere zwischen Zollkriminalamt und Bundeskriminalamt Doppelzuständigkeiten. Das Bundeskriminalamt ist gem. 4 des BKA-Gesetzes zuständig für die Strafverfolgung in besonderen Bereichen, die u. a. gerade auch mit Organisierter Kriminalität im Zusammenhang stehen, sowie in Fällen, in denen die zuständige Landesbehörde darum ersucht oder der Generalbundesanwalt die Ermittlungen an sich zieht, also in Fällen mit länderübergreifender Bedeutung und von besonderem Gewicht. Für die Gefahrenabwehr ist das Bundeskriminalamt hingegen ausschließlich im Bereich des internationalen Terrorismus zuständig. Die Zollfahndungsämter und auch das Zollkriminalamt hingegen verfügen im Bereich von Kriminalität mit Fiskalbezug über die Befugnis sowohl für die Strafverfolgung als auch für die Gefahrenabwehr. Soweit und sofern Zollkriminalamt und Bundeskriminalamt sich überschneidende Zuständigkeiten im Bereich der Strafverfolgung haben, ist darüber nachzudenken, wie hier Doppelarbeit vermieden werden kann. Dabei darf es jedoch nicht zu einer weiteren Ausweitung der Kompetenzen des BKA im Bereich der Gefahrenabwehr kommen. Die Verfassungsänderung zur Übertragung der Kompetenz im Bereich der Gefahrenabwehr gegen den internationalen Terrorismus ist von der FDP stets abgelehnt worden. Eine weitere Grundgesetzänderung, die dem BKA die Kompetenz zur Gefahrenabwehr in weiteren Bereichen geben würde, trägt die FDP nicht mit. Im Bereich des internationalen Terrorismus verfügen weder Zollfahndungsdienst noch Zollkriminalamt über Zuständigkeiten, da es sich nicht um Aufgaben mit Bezug zu fiskalbezogener Kriminalität handelt. Mithin dürfen Zollkriminalamt und Zollfahndungsdienst hier nicht tätig werden, da ihnen die verfassungsgemäße Zuständigkeit nicht zusteht. Es hat sich jedoch gerade in jüngster Zeit gezeigt, dass die Einfuhrkontrolle von Gütern aus aller Welt nicht nur zur Vermeidung von Zoll- und Steuerhinterziehung, Schmuggel oder Proliferation erforderlich ist, sondern auch zur Verhütung terroristischer Anschläge. Die Zollverwaltung verfügt über zahlreiche Daten zur Einfuhrkontrolle in Erfüllung ihrer fiskalischen Aufgaben. Diese Daten werden zum Zwecke der Kriminalitätsbekämpfung auch von Zollfahndungsämtern und Zollkriminalamt genutzt. Eine Rasterung der Daten erfolgt jedoch nur nach Kriterien, die auf die Zu- 4

ständigkeiten des Zolls beschränkt sind. Um hier auch nach für den Terrorismus relevanten Kriterien zu fahnden, fehlt denen, die rechtmäßig Zugriff auf die Daten, die auch zahllose Daten unbescholtener Menschen enthalten, haben, die Zuständigkeit. Es muss daher darüber nachgedacht werden, ob in diesem Bereich eine Sonderkompetenz geschaffen wird. Alternativ könnten die Datenbestände anderen zuständigen Sicherheitsbehörden zur Verfügung gestellt werden. Dies erscheint jedoch angesichts der Vielzahl auch personenbezogener Daten als schwierig, da in dieser Weitergabe des kompletten Datenbestandes ein erneuter Grundrechtseingriff läge. Insoweit erscheint es jedenfalls bedenkenswert, eine Zuständigkeit des Zolls zu schaffen, die Daten auch nach terrorismusrelevanten Kriterien zu durchsuchen und die Ergebnisse dann der zuständigen Behörde mitzuteilen. Soweit künftig Aufgaben des Zollkriminalamts von anderen Behörden wahrgenommen werden und aufgrund dessen die Zentrale Unterstützungsgruppe Zoll nicht mehr in dem Maße benötigt wird, sollen frei werdende Stellen von der GSG 9 der Bundespolizei übernommen werden. Somit kann im Rahmen der Zuständigkeiten der Bundespolizei die GSG 9 gestärkt werden. Zugleich können Mittel effizienter für nur noch eine spezialisierte Eingreifgruppe genutzt werden, um diese besser auszustatten. 4. Nachrichtendienste Schutzobjekt des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) ist die freiheitliche demokratische Grundordnung. Hierzu gehört die Terrorismus- und Spionageabwehr ebenso wie die Beobachtung und Bekämpfung des Extremismus. Bisher endet dieser Auftrag am Kasernentor der Bundeswehr. Innerhalb der Streitkräfte ist der Militärische Abschirmdienst (MAD) zuständig. Diese Parallelstruktur ist überholt. Die Tätigkeiten des Verfassungsschutzes im Bereich der Extremismus- und Terrorismus- sowie der Spionageabwehr sind wesentlich umfassender, da der MAD nur den im Vergleich überschaubaren Teil der Bundeswehr abdeckt. Durch diese Begrenztheit ist der MAD auf die Kooperation mit dem Verfassungsschutz angewiesen, besitzt allerdings durch seinen etwas anderen Schwerpunkt auch spezielle Kenntnisse und Informationen. Eine Übernahme dieser Tätigkeiten im Inland durch den Verfassungsschutz, der in diesen Bereichen über eine breite Expertise verfügt, drängt sich bei Beachtung des unterschiedlichen Informationsbedürfnisses und der Besonderheiten des militärischen Umfeldes geradezu auf. Dieselbe Parallelstruktur existiert im Bereich der Auslandsaufklärung. Aufgabe des Bundesnachrichtendienstes (BND) ist die Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung sind. Der BND hat bereits zum 1.1.2008 Aufgaben des Zentrums für Nachrichtenwesen der Bundeswehr (ZNBw) übernommen, dem die Lieferung und Analyse von Informationen für das Einsatzkommando der Bundeswehr in Zusammenarbeit mit dem BND oblag. Die neuen Strukturen der Bundeswehr reduzieren zudem die Notwendigkeit, den MAD zu erhalten, der rund 1.300 in der Sicherheitsüberprüfung, Nachrichtenbeschaffung und Analyse geschulte Mitarbeiter beschäftigt. Die Überführung des MAD in den BfV und den Fähigkeitsstrang Nachrichtengewinnung und Aufklärung der Streitkräftsbasis der Bundeswehr setzt Synergieeffekte frei, die zu einem Sicherheitsgewinn führen. Doppelstrukturen werden abgebaut, der Koordinationsaufwand wird reduziert. 5